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Wien, am 6. März 2013

Zl. B,K-001-2.5/060313/DR,GA

GZ: BMI-LR1355/0002-III/1/c/2013

 

 

Betreff: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich mitzuteilen, dass zu obig angeführtem Gesetzesentwurf folgende Stellungnahme abgegeben wird:

 

Eingangs möchten wir darauf hinweisen, dass sich in den Erläuterungen zum gegenständlichen Gesetzesentwurf keinerlei Bemerkungen über die finanziellen Auswirkungen dieser Gesetzesänderung finden. Bei diesem Entwurf handelt es sich im Wesentlichen um Neuregelungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Staatsbürgerschaft, die zum Teil einen erhöhten Aufwand in den Standesämtern zur Folge haben werden, wie es sich auch aus den folgenden Anmerkungen zu einzelnen Bestimmungen des Entwurfes ergibt:

 

Zu § 7 Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Abstammung

In den Zuständigkeitsbereich der Standesämter und der Staatsbürgerschaftsverbände fällt insbesondere § 7 Ziff. 3 des Entwurfes. Für den Fall, dass die Änderung vor dem Beginn des Aktivbetriebes des Zentralen Personenstandsregister/Zentrales Staatsbürgerschaftsregister in Kraft treten soll, ist darauf hinzuweisen, dass die Personenstandsverordnung eine Bestimmung aufnehmen muss, nach welcher jener Standesbeamte, der die Vaterschaftsanerkennung zum Kind entgegennimmt, die jeweils zuständige Staatsbürgerschaftsevidenz darüber in Kenntnis setzt (Mitteilungsverpflichtung).

 

Gemäß Z. 3 des Entwurfs erwirbt das Kind die Staatsbürgerschaft mit dem Zeitpunkt der Geburt, wenn „der Vater Staatsbürger ist und dessen Vaterschaft….vor der Geburt des Kindes festgestellt wurde.“ Dies würde bedeuten, dass jene Kinder, dessen Vaterschaft nach der Geburt festgestellt wurde, nicht kraft Abstammung Staatsbürger werden, sondern erst durch Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß (dem neuen) § 12 Abs. 2.

 

Durch die §§ 7 und 12 im Gesetzesentwurf und die bei nachträglicher Vaterschaftsanerkenntnis erforderlichen Verleihungsverfahren wird unserer Meinung ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand in Kauf genommen.

 

Zu § 10: Gesicherter Lebensunterhalt als Voraussetzung zur Verleihung der Staatsbürgerschaft

Diese Bestimmung des § 10 Abs 1 Z. 7, wonach der Lebensunterhalt des Fremden „hinreichend gesichert“ sein muss, soll in Entsprechung der höchstgerichtlichen Judikatur insoweit gelockert werden, als die Staatsbürgerschaft künftig auch dann verliehen werden kann, wenn der Fremde aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dauerhaft nicht oder nicht ausreichend am Erwerbsleben teilnehmen kann. Solche Gründe sind insbesondere Behinderung oder dauerhafte schwerwiegende Krankheit.

§ 10 Abs. 5 definiert den Lebensunterhalt dann als „hinreichend gesichert“, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen im Durchschnitt der letzten 3 Jahre nachgewiesen werden, die dem Fremden „eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen“.

Nach dem vorliegenden Entwurf sollen u.a. jene Sätze mit den Gründen der nicht ausreichenden Teilnahme am Erwerbsleben (s.o.) in den § 10 Abs. 5 angefügt werden.

Demnach bliebe zwar der Teilsatz bezüglich der Nicht-Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften erhalten, dieser wird jedoch wieder dadurch relativiert, als mit dieser Novelle auch Menschen mit Behinderung ohne eigenes Einkommen die Staatsbürgerschaft verliehen werden kann. Denn solche Menschen werden Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen (müssen).

 

Damit ist jedoch auch klar, dass auf die Gemeinden und Länder im Rahmen der Sozialhilfe weitere unabsehbare Belastungen durch Einbürgerung beeinträchtigter und somit nicht oder beschränkt erwerbsfähiger Menschen zukommen werden.

 

Zu § 11a Abs 6: Verleihung der Staatsbürgerschaft an besonders gut integrierte Personen nach 6 Jahren

Nach diesem neuen Tatbestand ist einem Fremden nach einem Aufenthalt von 6 Jahren die Staatsbürgerschaft dann zu verleihen, wenn er neben den allgemeinen Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8…“im Durchschnitt der letzten 6 Jahre feste und regelmäßige Einkünfte aus Erwerb, Einkommen….ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen…“ (= gleicher Wortlaut wie in § 10 Abs. 5) nachweist

nachhaltige persönliche Integration nachweist.

 

In dieser Bestimmung ist daher die Voraussetzung eigener Einkünfte als (besondere) Voraussetzung für die Staatsbürgerschaft normiert, andererseits werden ebenfalls die (allgemeinen) Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 zitiert – darunter auch die Z. 7, die in der neuen Fassung den Teilsatz „oder er dauerhaft nicht oder nicht ausreichend am Erwerbsleben teilnehmen kann“ enthält.

 

Dies würde der Absicht des Gesetzgebers widersprechen, wonach durch diese neue Bestimmung offensichtlich feste und regelmäßige eigene Einkünfte sehr wohl als Voraussetzung für die Staatsbürgerschaft gelten sollen. Demnach müsste im Zitat der (allgemeinen) Voraussetzungen die Z. 7 ausgenommen werden.

 

Ob allerdings durch das Erfordernis des gesicherten Lebensunterhalts in diesem speziellen Fall die im StaatsbürgerschaftsG höchstgerichtlich geforderte Gleichstellung von Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem nachweisen können, gegeben ist, darf bezweifelt werden. Schließlich wären damit bestimmte Personengruppen (Behinderte), die entsprechende Deutschkenntnisse und ihre nachhaltige persönliche Integration (zB als Funktionär eines Behindertenverbandes) nachweisen können, von der Staatsbürgerschaft nach § 11a Abs. 6 ausgeschlossen.

 

Desweiteren ist die Berechnungsmethode des Einkommens in Bezugnahme auf die Richtsätze des § 293 ASVG unklar und lässt verschiedene Interpretationen zu.

 

Die Überprüfung des geforderten Nachweises der persönlichen Integration durch eine Tätigkeit im Sinne des §11a Abs 6 lit a – c ist nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand möglich und wird vermutlich nicht den gewünschten Erfolg bringen.

 

Zu § 11b Abs 1 und § 12 Abs 2

Im neu eingefügten § 11b werden Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, angesprochen. Der neu § 12 Abs 2 soll für „unmündige minderjährige Fremde“ gelten, was nach österreichischem Recht Personen zwischen dem 7. und dem 14. Lebensjahr umfasst. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Regelung des § 12 Abs 2 nicht auch für Personen bis zum 7. Lebensjahr (Kinder im Rechtssinn) gelten sollte.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Österreichischen Gemeindebund:

 

Der Generalsekretär:

Der Präsident:

 

 

Leiss e.h.

Mödlhammer e.h.

 

Dr. Walter Leiss

Bgm. Helmut Mödlhammer

 

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