Lehrerinnen und Lehrer des

BG und BRG Perchtoldsdorf

Roseggergasse 2 - 4

2380 Perchtoldsdorf

 

 

 

 

Perchtoldsdorf, 19. September 2013

An das

Parlament

c/o Begutachtungsverfahren

Dr. Karl Renner-Ring 3A-1017 Wien

 

 

 

Stellungnahme zum Entwurf der Dienstrechts-Novelle 2013 - pädagogischer Dienst

Geschäftszahl: BKA-920.196/0004-III/1/2013

 

 

Die Unterzeichneten lehnen den Entwurf des „neuen Lehrerdienstrechts“ (im Folgenden: NLDR) ab, und zwar aus folgenden Gründen:

1.      Die vorgesehene Erhöhung der Unterrichtszeit der Lehrerinnen [1] um rund 40% muss zu sinkender Qualität der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts führen. Auf jeden Fall bedeutet mehr Unterricht mehr Klassen und Schülerinnen für jede einzelne Lehrerin, sodass für die einzelne Schülerin in Summe weniger individuelle Zuwendung möglich ist. Da für eine moderne Schule aber verstärkte individuelle Betreuung der Schülerinnen gefordert wird (auch von Seiten der Politik), ist der NLDR ein Schritt in die verkehrte Richtung.

2.      Alle Lehrerinnen können unabhängig von ihrer spezifischen Ausbildung an jeder beliebigen Schulart in jedem beliebigen Ausmaß in jedem beliebigen Fach auch gegen ihren Willen eingesetzt werden. Dies führt zu unqualifiziertem Unterricht und ist nicht einmal als Notlösung tauglich und daher abzulehnen.

3.      Der „All-in-Bezug“, wie er vorgesehen ist, ist im Schulbereich unnötig, da praktisch alle Aufgaben, die Lehrerinnen zu erledigen haben, klar umrissen und längerfristig sind, sodass die Zusatztätigkeiten neben dem Unterricht (Kustodiate, Leitungsaufgaben, Projektwochenleitung, u. Ä.) auch exakt entlohnt werden können. Eine leistungsorientierte Entlohnung, wie sie einem modernen LDR entspräche, wäre also sehr wohl möglich. Auch in dieser Hinsicht ist das NLDR ein Schritt in die verkehrte Richtung.

4.      Eine Erhöhung der Arbeitszeit um bis zu 40 % (an Abendschulen bis zu 87 %) kostet allein im AHS- und BMHS-Bereich 12.000 bis 14.000 Arbeitsplätze. In Zeiten, wo alle wahlwerbenden Parteien die Erhaltung und Vermehrung der Arbeitsplätze fordern, ist dieses NLDR also ein Schritt in die verkehrte Richtung.

5.      Damit verbunden sind finanzielle Verluste im Lauf des Berufslebens von weit über einer halben Million Euro für jeden Einzelnen im Vergleich zum derzeitigen Dienst- und Besoldungsrecht.

6.      Fast drei Viertel aller im Lehrberuf tätigen Personen sind Frauen, und der Frauenanteil steigt weiter. Diese Maßnahmen treffen in der Praxis daher in erster Linie Frauen. Der öffentliche Dienst sollte daher hinsichtlich Frauenfreundlichkeit eine Vorreiterrolle spielen, was mit diesem NLDR nicht möglich ist.

7.      Dauer und Qualität der Lehrerinnen-Ausbildung spielen keine Rolle. Alle bekommen gleich wenig bezahlt. Lehrerinnen mit Bachelorstudium erfüllen in Zukunft die Anstellungserfordernisse für alle Schularten, also auch für die AHS-Langform (Unter- und Oberstufe), wo derzeit in der Regel nur Personen mit einer doppelt so langen Ausbildung (mit einem durchschnittlich sechsjährigen Universitätsstudium mit Magisterabschluss und einem einjährigen Unterrichtspraktikum) unterrichten dürfen. Kürzer und damit schlechter ausgebildete Lehrerinnen tragen nicht zur geforderten Qualitätssteigerung der Schule bei.

8.      Die neue Lehrerinnenausbildung wird im Entwurf ungenügend berücksichtigt. Mit manchen universitären Lehramtsstudien, deren Rechtsgrundlage erst vor wenigen Wochen geschaffen wurde, erfüllt man lt. Entwurf die Anstellungserfordernisse für keine einzige Schule in Österreich! Eine Passage im Entwurf widerspricht überhaupt den Gesetzen zur neuen Lehrerinnenausbildung. Da die neue Lehrerinnenausbildung aber bereits Gesetz ist, wäre es ohne weiteres möglich, das NLDR genau auf diese Gegebenheiten abzustimmen.

9.      Die unterschiedlichen pädagogischen Aufgaben und Herausforderungen in den verschiedenen Schularten werden nicht berücksichtigt. Damit fällt das NLDR hinter das bestehende Dienst- und Besoldungsrecht zurück, was angesichts klar umreißbarer Aufgaben und Herausforderungen völlig unnötig ist.

10.     Politischer Willkür wird durch die Streichung bestehender Reihungskriterien für die Aufnahme in den Lehrberuf, die Befristung der Leitungsfunktionen etc. Tür und Tor geöffnet. Auch in dieser Hinsicht widerspricht das NLDR klar den Forderungen der Politik nach Transparenz und Zurückdrängung parteipolitischer Einflussnahme und ist daher ein Schritt in die verkehrte Richtung.

11.     Anstelle des bisherigen Unterrichtspraktikums soll es eine sog. „Induktionsphase“ im ersten Unterrichtsjahr geben, die pädagogisch unzumutbar gestaltet (und in der Praxis undurchführbar) ist. Da eine möglichst gute Einführung der Junglehrerinnen in die Berufspraxis für die zukünftige Arbeit der betroffenen Lehrerinnen wesentlich ist, lehnen wir diese Form des Berufseinstiegs ab.

 

Unterzeichnet von folgenden Lehrerinnen und Lehrern des BG und BRG 2380 Perchtoldsdorf:



[1] Ab jetzt verwenden wir die weibliche Form, meinen aber Schüler und Lehrer mit.