Sehr geehrte Damen und Herren!

Der vorliegende Entwurf sieht massive Verschlechterungen für alle Lehrer/innen vor. Einer beträchtlichen Erhöhung des Arbeitsausmaßes steht eine Verringerung des Lebenseinkommens gegenüber. Der Entwurf  berücksichtigt in keiner Weise, dass Schulqualität, wie in Studien belegt, von Qualifikation und Motivation der Lehrenden abhängt.

Prinzipiell sind höhere Anfangsgehälter auf Kosten niedrigerer Gehälter gegen Ende der Dienstzeit zu begrüßen. Ein fiktiver jährlicher Zinssatz von 4% zum Vergleich der Gehaltssummen entspricht jedoch nicht der ökonomischen Realität. Der Wegfall von Zulagen und Taxen führt zu einer weiteren Einkommenseinbuße und ist leistungsfeindlich. Qualitätsfeindlich ist auch die einheitliche Bezahlung aller Lehrer/innen ‒ Bedienstete mit Masterabschluss bekommen kein höheres Gehalt mehr. Umgerechnet auf die Erhöhung des Arbeitsausmaßes betragen die Einbußen über eine halbe Million Euro im Laufe eines Lehrerlebens, Einbußen, die man in Österreich keiner anderen Berufsgruppe zumutet!

Der Erhöhung der Lehrverpflichtung steht keine Entlastung von anderen Tätigkeiten gegenüber. Anders als in anderen Staaten ist für die österreichischen Schulen so gut wie kein Supportpersonal vorgesehen. Abseits der Neuen Mittelschule, in welcher es Stützlehrer/innen gibt (wie lange noch??) wird die Unterrichtserteilung auch in keiner Weise weniger aufwändig. Im Gegenteil kommen im Zuge der Standardisierung der Lernkompetenzen und der zentralen Reifeprüfung auf die Lehrer/innen neue Belastungen zu. Unter diesen Bedingungen ist eine Erhöhung der Lehrverpflichtung nicht zumutbar.

Der Wegfall von Reihungskriterien für die Anstellung (§38 Abs. 2), die Möglichkeit, einen Lehrer gegen seinen Willen beliebig einzusetzen (§45 Abs. 2-4) und die Befristung der Leitungsfunktionen (§48c Abs. 2) ermöglichen eine willkürliche Einflussnahme der Politik auf die Schule, was abzulehnen ist.

Die Formulierung „Abwicklung der sie betreffenden Schlussgeschäfte“, nach denen die Lehrer/innen erst die Ferien antreten dürfen (§48 Abs. 2), ist so vage formuliert, dass diese Schlussgeschäfte unter Umständen bis Ende August dauern könnten. Ebenso abzulehnen ist die nach oben offene Anwesenheitsverpflichtung des Direktors / der Direktorin.

Eklatant sind die Verschlechterungen im Bereich der Höheren Schulen. Der Wegfall der Lehrverpflichtungsgruppen (§37 Abs. 7) bedeutet für die meisten Lehrkräfte eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung zwischen 25% und 40%, an den Abendschulen noch wesentlich mehr. 23 oder 24 Unterrichtsstunden in vorbereitungs- und korrekturintensiven Fächern wird kaum ein Lehrer oder eine Lehrerin 40 Jahre lang durchhalten. Eine Unterrichtsstunde ist nicht mit einer Stunde Büroarbeit zu vergleichen. Oder die persönliche Betreuung und Förderung der Schülerinnen und Schüler kommt zu kurz. Schule fördert nicht mehr die Begabungen der jungen Menschen, sondern verkommt zu einer Kinderbewahranstalt.

Es ist zu befürchten, dass sich nicht genügend geeignete Personen finden werden, die die Mühen und Risiken eines Anglistik- oder Mathematikstudiums auf sich nehmen wollen, um dann bei schlechter Bezahlung unter schlechten Arbeitsbedingungen in der Schule zu stehen. Hier sieht der vorliegende Entwurf vor, dass Lehrer/innen auch in Fächern eingesetzt werden dürfen, für die sie keine Ausbildung haben (§45 Abs. 2). Wo bisher hochwertiger Unterricht geboten wurde, werden künftighin minderqualifizierte Lehrpersonen mit den Schüler/innen Multiple Choice Tests trainieren.

Der Entwurf ist auch nicht im Detail durchdacht. Etwa berücksichtigt er nicht, dass für Direktor/innen und Administrator/innen an höheren Schulen die Fächerzulage wegfällt, was die Direktoren- oder Administratorenzulage ausgleicht. Ein Schuldirektor, der immerhin 60 Akademiker/innen unter sich hat, bekommt dann für seine Leitungsfunktion vielleicht gerade einmal 100 Euro im Monat mehr bezahlt als ein normaler Lehrer. Zusammen mit den dienstrechtlichen Verschlechterungen für Schulleiter/innen und der Bindung an einen 90 ECTS-Credits umfassenden Lehrgang (§48c Abs. 2) erhebt sich die Frage, ob die geeignetsten Personen einen Leiterposten anstreben werden.

Der vorliegende Entwurf gefährdet somit die Qualität des öffentlichen Schulwesens in Österreich. Es besteht die begründete Sorge, dass sich in Österreich eine ähnliche Situation entwickeln wird, wie sie in England besteht, dass nämlich einem qualitativ geringwertigen öffentlichen Schulsystem ein hochentwickeltes, aber teures Privatschulsystem gegenübersteht, für das der Mittelstand einen Großteil des Familieneinkommens aufwendet und das sich die Arbeiterklasse nicht leisten kann. Eine solche Entwicklung kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein!

Ich unterrichte jetzt seit mehr als dreißig Jahren, und seit ich mich zurückerinnern kann, wird an der Schule herumgepfuscht. Nachdem zuerst die Individualisierung auf die Spitze getrieben wurde, lautet nun das große Schlagwort Standardisierung und wir bewegen uns in die völlig entgegengesetzte Richtung.

Lasst uns Lehrer doch endlich einmal in Ruhe arbeiten und zeigt unserer Arbeit - die weiß Gott oft nicht leicht ist - ein bisschen mehr Anerkennung und Wertschätzung!!!

Mag. Eva Masar

BG Berndorf und NMS Berndorf