Sehr geehrtes Hohes Haus!

 

Schon früh war mir klar, dass ich Lehrer werden wollte, nachdem ich mit 15 Jahren meine ersten Nachhilfestunden gegeben hatte und den Blick in den Augen meiner damaligen Schüler erleben durfte, wenn sie durch mich etwas verstanden hatten. Ich bin nun seit nunmehr 4 Jahren im Schuldienst beschäftigt und kann mich mit Fug und Recht als jemand bezeichnen, der für seinen Beruf alles gibt. Stellt man mir eine Herausforderung, nehme ich diese an und versuche sie so gut wie möglich zu meistern. Besonders die Schüler liegen am Herzen und ich bemühe mich nach Kräften einen Unterricht zu gestalten, der sowohl den Schülern und Schülerinnen zusagt, als auch deren Lernbereitschaft fördert.

 

All dies benötigt allerdings einen enormen Aufwand an Arbeitsstunden die ich nach dem Unterricht aufbringen muss. So ist es keine Seltenheit, dass ich nach dem Unterricht oft bis acht oder neun am Abend Stunden entwerfe, Hausübungen korrigiere und kommentiere oder Tests und Schularbeiten zusammenstelle oder verbessere. Arbeitswochen von über 60 Arbeitsstunden sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

 

Somit muss ich es als Schlag ins Gesicht empfinden, wenn ein Ministerium unter der Führung der SOZIALdemokratischen Partei ein neues Dienstrecht als „attraktiv“ bezeichnet in dem gefordert wird, dass Lehrer doch 30% mehr Arbeiten sollten, und dies zum Nulltarif. Da helfen auch keine Rechenspielchen wie die Barwertmethode um diese Fakten zu kaschieren. Ist das der Lohn für meine Bemühungen? Auf diese Art und Weise werden all diejenigen bestraft, die dieses System durch ihren Einsatz tragen. Über kurz oder lang werden all diese motivierten Lehrkräfte ihren Job hinschmeißen oder durch psychische Erkrankungen aus dem Lehrdienst ausscheiden. Gerade die Kanzlerpartei rühmt sich doch immer, für GERECHTE Entlohnung von ARBEIT einzutreten. Was bitte ist aus Ihrem Credo geworden?

 

Stattdessen wird möglcher Weise ein Sparparket eingeführt,um anstatt in die Bildung zu investieren, Geld innerhalb des Bildungswesens umzuverteilen um parteipolitische Ideologien durchzusetzen. Ich habe selbst auch schon an einer Neuen Mittelschule unterrichtet und ich kann Ihnen aus erster Hand sagen, dass sich SO mit Bestimmtheit keine Verbesserungen bei einer PISA-Studie einstellen werden. Was soll sich ein bis an seine Leistungsgrenzen gehender Mensch, der seinen Beruf liebt, bei solch einer Bildungspolitik denken? Meiner Meinung nach ist die Bezeichnung "attraktiv" für dieses neue Dienstrechtes eine absichtliche Täuschung, mit der junge Menschen dazu gebracht werden sollen 7 Jahre ihres Lebens auf den Universitäten zu verschwenden um dann im Berufsalltag am eigenen Leib zu erfahren wie „attraktiv“ diese Leibeigenschaft wirklich ist.

 

Sollte das hohe Haus wirklich diesen Wahnsinn durchsetzen und mich per Gesetz zu einer 80 Stunden Woche zwingen, werde ich es mir zweimal überlegen, ob ich meine Talente für den Staat einsetze oder mich gleich in einem Pharmakonzern in der Privatwirtschaft ausbeuten lasse. Dort verdiene ich wenigstens als ausgebildeter Chemiker das Doppelte. Ich bin Lehrer aus Überzeugung und nicht deswegen, weil ich sonst nirgends eine Chance hätte, und ich denke solche Persönlichkeiten sind auch die richtigen für diesen Job.

 

Ich hoffe für das Wohl unserer Gesellschaft, dass wenn alle motivierten Lehrer gehen, noch genügend andere übrigbleiben, damit überhaupt noch alle Kinder und Jugendlichen eine Ausbildung bekommen. Aber eines ist gewiss: Diejenigen, die motiviert und gut ausgebildet sind werden durch so eine Behandlung sicher nicht im Schuldienst bleiben, sondern eher die, die sonst nirgendwo unterkommen. Wenn die Mitglieder des hohen Hauses meinen, dass der Schuldienst ein Beruf ist, der die derzeitige Bezahlung nicht rechtfertigt, könnten ja im Fall des Falles sie persönlich einspringen und in Zukunft Geschichte und politsche Bildung unterrichten. Aber sicher wäre auch Physik kein Problem für sie, schließlich kann ja auch eine gelernte Bankerin blendend die Geschicke des österreichischen Bildungswesens lenken. Ich lade sie jedenfalls herzlichst ein einmal eine Woche mit mir mitzukommen, damit sie selbst erleben, wie viel ein Lehrer eigentlich leistet. Vielleicht kann die Realität sie  von der Ungerechtigkeit überzeugen.

 

Ich bitte sie alle als die Entscheidungsträger dieses Landes die systematische öffentliche Hinrichtung eines gesamten Berufsstandes, wegen etwas politischen Kleingeldes vor der Wahl, zu stoppen. Zumindest wäre es als Arbeitgeber angebracht die Probleme seiner Mitarbeiter ernst zu nehmen und sie nicht über die Medien pausenlos zu schikanieren. Wenn sie allerdings so überzeugt sind von ihrem Vorschlag des Dienstrechtes, kann es ja sicherlich kein Problem sein mir auch nur einen Grund zu nennen, warum ich unter den neuen Arbeitsbedingungen weiterhin im Lehrdienst bleiben sollte!?

 

Über Antworten freue ich mich schon jetzt (auch gern telefonisch 0650/5246131)

 

hochachtungsvoll

 

Mag. Richard Kittinger