OSTR. Prof. Mag. Josef Thaler

Inselstraße 10

6922 Wolfurt

 

Dienststelle: BG Gallusstraße  Bregenz                                          Wolfurt, am 24.09.2013

 

 

 

Betreff: Stellungnahme zum Gesetzesentwurf für ein neues LehrerInnen-Dienstrecht

 

 

Ich lehne aufgrund meiner 35-jährigen Erfahrung als AHS-Lehrer für Deutsch und Psychologie/Philosophie den vorliegenden Gesetzesentwurf für das neue LehrerInnen-Dienstrecht entschieden ab,

 

·       weil er mit einer Lehrverpflichtung von 24 Unterrichtsstunden auch für die künftigen AHS-LehrerInnen eine unzumutbare Mehrbelastung von – je nach Fächerkombination – bis zu 40 % Arbeitszeit vorsieht,

·       weil er für alle (jungen) KollegInnen mit einem oder gar zwei Korrekturfächern über Jahrzehnte eine wesentlich höhere Arbeitsverpflichtung bedeuten würde, was gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und durch eine (geringfügig) bessere Bezahlung niemals wettgemacht werden kann,

·       weil er viele KollegInnen mit zwei Korrekturfächern in kürzester Zeit ins Burnout schlittern lassen würde,

·       weil er durch die krasse Ungleichbehandlung von KollegInnen mit altem und neuem Dienstrecht sowie mit und ohne Korrekturfächern das Klima im Lehrkörper vergiften würde,

·       weil er dazu führen wird, dass niemand mehr freie Kapazitäten und die nötige Motivation für die vielen unbezahlten Aufgaben, die in einer Schule anfallen, haben wird,

·       weil er – im Vergleich zu den MittelschullehrerInnen - die zeitliche Mehrbelastung von AHS-LehrerInnen aufgrund von acht statt nur vier vorzubereitenden Schulstufen, aufgrund des in der Oberstufe geforderten deutlich höheren fachlichen Niveaus sowie aufgrund der mit der Matura und der Betreuung von vorwissenschaftlichen Arbeiten einhergehenden Mehrarbeit nicht berücksichtigt, 

·       weil er aufgrund der viel zu hohen Lehrverpflichtung und der dadurch bedingten Zeitnot zu einem massiven Qualitätsverlust in fachlicher Hinsicht führen muss und weniger Zeit für jeden einzelnen Schüler zur Folge haben wird (für Gespräche, Hausübungen …),

·       weil  er völlig außer Acht lässt, was (AHS-)LehrerInnen neben ihrer Unterrichtstätigkeit und Vorbereitungs- sowie Korrekturarbeit noch zu leisten haben:

Supplierstunden ¬ Früh-, Mittags- und Pausenaufsichten ¬ SchülerInnenberatung ¬ wöchentliche Sprechstunde ¬ Elternsprechtage ¬ Telefonate und Mailverkehr mit Eltern und SchülerInnen ¬ Schul-, Klassen- und Fachkonferenzen sowie Teambesprechungen ¬ Elternabende ¬ administrative Aufgaben ¬ Organisation und Durchführung von  Exkursionen, Wandertagen, Skiwochen, Projektwochen, Auslandsreisen, Wettbewerben, Theater- und Kinobesuchen, Lesungen, sexualpädagogischen Tagen, Schulfeiern u.a. ¬ Fortbildungen ¬ Betreuung von MaturantInnen (Fächerwahl, Prüfungsvorbereitung, Fachbereichsarbeiten …) ¬ Studium und Auswahl neuer Schulbücher ¬ Verwaltung und Wartung von Lehrmitteln, Bibliotheken, audiovisuellen Medien etc. ¬ Schulentwicklung (z.B. Leitbilderstellung, Public Service, Social Networking, Evaluation durch Eltern- und AbsolventInnen-Befragung sowie jährliche SchülerInnen-Feedbacks, Schülermediation, Förderkonzept, Standards-Testungen …) ¬ Einladung externer ExpertInnen ¬ Betreuung von WettbewerbsteilnehmerInnen ¬ Förderkurse ¬ Betreuung von praktizierenden LehramtsstudentInnen und JunglehrerInnen ¬ Betreuung von GastschülerInnen ¬ Kontakte mit Institutionen wie Jugendrotkreuz, Theater, Schulpsychologischer Dienst, Kinderdorf, Elternverein ¬ Verfassen von Artikeln für Homepage und Jahresbericht ¬ Arbeit in diversen Gremien (Schulgemeinschafts- und Dienststellenausschuss, Gewerkschaft, Regionales Bildungsmanagement, Bauausschuss …) ¬ Schullaufbahnberatung ¬ Lernberatung ¬ Brandschutz u.a.m.

 

·       weil die Behauptung, dass die Lebensverdienstsumme der künftigen LehrerInnen identisch wäre mit jener von LehrerInnen mit dem derzeitigen Dienstrecht, eine leicht durchschaubare Lüge darstellt; vor allem wenn man bedenkt, dass die nachrückenden LehrerInnen, die aufgrund des zu erwartenden Lehrermangels ohnehin zu Überstunden gezwungen sein werden, um das damit verbundene Zusatzverdienst betrogen würden,

·       weil die eklatante Verschlechterung der Arbeitsbedingungen den Lehrberuf um vieles unattraktiver machen wird, sodass es noch schwerer sein wird, junge Nachwuchskräfte zu rekrutieren,

·       weil das geplante Dienstrecht mit Sicherheit dazu führen, dass der Großteil der LehrerInnen nach etlichen Jahren aufgrund der permanenten Überforderung die Freude am Beruf verlieren wird – mit allen negativen Folgen für die SchülerInnen und die Gesellschaft als Ganze.

 

 

Als jahrzehntelang sehr gewissenhafter und engagierter Lehrer warne ich mit allem Nachdruck vor der Absegnung dieses Gesetzesentwurfs. Sie würden damit den SchülerInnen und der Gesellschaft einen Bärendienst erweisen – von den LehrerInnen einmal ganz abgesehen.

 

In der Erwartung, dass Sie sich diesen Argumenten (von denen es noch viele mehr gäbe und die nach meiner Erfahrung von allen meinen KollegInnen geteilt werden) nicht verschließen und dem Gesetzesentwurf die Zustimmung versagen, grüßt Sie

 

 

Prof. Josef Thaler

(SGA-Vertreter)