Stellungnahme zum neuen Lehrerdienstrecht – Bitte um Veröffentlichung.

Die Vorgaben des neuen Lehrerdienstrechts erwecken den seltsamen und merkwürdigen Eindruck, dass sie gar nichts mit dem Schulalltag und der Schulwirklichkeit zu tun haben können, dass geradezu jemand am Werk gewesen sein muss, dem eine Kenntnis der schulischen Sachlage und Belange, der pädagogischen und sozialen Erfordernisse einer Schule, sprich der Jugendlichen, ihrer Eltern und Lehrer fremd sei, den diese wesentlich gar nicht interessieren mögen. Es manifestiert sich der Eindruck, dass es einzig um Geld, um Einsparungen gehe. Wohin fließen dann die frei gewordenen Ressourcen? Diese Neuerungen wären alles andere als Innovationen, sie bedeuteten Rückschritte, die eine gewaltige Bildungsmisere verursachen könnten, einen katastrophalen Bildungsnotstand heraufdämmern ließen, der sich gesamtgesellschaftlich negativ auswirken würde.

Die einseitige Fokussierung aufs Finanzielle bewirkt auch bei den Dienstnehmern eine Fokussierung aufs Finanzielle. Es liegt auf der Hand, dass die Umbewertung der gegenwärtigen Arbeit der Lehrkräfte als eine Abwertung ihrer Tätigkeit wahrgenommen wird. Denn was kann es anders sein, wenn mit einem Mal bei höherem Arbeitsaufwand die Lebensverdienstsumme insgesamt weniger werden soll? Höhere Einstiegsgehälter vertuschen nur diese Tatsache.

In Wahrheit würde das neue Lehrerdienstrecht aber eine erhebliche Verschlechterung des Unterrichts verursachen. Die Mehrarbeit der Lehrer hätte zur Folge, dass sie für den einzelnen Schüler weniger Zeit hätten, reale Zeit als Zuwendung, als Vorbereitung für die konkrete Unterrichtsstunde, als Beratung, als organisatorische Aufgaben für Exkursionen oder zusätzliche Lernfelder in und außerhalb der Schule. Das meiste, was bisher Schulqualität bedeutete, würde wegfallen. Bloßer Dienst nach Vorschrift würde zum Alltag. Die Errungenschaften wechselnder, mit Experimentierfreude und kollegialem Engagement erprobter Methoden der letzten Jahre würden verblassen. Infolge würden Motivation und Interesse bei den Schülern schwinden und damit auch ihre Leistungsbereitschaft und Leistungsbilanz.

Welche Vorstellungen von Unterrichtsarbeit habe dazu beigetragen, dass Lehrer künftig unabhängig von ihren Fächern die gleiche Stundenanzahl unterrichten sollen? Das ginge ja nur, wenn z.B. Englischlehrer keine Hausübungen mehr kontrollierten und die Korrektur von Schularbeiten ganz wegfiele. Nach neuem Dienstrecht wären sie ja beispielsweise einem Historiker gleichgestellt, der eben keine Hausübungen und Schularbeiten zu verbessern hat. Abgesehen davon, wie soll eine Schule ohne Administrator oder Bibliothekaren funktionieren?

Insgesamt halte ich das neue Lehrerdienstrecht für einen misslungenen Versuch, Reformen durchzuführen. In der gegenwärtigen Form hätte es nicht einmal zur Diskussion stehen dürfen, denn es ist nicht diskussionsreif. Die offensichtliche und eklatante Unkenntnis der Schule und ihres vielfältigen Beziehungsnetzes durch die „Reformierer“ verhindert eine ruhige und sachorientierte Auseinandersetzung dieser Thematik, die meiner Ansicht nach längere Zeit in Anspruch nehmen müsste. Die Stärken der gegenwärtigen Praxis müssten viel deutlicher erkannt und öffentlich gemacht werden, dann würden auch einzelne Reformschritte viel deutlicher erkannt und plausibel gemacht werden können. Ein guter Ansatz war die Reduzierung der Schülerzahlen in den einzelnen Klassen, dies könnte noch viel konsequenter durchgeführt werden.

24.09.2013   Stefan Walker