Mag.
Michael Päuerl
Endresstraße 59/4
1230 Wien
Wien,
am 24.9.2013
Stellungnahme
zum Begutachtungsentwurf der Dienstrechts-Novelle 2013
In
brennender Sorge um die zukünftige Qualität der Bildung in den
Schulen übermittle ich hiermit meine dringende Petition an alle
Abgeordneten, diesem Entwurf der Dienstrechts-Novelle keinesfalls in der
vorliegenden Form zuzustimmen.
Eine
genauere Überprüfung der Auswirkungen des Dienstrechts im Alltag
schulischer Bildungsinstitutionen, vor allem in den höheren Schulen, ist
dringend angezeigt und erforderlich.
Jedenfalls
sind folgende Auswirkungen absehbar und unvermeidbar, die gleichzeitig massive
Beeinträchtigungen der Unterrichtsqualität und der Bildung an Schulen
nach sich ziehen. Die folgenden Kritikpunkte sind jedenfalls nur eine Auswahl
und beschränken sich auf wesentliche Elemente:
- Jede
Lehrerin und jeder Lehrer wird einschneidend und nachhaltig weniger Zeit
und Ressourcen für die einzelne Schülerin und den einzelnen
Schüler haben. Jede Lehrerin / jeder Lehrer wird in
allgemeinbildenden höheren Schulen 10% bis 40% weniger
Zeit für jede Schülerin und jeden Schüler aufwenden
können als bisher. Das ist direkte Folge der Erhöhung der
Arbeitszeit und damit verbundenen Übernahmen von mehr Klassen pro
Lehrerin und Lehrer. Derzeit haben Lehrerinnen in allgemeinbildenden
höheren Schulen gerundet 17 bis 22 Unterrichtsstunden (je nach
Unterrichtsgegenstand) für eine volle Lehrtätigkeit zu leisten,
die Erhöhung auf generell 24 Stunden ohne Evaluation und zeitliche
Berücksichtigung des gegenstandspezifischen Aufwands
führt zu dieser Verschlechterung im Betreuungsverhältnis.
Von dieser Reduktion der Zeit pro Schülerin und Schüler
sind (und das ist nur eine Auswahl) alle der folgenden Tätigkeiten
und viele weiter Tätigkeiten betroffen: Vorbereitung von
qualitativ hochwertigen Unterricht (Medien, Materialen, Didaktik),
Korrekturarbeiten (Hausübungen, Leistungsüberprüfungen,
schriftliche Arbeiten), Gespräche und Beratung (Lerntipps,
Anfragenbeantwortung, persönliche Gespräche …),
Elterngespräche, Planung und Durchführung von
Schulveranstaltungen für Schülerinnen und Schüler.
- Streichen
der zeitlichen Einrechnungen für wesentliche nichtunterrichtliche
Aufgaben und Tätigkeiten ist leistungshemmend und unverantwortlich. Wesentliche
Tätigkeiten wie Betreuung von Chemie-, Physik-Labor und naturwissenschaftlichen
Sonderunterrichtsräumen, Musiksäle mit Wartung und Betreuung von
zahlreichen Instrumenten, Sportgeräten, Werkräumen, Werkzeugen
und Materialen, Bibliothek, die komplette Infrastruktur der Netzwerk-,
Computer-und Informationstechnologie, und vieles andere mehr sind im
derzeitigen Entwurf Nebentätigkeiten von Lehrerinnen und
Lehrern ohne zeitliche und finanzielle Ressourcen. Vor allem höhere
Schulen haben meist einen Personalstand von 60 bis 100 Lehrerinnen und
Lehrer und 600-1000 Schülerinnen und Schülern, wo diese
Tätigkeiten viel mehr Zeitressourcen erfordern, aber keinesfalls eine
gänzliche Streichung und Einrechnung in einen
„All-in-Vertrag“. Kein Schulleiter kann ernsthaft in
Zukunft Lehrkräfte mit diesen Tätigkeiten beauftragen und
gleichzeitig erwarten, dass hier Arbeit in sinnvoller Qualität
geleistet wird.
- Lehrerinnen
und Lehrer mit Bachelorstudium erfüllen in Zukunft die
Anstellungserfordernisse für alle Schularten. Dies führt in
höheren Schulen ohne jeden Zweifel zur Qualitätsminderung des
Unterrichts, wo bisher eine abgeschlossene Masterausbildung erforderlich
war.
(betrifft: § 39 Abs. 2, § 39 Abs. 3 des Entwurfs)
- Die
berufsbegleitende Fortsetzung des Studiums zur Erlangung des
Masters als Anstellungsvoraussetzung für die Sekundarstufe 2 (5. bis
8. Klasse Gymnasium) führt zwangsläufig zu einer völligen
Überforderung der Berufseinsteiger, die jetzt bereits mit den
hohen Anforderungen zum Teil überlastet sind:
Das bisher vorhandene Ausbildungsverhältnis mit der Regelung, dass
die zusätzliche Unterrichtserteilung maximal 7-9 Wochenstunden
nicht überschreiten soll, war überaus sinnvoll und
zielführend für eine Einführung in die Profession einer
Lehrerin bzw. eines Lehrers. Dieses ist ersatzlos gestrichen. Im Entwurf
sind darüber hinaus auch während der Induktionsphase mit
Hospitationsverpflichtung und Verpflichtung zu weiteren Seminaren (!) 24 Wochenstunden
Unterrichtserteilung zur vollen Anstellung vorgesehen und das Studium
nebenbei fortzusetzen.
(betrifft:
§ 41 des Entwurfs)
Darüber
hinaus trägt das vorgeschlagene Entlohnungsschema – bei allem
Verständnis für eine „Abflachung“ der Gehaltskurve
– dazu bei, dass viele zukünftige potentiell hervorragende
Lehrerinnen und Lehrer diesen Beruf nicht ergreifen werden. Würde die
vorgesehene Arbeitszeit auf das bestehende Entlohnungsschema zur Anwendung
kommen, bedeutet das erhebliche Verluste in der Aktivverdienstsumme von
mehreren hunderttausend Euro, und damit eine Gehaltskürzung (pro
Unterrichtsstunde) in ungeheurem Ausmaß bei gleichzeitig zusätzlich
unentgeltlich zu leistenden Tätigkeiten, die freiwillig bei der
zusätzlichen Belastung niemand mehr bereit sein wird zu übernehmen.
Das vorgeschlagene Dienstrecht beinhaltet damit ein leistungsfeindliches
Entlohnungsschema und trägt zur Demotivation des Personals bei. Dies wird mittel-
und langfristig die ohnehin bereits bestehenden Probleme in der Besetzung mit
qualifizierten Lehrerinnen und Lehrern verschärfen.
Ich erkläre mich ausdrücklich bereit und
ersuche, dass diese Stellungnahme auf der Webseite veröffentlicht wird.