6/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 18.03.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petititon

Petition Nr. 7 betreffend "Straffreiheit für Nicht-Impfen bei der
Blauzungenkrankheit"

Sehr geehrte Damen und Herren!

In der Anlage wird die Stellungnahme des BMG im Gegenstand übermittelt.

Für den Bundesminister:
Dr. Brigitte Magistris

Beilage: 1
Elektronisch gefertigt

Radetzkystraße 2,1031 Wien | http://www.bmg.gv.at | post@bmg.gv.at | DVR: 2109254 | UID: ATU57161788


Stellungnahme des Bundesministers für Gesundheit

zur Petition Pirklhuber zum Thema
Wir fordern Straffreiheit und ein mehrstufiges Vorsorgeprogramm":

Bäuerinnen und Bauern, die die Zwangs-Impfung aus Tierschutz-, Management-Gründen
und aufgrund ungesicherter Faktenlage verweigern ist Straffreiheit zu gewähren!

Gemäß Art. 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze
ausge
übt werden (rechtstaatliches Prinzip). Daraus folgt aber auch, dass in einem
Rechtsstaat die Verwaltung auf Grund der Gesetze ausgeübt werden MUSS. Eine generelle
Weisung, Personen, die gegen Gesetze verstoßen (die Impfpflicht ergibt sich aus der mit
Verordnung erfolgten Anordnung auf Grund § 25a Tierseuchengesetz, Strafnorm § 64 Abs. 1
lit. d Tierseuchengesetz) nicht zu strafen ist daher nicht möglich.
Sollten im Einzelfall Entschuldigungsgründe vorliegen, so ist dies auch im Einzellfall im
Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens zu kl
ären. Überdies stehen Betroffenen sämtliche
Rechtsmittel offen.

Es wird noch darauf hingewiesen, dass durchwegs in allen Bundesländern nicht sofort
gestraft wird, sondern bis Ende des Impfzeitraumes versucht wird, die Tierbesitzer von der
Notwendigkeit der Schutzimpfung zu überzeugen.

Die Gewährung von Straffreiheit für eine Nicht-Befolgung einer amtlich angeordneten
Impfung führt jegliche behördliche Tierseuchenbekämpfung und den Rechtsstaat als solches
ad absurdum. Wenn Rechtsunterworfene keine Strafverfolgung bei Gesetzesverst
ößen mehr
bef
ürchten müssen, wird sich auch die Bereitschaft in engen Grenzen halten, sich an
gesetzliche Vorgaben zu halten

Um Straffreiheit für Impfverweigerung zu realisieren musste das Tierseuchengesetz geändert
werden, was vor dem Ende des vorgeschriebenen Impfzeitraumes (Ende M
ärz 2009) kaum
umsetzbar sein wird.

Einengung der Sperrzonen auf das unbedingt notwendige Ausmaß gemäß EU-Vorgaben
und strikte Tiertransport-Kontrollen

Eine Einengung des Sperrgebietes auf jene Regionen in Österreich, in denen das BT-Virus
bisher nachgewiesen wurde (Oberösterreich, Vorarlberg) wäre zwar prinzipiell möglich,


hätte aber gerade für die betroffenen Bauern gravierende Auswirkungen auf den Tierhandel

innerhalb Österreichs und würde einen enormen Kontrollaufwand zur Folge haben, der auch

mit hohen Kosten für die Tierbesitzer für den notwendigen Nachweis der Virusfreiheit bei

den Tieren verbunden wäre.

Eine Weiterverbreitung infizierter Mücken mit dem Wind wird jedoch nicht verhindert

werden können, eine Ausbreitung der Seuche in Österreich ohne Impfung also nicht hintan

gehalten.

Auch in anderen Mitgliedstaaten der EU wurde diese Erfahrung gemacht.

Die Errichtung der Sperrzonen erfolgt unter Beachtung mehrerer Faktoren:

         Handelsmöglichkeiten innerhalb Österreichs (bei verschiedenen Zonen sind die
Bedingungen des Handels
äußerst kompliziert und daher auch schwer zu
kontrollieren. Es wurden dazu Erläuterungen ausgearbeitet.

         Handelsmöglichkeiten innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und mit
Drittländern: Die meisten EU-Mitgliedstaaten verlangen BT-geimpfte Tiere (erfolgte
Grundimmunisierung). Der Handel mit Drittstaaten unterliegt den Anforderungen der
Handelspartner.

Aufgrund der Bluetongue-Fälle, die bisher in Österreich aufgetreten sind, betreffen die
jeweiligen Sperrzonen (im Radius von 150 km um das Gehöft mit positiven Tieren) bereits
jetzt weite Landesteile, sodass die Vereinheitlichung des Staatsgebietes als EINE Zone
durchaus gerechtfertigt erscheint.

Informationsoffensive für Bäuerinnen und Bauern, Tierärztinnen und Konsumentinnen:
Aufkl
ärung über Risiken und Darstellung der Probleme

Das BMG hat in zahlreichen Veranstaltungen seit Beginn des Auftretens der BT in Mittel- und
Westeuropa über die Seuche selbst und ihre Verbreitung informiert. Das mediale Echo war
gering, da
Österreich zum damaligen Zeitpunkt frei von Blauzungenkrankheit war. Für
Landwirte und Tierärzte wurde ein Informationsfolder erstellt, der im Rahmen der
Impfaktion verteilt wurde.

Eine Informationsoffensive ist sicher wichtig. Wie zahlreiche Veranstaltungen und
Publikationen zeigen, wird diese Aufgabe sowohl von Bundes- als auch von Landesseite
schon seit längerem wahrgenommen.

Zum Beispiel:

BMG:

http://www.bmg.gv.at/cms/site/standard.html?channel=CH0788&doc=CMS1192192589509

AGES:

http://www.ages.at/ages/gesundheit/tier/blauzungenkrankheit/allgemeine-

informationenepidemiologie/


Impfung oder alternative Testung mittels Erreger-Identifizierungstest nur dort, wo es
unbedingt erforderlich ist - z.B. bei beabsichtigter Verbringung von Rindern, Schafen
und Ziegen in andere EU-Mitgliedsstaaten

Der Überwachung und Bekämpfung von Tierseuchen unterliegt der gesamte empfängliche
Tierbestand eines Landes. W
ürde man Tiere, die nicht gehandelt werden, nicht untersuchen
bzw. bei ihnen die Verbreitung des Seuchenerregers nicht verhindern, widerspräche das den
Grundsätzen einer wirksamen Tierseuchenbekämpfung.

Außerhalb von Schutzzonen verstärktes Monitoring und Ausweisung saisonal vektorfreier
Zonen und Zeiträume (in denen keine Infektion möglich ist).

Ein Monitoring wird seit Herbst 2007 durchgeführt. Es umfasst einerseits die Überwachung
der Vektorpopulation, die Untersuchung von Blutproben, die im Rahmen anderer
Untersuchungen gezogen werden und die Untersuchung von Verdachtsfällen. Die
Ergebnisse, die bis dato vorliegen, erlauben keine Bestimmung einer vektorfreien Zeit (dazu
sind Erfahrungswerte über 3 Jahre notwendig).

Lückenlose Erfassung aller Impfschäden und vollständige Entschädigung der Landwirte

Eine lückenlose Erfassung aller Impfschäden wurde angeordnet und erfolgt durch die
Amtstierärzte mittels eines speziell dafür vom Bundesministerium für Gesundheit
vorgesehenen Erhebungsbogens.

Eine Entschädigung ist gemäß dem Tierseuchengesetz derzeit nur für jene Fälle vorgesehen,
in denen nachweislich auf die Impfung zurückzuführende Todesfälle aufgetreten sind.

Alle in den Medien berichteten und als Impfschaden bezeichneten Todesfälle von Rindern
konnten aufgekl
ärt werden und eine fatale Erkrankung anderer Ursache bewiesen werden
(z.B. Leberabszesse durch Leberegel, Gebärmutterdrehung mit Verbluten, Blutvergiftung
nach Euterentzündung etc.). Für derartige in zeitlichem Zusammenhang stehende
Unglücksfälle im Betrieb, kann die Öffentlichkeit verständlicherweise keine Haftung
übernehmen.

Bei der Mehrzahl der gemeldeten Impfschäden handelt sich aber um Abortusfälle, bei denen
der Nachweis nur schwer zu erbringen ist, dass tats
ächlich ein Zusammenhang mit der
Impfung besteht. Oft ist selbst der zeitliche Zusammenhang mit der Durchführung der
Impfung nicht gegeben (Aborte später als 5 Tage nach der Impfung gelten nach gängiger
Fachmeinung als äußerst unwahrscheinlich mit dem "schädlichen Ereignis" im
Zusammenhang zu stehen).

Die Impfschäden werden bereits erfasst und - so wie im Tierseuchengesetz geregelt nach
Vorlage der entsprechenden Aufzeichnungen - auch entsch
ädigt. Wir verweisen auf einen
Artikel Impfkampagne zur Bekämpfung der Blauzungenkrankheit - erste Analyse und
Bewertung der 2008 gemeldeten Impfsch
äden" erschienen im Deutschen Tierärzteblatt
2/2009, in dem die Inzidenz der Impfzwischenfälle geschätzt wurde. Demnach beträgt diese
Inzidenz 0,003 % - das bedeutet, dass bei 30.000 Impfungen im statistischen Mittel ein
Zwischenfall zu erwarten wäre.