41/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 09.10.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petititon

 

 

 

BUNDESMINISTERIUM

FÜR

AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN

 

ABTEILUNG VII.4

A-1014 Wien, Minoritenplatz 8

Tel.: 0501150-0, FAX: 0501159 4448

e-mail: abtvii4@bmeia.gv.at

 

 

E-MAIL

 

GZ:

BMeiA-AT.7.08.38/0004-VII.4/2009

Datum:

 24. September 2009

Seiten:

3

An:

An die Parlamentsdirektion

stellungnahme.PETBI@parlament.gv.at

Von:

OR Mag.Dr. Werther-Pietsch

DW:

4486

 

Betreff:         Petition „Brot auf die Teller und nicht in die Tanks!“

 

zu da. Zl. 17010.0020/28-L1.3/2009 vom 21. 9. 2009

 

 

 


Zur gegenständlichen Petition beehrt sich das BMeiA wie folgt Stellung zu nehmen:

 

Zur Forderung: „Das Recht auf Nahrung soll auf allen Ebenen Vorrang haben. Die Energieproduktion darf nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen.“

 

Ausreichende Ernährung für alle Menschen ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Der Kampf gegen Armut und Hunger ist daher ein wesentlicher Schwerpunkt der Österreichischen Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit sowie der Europäischen Union. Durch die Finanzkrise sind die Rahmenbedingungen schwieriger geworden. Hohe Preise, die Auswirkungen des Klimawandels und Umweltdegradation sowie Naturkatastrophen verschärfen die Nahrungssituation zunehmend.

 

In vielen Gegenden der Welt besteht ein Interessenskonflikt zwischen energiepolitischen- und ernährungspolitischen Zielsetzungen: ein Beispiel dafür ist etwa der in vielen Ländern stattfindende „Ausverkauf“ von landwirtschaftlichen Flächen an andere Staaten oder Privatpersonen, die das erworbene Land zu Spekulationszwecken, für den Anbau von landwirtschaftlichen Produkten (z.B. Ölpalme) oder auch für die großflächige Produktion von Agrartreibstoffen (z.B. Zuckerrohr) nutzen.

 

Aus der Sicht des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten stehen die Beachtung des Prinzips der Nachhaltigkeit und die Entwicklung innovativer Ansätze zur Ernährungssicherheit im Vordergrund.

 

Zur Forderung: „Für die Energiegewinnung aus Biomasse dürfen nur organische Abfallstoffe (z.B. Erntereste) sowie Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft eingesetzt werden.“

 

Aus der Sicht des BMeiA ist der Einsatz organischer Abfallstoffen und Holz zur Energiegewinnung im konkreten Fall vor dem Hintergrund der Anliegen des Umweltschutzes einerseits und der Verbesserung der Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung andererseits abzuwägen. In vielen Ländern (etwa Äthiopien) steht die Nutzung von Ernteresten für Energiegewinnung im Widerspruch zur deren Nutzung als Dünger für eine Verbesserung der Bodenqualität. Gerade in ärmeren Ländern hat der Primärsektor oft keinen Zugang zu moderner Düngung.

 

Die Produktion von Energiepflanzen (z.B. Jatropha) sollte nicht von vornherein abgelehnt werden, etwa wenn arme Bevölkerungsgruppen auf diese Weise marginale Böden nutzen können. Dies ermöglicht benachteiligten ProduzentInnen ein Einkommen, das aus anderer Produktion (etwa durch Gemüseanbau) nicht erreicht werden kann. Diese Option gilt jedoch nur, solange im Rahmen der Landnutzung keinerlei Konkurrenz durch höherwertige Verwendungen gegeben ist. Grundsätzlich sollte diese höherwertige Verwendung jedoch nicht nur der lokalen Wertschöpfung dienen, sondern auch den lokalen Energiebedarf decken.

 

Zur Forderung: „Kein Beimischungszwang für Agrotreibstoffe („Biosprit“)“

 

Ein kritischer Punkt bei der Festsetzung von Quoten für die Beimischung von Agrotreibstoffen, ist die Tatsache, dass der Bedarf nicht immer durch die eigene Produktion gedeckt werden kann. Die Folge davon können massive Aufkäufe/Importe aus den Entwicklungsländern sein. Entscheidend ist, dass der Verbrauch von fossiler Energie und nicht-nachhaltiger Biomasse ersetzt wird, gleichzeitig aber die Ernährungs- und Einkommenssicherheit der Bevölkerung gesichert bleibt (siehe Strategischer Leitfaden Umwelt und Entwicklung der österreichischen Entwicklungspolitik vom 8. September 2009, Kapitel 6.3, Klimaschutz).

 

 

Zur Forderung: „Erreichung der Klimaschutzziele z.B. durch verstärkte Förderung von Wärmedämmung, öffentlichen Verkehr, Sonnen- und Windenergie.“

 

Klimaschutzziele sind nicht nur durch die genannten Maßnahmen zu erreichen. Aus globaler Sicht wäre ein breiterer Ansatz zu wählen, wonach Energieeffizienz, kohlenstoffarme Entwicklungs- und Wachstumsstrategien und sichere und nachhaltige Technologie nach den lokal sinnvollsten Gegebenheiten zum Einsatz kommen sollten.

 

In den Entwicklungsländern ist eine Förderung von Wärmedämmung in der Regel nicht zielführend und auch dem öffentlichen Verkehr kommt im Gegensatz zu privaten Transportmitteln aufgrund der geringen Versorgungsdichte nicht dieselbe Bedeutung zu wie in Industrieländern.

 

In vielen Fällen ist der Schutz der noch bestehenden Wälder von ungleich größerer Bedeutung. Vor allem, weil die weltweit zunehmende Ausbreitung von Wüsten, die zu Klimawandel mit negativen Auswirkungen beitragen, weit unterschätzt wird. Etwa 40 Prozent der Landfläche der Erde gelten als Trockengebiete, in denen etwa ein Drittel der Weltbevölkerung lebt, die Hälfte davon Arme. Seit 1990 haben die Trockengebiete um 15 bis 25 Prozent zugenommen, wobei Afrika und Zentralasien am stärksten betroffen sind. Aber auch entwickelte Länder wie die USA, Spanien, Italien und Griechenland leiden unter Wassermangel und Bodenverschlechterung. Dies führt in armen Regionen zu einer Verminderung der Lebensmittelproduktion und kann damit Hungersnöte, aber auch Flüchtlingsströme oder bewaffnete Konflikte auslösen.

 

Für den Bundesminister:

 

i.V. WERTHER-PIETSCH m.p.