234/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 27.08.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Bitte um Stel­lungnahme zur Petition 142 wie folgt:

Die Petition bezieht sich offensichtlich auf die Studie „Gebühren für überzogene Bankkonten“ von MMag. Josef Kaufmann vom Februar 2011. In dieser Studie wird aus Sicht der Kammer für Arbeiter und Angestellte Steiermark auf Problematiken im Zusammenhang mit Rücklastschriftspesen und Bearbeitungsgebühren bei mangeln­der Kontodeckung, Mahnkosten und Gebühren für Kontosperren im Todesfall und für Kontoüberziehungen bei Privatkonten eingegangen. Im Speziellen geht es um eine gesetzliche Begrenzung der Überziehungszinsen, der Bearbeitungsgebühren im Überzugsfall und der Mahnspesen. Es wird in der Petition vorgeschlagen, die Über­ziehungszinsen mit 5% über dem Zentralbanksatz relativ zu begrenzen.

Dazu ist auszuführen: Grundsätzlich gilt auch im Bereich des Bankwesens das Prin­zip der Privatautonomie und daher freie Preisgestaltung. Die entsprechenden Richtli­nien der Europäischen Union, insbesondere die Zahlungsdienste- und die Verbrau-


cherkreditrichtlinie, als auch die österreichische Ausführungsgesetzgebung, Zah- lungsdienste- und Verbraucherkreditgesetz, regeln im Hinblick auf diese Grundsatz­entscheidung vor allem Fragen der Preistransparenz.

Eine Grenze der freien Preisgestaltung ist aus konsumentenpolitischer Sicht vor allem § 6 Abs. 1 Z 13 Konsumentenschutzgesetz, der allerdings nur die Höhe der Verzugszinsen in Beziehung zum Vertragszinssatz regelt. Gleichzeitig sind auch grundlegende Regelungen des Zivilrechts relevant. Hier wäre insbesondere an die Bestimmungen bzgl. Wucher und der Verkürzung über der Hälfte, bis zu einem gewissen Grade aber auch § 1333 ABGB zu denken. Die zurzeit üblichen Geschäftspraktiken sind aber grundsätzlich nicht in Konflikt mit diesen Regelungen, auch wenn individuelle Fallüberprüfungen sinnvoll sein können.

§ 6 Abs. 1 Z 13 KSchG limitiert in Verbraucherverträgen die Überziehungszinsen nach Ausschöpfung eines vertraglich vereinbarten Überziehungsrahmens auf maxi­mal erlaubte zusätzliche 5%. Grundsätzlich begrenzt dies, der Rechtsansicht des BMASK nach, die verrechenbaren Kosten im Falle der Überschreitung eines vertrag­lich vereinbarten Überziehungsrahmens abschließend. Beschwerden, dass dagegen verstoßen würde, sind uns aber nicht bekannt.

Die Höhe der Überziehungskosten im Girokontobereich ist ein schon lange proble­matisierter Punkt. Die Angelegenheit bekam in jüngster Zeit aber durch die niedrigen Refinanzierungszinsen der Banken im Zuge der Hilfen während der Wirtschaftskrise aber eine höhere Brisanz als zu Zeiten generell höherer Zinssätze.

Immer wieder langen in meinem Ressort Beschwerden von Konsumentlnnen dazu ein, dass die Überziehungsregelungen der Giroprodukte nur selten den Bewegungen am Zinsmarkt und damit letztendlich dem tatsächlichen Refinanzierungsaufwand fol­gen. Die Höhe der Überziehungszinsen wird von KonsumentInnen vor allem im der­zeitigen Niedrigzinsmarkt kritisch hinterfragt. Konsumentlnnen monieren auch den besonderen Ausschlag von Überziehungszinsen bei Produkten, die niedrige bis gar keine Kontoführungsgebühren vorsehen. Auf der Habenseite sind diese Produkte oft durch eine quartalsmäßig im Durchschnitt berechnete Mindesteinlage gekennzeich­net - die wiederum in der derzeitigen Zinslandschaft kaum Habenzinsen abwirft, auch das wird von Konsumentlnnen kritisiert.

Entgelte sind in den einschlägigen Regelungen, im Gegensatz zu Zinsen, eine grundsätzlich einmalige Leistung, dem ein bestimmter Aufwand oder eine Dienstleis­tung gegenübersteht, während Zinsen von der Summe des jeweiligen Kapitals, oder der Schuld im Falle von Überziehungen, abhängen.

Es wäre denkbar die Kapitalakzessorietät der Zinsen stärker hervorzuheben und den Begriff des durch Überzugszinsen zu deckenden notwendigen und nützlichen Mehr­aufwandes an den tatsächlichen Refinanzierungskosten zu bemessen. Diese würden in aller Regel weit unter den zurzeit maximalen Überziehungszinsen liegen.

Eine Regelung ist auf verschiedene Weisen möglich. Es ist aber auch zu betonen, dass wenig Datenmaterial vorliegt. Grundsätzlich wäre tendenziell damit zu rechnen, dass im Falle einer Regelung die kapitalunabhängigen Entgelte steigen würden. Die-


se wären aber meist, anders als Zinsen, unter dem Begründungszwang als notwen­diger Aufwand, seitens der Banken, einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich.

Begrenzungen von Zinssätzen können entweder absolut - mit einem gesetzlichen oder verordneten fixierten Zinssatz - oder relativ - mit einem von einem bestimmten Basissatz ausgehenden variablen Zinssatz - vorgesehen werden.

 

Solche relativen Zinsbegrenzungen könnten wie in der Petition angemerkt, unter Be­zugnahme auf einen öffentlichen Standardzinssatz oder auf einen Marktdurchschnitt angesetzt werden. Aus Konsumentensicht könnte aber auch eine maximal erlaubte Spreizung zwischen Soll- und Habenzinsen im Girobereich schon einen sinnvollen begrenzenden Effekt haben.

Im Zuge der Einführung der Verbraucherkreditrichtlinie gab die Europäische Kom­mission eine rechtsvergleichende Studie zum Thema Zinsbegrenzungen in Auftrag[1], in welcher festgestellt wurde, dass Zinsbeschränkungen in Europa sehr häufig vor­kommen, jedoch die verschiedenen Systeme, Herangehensweisen und Produktkate­gorien kaum generelle volkswirtschaftliche Schlüsse erlauben. Dementsprechend ist es zurzeit und ohne weitere Daten schwer abzuschätzen, welche Form der Begren­zung, und vor allem welche Höhe, den Girobereich am effizientesten regelt. Jede Regelung müsste versuchen festzuschreiben, dass Zinsmarktbewegungen an Kun­dInnen weiterzugeben sind, eine sozial nachhaltige Spreizung von Soll- und Haben­zinsen vorsehen und gleichzeitig Spielraum für einen sinnvollen Wettbewerb zwi­schen den Banken lassen um eine „Flucht in Entgelte“ im Ansatz zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen



[1] http://ec.europa.eu/internal_market/finservices-retail/docs/credit/irr_report_en.pdf