275/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 28.03.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

Betr.: Petition Nr. 197 betreffend „Bekämpfung der rückwirkenden Versteuerung deutscher Renten für österreichische Bezieher durch Neuverhandlung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Deutschland und Novellierung des Einkommensteuergesetzes“

Sehr geehrte Frau Obfrau!

Gerne kommt die Volksanwaltschaft dem Ersuchen, eine Stellungnahme zur Petition „Bekämp­fung der rückwirkenden Versteuerung deutscher Renten für österreichische Bezieher durch Neu­verhandlung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit Deutschland und No­vellierung des Einkommensteuergesetzes“ nach.

Seit 2010 ist die Volksanwaltschaft mit einer Vielzahl von Beschwerden betroffener Personen konfrontiert, die neben einem österreichischen Pensionsbezug auch eine Rente aus Deutschland erhalten und letztere nunmehr in Deutschland versteuern müssen.


Das Problem entstand, da Renten aus Deutschland, die dort zunächst unversteuert bezogen wer­den konnten, mit der Änderung des (deutschen) Alterseinkünftegesetzes im Jahr 2005 steuer­pflichtig wurden. Für Personen, die im Jahr 2005 bereits eine Rente bezogen haben, beträgt der Besteuerungsanteil 50% der erhaltenen Leistung. Der Besteuerungsanteil wird schrittweise, jähr­lich um 2% angehoben. Erst wenn der Renteneintritt im Jahr 2040 erfolgt, werden die Altersbezü­ge in voller Höhe steuerpflichtig.

Dem für Auslandsrentner zentral zuständigen Finanzamt Neubrandenburg war es offensichtlich erst 2010 gelungen, die für die Veranlagungen notwendigen Daten zu sammeln und die im Aus­land lebenden Bezieherinnen und Bezieher deutscher Renten aufzufordern, Einkommensteuerer-klärungen abzugeben. Die in diesem Zusammenhang übersandten Formulare und Informationen waren für viele Pensionistinnen und Pensionisten verwirrend bzw. schwer verständlich.

Wenngleich der Volksanwaltschaft hier keine Prüfkompetenz zukommt, hat sie sich bemüht, den Betroffenen die Rechtslage zu erklären. Es musste auch darauf hingewiesen werden, dass die Vorgangsweise grundsätzlich Art. 18 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland – Österreich (DBA Deutschland) entsprach.

Nach dieser Bestimmung dürfen Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates erhält, nur in diesem (= dem auszahlenden) Staat besteuert werden.

Nach Art. 23 Abs 2 lit. d DBA Deutschland dürfen Einkünfte und Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen und hier unbegrenzt steuerpflichtigen Person, die nach dem DBA Deutsch­land von der Besteuerung in Österreich auszunehmen sind, gleichwohl aber in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen und Vermögen einbezogen werden. Das be­deutet, dass zwar die (Brutto-)Pensionszahlungen aus Deutschland nicht der österreichischen Einkommensteuer unterliegen, sie aber für die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes (ge­danklich) heranzuziehen sind. Es wird daher vom jeweiligen Gesamt(welt-)jahreseinkommen er­rechnet, welcher Durchschnittssteuersatz zu leisten wäre, dieser wird aber in der Folge dann nur auf die in Österreich bezogenen Einkünfte angewendet (Progressionsvorbehalt).

Dies bedeutet, dass zwar die deutsche Rente selbst in Österreich nicht der Einkommensteuer un­terliegt, eine in Österreich ansässige, unbegrenzt steuerpflichtige Person jedoch für ihr aus Öster­reich bezogenes Einkommen dafür mehr Steuern zahlt.

Das Finanzamt Neubrandenburg geht offensichtlich davon aus, dass alle im Ausland lebenden Pensionistinnen und Pensionisten, die auch eine deutsche Rente beziehen, in Deutschland ledig­lich begrenzt steuerpflichtig sind. In den jeweiligen deutschen Steuerbescheiden werden daher weder der (deutsche) Grundfrei betrag noch außergewöhnliche Belastungen und ähnliches be­rücksichtigt.


Um nach dem deutschen Steuerrecht Grundfreibetrag und Absetzbeträge geltend machen zu können, bedarf es eines Antrages auf unbegrenzte Steuerpflicht in Deutschland. Voraussetzung dafür ist, dass das ausländische Einkommen im Kalenderjahr zu mindestens 90% in Deutschland zu versteuern ist oder dass die ausländischen Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommen­steuer unterliegen, jährlich nicht einen bestimmten Betrag (für das Jahr 2010 € 8.004,-) überstie­gen. Für den Nachweis der Höhe des ausländischen Einkommens benötigt das Finanzamt Neu­brandenburg eine entsprechende Bestätigung eines österreichischen Finanzamtes.

Diese Bestätigung müssen die österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten derzeit geson­dert bei ihrem Finanzamt beantragen.

Die Volksanwaltschaft hat zusätzlich zu der Erklärung der Rechtslage alle Betroffenen auf die Möglichkeit, sich mit der Kritik an der zeitlich nur sehr verzögerten Vorschreibung der Einkom­mensteuer an den Petitionsausschuss des deutschen Bundestags bzw. an den Petitionsaus­schuss des Landtages Mecklenburg – Vorpommern zu wenden, aufmerksam gemacht. Wie viele Personen davon Gebrauch gemacht haben, entzieht sich allerdings ihrer Kenntnis.

Aufgrund der großen Anzahl der bei der Volksanwaltschaft eingelangten Beschwerden wurde das Problem am 15. Dezember 2012 in der ORF-Sendung „BürgerAnwalt“ thematisiert. Der dort an­wesende Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen sagte Gespräche mit der deutschen Fi­nanzverwaltung zu, in denen über die Einführung einer Bagatellgrenze (also einen Verzicht auf die Geltendmachung auf deutscher Seite) bzw. über die Einführung einer Nachsichtsmöglichkeit bei nur geringen Steuerforderungen aus den deutschen Renten verhandelt werden soll. Dazu hat die Volksanwaltschaft dem Bundesministerium für Finanzen die ihr vorliegenden entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt.

Über ein Ergebnis dieser Verhandlungen wurde die Volksanwaltschaft bislang nicht informiert.

Zugesagt wurde weiters eine verbesserte, leichter lesbare Information auf der Homepage des ös­terreichischen Finanzministeriums. Diese Überarbeitung ist aber bisher noch nicht erfolgt.

In diesem Zusammenhang darf auch darauf hingewiesen werden, dass die Volksanwaltschaft im Zuge der erwähnten ORF-Sendung die Auflage entsprechender Informationsblätter in jedem ös­terreichischen Finanzamt angeregt hat, da nicht alle Pensionistinnen und Pensionisten über Inter­netzugang verfügen.

Richtig ist nach den Informationen der Volksanwaltschaft, dass die deutschen Steuernachforde­rungen teilweise gesammelt für Jahre 2005 bis 2010 zugestellt werden. Die Begleichung der häu­fig erheblichen Steuerschuld bedeutet für die Betroffenen eine große finanzielle Belastung. Jede Möglichkeit einer Erleichterung wird daher von der Volksanwaltschaft ausdrücklich begrüßt.

Mit freundlichen Grüßen

Volksanwältin Dr. Gertrude Brinek e.h.