337/UEA XXIV. GP

Eingebracht am 18.11.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Mag. Hakl

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Prüfung von Vor- und Nachteilen eines möglichen Beitritts Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“

eingebracht im Rahmen der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Technologie über die Regierungsvorlage (393 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden (421 d.B.)

Das Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ - das sogenannte „Londoner Übereinkommen“ - ist ein fakultatives Übereinkommen, das auf eine Senkung der Übersetzungskosten für europäische Patente abzielt.

Ein vom Europäischen Patentamt (EPA) erteiltes Patent wird im nationalen Recht behandelt wie mehrere in verschiedenen Ländern erteilte nationale Patente. Mit anderen Worten wird ein europäisches Patent als ein ganzes Bündel von Patenten angesehen.

Um in einem bestimmten Land Gültigkeit zu erlangen, musste die gesamte Patentschrift in die Landessprache übersetzt werden. Dadurch entstehen erhebliche Kosten. Je nachdem, um welches technische Gebiet es sich handelt, wie umfangreich das Patent ist und in welche Sprachen es übersetzt werden muss, steigen diese Kosten naturgemäß weiter an.

Einige der größeren EPÜ-Vertragsstaaten haben am 17. Oktober 2000 das „Londoner Übereinkommen“ abgeschlossen. In Kraft getreten ist das Übereinkommen am 1. Mai 2008, nachdem die Beitritts- und Ratifikationsverfahren in einigen nationalen Parlamenten beendet waren. Derzeit ist das Abkommen in 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation in Kraft, nämlich Deutschland, Schweiz, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Dänemark, Niederlande, Luxemburg, Schweden, Liechtenstein, Slowenien, Litauen, Lettland, Kroatien, Island, Monaco.

Das „Londoner Übereinkommen“ zielt darauf ab, die Kosten zu senken, indem eine kostengünstige Übersetzungsregelung für alle erteilten europäischen Patente eingeführt werden soll. Zu diesem Zweck haben die Vertragsstaaten des Übereinkommens vereinbart, auf die Einreichung von Übersetzungen bereits erteilter Patente in ihrer Landessprache ganz oder weitgehend zu verzichten.

Staaten, die eine Landessprache mit einer der Amtssprachen des EPA (Deutsch, Englisch und Französisch) gemein haben -wie Deutschland, Frankreich, die Schweiz und das Vereinigte Königreich - verzichten vollständig auf die Übersetzungserfordernisse, wenn das Patent in einer dieser Sprachen erteilt wurde. Dies würde im Falle eines Beitritts zum „Londoner Übereinkommen“ auch für Österreich zutreffen.

Für europäische Patente, die in englischer oder französischer Sprache erteilt werden, ist nach der derzeitigen Rechtslage beim österreichischen Patentamt eine Übersetzung der Patentansprüche und der Patentbeschreibung vorzulegen und eine Veröffentlichungsgebühr zu zahlen. Derzeit ist diese Übersetzung hinsichtlich des Schutzumfanges des Patents rechtsverbindlich. Durch den Wegfall des Übersetzungserfordernisses beim Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ gäbe es z. T. keine verbindlichen deutschen Patentbeschreibungen oder Patentansprüche mehr.

Österreichs Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ hätte demnach auch auf österreichische Patente Auswirkungen. Auf Grund des erst kürzlich in Kraft getretenen „Londoner Übereinkommens" scheint eine Studie über die Auswirkungen notwendig, bevor ein allfälliger Beitritt Österreichs vorgenommen wird.


Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Form einer Studie bis Jahresende 2010 zu erheben, welche Vor- und Nachteile sich durch den Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ für Österreich und die Nutzer des Patentsystems ergeben.

Die Studie soll auf jeden Fall über folgende Punkte Aufschluss geben:

1)      Welche Vorteile und welche Nachteile haben österreichische Firmen vom Beitritt Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“?

2)      Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die belegen, dass in jenen Ländern, in denen das „Londoner Übereinkommen“ bereits in Kraft getreten ist, der Zugang europäischer Firmen, insbesondere von KMUs, zum Patentsystem erleichtert oder verbessert wurde?

3)      Wie hat sich das „Londoner Übereinkommen" an Hand von vorhandenen Kennzahlen in den Ländern ausgewirkt, in denen es bereits in Kraft getreten ist (Der Fokus soll hierbei insbesondere auf denjenigen Staaten liegen, die eine Sprache des Europäischen Patentamts als Amtssprache haben)? Welche Auswirkungen zeigen sich in den vorhandenen Kennzahlen in den Ländern, die bisher dem „Londoner Übereinkommen" nicht beigetreten sind?

4)  Welche Gründe werden von denjenigen EPÜ-Ländern angeführt, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beitreten?


5)  Ist ein Beitritt Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ in Hinblick auf die Sprachfassungen von Patentansprüchen und -beschreibungen mit Art. 8 der Bundesverfassung vereinbar, wonach die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik Österreich ist?

6)      Hat sich und allenfalls wie hat sich die Gebührenstruktur im Patentbereich in jenen Ländern, die dem „Londoner Übereinkommen“ beigetreten sind, sowie in den Ländern, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beigetreten sind, insbesondere in Hinblick auf die „Patent-Jahresgebühren“ verändert?

7)      Wie hat sich die Zahl der aufrechterhaltenen Patente in den dem „Londoner Übereinkommen“ beigetretenen Ländern gegenüber vorher, bzw. gegenüber den nicht beigetretenen Ländern verändert? Welche Veränderungen gab es hinsichtlich der heimischen, europäischen und außereuropäischen Anmelder? Gibt es entsprechende Kennzahlen, die darauf schließen lassen, dass sich die Zahl der Nutzer des Patentsystems verändert hat?

8)      Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die Aufschluss darüber geben, wie sich das „Londoner Übereinkommen“ auf die „passiven Nutzer“, d.h. diejenigen, die selbst keine Patente anmelden, sich aber darum bemühen, nicht unter die Patente Dritter zu fallen, auswirkt bzw. ausgewirkt hat?