Parlament Österreich

 

 

 

V-13 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 12. Oktober 2010

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 12. Oktober 2010

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

1.    KOM (10) 392 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht auf Belehrung in Strafverfahren

(35379/EU XXIV.GP)und

SEK (10) 908

Zusammenfassung der Folgenabschätzung zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht auf Belehrung in Strafverfahren

(35378/EU XXIV.GP)

 

 

 

2.    9288/10

Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Republik Österreich, der Republik Slowenien und des Königreichs Schweden für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen

(35450/EU XXIV.GP)und

9288/10 ADD 1

Initiative of the Kingdom of Belgium, the Republic of Bulgaria, the Republic of Estonia, the Kingdom of Spain, the Republic of Austria, the Republic of Slovenia and the Kingdom of Sweden for a Directive of the European Parliament and of the Council regarding the European Investigation Order in criminal matters

Explanatory Memorandum

(32169/EU XXIV.GP)

 

 

 

3.    KOM (10) 368 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie …/…/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Einlagensicherungssysteme [Neufassung]

(34727/EU XXIV.GP)

und

 

SEK (10) 835 endg.

Zusammenfassung der Folgenabschätzung

Begleitdokument zum Vorschlag für eine Richtlinie .../.../EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Einlagensicherungssysteme[Neufassung]

und zum

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat

Überprüfung der Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme

(34729/EU XXIV.GP)

 

 

 

4.    KOM (10) 371 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Systeme für die Entschädigung der Anleger

(35486/EU XXIV.GP)und

SEK (10) 846 endg.

Zusammenfassung der Folgenabschätzung

Begleitdokument zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/9/EG über Systeme für die Entschädigung der Anleger

(35485/EU XXIV.GP)

 

 

 

5.    KOM (10) 433 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 98/78/EG, 2002/87/EG und 2006/48/EG hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats

(35961/EU XXIV.GP)und

SEK (10) 981 endg.

Begleitdokument zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 98/78/EG, 2002/87/EG und 2006/48/EG hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats

(35965/EU XXIV.GP)

 

 

 

6.    KOM (10) 482 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps

(36773/EU XXIV.GP)

und     

SEK (10) 1056

Zusammenfassung der Folgenabschätzung

Begleitdokument zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps

(36772/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

7.    KOM (10) 484 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

(36777/EU XXIV.GP)und

SEK (10) 1059

Zusammenfassung der Folgenabschätzung

Begleitdokument zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

(36775/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechte von Verdächtigen und europäische Ermittlungsanordnung

 

 

Innerhalb der EU sollen gemeinsame Mindestnormen über das Recht von Verdächtigen und Beschuldigten auf Rechtsbelehrung sowie auf Belehrung über den gegen sie erhobenen Tatvorwurf im Rahmen von Strafverfahren eingeführt werden. Das sieht ein Richtlinienentwurf vor, der im EU-Unterausschuss des Nationalrats am 12. Oktober 2010 diskutiert wurde.

 

Auch die zweite Materie des Justizblocks fand allgemeine Zustimmung. Sie betraf den Vorschlag der Kommission zu einer Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen, womit ein umfassendes Rechtshilferegime geschaffen werden soll. Die Initiative wurde sowohl von Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner als auch von den Abgeordneten begrüßt. In einem einstimmig angenommenen S-V-Antrag auf Mitteilung an die Kommission drängen die Ausschussmitglieder jedoch auf Präzisierungen.

 

 

 

Die JustizministerInnen der EU streben im Interesse einer gegenseitigen Anerkennung und auch im Lichte der grenzüberschreitenden Kriminalität gewisse Harmonisierungen an, erläuterte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Der erste Schritt sei das Recht auf Verdolmetschung im Strafverfahren gewesen, nun folgten Mindestnormen hinsichtlich der Rechte auf Information und Belehrung in Strafverfahren.

 

Diese sollen von dem Zeitpunkt, zu dem eine Person von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass sie einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt wird, bis zum Abschluss des Verfahrens gelten. Das betrifft zunächst die Information über das Recht auf Beiziehung eines Verteidigers, bzw. einer Verteidigerin, das Recht auf Belehrung über den Tatvorwurf und gegebenenfalls auch auf Akteneinsicht, das Recht auf Verdolmetschung und Übersetzungsleistungen und für den Fall einer Festnahme von Verdächtigen oder Beschuldigten das Recht, unverzüglich einem Richter, bzw. einer Richterin vorgeführt zu werden. Die Information über den Tatvorwurf ist so zu gestalten, dass ein faires Strafverfahren gewährleistet ist. So soll die Einsicht in jene Akten gewährt werden, die für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Festnahme oder der Inhaftierung maßgeblich sind. Im Fall einer Festnahme ist laut Kommissionsvorschlag eine schriftliche Information über die Verfahrensrechte zu erteilen. Darüber hinaus soll ein wirksamer Rechtsbehelf eingeführt werden, um feststellen zu können, ob die Betroffenen alle für sie maßgeblichen Informationen erhalten haben.

 

 

Justizministerin Bandion-Ortner unterstützte den Vorschlag grundsätzlich. Bedenken seitens des Justizressorts gibt es jedoch hinsichtlich des Ausmaßes der Akteneinsicht. Der Zweck des Verfahrens dürfe nicht gefährdet werden, argumentierte sie. Da in Österreich die Belehrung im Strafverfahren eine Selbstverständlichkeit darstellt, werde es kaum Umsetzungsbedarf geben, erläuterte sie. Angesichts der budgetären Situation müssten aber die finanziellen Auswirkungen noch genauer abgeschätzt werden.

 

Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) unterstrich die Bedeutung eines funktionierenden Schutzes der Beschuldigten und die Wahrung der Verteidigungsrechte. Auch Abgeordneter Albert Steinhauser (G) hielt die Richtlinie für sinnvoll, richtig und gut. Ebenso positiv äußerte sich Abgeordneter Ewald Stadler (B) und nannte beide Richtlinien für vernünftig. Einheitliche prozessuale Rechte im Vorverfahren liegen im Interesse Österreichs, sagte er. Im Gegensatz dazu stellte Abgeordneter Johannes Hübner (F) die Frage, ob man das wirklich zentral regeln muss und ob das nicht einen unnötigen Eingriff in nationale Kompetenzen darstellt.

 

In ihrer Reaktion auf die Wortmeldungen betonte die Justizministerin, es sei notwendig, in allen Staaten bestimmte Verfahrensstandards sicherzustellen und darauf würde auch der Rat achten.

 

 

 

Ziel der zweiten Justizvorlage der EU ist die Schaffung eines umfassenden Rechtshilferegimes. Derzeit gibt es dafür mehrere Rechtsgrundlagen, wie ein Europaratsübereinkommen samt Protokollen, ein EU-Übereinkommen samt Protokoll und ein Rahmenbeschluss über die Europäische Beweisanordnung (RB-EBA). Die Richtlinie sieht vor, dass der ersuchende Mitgliedstaat unter Verwendung eines einheitlichen Formulars eine Europäische Ermittlungsanordnung (European Investigation Order, EIO) erlässt, die im ersuchten Staat nach dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung vollstreckt wird. Der Vorschlag schränkt auch die derzeitigen, einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit häufig im Weg stehenden Ablehnungsgründe deutlich ein.

 

Auch diese Initiative wird von Österreich prinzipiell positiv beurteilt, da sich die Vielzahl der innerhalb der EU geltenden Rechtshilfeinstrumente teilweise von nur geringem praktischen Wert erwiesen haben. Die Absicht, auch Verwaltungsstrafsachen in den Anwendungsbereich miteinzubeziehen, wird aber mit Skepsis betrachtet, zumal sich dies in der Vergangenheit nicht bewährt hat. Österreich drängt jedoch auf die Möglichkeit einer richterlichen Kontrolle im ersuchten Staat in jenen Fällen, in denen dies aufgrund der Schwere des Eingriffs geboten ist, etwa im Zusammenhang mit dem Schutz des Hausrechts, des Briefgeheimnisses und des Fernmeldegeheimnisses.

 

Die Justizministerin begrüßte die Vorlage als einen weiteren Schritt zur Erleichterung der internationalen Rechtshilfe und merkte an, dass die Initiative von Belgien und Österreich ausgegangen sei. In der EU gebe es noch Diskussionen über Ablehnungsgründe, und was die beiderseitige Strafbarkeit betrifft, so habe noch keine Einigung erzielt werden können. Unbestritten sei aber, dass die Strafmündigkeit gegeben sein muss, sagte Bandion-Ortner, die auch dafür eintrat, die Möglichkeit zu geben, gelindere Maßnahmen zu ergreifen. 

 

Die Abgeordneten befürworteten unisono die Initiative der Kommission. In einem Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission verlangen sie jedoch weitere Präzisierungen. Vor allem sollten die Gründe für die Ablehnung einer Ermittlungsanordnung konkretisiert werden, um den Behörden ein für die Praxis taugliches Regulativ an die Hand zu geben. Auch halten sie es für dringend geboten, die Behörde des Anordnungsstaates zu einer Gesetzmäßigkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verpflichten. Der Ausschuss vertrat weiters die Ansicht, dass die Gründe einer Bewilligung einer Ermittlungsanordnung durch die Anordnungsbehörde klar dargestellt werden müsse, vor allem im Hinblick auf das Redaktionsgeheimnis, Berufsgeheimnisse und das Doppelbestrafungsverbot. Jedenfalls ist nach Auffassung des Ausschusses sicher zu stellen, dass eine Übermittlung von Beweismitteln verweigert werden kann, deren Verwertung in Österreich in einem vergleichbaren Verfahren nicht zulässig wäre.

 

Auf die sensible Frage der Wahrung des Redaktionsgeheimnisses ging auch Abgeordneter Johannes Jarolim (S) ein, indem er kritisch an die Einvernahme von Journalisten des Profils durch die Staatsanwaltschaft erinnerte, obwohl die betreffenden Journalisten nach österreichischem Recht nicht zu belangen sind. Jarolim sah in der gegenständlichen Vorlage der Kommission keine Garantie dafür, dass derartige Fälle in Zukunft vermieden werden. Er appellierte daher an die Justizministerin, hier mit Sorgfalt vorzugehen. Jarolim regte in diesem Zusammenhang die Erstellung eines Klauselkatalogs an, in dem aufgelistet ist, welche Delikte in einem Land strafbar sind und welche nicht. Auch Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) hielt es für unabdingbar, Vorkehrungen zu treffen, damit nicht in geschützte Rechte eingegriffen werden kann. Dem schloss sich die Justizministerin an und hielt fest, das Redaktionsgeheimnis sei auf jeden Fall zu schützen. Wesentlich bei der Ermittlungsanordnung sei die gegenseitige Strafbarkeit, man werde auch darauf bestehen, dass österreichische Verfahrensgrundsätze greifen.

 

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) befürwortete in seiner Stellungnahme ebenfalls das Ziel der Richtlinie, die Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Mindeststandards seien Voraussetzung für eine gegenseitige Anerkennung, sagte er, gleichzeitig kritisierte er jedoch die Abkehr vom Gegenseitigkeitsprinzip. Dazu meinte die Justizministerin, die Abkehr vom Gegenseitigkeitsprinzip werde derzeit intensiv diskutiert, ihrer Meinung nach müsse man dies davon abhängig machen, ob es sich etwa um Eingriffe in Grundrechte handelt oder um geringere Delikte.

 

Abgeordnetem Ewald Stadler (B) gegenüber, der sich Sorgen um das Bankgeheimnis gemacht hatte, bekräftigte sie, dass in nationale Rechte nicht eingegriffen werde. 

 

Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen äußerte Abgeordneter Johannes Hübner aus der Sicht der FPÖ Bedenken, da in einigen EU-Staaten die Rechtsdurchsetzungssysteme keineswegs hohen Standards entsprechen. Er befürchtete daher Probleme, weil man sich mit der geplanten Ermittlungsanordnung indirekt auch nicht funktionierenden Rechtssystemen unterwirft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einlagensicherung und Anlegerschutz

 

 

Als eine Konsequenz der Finanzkrise will die EU nun auch die Einlagensicherung verbessern und die Entschädigung der AnlegerInnen neu regeln. Die entsprechenden Richtlinienentwürfe standen ebenfalls zur Debatte im EU-Unterausschuss und wurden von der Mehrheit der Abgeordneten grundsätzlich begrüßt. Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ wurde jedoch zum Thema Einlagensicherung ein Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission angenommen, der die Berücksichtigung des österreichischen Bankensystems mit seinen Haftungsverbänden einfordert. 

 

 

Ziel des Richtlinienvorschlags zur Verbesserung der Einlagensicherung ist die Stärkung des Vertrauens der AnlegerInnen in ein Sicherungssystem, das eine rasche Auszahlung der gesicherten Beträge garantiert. Im Sinne der Vereinfachung soll es ein vollharmonisiertes Deckungsniveau von 100.000 € geben.

 

Die Einlagensicherungen sollen nach Vorstellungen der EU-Kommission künftig innerhalb von 7 Tagen nach Eintreten des Sicherungsfalls von sich aus die Erstattung der gesicherten Auszahlung vornehmen. Um eine rasche Auszahlung zu ermöglichen, ist nach Auffassung der Kommission eine ex ante-Finanzierung notwendig, damit zum entsprechenden Zeitpunkt die finanziellen Mittel bereits zur Verfügung stehen. So soll innerhalb von 10 Jahren ein Fonds aufgebaut werden, dessen Zielgröße 1,5% der sicherungspflichtigen Einlagen ist. Dieser Fonds wird durch regelmäßige risikoorientierte Beiträge der Banken gespeist. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, den Banken, die einem institutsbezogenen Sicherungssystem angehören, eine reduzierte Beitragsleistung zu gewähren.

 

Die ex-ante Finanzierung soll durch ein ex post-Element ergänzt werden, d.h. die Mitglieder eines Sicherungssystems müssen einen bestimmten Sonderbeitrag (0,5% der sicherungspflichtigen Einlagen) leisten, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichend sind.

 

Sind die finanziellen Mittel nach Leistung des ex post-Beitrages immer noch nicht genug, so soll der pan-europäische Solidaritätsmechanismus in Gange gesetzt werden, wonach andere Einlagensicherungssysteme einen limitierten Kredit zu gewähren haben (max. 0,5% der sicherungspflichtigen Einlagen), der nach 5 Jahren zurückzuzahlen ist.

 

Um im Sicherungsfall einer Zweigstelle einer EU-Bank die EinlegerInnen zu unterstützen, sieht die Kommission vor, dass künftig die Einlagensicherung des Gastlandes nicht nur Informationen für die EinlegerInnen bereit stellt, sondern auch die Auszahlung im Wege einer Vorfinanzierung übernimmt und im Gegenzug entsprechende Regressforderungen gegenüber der Einlagensicherung des Herkunftslandes hat.

 

 

Staatssekretär Reinhold Lopatka erläuterte, es gehe um eine weitestgehende Harmonisierung, die vor allem durch das ex-ante-System eine große Umstellung für Österreich bedeutet. Man halte die Höhe des Sicherungsbetrags für richtig, meinte Lopatka, die angestrebte Auszahlungsfrist von sieben Tagen sei jedoch technisch nur schwer umsetzbar. Die Regierung sei bemüht, die Belastung für den Bankensektor auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren, bekräftigte er, vor allem sollte sich die Höhe der Sicherung danach richten, wie risikoreich die Geschäfte der jeweiligen Banken sind. Er gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die österreichischen Banken zur Sicherung einen Gesamtbeitrag von 3,7 bis 4,7 Mrd. € aufzubringen haben. Dazu komme Basel III, wodurch sich die zusätzliche Summe auf bis zu 24 Mrd. € erhöhen würde.

 

An diese Bedenken knüpfte Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) an. Er wies darauf hin, dass 80% der österreichischen SparerInnen ihr Geld bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen anlegen, die über Haftungsverbände verfügen. Es sei daher nicht verständlich, wenn österreichische Banken verpflichtet werden, einen Fonds zu dotieren, der sie mit jährlich ca. 300 Mio. € belastet. Ähnlich argumentierte Abgeordnete Karin Hakl (V), die von der Notwendigkeit einer tragfähigen Regelung für Österreich sprach. Die vorgesehenen Bestimmungen würden für die heimischen Banken enorme Kosten bedeuten, obwohl das bisherige System gut funktioniere. Sie frage sich, ob die Banken bei so vielen zusätzlichen Auflagen überhaupt in der Lage sein werden, vernünftige Eigenkapitalquoten aufzubauen. Hakl regte daher an, die geplante Bankensteuer auslaufen zu lassen, wenn die europäischen Maßnahmen greifen, denn sonst würden sich die Kredite verteuern, was negative Auswirkungen auf die Wirtschaft habe. 

 

Im Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission fordern die Abgeordneten daher, die Richtlinie so zu gestalten, dass bewährte Einlagensicherungssysteme, wie sie die sektoriellen darstellen, rechtlich zulässig und wirtschaftlich möglich bleiben. Ein risiko-orientiertes Einlagensicherungssystem müsse dazu führen, dass Institute mit geringerem Risiko auch geringere Beiträge leisten und Einlagensicherungssysteme mit insgesamt geringerem Risiko einen geringeren Einlagensicherungsfonds aufbringen müssen. Sofern Institute durch Haftungsverbünde einen hohen Grad der Ausfallsicherung garantieren, sollte diesen eine Begünstigung auf anderen Stufen des nun vorgeschlagenen Finanzierungsmodells zukommen, heißt es in dem Antrag.

 

Abgeordnete Christine Muttonen (S) nannte den Richtlinienentwurf als wichtigen Schritt zur Aufarbeitung der Krise. Spareinlagen dürften nicht verloren gehen, sagte sie, man müsse einen hohen Schutz gewähren, um einen "bank run" zu verhindern.

 

Während die Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Werner Kogler (G) die Begrenzung der Einlagensicherung für sinnvoll erachteten, sprach sich Abgeordneter Robert Lugar (B) für eine weiterhin unbegrenzte Haftung für Spareinlagen aus. Die Sparbücher müssen unter allen Umständen sicher sein, sagte er, und eine Begrenzung der Einlagensicherung könne es erst dann geben, wenn Haftungsverbände auf alle Banken ausgeweitet werden, mehr Transparenz sichergestellt und die Sicherheit des Systems gewährleistet ist und die Frage der Spekulationsverluste angegangen wird. Auch Abgeordneter Alois Gradauer (F) forderte eine unbegrenzte Einlagensicherung. Krainer und Kogler argumentierten, dass hohe Zinsen auch ein hohes Risiko bedeuten, und den SparerInnen müsse zumutbar sein, eine gewisse Mindestabschätzung des Risikos vorzunehmen. Beide befürworteten europäische Regelungen und eine europäische Kontrolle, um das Wettrennen der Banken einzudämmen.

 

Hier hakte Abgeordneter Johannes Hübner (F) ein und verlieh seiner Ansicht Ausdruck, dass er die Zentralisierung wettbewerbsverhindernder Maßnahmen für nicht sinnvoll erachtet. Sein Klubkollege Alois Gradauer (F) trat dafür ein, die Einlagensicherung nach nationalem Recht zu regeln.

 

Gradauer lehnte den Richtlinienentwurf grundsätzlich ab, da dieser ihn fatal an die Griechenland-Hilfe erinnert. Er übte auch heftige Kritik an den Banken allgemein, da diese offensichtlich so weitermachen, als ob nichts gewesen wäre. Sollte sich nicht bald etwas Tiefgreifendes ändern, so werde es zu einer neuen Finanzkrise kommen, stellte er die Befürchtung in den Raum. Gradauer forderte daher eine eigene Konkursordnung für Banken, Qualitätskriterien für Finanzprodukte, die auf den Markt kommen dürfen, und eine Trennung der Banken in jene, die ein normales Geschäft verfolgen und in Investment-Banken, bei denen eindeutig das Risiko liegt. Außerdem kritisierte Gradauer, dass es noch immer Bankplätze ohne Aufsicht gibt und dass sich Banken gegenseitig an den Nationalbanken und an der EZB vorbei Geld leihen. Er verlangte auch, eine EU-eigene Rating-Agentur aufzubauen.

 

Im Interesse der Verbesserung des Anlegerschutzes plant die EU-Kommission, die geltende Richtlinie zu überarbeiten. Vor allem soll der EU-Regulierungsrahmen für Finanzdienstleistungen gestärkt und damit auch das Anlegervertrauen in das Finanzsystem wiederhergestellt werden. Darüber hinaus will man Lücken im Regulierungssystem schließen und die Richtlinie allgemein an geänderte Bedingungen anpassen. Geplant ist weiters, die Unterschiede zwischen dem Schutz der KundInnen für Wertpapierfirmen einerseits und dem Schutz von BankeinlegerInnen andererseits abzubauen.

 

Zur Erreichung all dieser Ziele schlägt die EU-Kommission vor, die Entschädigungshöhe auf 50.000 € im gesamten EU-Raum zu harmonisieren. Zur Finanzierung des Entschädigungssystems soll es eine zwingende ex ante - Finanzierung ("Zielausstattung") der Entschädigungssysteme durch jährliche Beitragszahlungen geben, aber auch die Möglichkeit eröffnet werden, zusätzliche Beiträge einzuheben, falls die Zielausstattung zur Regelung von Entschädigungsansprüchen nicht ausreicht. Eine Kreditaufnahme bei anderen Entschädigungssystemen (auch grenzüberschreitend im EU-Raum) ist ebenfalls angedacht.

 

Der Richtlinienentwurf sieht die Pflicht zur Auszahlung einer "provisorischen Teilentschädigung" vor, falls die (gesamte) vorläufige Forderung der AnlegerInnen nicht innerhalb einer bestimmten Frist ausbezahlt wird. Außerdem soll es neben anderen Maßnahmen auch eine Ausweitung der Informationspflichten gegenüber den KundInnen für Wertpapierfirmen und Investmentfonds geben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schritte zur Regulierung des Finanzmarkts  -  Leerverkäufe und Derivatehandel

 

 

Im letzten Teil des EU-Unterausschusses ging es um Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte. Der Diskussion lag zunächst die geplante Richtlinie hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats zugrunde. Darüber hinaus beschäftigten sich die Abgeordneten mit dem Vorschlag zu einer EU-Verordnung über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps sowie mit dem Verordnungsentwurf betreffend OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister. Alle Vorschläge wurden von österreichischer Seite grundsätzlich unterstützt, wenngleich die Abgeordneten ein entschiedeneres Vorgehen bei der Regelung der Finanzmärkte einforderten.

 

 

In einem S-V-Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission zu den beiden Verordnungsentwürfen, der mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ mehrheitlich angenommen wurde, verlangen die Abgeordneten, mit mehr Entschiedenheit an die Neuregulierung der Finanzbranche heranzugehen. Die Vorschläge der Kommission halten sie für zu zaghaft, zumal Derivatgeschäfte unkalkulierbare Risiken enthalten. Deshalb sollte auf eine stärkere Regulierung des Derivatehandels hingewirkt werden und in diesem Sinne sei auch bei der kommenden Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften darauf zu achten, dass durch strenge Anforderungen die Attraktivität von risikoreichen Derivatgeschäften reduziert wird. Die Abgeordneten verlangen auch ausreichende Handhaben für die Aufsichtsbehörden, um entsprechend gegen Verstöße vorgehen zu können. Der derzeitige Vorschlag schränke demgegenüber die Möglichkeiten der Aufsichtsbehörden in unnötiger Weise ein, stellen sie fest.

 

 

Auf EU-Ebene wurde 2002 eine zusätzliche Gruppenbeaufsichtigung in Bezug auf Finanzkonglomerate eingeführt (Financial Conglomerates Directive – FICOD), die die Bankenrichtlinie und die Versicherungsgruppenrichtlinie ersetzt. In Österreich wurde die Richtlinie mit dem Finanzkonglomerategesetz umgesetzt. Nun sollen mittels des gegenständlichen Vorschlags zur Änderung der Richtlinie dringende technische Fragen geregelt werden, in einem zweiten Schritt ist laut Information des Finanzministeriums vorgesehen, Ende 2010 Fragen bezüglich der Eigenkapitalermittlung zu klären.

 

Die technischen Anpassungen betreffen einerseits die Anwendbarkeit der branchenspezifischen Bestimmungen der Banken- und Versicherungsrichtlinien in Bezug auf die Beaufsichtigung auf Ebene der "Gemischten Finanzholdinggesellschaften", andererseits will man Vermögensverwaltungsgesellschaften in die zusätzliche Beaufsichtigung einbeziehen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

 

 

Was Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps betrifft, so gibt es derzeit auf EU-Ebene keine Regelung. Das österreichische Börsegesetz sieht jedoch vor, dass die FMA Beschränkungen für Leerverkäufe für einen bestimmten Zeitraum durch Verordnung anordnen kann.

 

Die EU plant nun, Melde- und Transparenzpflichten für Short-selling Transaktionen auf "trading venues", also geregelte Märkte und Multi-Trading-Facilities, einzuführen. "Ungedeckte oder nackte" Leerverkäufe sollen insofern zurückgedrängt werden, als in Hinkunft VerkäuferInnen zumindest einen gewissen Anspruch auf die zu Grunde liegenden Papiere nachweisen müssen.

 

Auf Grund der Finanzmarktkrise, insbesondere aber auch der Schwierigkeiten mit den griechischen Staatsanleihen, wird weiters vorgeschlagen, Spekulationen mit Hilfe von Credit Default Swaps auf Staats- und Unionsanleihen durch Maßnahmen der Aufsichtsbehörden einzudämmen. Solche Maßnahmen sind mit einer 3-Monats-Frist limitiert. Darüber hinaus sieht der Verordnungsentwurf eine Koordinationsfunktion für getroffene Maßnahmen und eigenständige Aufsichtskompetenzen für ESMA, die europäische Wertpapieraufsicht, vor.

 

 

Auch im Hinblick auf OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister fehlen bislang verbindliche Regelungen innerhalb der EU. Die Kommission hält es daher für erforderlich, diese Lücke auf dem Gebiet der Wertpapierentwicklung zu füllen.

 

Inhaltlich geht es in ihrem Vorschlag um eine weitgehende Verlagerung des standardisierten OTC-Derivatehandels auf geregelte Märkte, um erhöhte Transparenz- und Meldepflichten für weiterhin over-the-counter gehandelte Derivate sowie um organisatorische Regelungen für Zentrale Gegenparteien (Central Counterparties). Es sollen auch Transaktionsregister (so genannte "trade-repositories") zur Datenspeicherung vorgenommener Derivatetransaktionen eingerichtet werden. Außerdem behandelt die Verordnung das Verhältnis des europäischen Derivatehandels zum außereuropäischen, insbesondere dem US-amerikanischen.

 

Wenn Österreich auch diesem Vorschlag grundsätzlich positiv gegenüber steht, so ist aus heimischer Sicht vor allem die Frage der Ausnahme für nichtfinanzielle Gegenparteien noch ausführlich zu diskutieren, da hier finanzielle Auswirkungen, insbesondere auf den österreichischen Energiesektor, zu erwarten sind, der Derivate im Hedgingbereich einsetzt. Man hält es auch für erforderlich zu hinterfragen, inwieweit die vorgesehenen Organisationsvorschriften für zentrale Gegenparteien aus österreichischer Sicht allenfalls als überzogen anzusehen sind, da 5 Mio. € Eigenkapital für eine relativ kleine zentrale Gegenpartei wie die österreichische eine massive Systemumstellung darstellen würde. Zu klären ist laut Finanzministerium weiters die Zusammensetzung des geplanten Risikokomitees sowie die Frage der jederzeitigen Separierbarkeit von Konten im Rahmen der Wertpapierabwicklung.

 

 

Staatssekretär Reinhold Lopatka befürwortete eine stärkere Regulierung und Aufsicht der Finanzmärkte und hielt vor allem den Weg der Verordnung für richtig, um Alleingänge einzelner Staaten zu verhindern. Verordnungen der EU gelten in den Mitgliedstaaten direkt und bedürfen keiner Umsetzung mehr.

 

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hielt die Zielrichtung der vorliegenden Initiativen für richtig, er sprach sich aber für das Verbot des Handels von gefährlichen Derivaten aus und hinterfragte auch kritisch die Ausnahmen bei Leerverkäufen. Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) begrüßte die Vorschläge der Kommission als eine Reaktion auf die Erkenntnis, dass Leerverkäufe massiv einen Trend bis hin zur Destabilisierung darstellen können.

 

Diese Auffassung wurde auch von Abgeordnetem Werner Kogler (G) geteilt, wobei sich dieser nicht sehr zuversichtlich zeigte, dass die Maßnahmen auch greifen. Kogler würde eine Finanztransaktionssteuer vorziehen, weil diese einen Lenkungseffekt hätte. Grundsätzlich meinte er, die MarktteilnehmerInnen müssten verstehen können, was sie kaufen, weshalb die Frage der Transparenz eine immanent wichtige sei. Derivate wären weniger gefährlich, wenn sie besser nachvollziehbar wären.

 

Skeptisch äußerte sich Abgeordneter Robert Lugar (B), da mehr als 90% der Transaktionen über Derivate gehen und es illusorisch sei, zwischen guten und bösen Derivaten zu unterscheiden. Lugar sprach in diesem Zusammenhang von Scheingefechten und auch Abgeordneter Alois Gradauer (F) hielt die geplanten Schritte für Scheinaktionen. Er befürchtete Blockaden durch Großbritannien und verlangte dezidiert das Verbot von Leerverkäufen.

 

Folgender S-V-Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG an die EUROPÄISCHE KOMMISSION

gemäß Art 23f Abs 4 B-VG

 

 

der Abgeordneten Jarolim, Donnerbauer

 

 

betreffend

 

Ratsdok. 9288/10 Initiative des Königreichs Belgien, der Republik Bulgarien, der Republik Estland, des Königreichs Spanien, der Republik Österreich, der Republik Slowenien und des Königreichs Schweden für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (31637/EU XXIV.GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 12.10.2010 zu TOP 2.

 

 

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

I.

 

Die folgende Position zum eingangs erwähnten Vorhaben ist der Europäischen Kommission gemäß Art 23f Abs 4 B-VG mitzuteilen:

 

„Die von mehreren Mitgliedsstaaten – darunter auch Österreich – vorgelegte Initiative für eine Richtlinie verfolgt das Ziel, die grenzübergreifende Verfolgung von Straftaten zu vereinfachen. Zu diesem Zweck soll der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung umfassend auf den Bereich der Ermittlungsmaßnahmen und der Beweiserhebung ausgeweitet werden. Der EU-Unterausschuss begrüßt die Ziele der Initiative insbesondere auch deshalb, da durch einen neuen einheitlichen Ansatz die bestehenden Doppelgleisigkeiten in Hinblick auf grenzübergreifende Ermittlungsmaßnahmen beseitigt und so ein höheres Maß an Rechtssicherheit erzielt werden kann.

 

Grundlage dafür, dass eine gegenseitige Anerkennung als geeignetes Instrument angesehen werden kann, ist – wie dies auch im Stockholm Programm festgehalten wird – ein Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der europäischen Strafrechtssysteme. Zur Stärkung dieses Vertrauens hat sich der Rat im November 2009 auf eine Roadmap geeinigt, die sechs Maßnahmen zur Stärkung der strafrechtlichen Verfahrensgarantien vorsieht.

 

Es ist von grundlegender Bedeutung, dass im Rahmen der Europäischen Ermittlungsanordnung in Strafsachen entsprechende Vorkehrungen  getroffen werden, um Betroffene vor unverhältnismäßigen bzw. rechtsstaatlich bedenklichen Eingriffen in ihre Privatsphäre zu schützen.

 

Zwar enthält der derzeitige Richtlinienvorschlag die Möglichkeit, eine Ermittlungsanordnung abzulehnen. Die Gründe hierfür sind jedoch zu allgemein gehalten, um den handelnden Behörden als taugliches Beurteilungskriterium für die Zulässigkeit einer Ermittlungsanordnung zu dienen. Es sollte daher darauf geachtet werden, dass die Artikel über allfällige Ablehnungsgründe bestimmt und konkret formuliert werden, um den Behörden ein für die Praxis taugliches Regulativ an die Hand zu geben.

 

Darüber hinaus legt die Initiative keine Mindestanforderungen fest, an die sich die Anordnungsbehörde bei ihrer Entscheidung über eine Ermittlungsanordnung zu halten hat. So ist etwa weder eine Legalitätsprüfung (vgl. Art 7 der Europäischen Beweisanordnung), noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgeschrieben. Aus diesen Gründen scheint es dringend geboten, die Behörde des Anordnungsstaates zu einer Gesetzmäßigkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verpflichten. In diesem Zusammenhang sollte allerdings im Sinne eines beschleunigten Verfahrens darauf geachtet werden, dass doppelte Prüfungen durch die Behörden im Anordnungs- und Vollstreckungsstaat vermieden werden. 

 

In Hinblick auf die einer betroffenen Person gegen eine Ermittlungsanordnung zur Verfügung stehenden Rechtsmittel erscheint es zweckmäßig, einen Widerspruch in der Sache selbst nur vor einem Gericht des Anordnungsstaates zuzulassen. In Hinblick auf die zu beachtenden Verfahrensvorschiften bleibt jedoch ausschließlich das Recht des Vollstreckungsstaates maßgeblich. Insofern sollte die Möglichkeit bestehen, die Übermittlung der auf Grund einer Ermittlungsanordnung gesicherten Beweise und damit ihrer Verwertung in einem anderen Mitgliedstaat zu verweigern, wenn die Beweise nicht legal erlangt wurden bzw. wenn diese in einem ähnlichen österreichischen Fall nicht verwendet werden dürften (z.B. Beweiserhebungsverbote).

 

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Gründe einer Bewilligung einer Ermittlungsanordnung durch die Anordnungsbehörde konkretisiert werden müssen  (z.B. Rücksichtnahme etwa auf das Redaktionsgeheimnis, Berufsgeheimnisse und das Doppelbestrafungsverbot). Jedenfalls ist sicherzustellen, dass eine Übermittlung von Beweismitteln verweigert werden kann, deren Verwertung in Österreich in einem vergleichbaren Verfahren – etwa auf Grund von Beweiserhebungsverboten - nicht zulässig wäre.“

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die vorstehenden Ausführungen der österreichischen Position zu Grunde legen wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender S-V-Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ mehrheitlich angenommen:

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG an die EUROPÄISCHE KOMMISSION

gemäß Art 23f Abs 4 B-VG

 

 

 

der Abgeordneten Muttonen, Hakl, Krainer, Ikrath

 

 

betreffend

 

KOM (2010) 368 endg. Vorschlag für eine Richtlinie …/…EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Einlagensicherungssystems [Neufassung] (34727/EU, XXIV. GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 12.10.2010 zu Top 3.

 

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

I.

 

Die folgende Position zum eingangs erwähnten Vorhaben ist der Europäischen Kommission gemäß Art 23f Abs 4 B-VG mitzuteilen:

 

"Durch den oa. Vorschlag werden die Bestimmungen der bereits bestehenden Richtlinie zur Einlagensicherung stärker harmonisiert, als dies bisher der Fall war. Durch die vorgeschlagenen Änderungen soll den Lehren aus der Finanzkrise Rechnung getragen werden. So soll insbesondere der Wettlauf der EinlegerInnen um möglichst hohe Deckungssummen durch Wechsel der Bank und damit des Sicherungssystems (‚bank run‘) in Zukunft verhindert werden. Außerdem soll für den Fall einer Bankeninsolvenz ein ausreichender Kapitalstock vorhanden sein, um die betroffenen EinlegerInnen möglichst rasch und unbürokratisch zu entschädigen.

 

Der Ausschuss begrüßt und unterstützt die Arbeit der Europäischen Kommission, die darauf abzielt, die Funktion der Finanzmärkte durch entsprechende Regulierungsmaßnahmen zu verbessern und gleichzeitig das Risiko für künftige Krisen des Finanzsektors zu reduzieren.

 

Die einheitliche Festlegung der zu deckenden Einlagen mit einem Betrag von 100.000 Euro ist sinnvoll, um den negativen Folgen uneinheitlicher Deckungshöhen vorzubeugen. Insbesondere wird so eine Ungleichbehandlung zwischen in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässigen EinlegerInnen des selben Instituts verhindert. 

 

Die schlussendliche Richtlinie sollte so ausgestaltet sein, dass bewährte – beispielsweise sektorielle – Einlagensicherungssysteme im Sinne der VerbraucherInnen rechtlich zulässig und wirtschaftlich möglich bleiben. Das den VerbraucherInnen garantierte Schutzniveau soll durch die Richtlinie zumindest beibehalten, nach Möglichkeit sogar erhöht werden.

 

Der vierstufige Aufbau der Finanzierung der Einlagensicherungssysteme ist dem Prinzip nach sinnvoll, da so eine Mischung aus verschiedenen Finanzierungsquellen geschaffen wird, die den für die Deckung in Frage kommenden Kapitalstock vergrößert. Dies ist von deutlichem Vorteil für die EinlegerInnen, da somit die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit des Einlagensicherungssystems weiter reduziert wird. Jedoch sollte insbesondere im Bereich der grenzübergreifenden Kreditvergabe darauf geachtet werden, dass die aus der im Vorschlag vorgesehenen Kreditvergabe resultierenden Lasten gleichmäßig auf die anderen Einlagensicherungssysteme verteilt werden. Eine  Verpflichtung zur grenzübergreifenden Kreditvergabe wird abgelehnt.

 

Durch das vierstufige Finanzierungsmodell wird das risiko-orientierte Element der Einlagensicherung weiter ausgebaut, was zu begrüßen ist und sogar noch in höherem Maße sinnvoll wäre. Ein risiko-orientiertes Einlagensicherungssystem muss letztlich dazu führen, dass Institute mit geringerem Risiko auch geringere Beiträge leisten und Einlagensicherungssysteme mit insgesamt geringerem Risiko einen geringeren Einlagensicherungsfonds aufbringen müssen. Der derzeitige Vorschlag berücksichtigt dieses Prinzip noch in unzureichendem Maße, insbesondere in Hinblick auf Sicherungssysteme zwischen einer großen Zahl an kleineren Instituten, wie sie auch für den österreichischen Bankenmarkt nicht untypisch sind. Sofern diese Institute durch Haftungsverbünde einen hohen Grad der Ausfallsicherung garantieren, sollte diesen eine Begünstigung auf anderen Stufen des nun vorgeschlagenen Finanzierungsmodells zukommen. Die Bestimmungen über die an die gesetzliche Einlagensicherung zu leistenden ex-ante Beiträge sind daher unter Umständen zu wenig flexibel, um die Verwirklichung eines risiko-orientierten Modells der Einlagensicherung zu ermöglichen.

 

Die administrative Ausgestaltung der Bestimmungen der Richtlinie sollte im Sinne aller Beteiligten den praktischen Bedürfnissen entsprechen, um ein reibungsloses Funktionieren der Einlagensicherung zu gewährleisten. Eine unter diesem Gesichtspunkt vorgenommene Überprüfung gewisser Detailbestimmungen (Fristen, Auszahlung auch ohne Antrag, pay-box-Funktion) wäre daher sinnvoll.

 

Abschließend wird bezweifelt, ob die gewählte Rechtsgrundlage für sich alleine ausreicht, um die gegenständliche Richtlinie in all ihren Facetten abzudecken. Eine diesbezügliche Überprüfung im weiteren Gesetzgebungsverfahren wird empfohlen."

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die vorstehenden Ausführungen der österreichischen Position zu Grunde legen wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender S-V-Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ mehrheitlich angenommen:

 

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG an die EUROPÄISCHE KOMMISSION

gemäß Art 23f Abs 4 B-VG

 

 

der Abgeordneten Krainer, Ikrath

 

 

betreffend

 

KOM (2010) 482 endg. Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (36773/EU, XXIV. GP)

 

und

 

KOM (2010) 484 endg. Vorschlag für eine Verordnung des  Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (36777/EU, XXIV. GP)

 

 

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 12.10.2010 zu TOP 6.

 

 

 

I.

 

Die Europäische Kommission hat die beiden oa. Vorschläge am 15.09.2010 vorgelegt. Die beiden Verordnungsentwürfe zielen auf die erstmalige Regulierung des Derivatehandels auf europäischer Ebene. Da der Wert von Derivaten stets vom Wert eines anderen Titels abgeleitet ist, führt der Handel mit Derivaten unter gewissen Voraussetzungen zur Verstärkung von Marktbewegungen und trägt in einem solchen Fall potentiell dazu bei, dass die Stabilität eines einzelnen Finanztitels oder sogar eines gesamten Finanzmarktes in Gefahr gerät. Die Europäische Kommission stellt daher völlig berechtigterweise fest, dass die Regulierung des Derivatehandels eine der wesentlichen Lehren aus der Finanzkrise sein muss.

 

Der von der Europäischen Kommission gewählte grundlegende Zugang zur Regulierung des Derivatehandels besteht darin, die im Abschluss von Derivatgeschäften liegenden Risiken zu minimieren und generell die Transparenz des Marktes zu stärken sowie eine stärkere Kontrolle durch die entsprechenden Aufsichtsorgane zu ermöglichen. Handelsverbote sollen nur in Ausnahmefällen bzw. in Hinblick auf besonders gefährliche Derivate verhängt werden.

 

Der Ausschuss unterstützt in vollem Maße die Bestrebungen zur Regulierung des Handels mit riskanten Finanzprodukten. Mangelnde Regulierung und leichte Umgehbarkeit der existierenden Regeln ermöglichten erst die Entwicklungen der vergangenen Jahre, die ohne das rechtzeitige Einschreiten der Politik zum Zusammenbruch der gesamten Finanzbranche geführt hätten.

 

Mit der Entschiedenheit, die damals an den Tag gelegt wurde, muss nun auch an die Neuregulierung der Finanzbranche herangegangen werden. Die Vorschläge der Europäischen Kommission sind hier zu zaghaft. Der Ausbruch der Finanzkrise kann nicht nur auf einige wenige, unverantwortliche MarktteilnehmerInnen zurückgeführt werden, sondern vielmehr auf systemische Mängel aufgrund von unzureichender Regulierung. Die Ereignisse der Finanzkrise müssen zu dem Schluss führen, dass die Risiken, die durch den Handel mit gewissen Finanzprodukten entstehen, weder absehbar, noch in ihren Auswirkungen kontrollierbar sind. Dies gilt ganz besonders dann, wenn öffentliche Schuldtitel betroffen sind. Die Regulierung des Handels mit solchen Produkten ist daher entscheidend, um eine Wiederholung der Finanzkrise nachhaltig zu vermeiden.

 

Derivatgeschäfte enthalten unkalkulierbare Risiken. Dies trifft jedoch nicht nur auf ungedeckte Leerverkäufe zu, die als einziges einem (wenn auch nicht vollständigem) Verbot unterworfen werden sollen, sondern auch auf andere Derivate, deren primärer Zweck nicht in der Absicherung gegen Risiken bzw. Kursschwankungen besteht. Die Abwicklung des Derivatehandels über zentrale Clearingstellen ist somit eine sinnvolle Maßnahme, jedoch eliminiert dies für sich allein noch nicht die bestehenden Risiken. Darauf sollte auch in den gegenständlichen Vorschlägen durch eine stärkere Regulierung des Derivatehandels hingewirkt werden. In diesem Sinne ist auch bei der kommenden Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften darauf zu achten, dass durch strenge Anforderungen die Attraktivität von risikoreichen Derivatgeschäften reduziert wird.

 

Den Aufsichtsbehörden muss zur Kontrolle der neuen Regelungen eine ausreichende Handhabe bei Verstößen zur Verfügung stehen. Der derzeitige Vorschlag schränkt die Möglichkeiten der Aufsichtsbehörden jedoch in  unnötiger Weise ein: die Sanktionsbefugnis bei Verstößen gegen die neuen Regelungen wird zu einem erheblichen Teil an private AkteurInnen ausgegliedert. Dies trägt keinesfalls zu einer besseren Kontrolle bei und sollte daher abgeändert werden. Schließlich sind neue Regeln ohne entsprechende Kontroll- und Sanktionsmechanismen ungeeignet, zur Eindämmung der Risiken am Finanzmarkt beizutragen.

 

Abschließend stellt der Ausschuss fest, dass der Vorschlag in wesentlichen Punkten Befugnisse - etwa zur Festlegung von Schwellenwerten - an die Europäische Kommission überträgt. Da sich diese Befugnisse auf Kernelemente der neuen Regulierung beziehen, ist die Wirksamkeit der neuen Regeln in hohem Maße von der Ausübung dieser Befugnisse abhängig. Umso wichtiger ist es daher, den Rahmen, in dem die Europäische Kommission ihre Befugnisse ausüben kann, bereits im jeweiligen Vorschlag klar zu definieren.

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die vorstehende Ausschussfeststellung der österreichischen Position zu Grunde legen wird.