Parlament Österreich

 

 

 

V-19 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 5. April 2011

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 5. April 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    KOM (11) 32 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität

(45269/EU XXIV.GP)

und

 

SEK (11) 133 endg.

Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen

Zusammenfassung der Folgenabschätzung

Begleitdokument zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein gemeinsames Konzept für die Verwendung von Fluggastdatensätzen

(45270/EU XXIV.GP)

 

 

 

2.    13703/10

Gemeinsames Europäisches Asylsystem

Sachstand

(40337/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verwendung von Fluggastdaten

 

 

Die geplante Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) innerhalb der EU als zusätzliches Mittel im Kampf gegen Terrorismus und schwere Kriminalität wird von österreichischer Seite mit großer Skepsis gesehen. Das machten Abgeordnete aller Fraktionen sowie Innenministerin Maria Theresia Fekter im EU-Unterausschuss des Nationalrats am 5. April 2011 klar. Vor allem äußerten die Ausschussmitglieder Sorge wegen unverhältnismäßiger Grundrechtseingriffe, die mit der Umsetzung des Vorhabens verbunden wären. Grundlage für die Diskussion war der diesbezügliche Richtlinien-Entwurf der Kommission.

 

 

 

Innenministerin Maria Theresia Fekter formulierte demnach drei Rahmenbedingungen für eine etwaige Unterstützung Österreichs: Die Lösung müsse grundrechtlich ausgewogen sein; die Verwendung der Daten müsse für die Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung einen signifikanten operativen Mehrwert bringen und der finanzielle und personelle Mehraufwand müsse im Einklang mit dem Nutzen stehen. Man habe daher von der EU umfangreiche Unterlagen zur Prüfung angefordert, berichtete Fekter, und betonte, dass sie in dieser Frage eng mit dem Datenschutzrat und den Sozialpartnern zusammenarbeite.

 

In einem von SPÖ und ÖVP angenommenen Antrag auf Mitteilung und Stellungnahme wird das Spannungsverhältnis zwischen dem Sicherheitsbedürfnis und dem Grundrecht auf Privatleben und Datenschutz, das auch in der EMRK und der Grundrechte-Charta verankert ist, angesprochen. Nach Meinung der AntragstellerInnen liefert der Richtlinienvorschlag der Kommission derzeit noch keine hinreichende Begründung für die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit eines solchen Grundrechtseingriffs. Im Antrag wird auch auf die Stellungnahme des Datenschutzrats hingewiesen. Dieser hat vor schwerwiegenden Grundrechtseingriffen gegenüber zahlreichen, völlig unbescholtenen BürgerInnen gewarnt und unter anderem geltend gemacht, dass weder die Eignung noch die Notwendigkeit derartiger Maßnahmen nachgewiesen werden konnten. Der Datenschutzrat hält auch die lange Speicherdauer von fünf Jahren für unverhältnismäßig und weist darauf hin, dass unabhängige und wirksame Kontrollen und Rechtsschutzmechanismen fehlen.

 

Für die Grünen war diese Formulierung unzureichend. In ihrem Antrag auf Stellungnahme fordern sie, die Stellungnahme des Datenschutzrats vollinhaltlich zu berücksichtigen und den EU-Vorhaben im Rat keine Zustimmung zu geben. Der Antrag wurde jedoch von den Koalitionsparteien abgelehnt und blieb somit in der Minderheit.

 

Ebenso abgelehnt von SPÖ und ÖVP wurde der Antrag der FPÖ auf Ausschussfeststellung. Darin wird festgehalten, dass der EU-Vorschlag strikt abzulehnen sei, nicht nur in Hinblick auf die Argumente des Datenschutzrates sondern auch im Interesse der Begrenzung von Bürokratie auf EU-Ebene und der Forcierung innerstaatlicher Regelungen.

 

 

 

Bei dem gegenständlichen Vorhaben der EU handelt es sich um die Umsetzung einer Forderung des Europäischen Rats im so genannten "Stockholmprogramm" (Mehrjahresprogramm für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts), betonte Bundesministerin Fekter, außerdem würden bereits heute Fluggastdaten von EU-BürgerInnen von den Strafverfolgungsbehörden einzelner Drittstatten (USA, Kanada und Australien), mit denen die EU entsprechende Abkommen abgeschlossen hat, verarbeitet.

 

Die Fluggesellschaften müssen die PNR-Daten von Fluggästen, die sie für ihre eigenen geschäftlichen Zwecke erheben, den zuständigen Behörden in den USA sowie in Kanada und Australien übermitteln. Ein EU-weites System zur Erfassung, Verarbeitung und zum Austausch von Fluggastdaten für den Kampf gegen Terrorismus und schwere Kriminalität besteht derzeit jedoch nicht. Dennoch verfügen einige Mitgliedstaaten der EU derzeit schon über ein funktionierendes System. Schweden, Belgien und Großbritannien zum Beispiel hätten, vor allem im Bereich der Drogenfahndung, große Erfolge erzielen können, die nur auf diese Form der Täterverfolgung zurückzuführen sei, zitierte Fekter einige Berichte dieser Staaten. Nach den verheerenden Anschlägen in London und Madrid sei die EU nun bestrebt, EU-weit Passagierdaten abzugleichen. Die neue EU-Richtlinie soll den rechtliche Rahmen für die Verwendung von PNR-Daten durch die Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten schaffen, wobei der Schwerpunkt der Täterverfolgung nicht nur im Drogenhandel liegen soll, sondern man sich Erfolge auch bei der Verfolgung des Menschenhandels und Kindesmissbrauchs im Ausland erhoffe.

 

So ist vorgesehen, dass die Fluggesellschaften die ihnen vorliegenden PNR-Daten im Voraus (24 bis 48 Stunden vor Abflug) sowie nach Abfertigungsschluss einer in jedem Mitgliedstaat eingerichteten PNR-Zentralstelle ("Passenger Information Unit" - PIU) übermitteln. Dort soll aus den vorhandenen Daten zum Zweck der Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung schwerer Kriminalität das Risikopotential von Fluggästen eruiert bzw. ein Abgleich mit einschlägigen Fahndungsdatenbanken durchgeführt werden. Die Systemarchitektur ist dezentral aufgebaut, d. h. jeder EU-Mitgliedstaat muss eine eigene Zentralstelle (PIU) aufbauen. EU-interne Flüge sind laut Vorschlag nicht erfasst.

 

Die Innenministerin machte darauf aufmerksam, dass es innerhalb der Mitgliedsstaaten noch große inhaltliche Divergenzen zur Frage der Etablierung eines zentralen oder dezentralen Systems gebe. Man sei sich auch hinsichtlich der Speicherdauer und der Frage, ob europäische Binnenflüge miteinbezogen werden sollen, uneinig. Die Materie werde am kommenden Montag auf der Tagesordnung des Rats stehen. Sollte man sich in der nächsten Zeit nicht einigen können, bestehe die Gefahr, dass die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag vorlegt, der dann direkt in den Mitgliedstaaten anzuwenden wäre. Da all diese Fragen mit Mehrheit entschieden werden können, werde sich Österreich Verbündete suchen, einen wichtigen Verbündeten habe man jedenfalls im Europäischen Parlament.

 

 

 

In der Diskussion wurde die parteienübergreifende Skepsis gegenüber dem Kommissionsvorschlag deutlich. So unterstützte etwa Abgeordneter Johann Maier (S) die zurückhaltende Stellungnahme der Innenministerin und sprach die schwierige Gratwanderung zwischen Sicherheitsbedürfnis und Grundrechtsschutz an. Der EU-Kommission sei es bislang nicht gelungen, die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs nachweisen zu können, kritisierte er, es fehle nach wie vor ein Gutachten der Kommission, ob der Rechtsakt mit dem Vertrag von Lissabon und der Grundrechte-Charta im Einklang stehe. Die Höhe der Kosten für die gewünschten Systeme zwischen 330 Mill. € und über 600 Mill. € sei schwer nachzuvollziehen, sagte Maier. Außerdem sei es unbedingt erforderlich, dass die Verwendung personenbezogener Daten durch ein Gericht bzw. eine unabhängige Stelle kontrolliert wird. Das zentrale Problem des Kommissionsentwurfs liege klar im Grundrechtsbereich. Der Datenschutzrat habe deshalb auch dem Innenressort empfohlen, unter bestimmten Voraussetzungen gegen die Initiative der EU einzutreten. Maier wies zudem darauf hin, dass offensichtlich auch eine Einbeziehung der Passagierdaten von Schifffahrt sowie Bahn- und Busreisen angedacht sei. Das wäre eine totale Überwachung aller Reisebewegungen, warnte Maier.

 

Ähnlich argumentierte Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V). Wenn man sämtliche Fluggastdaten speichern könne, dann sei logisch nicht mehr zu erklären, warum man dies nicht auch bei Daten von Schiffs-, Bahn- und Busreisenden und schließlich PKW-LenkerInnen machen könne, befürchtete er. Er räumte jedoch ein, dass man derzeit vor einem unhaltbaren Zustand stehe, nachdem Fluggastdaten an Staaten außerhalb der EU übermittelt werden. Schüssel plädierte dafür, sich grundsätzlich zu fragen, ob der von der EU angepeilte Weg tatsächlich dem Grundverständnis einer freiheitlich-demokratischen Ordnung entspricht. Er bezweifelte überdies, dass das gigantische Volumen von Daten noch überblickbar und kontrollierbar sein kann.

 

Diese Meinung wurde auch von Abgeordnetem Harald Stefan (F) geteilt. Das überschießendes Sammeln von Daten geht seiner Ansicht nach viel zu weit. Abgeordneter Gerhard Huber (B) trat dafür ein, alles zu unternehmen, um das Vorhaben der EU zu verhindern, und forderte die Ministerin auf, die Stellungnahme des Datenschutzrats voll zu unterstützen.

 

Eine klare Ablehnung kam auch von den Grünen. Ihr Abgeordneter Albert Steinhauser (G) warnte vor einer präventiven Speicherung von Daten, da dies zum Großteil unbescholtene BürgerInnen treffen würde. Er hielt es auch für gefährlich, die Daten zu interpretieren, denn damit steige das Risiko enorm, dass Unschuldige ins Visier der Behörden kommen. Der Grundrechtseingriff sei unverhältnismäßig, stellte Steinhauser fest und zog auch einen Vergleich zu der von ihm abgelehnten Vorratsdatenspeicherung. Diese zeige, dass dann nicht mehr nur schwere Straftaten einbezogen werden sondern sich die Ermittlungen bald auf andere Tatbestände ausweiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gemeinsame EU-Asylpolitik

 

 

Im zweiten Teil des  EU-Unterausschusses berichtete Innenministerin Maria Theresia Fekter über den aktuellen Stand der Verhandlungen auf EU-Ebene zur Etablierung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Auch in diesem Zusammenhang zeigte sich die Innenministerin zurückhaltend in Bezug auf die Pläne der EU. Sie begrüßte zwar grundsätzlich die Bemühungen um ein gemeinsames Asylsystem, damit in allen Ländern dieselben Standards und dieselben Regeln angewendet werden und damit alle Asylwerbende dieselben Voraussetzungen und Chancen vorfinden. Gleichzeitig wies sie aber darauf hin, dass die einzelnen Mitgliedstaaten die bestehenden Richtlinien sehr unterschiedlich anwenden. Die Kommission sollte daher zunächst für die Umsetzung und Einhaltung geltender gesetzlicher Vorgaben und Standards sorgen, bevor sie neue Regelungen vorschlägt, forderte die Ministerin.

 

Zu den von der Kommission vorgelegten Entwürfen erläuterte Fekter gegenüber den Abgeordneten die konkreten Vorbehalte ihres Ressorts.  Österreich lehne sämtliche Bestimmungen ab, die zu erheblichen Mehrkosten für die nationalen Asylsysteme und zu einem erhöhten administrativen Aufwand – wie beispielsweise durch Informationspflichten, Rechtsberatung – führen können, stellte sie fest. Ebenso werde man gegen jegliche Vorschläge auftreten, die Verfahrensverzögerungen herbeiführen können, wie etwa durch Einschränkung beschleunigter Verfahren oder aufschiebende Wirkung als Grundregel. Besonders bedeutend für Österreich sei darüber hinaus die Vermeidung von Regelungen, die Missbrauchsanreize ermöglichen oder verstärken. Grundsätzlich werde aber die Förderung der Solidarität unter den Mitgliedstaaten befürwortet, in diesem Sinne unterstütze man auch den Aufbau des Asyl-Unterstützungsbüros (EASO).

 

 

 

Die Bemühungen um ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem reichen auf den Rat von Tampere (1999) zurück und fanden dann Eingang im sogenannten "Haager-Programm" (2004-2009) sowie im aktuellen "Stockholm-Programm" (2010-2014). Die erste Phase diente vor allem dazu, Mindestnormen zu schaffen. So wurden Mindeststandards für die Aufnahme von Flüchtlingen festgelegt (Richtlinie Aufnahme), mittels der Dublin II-Verordnung erfolgte die Festlegung klarer Zuständigkeiten für die Führung von Asylverfahren und die EURODAC-Verordnung schließlich verpflichtete alle Mitgliedstaaten, die Daten der AsylwerberInnen und Fremder in das EURODAC-System aufzunehmen und zu übermitteln.

 

In der zweiten Phase geht es nun darum, die Entscheidungsgrundlagen der Mitgliedsstaaten weiter anzugleichen, die praktische Zusammenarbeit der nationalen Asylbehörden der Mitgliedsstaaten mit Hilfe einer Asylunterstützungsagentur zu stärken und die Solidarität sowohl unter den Mitgliedsstaaten als auch mit Drittstaaten zu verbessern. Zentrales Anliegen ist weiters die Schaffung eines unionsweit geltenden einheitlichen Status für Flüchtlinge und subsidiär Schutzbedürftige.

 

Die Vorschläge der Kommission zielen nun darauf ab, die Asylverfahren 1. Instanz, für die es schon Mindeststandards gibt, weiter zu harmonisieren. Dabei sollen insbesondere höhere Schutzstandards für besonders schutzbedürftige Personen, erhöhte Informationspflichten sowie die Ausweitung der Rechtsberatung geschaffen werden.

 

Darüber hinaus ist in Form einer Richtlinien-Änderung geplant, den Status der Flüchtlinge sowie der subsidiär Schutzberechtigten weiter zu harmonisieren sowie die Rechte dieser beiden Personengruppen auszuweiten. Im Vorjahr wurde das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) eingerichtet, das mit 19. Juni 2011 seine volle Tätigkeit aufnehmen soll. Aufgabe ist es, die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Asylbereich zu koordinieren und zu verstärken und auf diese Weise auf eine Annäherung der unterschiedlichen nationalen Praktiken hinzuwirken. Inhaltlicher Schwerpunkt werde zunächst die Unterstützung Griechenlands bei der Umsetzung des nationalen Aktionsplans sein, erläuterte Fekter.

 

 

In der Debatte regte Abgeordnete Ursula Plassnik (V) an, im Rat der InnenministerInnen die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Lady Ashton, einzuladen, um die enge Verknüpfung der Migrationspolitik und Außenpolitik zu verdeutlichen. Daraufhin berichtete Innenministerin Fekter, der ungarische Vorsitz habe Ashton für Juni eingeladen.

 

Die EU habe sich, was das Grenzmanagement betrifft, ein großes Know-How erworben, sagte Plassnik, es bestehe aber auch für Europa noch ein Nachholbedarf, wie die derzeitige Entwicklung im afrikanischen Raum beweise. Man sollte aber auch anderen Staaten und Regionen in Form von Ausbildung- und Trainingsmöglichkeiten das Wissen zur Verfügung stellen, führte Plassnik weiter aus und plädierte dafür, die Begriffe wie AsylwerberInnen, MigrantInnen, ArbeitsmigrantInnen und Zuwanderer klar auseinander zu halten.

 

Für die FPÖ gehen die Vorschläge der Kommission in die völlig falsche Richtung. Abgeordneter Johannes Hübner (F) verlangte in einem Antrag auf Ausschussfeststellung, einzelstaatliche Regelungen zu forcieren und gemeinschaftsinterne Beschränkungen für die Zulässigkeit für die Asylgewährung festzuschreiben. Er möchte Mindestnormen im Sinne der Bekämpfung des Asylmissbrauchs durch illegale Zuwanderer und trat dafür ein, Asylverfahren formell nur noch im ersten vom Asylwerber betretenen sicheren Drittstaat durchzuführen. Hübner befürchtete, dass durch die Schaffung hoher Standards Europa zum "Supermagnet für illegale Einwanderer" werden könnte. Laut Hübner benötigt Europa eine Negativliste von Ländern, für deren BürgerInnen keineswegs Asyl gewährt werden dürfe. Der Antrag wurde schließlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen abgelehnt.

 

Abgeordnete Alev Korun (G) brachte ihrerseits einen Antrag auf Stellungnahme ein, der jedoch keine Unterstützung der anderen Parteien fand. Darin wird die "militärische Abschottung der Außengrenzen durch FRONTEX" heftig kritisiert und die Forderung erhoben, die Rückschiebung ohne eine Chance auf Stellung eines Asylantrags, wie es derzeit in Italien praktiziert werde, unverzüglich einzustellen. Im Sinne einer proaktiven und solidarischen gemeinsamen Asylpolitik der EU halten es die Grünen für ein Gebot der Stunde, angesichts der aktuellen Notsituation in Italien die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen in Kraft zu setzen und damit auch eine solidarische Aufteilung der temporär Schutzberechtigten in der EU herbeizuführen. Dazu stellte die Innenministerin fest, dass die genannte Richtlinie mit der Asylschutzklausel nicht auf die Situation in Italien anzuwenden sei, da es sich um MigrantInnen handelt, die Arbeit suchen, und nicht um Vertriebene. Die Ministerin nahm auch FRONTEX in Schutz und meinte, sie halte es für inhuman, Menschen in überfüllten Booten in eine lebensbedrohliche Situation zu bringen. Die Tätigkeit von FRONTEX sei daher voll zu unterstützen.

 

Auf die Bemerkung des Abgeordneten Gerhard Huber (B), die TirolerInnen hätten massive Angst vor den Wirtschaftsflüchtlingen aus Afrika, stellte Innenministerin Fekter fest, dass es derzeit keinen Ansturm aus Afrika gebe. Von den 2.800 AsylwerberInnen kämen nicht einmal 200 aus Nordafrika und dem arabischen Raum. Huber forderte dennoch, die Grenzen wieder zu kontrollieren, so wie man dies während der Fußball-EM gemacht hat. Er sprach sich dafür aus, Wirtschaftsflüchtlinge sofort nach Tunesien zurück zu schicken und wandte sich strikt gegen ein geplantes Lager in Sterzing.

 

 

 

 

Folgender Antrag der SPÖ und ÖVP auf Mitteilung und Stellungnahme wurde mit den Stimmen der beiden Parteien mehrheitlich angenommen:

 

 

ANTRAG

 

der Abgeordneten Maier und Schüssel

 

betreffend

 

KOM (2011) 32 endg. Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (45269/EU XXIV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 05.04.2011.

 

 

 

I. Antrag auf Mitteilung gemäß Art 23f Abs. 4 B-VG

 

Am 2.2.2011 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität vorgelegt und ihn den nationalen Parlamenten zur Stellungnahme bis 6.4.2011 übermittelt.

 

Die verdachtsunabhängige Speicherung von Daten ist ein besonders grundrechtsintensiver Bereich, bei der den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit besondere Beachtung zukommen muss.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Mitteilung gemäß Art 23f Abs. 4 B-VG

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

Die Wahrung der öffentlichen Sicherheit ist grundsätzlich Aufgabe der Mitgliedstaaten. Unbestritten ist, dass in gewissen Kriminalitätsbereichen eine besondere Notwendigkeit besteht, sie innerhalb der Europäischen Union auf Grund ihrer grenzüberschreitenden Dimension auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen. Artikel 83 AEUV trägt diesem Bedürfnis Rechnung.

 

Bei solchen Maßnahmen bestehen wichtige Regeln in Hinblick auf ihren potentiellen Anwendungsbereich: einerseits beschränkt das Subsidiaritätsprinzip die grundsätzliche Möglichkeit der Union, in diesem Bereich aktiv zu werden stärker als in anderen Bereichen. Andererseits gebietet die Achtung der in der EMRK und der Grundrechtecharta zum Ausdruck kommenden Grundrechte einen Verzicht auf Maßnahmen, die über das nach strengen Kriterien zu beurteilende notwendige Maß hinausgehen.

 

Vorauszuschicken ist, dass in Folge der Zunahme der Bedrohung durch Terrorismus und schwere Kriminalität zu Beginn des vorangegangenen Jahrzehnts in allen Mitgliedstaaten sowie auf europäischer und internationaler Ebene Systeme entwickelt wurden, um terroristische Handlungen und schwere Kriminalität zu verhindern. Diese Systeme sind unverändert wirksam.

 

Im Stockholm-Programm ist verankert, dass die Europäische Kommission auf Grundlage einer Folgenabschätzung sowie unter Wahrung eines hohen Datenschutzniveaus einen Vorschlag zur Sammlung von PNR-Daten vorlegen soll. Der vorliegende Vorschlag der Kommission zielt auf eine verdachtsunabhängige Speicherung von Passagierdaten für einen Zeitraum von fünf Jahren und die Ermöglichung des Austauschs dieser Daten unter den Mitgliedstaaten und mit Drittstaaten ab. Da der Mehrwert, den die vorgeschlagene Verarbeitung von PNR-Daten gegenüber bestehenden Instrumenten erwarten lässt, eine Grundmaßgabe für eine Regelung in diesem Bereich darstellt, hat Österreich bereits darauf hingewirkt, weitere empirische Befunde über den Mehrwert eines EU-PNR-Systems zu erhalten. Diese empirischen Befunde sollen vor allem für die Klärung der Frage, ob die Notwendigkeit für eine verpflichtende, EU-weite Einführung eines PNR-Systems überhaupt gegeben ist, zu Grunde gelegt werden.

 

Die Speicherung persönlicher Daten aller Flugreisenden im vorgeschlagenen Ausmaß, unabhängig eines konkreten Verdachts, steht zweifellos in einem bestimmten Spannungsverhältnis mit dem Grundrecht auf Privatleben und Datenschutz (EMRK und Grundrechtecharta). Eine europarechts- und verfassungskonforme Umsetzung  wäre nur durch eine gesetzliche Regelung, die sich durch Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit auszeichnet, möglich. Dabei sind die strengen, in der Judikatur des EGMR und des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Kriterien heranzuziehen.

 

Der Richtlinienvorschlag liefert derzeit noch keine hinreichende Begründung, die voraussichtlich einer Überprüfung anhand dieser Kriterien Stand halten würde. Der Nachweis für die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs muss seitens der Europäischen Kommission noch deutlicher dargelegt werden.

 

Ganz generell muss bei der Bekämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte und dem Schutz der öffentlichen Sicherheit hergestellt werden. Der österreichische Datenschutzrat hat eine einstimmig beschlossene Stellungnahme zu diesem Richtlinienvorschlag abgegeben. Diese befindet sich in der Anlage.

 

 

 

II. Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, auf eine Überarbeitung des Vorschlags im Sinne der unter Punkt I. ausgeführten Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG hinzuwirken.

 

 

 

III.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, die Mitteilung unter Punkt I. sowie die Stellungnahme unter Punkt II. gemäß § 39 Abs 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen.

 

 

Weiters wird die Präsidentin des Nationalrates ersucht, diese an:

·         die österreichische Bundesregierung und an die Verbindungsstelle der Bundesländer,

·         an die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und den Rat,

·         an den Ausschuss der Regionen, an den Wirtschafts- und Sozialausschuss und an COSAC bzw. IPEX

zu übermitteln.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

Anlage

 

 

Betrifft: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdaten für die Verhinderung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (Richtlinie EU-PNR)

 

 

Stellungnahme des Datenschutzrates

 

Der Datenschutzrat hat in seiner 204. Sitzung am 28. Februar 2011 einstimmig

beschlossen, zu der im Betreff genannten Thematik folgende Stellungnahme abzugeben:

 

 

1. Vorgeschichte

Die Europäische Kommission legte am 2.2.2011 den Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) durch die Strafverfolgungsbehörden vor. Dieser Vorschlag geht zurück auf frühere Initiativen, darunter zuletzt der vor In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon von der Kommission eingebrachte Vorschlag für einen Rahmenbeschluss zur Einführung eines EU-PNR-Systems (KOM (2007) 654).

 

Zu diesem Vorschlag für einen Rahmenbeschluss hat sich der Datenschutzrat bereits in seiner 180. Sitzung (vom 5.3.2008) und seiner 184. Sitzung (vom 19.11.2008) kritisch und ablehnend geäußert. Er hat den beteiligten Bundesministerien (darunter dem als ressortzuständig federführenden BMI) empfohlen, auf europäischer Ebene gegen die genannte Initiative einzutreten.

 

2. Wesentlicher Regelungsinhalt

 

Der nunmehrige Richtlinien-Vorschlag sieht – im Wesentlichen ähnlich wie der oben genannte Rahmenbeschluss – kurz gefasst Folgendes vor:

 

a.    Flugunternehmen speichern Passagierdaten von Fluggästen auf internationalen Flügen, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ankommen und von dort abgehen (Vorschlag GB: Ausweitung auf EU-interne Flüge).

 

b.    Verpflichtende Übermittlung dieser Passagierdaten 24 Std vor Abflug und unmittelbar bei Abfertigung des Fluges von den Fluggesellschaften an eine auf Mitgliedstaatsebene jeweils national einzurichtende PNR-Stelle (oder gemeinsame PNR-Stelle mehrerer Mitgliedstaaten).

 

c.    Speicherung dieser Passagierdaten bei der nationalen PNR-Stelle (oder gemeinsamen PNR-Stelle) für 30 Tage vollinhaltlich und danach 5 Jahre in „maskierter“ Form (dh verschlüsselt, wobei der Schlüssel zur Entschlüsselung bei der nationalen PNR-Stelle verbleibt).

 

d.    Verwendung der Daten ausschließlich zur Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (Vorschlag von mehreren Mitgliedstaaten: Ausdehnung auf weitere Verwendungszwecke).

 

e.    Auf die Passagierdaten soll zum einen zeitnah vor, während oder nach dem Flug zugegriffen werden dürfen, um gesuchte Personen ausfindig zu machen; zu jedem späteren Zeitpunkt innerhalb der 5 Jahre, um die Daten zu strafrechtlichen Zwecken zu durchsuchen, allenfalls auf Anfrage einer anderen Behörde bzw. von Behörden eines anderen Staates (Art. 4 Abs. 2 lit. d, Art. 9 Abs. 2 des Entwurfs).

 

f.     Weiters sollen die zunächst nur „maskiert“ (dh mit verschlüsseltem Personenbezug) gespeicherten Daten für Auswertungen verwendet werden, um in der Folge bestimmte Verhaltensmuster von typischerweise verdächtigen Personen oder Personengruppen zu analysieren, und um Kriterien zu entwickeln, mit deren Hilfe Personen, die ein vergleichbares Verhalten an den Tag legen, einer näheren behördlichen „Überprüfung“ unterzogen werden können. Das „impact assessment“ der Kommission fasst diese Funktion zusammen wie folgt: “For example, an analysis of PNR data may give indications on the most usual travel routes for trafficking people or drugs which can be made part of assessment criteria. By checking PNR data in real-time against such criteria, crimes may be prevented or detected.”

 

3. Voraussichtlicher Zeitplan

 

Der Vorschlag wird dem Rat während der Tagung der Justiz- und Innenminister am 24. und 25.2.2011 von der Kommission vorgestellt. Am 3.3.2011 soll der Vorschlag bereits inhaltlich in der Ratsarbeitsgruppe GENVAL behandelt werden.

 

4. Bisherige österreichische Position

 

Auf europäischer Ebene wurde von Österreich (BMI) der Standpunkt eingenommen, dass ein dezentrales System (dh jeder Mitgliedstaat oder mehrere Mitgliedstaaten gemeinsam richten PNR-Stelle ein) nicht wünschenswert sei und dass ein EU-weit zentrales PNR-System vorzuziehen sei, weil es einen größeren „Mehrwert“ habe (so zusammengefasst die vom BMI zuletzt in der Sitzung des CATS am 10. Und 11.2.2011 vertretene Position).

 

5. Datenschutzrechtliche Überlegungen zum vorgeschlagenen EU-PNR-System

 

5.1 Allgemeines

 

Die Speicherung der persönlichen Daten aller Flugreisenden, unabhängig von jedem Verdacht, ist ein Eingriff in die Privatsphäre, der aus dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf Privatleben und auf Datenschutz (Art. 8 EMRK sowie Art. 7 und 8 der Grundrechtecharta) nur zulässig ist, wenn er gesetzlich vorgesehen, im öffentlichen Interesse unbedingt notwendig und verhältnismäßig ist.

 

5.2. Eignung und Notwendigkeit

 

Wenn ein Rechtsakt derart schwere Grundrechtseingriffe vorsieht, muss die Eignung und dringende Notwendigkeit dieser Eingriffe konkret belegt sein.

 

Der nunmehrige Vorschlag ergänzt die Richtlinie 2004/82/EG, wonach die Fluggesellschaften bei Flügen in die EU schon jetzt verpflichtet sind, vorab Fluggastdaten (Advance Passenger Information - API) an die für die Verbesserung der Grenzkontrollen und Bekämpfung der illegalen Einwanderung zuständigen nationalen Behörden weiterzuleiten.

 

Der Informationsgehalt von PNR Daten geht über den Inhalt von API Daten jedoch weit hinaus. Gleichzeitig ist die Zuverlässigkeit von PNR-Daten nicht nachprüfbar, weil es sich dabei nur um jene Angaben handelt, die der Betroffene der Fluggesellschaft bekannt gegeben hat.

 

Empirische, objektive Daten, die die Notwendigkeit einer EU-weiten Verwendung (einschließlich der 5-jährigen Speicherung) von PNR-Daten zur Erreichung von Zielen im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder den Mehrwert zu bereits bestehenden Datensammlungen belegen, wurden bisher nicht konkret vorgebracht (vgl in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des EDSB vom 20. Dezember 2007 und der Artikel 29-Gruppe vom 5. Dezember 2007 http://ec.europa.eu/justice/policies/privacy/docs/wpdocs/2007/wp145_de.pdf, zuletzt auch die Stellungnahme der Artikel 29-Gruppe zur Mitteilung der Europäischen Kommission über das sektorübergreifende Konzept für die Übermittlung von Fluggastdatensätzen an Drittländer, http://ec.europa.eu/justice/policies/privacy/docs/wpdocs/2010/wp178_de.pdf.

 

Die Artikel 29-Gruppe stellt in ihren Stellungnahmen wiederholt fest, dass auch die von der Kommission erwähnten Pilotstudien keine Rückschlüsse auf die Notwendigkeit, Effizienz und Verhältnismäßigkeit des Einsatzes von PNR-Daten erlauben. Sie geht vielmehr davon aus, dass die verfügbaren Informationen über Anwendungsfälle in erster Linie auf einen Einsatz von API-Daten als von PNR-Daten hindeuten (vgl S. 6 der Stn. der Artikel 29-Gruppe vom 5.12.2007).

 

Der zuweilen – unsubstantiiert – vorgebrachte „Mehrwert“ der Behörden bei der „Überwachung“, den die Schaffung einer solchen staatlichen Datenbank darstellt, ist für sich allein betrachtet und ohne eine eingehende Verhältnismäßigkeitsprüfung kein hinreichender Grund für die rechtliche Zulässigkeit eines Grundrechtseingriffs.

 

Bisweilen wird auch auf den Umstand hingewiesen, dass andere Staaten (Großbritannien, Frankreich, USA) bereits PNR-Systeme nutzen. Auch dieser Hinweis kann mangels näherer Angaben zu diesen Systemen aber weder den Nachweis erbringen, dass die Maßnahme für die gesamte Europäische Union geeignet bzw. zwingend erforderlich ist, noch kann er belegen, dass diese Systeme der Speicherung und Datenverarbeitung mit der Grundrechtsordnung (EMRK, Grundrechte-Charta) vereinbar sind.

 

Auch ist zu bezweifeln, ob die Auswertung von Daten, die ausschließlich auf eigenen Angaben der Betroffenen beruhen, geeignet ist, Kriminelle ausfindig zu machen.

 

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die äußerst kurz gehaltenen Ausführungen der Europäischen Kommission im vorliegenden Vorschlag zur Eignung bzw. Effizienz und Notwendigkeit eines derartigen EU-PNR Systems weder die grundsätzliche Eignung des Systems noch die Notwendigkeit der mit dem Vorschlag verbundenen massiven Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz unzähliger (unschuldiger) Personen überzeugend nachweisen können.

 

5.3 Zur Verhältnismäßigkeit

 

5.3.1 Vorhersehbarkeit des Grundrechtseingriffs

 

Ebenso wie die grundsätzliche Speicherung ist jede weitere Verarbeitung (Abgleich, Suchanfrage, Verknüpfungen, etc) aber auch jede Weitergabe dieser in einer Datenbank gespeicherten Daten eine weitere, schwerwiegend in die Privatsphäre der (auch der unschuldigen) Betroffenen eingreifende Maßnahme. Sie bietet dem Staat die Möglichkeit, ohne dem Wissen der Betroffenen durch Kategorisierung oder Verknüpfung den privaten Lebenswandel der Personen zu untersuchen. Auch diese einzelnen Verarbeitungsschritte wären grund- und menschenrechtlich unzulässig, wenn sie nicht im Einzelfall notwendig und verhältnismäßig sind.

 

Hinsichtlich der Funktionsweise des Europäischen PNR-Systems ergibt sich aus dem Entwurf nicht, welche Daten (in Echtzeit) mit welchen europäischen oder nationalen Datenbanken (und auf Basis welcher vordefinierter „Kriterien“ bzw. Risikoanalysen) abgeglichen werden sollen (Art. 4 Abs. 2). Ein Abgleich sämtlicher Passagierdaten im Rahmen von Risikoanalysen von unbescholtenen Bürgern stellt einen massiven Eingriff in die Privatsphäre des Einzelnen dar. Ein solch umfassender und im Vorfeld nicht festgelegter Abgleich wäre unverhältnismäßig und aus datenschutzrechtlicher Sicht abzulehnen. Darüber hinaus muss ein Abgleich von Daten nach bestimmten „Kriterien“ gesetzlich vorgesehen sein.

 

Das Grundrecht auf Achtung der Privatsphäre verlangt, dass ein Eingriff in die Privatsphäre durch den Staat "gesetzlich vorgesehen" sein muss. Das bedeutet, dass der Betroffene bereits auf Grund der gesetzlichen Regelung in der Lage sein muss, im Vorhinein abzuschätzen, welche Verarbeitungsschritte der Staat mit seinen Daten unternimmt. Dies wäre daher in der Richtlinie konkret zu regeln, damit Bürger erkennen können, in welcher Form und in welchem Umfang diese Daten verwendet werden. Diesen Erfordernissen genügt die Richtlinie in der vorliegenden vorgeschlagenen Fassung jedoch nicht.

 

5.3.2 Speicherung durch staatliche Stelle

 

Ein Grundrechtseingriff wiegt umso schwerer, als die Speicherung a.) nicht beim Flugunternehmen selbst, sondern durch den Staat erfolgt, b.) für eine Dauer von 5 Jahren (vgl. die kürzere Dauer in der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung), und c.) nicht auf den Zweck der Terrorismusbekämpfung beschränkt ist, sondern auch für weitere Zwecke wie die Bekämpfung „schwerer“ Kriminalität eingesetzt werden soll (vgl. Art. 2 lit. h und i des Richtlinienentwurfs).

 

Damit übersteigt die Schwere des Eingriffs im vorliegenden Fall wesentlich jenen Grad der Intensität, der bei der Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie (RL 2006/24/EG) festzustellen ist, die ihrerseits bereits an die Grenzen des datenschutzrechtlich Zulässigen stößt: Das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung wies ausdrücklich auf den Umstand hin, dass die Vorratsdatenspeicherung nur deshalb nicht verfassungswidrig war, weil die Datensammlung nicht beim Staat sondern nur bei den einzelnen Unternehmen erfolgt, weil keine Inhaltsdaten erfasst und nur eine Speicherdauer von 6 Monaten vorsieht (BVerfG 2.3.2010, 1 BvR 256/08 ua.).

 

Vor diesem Hintergrund erscheint die Zulässigkeit einer staatlichen Sammlung aller Fluggastdaten im Hinblick auf grundrechtliche Schranken zweifelhaft. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie nicht zuletzt vor dem Hintergrund grundrechtlicher Bedenken derzeit von der Europäischen Kommission evaluiert wird.

 

5.3.3. Länge der Speicherfristen

 

Die Speicherung der Passagierdaten bei der nationalen PNR-Stelle (oder gemeinsamen PNR-Stelle) erfolgt gemäß dem vorliegenden Vorschlag für 30 Tage vollinhaltlich und danach 5 Jahre in „maskierter“ Form (dh verschlüsselt, wobei der Schlüssel zur Entschlüsselung bei der nationalen PNR-Stelle verwahrt bleibt).

 

Die in Art. 9 vorgesehene Maskierung soll – zumindest vorerst – den Personenbezug in den Datensätzen beseitigen. Die in Ziffer 2 dieser Bestimmung dazu vorgesehenen zu schwärzenden Datenkategorien erscheinen aber zu wenig weitreichend, zumal offenbar Datenarten nach Ziffer 6 oder 8 des Annex bestehen bleiben würden und damit die Beseitigung des Personenbezugs nicht sichergestellt wäre.

 

Im Lichte der obigen Bezugnahmen zur Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie erscheint eine derart lange Speicherfrist mangels des Nachweises der Notwendigkeit derartiger Fristen im Richtlinienvorschlag als unverhältnismäßig.

 

5.3.4 Präventive und unabhängige Kontrolle

 

Eine Regelung, die eine 5-Jährige Speicherung und Zugriffsmaßnahmen vorsieht, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jedenfalls unzulässig, wenn sie Bestimmungen vermissen lässt, die sicherstellen, dass in jedem Einzelfall eine angemessene und wirksame Kontrolle gegen Missbrauch vorgesehen ist (EGMR Fall Rotaru gg. Rumänien, 28341/95, § 59 mwN). Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit verlangt unter anderem, dass der jeweilige Eingriff durch Behörden in das Recht der Betroffenen (Datei-Abfrage, Verknüpfung, etc.) einem wirksamen Kontrollmechanismus unterstellt wird, der im Regelfall von den Gerichten oder einer unabhängigen Stelle wahrzunehmen ist (so der 8 EGMR im Fall Rotaru gg. Rumänien, 28341/95, § 59, und im Fall Klass gg. Deutschland 6.9.1978, § 55).

 

Gegen die Einrichtung derartiger Mechanismen lässt sich auch nicht ins Treffen führen, dass es aus kriminaltaktischen oder praktischen Gründen nicht möglich ist, die Betroffenen vom Eingriff zu informieren: Die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bieten vielfach Beispiele für derartige Kontrollmechanismen, die speziell auf solche Durchsuchungsmaßnahmen abzielen, die dem Betroffenen zunächst nicht bekannt gegeben werden können. Zu nennen sind etwa die richterliche Vorabkontrolle von Abhörmaßnahmen oder von Maßnahmen der Rasterfahndung sowie Einrichtungen wie jene eines unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten, der die Abfrage vorab genehmigen und Rechtsmittel zum Schutz der Betroffenen ergreifen kann.

 

Im Lichte des Grundrechts auf Achtung der Privatsphäre (Art. 8 EMRK) ist eine solche unabhängige Kontrolle im Einzelfall unabdingbar.

 

Die Zwischenschaltung eines wirksamen und unabhängigen Kontrollmechanismus wäre somit sowohl im Zusammenhang mit Zugriffsfragen von innerstaatlichen Behörden erforderlich (Art. 4 Abs. 2 lit. c iVm Art. 9 Abs. 2 des Vorschlags) als auch im Zusammenhang mit Zugriffen aufgrund von Anfragen von oder Übermittlungen an andere(n) Staaten nach Art. 7 des Vorschlags (z.B. durch einen unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten oder eine unabhängige Kontrollbehörde).

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der vorliegende Richtlinienentwurf keine Grundlage für eine unabhängige Vorabkontrolle der Grundrechtseingriffe schafft. Die Verhältnismäßigkeit des im Richtlinienentwurf vorgesehenen Grundrechtseingriffs ist daher auch deswegen nicht gegeben, weil die im Entwurf enthaltenen Kontroll- und Rechtsschutzmechanismen nicht unabhängig und nicht wirksam erscheinen.

 

6. Schlussfolgerungen

 

Das Vorhaben der Einführung eines EU-PNR-Systems iSd vorliegenden Kommissionsvorschlags ist aus datenschutzrechtlicher Sicht kritisch zu beurteilen. Da es den Mitgliedstaaten bisher unionsrechtlich freistand, nationale PNR-Systeme zu unterhalten, ist nicht ersichtlich, woraus sich die Notwendigkeit für eine verpflichtende Einführung derartiger Systeme verbunden mit gravierenden Grundrechtseingriffen im Wege einer Richtlinie für alle Mitgliedstaaten ergeben soll (Subsidiarität).

 

In den Verhandlungen auf Europäischer Ebenen wäre durch das federführend zuständige Ressort sicherzustellen, dass umfassende Darlegungen zur Eignung und Notwendigkeit des EU-PNR-Systems nachgereicht werden. Ebenfalls wäre darauf hinzuwirken, dass hinsichtlich der Vorhersehbarkeit des Grundrechtseingriffs, dem Faktum der auf staatlicher Ebene erfolgenden Speicherung der Daten und hinsichtlich der Länge der Speicherfristen verhältnismäßige Lösungen gefunden werden. Der Vorschlag muss um Kontrollmechanismen, die eine unabhängige und wirksame Kontrolle des behördlichen Vorgehens gewährleisten, ergänzt werden.

 

Sollten diese Ergänzungen zur Darlegung der Eignung und Notwendigkeit sowie die Sicherstellung der Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit nicht erreichbar und die Kostenfrage nicht geklärt sein, wird dem federführend zuständigen Ressort neuerlich (vgl. schon die Stellungnahmen des Datenschutzrates vom 11.3.2008, GZ BKA-817.324/0002-DSR/2008, sowie vom 28.11.2008, GZ 817.324/0005-DSR/2008) empfohlen, auf europäischer Ebene gegen die genannte Initiative einzutreten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Ausschussfeststellung wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

des Abgeordneten Mag. Stefan

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

Ausschussfeststellung

 

betreffend Ablehnung des Vorschlages für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (KOM (11) 32 endg.)

 

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Unterausschusses am 5. April 2011 im Zuge der Debatte zu TOP 1

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union hält im Sinne des Datenschutzes, sowie der Begrenzung von Bürokratie auf EU-Ebene und der Forcierung einzelstaatlicher Regelungen fest, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung auf europäischer Ebene den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen zu Zwecken der Verhütung, Aufdeckung, Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität strikt ablehnen sollen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gem. Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der  Abgeordneten  Albert Steinhauser und Alev Korun

 

betreffend KOM (11) 32 endg., den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verwendung von Fluggastdaten für die Verhinderung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (Richtlinie EU-PNR) (45269/EU XXIV.GP)

 

 

eingebracht im Zuge des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 4. April 2011

 

 

 

Die Europäische Kommission legte am 2.2.2011 den Vorschlag für eine Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) durch die Strafverfolgungsbehörden vor. Dieser Vorschlag geht zurück auf frühere Initiativen, darunter zuletzt der vor In-Kraft-Treten des Vertrags von Lissabon von der Kommission eingebrachte Vorschlag für einen Rahmenbeschluss zur Einführung eines EU-PNR-Systems (KOM (2007) 654).

 

Kern des jetzt vorliegenden Vorschlages ist die zentrale Erfassung sämtlicher Passagierdatensätze für Flüge zwischen Drittstaaten und EU-Mitgliedsländern, die Speicherung dieser Daten für zunächst 30 Tage und in weiterer Folge "maskiert" aber rückführbar für 5 Jahre und die Benutzung dieser Daten einerseits für Zwecke der Strafverfolgung andererseits aber auch zur präventiven Erstellung von "Risikoprofilen", d.h. der automatisierten Auswertung der Datensätze.

 

Der Datenschutzrat befasste sich bereits mehrfach mit dieser Problematik und empfahl den beteiligten BundesministerInnen wiederholt, auf europäischer Ebene gegen eine derartige Initiative einzutreten. Mit einstimmiger Stellungnahme vom 28.2.2011 bestätigte der Datenschutzrat diese Haltung auch zum neuesten Vorschlag und übte neuerlich scharfe Kritik an dem Vorhaben.

 

Kurz zusammengefasst lauten die wesentlichsten Kritikpunkte:

 

·         Bei der geplanten Maßnahme handelt es sich um einen anlasslosen, schwerwiegenden Grundrechtseingriff gegenüber zahlreichen, völlig unbescholtenen BürgerInnen.

·         Weder die Eignung noch die Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme konnte bisher nachgewiesen werden.

·         Es ist derzeit nicht vorhersehbar, zu welchen Zwecken die Daten konkret benutzt werden sollen, insb. mit welchen Datenbanken ein Abgleich erfolgen soll.

·         Die vorgesehene zentrale staatliche Speicherung im Gegensatz zu einer denkbaren dezentralen Speicherung bei den Fluglinien verschärft die Intensität des Grundrechtseingriffs zusätzlich.

·         Die besonders lange Speicherdauer von 5 Jahren ist unverhältnismäßig.

·         Es fehlen unabhängige und wirksame Kontroll- und Rechtsschutzmechanismen.

 

Der Datenschutzrat empfahl daher auch in der neuesten Stellungnahme vom 28. Februar auf europäischer Ebene gegen diese Initiative einzutreten.

 

Diesen Bedenken des Datenschutzrates ist vollinhaltlich beizupflichten. Sie werden auch von zahlreichen anderen ExpertInnen, wie etwa dem europäischen Datenschutzbeauftragten Peter Hustinx ähnlich formuliert. 

 

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art.23e Abs. 3 B-VG

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin, wird aufgefordert, die Stellungnahme des Datenschutzrates vom 28. Februar 2011 in dieser Angelegenheit vollinhaltlich zu berücksichtigen, sich auf europäischer Ebene gegen diese Initiative einzusetzen und diesem Vorhaben im Rat keine Zustimmung zu erteilen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung  eines  unmittelbar  anwendbaren  Rechtsaktes  gerichtet,  der  Angelegenheiten  betrifft,  die  durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Ausschussfeststellung wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

des Abgeordneten Dr. Hübner

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

Ausschussfeststellung

 

 

betreffend 13703/10 Gemeinsames Europäisches Asylsystem - Sachstand

 

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Unterausschusses am 5. April 2011 im Zuge der Debatte zu TOP 2

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union hält im Sinne einer restriktiven Zuwanderungs- und Asylpolitik, sowie der Begrenzung von Bürokratie auf EU-Ebene und der Forcierung einzelstaatlicher Regelungen fest, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung auf europäischer Ebene ein gemeinsames europäisches Asylsystem strikt ablehnen sollen, und sich stattdessen dafür einsetzen sollen, dass es gemeinschaftsinterne Beschränkungen für die Zulässigkeit der Asylgewährung gibt, Mindestnormen im Sinne der Bekämpfung des Missbrauchs des Asylwesens durch illegale Zuwanderer eingeführt werden und formell Asylverfahren künftig nur noch im ersten vom Asylwerber betretenen sicheren Drittstaat durchgeführt werden sollen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Parteien mehrheitlich abgelehnt:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gem. Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Abgeordneten Korun und Steinhauser

 

betreffend TOP 2 "Gemeinsames Europäisches Asylsystem - Sachstand" (13703/10 - 40337/EU XXIV GP.)

 

eingebracht im Zuge des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 5. April 2011

 

 

 

Der derzeitige Flüchtlingsnotstand in Italien, wo binnen der letzten Monate 20.000 Personen aus den nordafrikanischen Krisenregionen Libyen und Tunesien gelandet sind, zeigt wie unzureichend das derzeitige flickenhafte "gemeinsame" Asylwesen der EU im Umgang mit Migrations- und Flüchtlingsbewegungen ausgestaltet ist. Jenen Mitgliedstaaten, welche die längsten Außengrenzen der EU haben, wird immer noch die Hauptverantwortung für die Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen aufgebürdet,  die Solidarität der Mitgliedsstaaten ist durch eine Fixierung auf die Dublin-VO minimal. Der de-facto Zusammenbruch des griechischen Asylsystems führt klar vor Augen, dass die fehlende Lastenteilung und das Fehlen eines einheitlichen Asylverfahrensstandards inmitten der EU zu groben Menschenrechtsverletzungen führt (EGMR Urteil M.S.S. gegen Belgien und Griechenland) Statt proaktivem und vorausschauendem Umgang mit Flüchtlingsbewegungen besteht derzeit die einzig koordinierte Handlungsweise der EU aus der militärischen Abschottung der Außengrenzen durch FRONTEX. Dass diese Vorgehensweise ein Flüchtlingsproblem, das aufgrund von Krieg und Unruhen in Libyen und Tunesien entstanden ist, nicht löst ist offensichtlich. Vielmehr macht die militärische Abschottungspolitik der EU die Doppelbödigkeit europäischer Menschenrechts- und Demokratisierungsforderungen deutlich und wird eine tiefe Abneigung dieser betroffenen Regionen gegenüber der EU schüren und in letzter Konsequenz auch wirtschaftliche  Langzeitfolgen heraufbeschwören. Im Sinne einer proaktiven und solidarischen gemeinsamen Asylpolitk der EU ist es das Gebot der Stunde, unverzüglich zu handeln und die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen in Kraft zu setzen und damit auch eine solidarische Aufteilung der temporär Schutzberechtigten in der EU herbeizuführen. Darüber hinaus müssen endlich vernünftige, gerechte Verteilungsregeln innerhalb der EU geschaffen werden, welche die Einhaltung einheitlicher Standards und Verfahren sowie die Nichtrückschiebung entgegen des Refoulement-Verbots in den MS effektiv sicherstellen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

Die zuständigen MinisterInnen der österreichischen Bundesregierung - insbesondere die Innenministerin - werden aufgefordert auf EU-Ebene folgende Positionen zu vertreten:

 

In den Bereichen Inneres sind folgende Punkte zu beachten:

 

1.    Inkraftsetzung der  Richtlinie des Rates vom 20.7.2001 über die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und über Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbundenen Belastungen auf die Mitgliedstaaten (Richtlinie Nr. 2001/55/EG) durch mehrheitlichen Ratsbeschluss.

 

2.    Rückschiebungen ohne eine Chance auf Stellung eines Asylantrags, wie insbesondere derzeit in Italien, sind unverzüglich einzustellen.

 

3.    Die humanitären Katastrophen und Todesfälle vor den Küsten der EU müssen entschiedener verhindert werden. Dazu ist den überfüllten Booten, anstatt diese durch Grenzschutzpolizei und FRONTEX zurückzudrängen und somit den Tod der Betroffenen in Kauf zu nehmen, die Einreise in die EU zu ermöglichen und Anträge auf internationalen Schutz zu prüfen.

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung  eines  unmittelbar  anwendbaren  Rechtsaktes  gerichtet,  der  Angelegenheiten  betrifft,  die  durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.