Parlament Österreich

 

 

 

V-21 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Donnerstag, 12. Mai 2011

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Donnerstag, 12. Mai 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    KOM (10) 344 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern

(34488/EU XXIV.GP)

 

2.    KOM (10) 343 endg.

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik (34487/EU XXIV.GP)

 

3.    KOM (11) 114 endg.

Bericht der Kommission an den Europäischen Rat

Bericht über Handels- und Investitionshindernisse 2011

Unsere strategisch wichtigen Wirtschaftspartner auf besseren Marktzugang verpflichten: prioritäre Maßnahmen zur Beseitigung von Handelsschranken

(48235/EU XXIV.GP)

 

4.    SEK (09) 413 endg./2

Empfehlung der Kommission an den Rat zur Ermächtigung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada

(15300/EU XXIV.GP)

 

5.    KOM (10) 477 endg.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

"Jugend in Bewegung"

Eine Initiative zur Freisetzung des Potenzials junger Menschen, um in der Europäischen Union intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu erzielen

(36778/EU XXIV.GP

 

 

 

 

 

6.    RAT 5798/11

Draft Resolution of the Council and of the Representatives of the Governments of the Member States, meeting within the Council, on encouraging new and effective forms of participation of all young people in democratic life in Europe

(45236/EU XXIV.GP)

 

7.    KOM (11) 60 endg.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Eine EU-Agenda für die Rechte des Kindes

(46022/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                                                                                                                

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im ersten Teil des  EU-Unterausschusses des Nationalrats vom 12. Mai 2011 ging es um wirtschaftspolitische Themen, konkret um Investitionsschutzabkommen mit Drittländern sowie um den Abbau von Handels- und Investitionshindernissen.

 

Die diesbezüglichen Initiativen der EU wurden von den Abgeordneten aller Parteien grundsätzlich begrüßt, sie teilten die Meinung von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, dass eine gemeinsame europäische Investitionspolitik Rechtssicherheit besser gewährleisten könne. Dies sei auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Direktinvestitionen in Drittländer steigen. Positive Effekte seien auch im Zuge der gemeinsamen Anstrengungen zum Abbau von Handelshemmnissen zu erwarten, da Staaten vor allem in Krisensituationen immer wieder zu protektionistischen Maßnahmen greifen, sagte der Ressortchef.  

 

In diesem Zusammenhang diskutierten die Abgeordneten auch die laufenden Verhandlungen über ein Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada, wobei mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich ein Antrag der Koalitionsparteien hinsichtlich des Schutzes öffentlicher Dienstleistungen angenommen wurde. Darin halten die Ausschussmitglieder fest, dass es zu keiner weiteren Liberalisierung bzw. Deregulierung von geschützten öffentlichen Dienstleistungen kommen dürfe und am Schutzniveau der bisherigen horizontalen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen grundsätzlich festgehalten werden müsse. Das Recht der Mitgliedstaaten, über Definition, Organisation und Anforderungen an öffentliche Dienstleistungen zu entscheiden, muss nach Ansicht der AntragstellerInnen ebenso gewahrt bleiben wie das Subsidiaritätsprinzip. Den Mitgliedstaaten habe daher weiterhin offen zu stehen, ihre sensiblen öffentlichen Dienstleistungen in künftigen Handelsverhandlungen abzusichern. Die Rolle der öffentlichen Dienstleistungen, wie dies im Vertrag von Lissabon festgelegt ist, dürfe keinesfalls ausgehöhlt werden.

 

Bundesminister Reinhold Mitterlehner stellte dazu dezidiert fest, dass es in dieser Frage keineswegs um Privatisierungen und Deregulierungen gehe. Dies sei bei den Freihandelsabkommen ausgeklammert, versicherte er. Eine weitere Zementierung sei daher aus seiner Sicht nicht notwendig, der Antrag unterstütze jedoch die Linie.

 

Des weiteren beschäftigten sich die Abgeordneten mit Initiativen und Vorschlägen der Kommission zur Förderung der Jugend. Ein Antrag des BZÖ auf Ausschussfeststellung betreffend die Einrichtung der Hotline für vermisste Kinder erreichte nicht die erforderliche Mehrheit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Investitionspolitik

 

 

Grundlage für die Diskussion zum Investitionsschutz war ein Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern sowie die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Auf dem Weg zu einer umfassenden europäischen Auslandsinvestitionspolitik". Mit dem Abschluss von Investitionsschutzabkommen wird die Rechtssicherheit für Investoren in Drittstaaten, zum Beispiel durch die Verpflichtung, unfaire und diskriminierende Behandlung zu vermeiden, oder die Garantie einer unverzüglichen, angemessenen und effektiven Entschädigung im Fall einer Enteignung, wesentlich verbessert.

 

Wie Bundesminister Reinhold Mitterlehner erläuterte, seien bislang Investitionsschutzabkommen bilateral abgeschlossen worden, der Vertrag über die Arbeitsweise der EU sehe aber eine neue Unionskompetenz für ausländische Direktinvestitionen vor. Es gehe nun darum, eine Übergangsregelung zu schaffen, wobei vorgesehen sei, dass alle bestehenden bilateralen Investitionsschutzabkommen der Mitgliedstaaten mit Drittländern aufrecht erhalten bleiben, diese aber von der Kommission notifiziert werden müssen. Das diene auch der Rechtssicherheit. Der Vorschlag sieht weiters Regelungen vor, wie bestehende Abkommen geändert und unter welchen Bedingungen neue abgeschlossen werden können, wobei ein Genehmigungsrecht der Kommission verankert wird.

 

Der Bundesminister unterstrich, die EU lege großen Wert auf Kohärenz zwischen ihrer Investitionspolitik und den Zielen der EU-Außenpolitik. Das bedeute, dass etwa die Förderung von Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten, Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung Kernelemente beim Abschluss derartiger Abkommen darstellen werde. Auch die OECD habe Leitsätze für multinationale Unternehmen als ein wichtiges Instrument formuliert, um Rechte und Verantwortlichkeiten von Investoren in Einklang zu bringen. Um die effektive Durchsetzbarkeit von Ansprüchen sicherzustellen, sollen zukünftige EU-Abkommen auch "state-of-the-art" Streitschlichtungsregelungen einschließlich der Möglichkeit von Investor-Staat-Streitschlichtung beinhalten, berichtete der Wirtschaftsminister.

 

In der Diskussion wurde die Initiative der EU allgemein als sinnvoll begrüßt. Abgeordneter Franz Glaser (V) betonte insbesondere die Bedeutung der Rechtssicherheit, Abgeordneter Gerhard Deimek (F) meinte, dass sich die EU dieses Thema annimmt, sei vor allem für kleinere Staaten wie Österreich wichtig.

 

Abgeordnete Petra Bayr (S) erinnerte an den runden Tisch im Parlament zur europäischen Investitionspolitik vom 8. März dieses Jahres, wo man eingehend die Chancen aber auch die Gefahren für die betroffenen Länder durch die Investitionspolitik erörtert habe. Die Abgeordnete betrachtete den gegenständlichen Vorstoß der EU als eine Chance für einen Neuanfang, als eine Chance, die entwicklungspolitische Kohärenz herzustellen und Begriffe klar zu definierten. Ihrer Ansicht nach müssen positive Diskriminierungen möglich sein.

 

Dem schloss sich Abgeordnete Judith Schwentner (G) vollinhaltlich an. Für sie ist es wichtig, dass auch die bestehenden Verträge genau in Bezug auf Umweltschutz, Menschenrechte, Verbraucherstandards, etc. geprüft werden. Demgegenüber vertrat Abgeordneter Gerhard Deimek (F) die Auffassung, dass Menschenrechte im Bereich der Investitionspolitik eher sekundär seien.

 

Befürchtungen, wonach sozialrechtliche, menschenrechtliche oder umweltpolitische Standards gesenkt werden könnten, hielt Bundesminister Reinhold Mitterlehner für wenig berechtigt. Die österreichischen Verträge würden sogar als Vorbild angesehen, und angesichts des vorliegenden Mustertextes sei davon auszugehen, dass der Schutz nach oben geht.

 

Die Transparenz bei den Schiedsgerichtsverfahren wurde von Abgeordneter Petra Bayr (S) genauso eingefordert wie von den Abgeordneten Judith Schwentner (G) und Ewald Stadler (B). Stadler kritisierte überdies das komplizierte Notifizerungsverfahren. Wirtschaftsminister Mitterlehner stimmte der Forderung nach mehr Transparenz beim Schiedsgericht uneingeschränkt zu. Er räumte aber ein, dass das Procedere bei den bilateralen Verträgen problematisch sein könnte. Auf die Frage, warum dies nicht innerhalb der WTO geregelt werden könne, meinte der Minister, man habe darüber bereits im Jahr 2000 verhandelt, jedoch ohne Erfolg.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abbau von Handelsschranken, Abkommen mit Kanada

 

 

Der Bericht der Kommission über Handels- und Investitionshindernisse ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die EU einen fairen Zugang europäischer Unternehmen zu Märkten außerhalb der EU sicherstellen möchte. Der Schaden, der der EU jährlich durch Handelshemmnisse entsteht, werde auf 90 bis 130 Mrd. € geschätzt, erläuterte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, das entspreche 9-12% der gesamten EU-Exporte aus dem Jahr 2009. Die EU stehe als größter Handelsblock der Welt bei den ausländischen Direktinvestitionen an erster Stelle, deshalb sei die EU bestrebt, in Form von bilateralen Verhandlungen aber auch innerhalb der WTO bis hin zu Streitschlichtungsverfahren den Abbau all dieser Hemmnisse voran zu treiben.

 

Abgesehen davon wird das globale Wirtschaftswachstum zu 90% in Zukunft außerhalb Europas erzielt werden. Dem Bericht der Kommission zufolge besteht die Herausforderung in erster Linie nicht darin, Warenzölle zu senken, sondern in der Überwindung rechtlicher  Schranken, in der Erleichterung des Marktzugangs für Dienstleistungen und Investitionen, in der Öffnung der Märkte für öffentliche Beschaffungsvorhaben, im besseren Schutz und energischer Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und im Abbau ungerechtfertigter Hemmnisse, die die nachhaltige Versorgung mit Rohstoffen behindern.

 

So gibt es beispielsweise Probleme im Handel mit China und Russland, etwa wegen Marktzugangshindernissen und im Hinblick auf die unzureichende Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums sowie durch aufwändige Zertifizierungs- und Zollverfahren. Auch die Rahmenbedingungen in Indien bezeichnet die Kommission als "nach wie vor restriktiv" und beklagt zu hohe Zölle. Weitere Probleme werden im Handel mit Japan, Brasilien, Argentinien, aber auch mit den USA aufgelistet. Hier stellen unter anderem die Bestimmungen über das 100%ige Scanning ein großes Hindernis dar, das erhebliche und praktische Auswirkungen auf die Ausfuhren nach sich ziehen könnte.

 

Auf der Tagesordnung stand auch das geplante Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada, das über die derzeitigen WTO-Verpflichtungen hinausgehen soll. Beabsichtigt ist die schrittweise beiderseitige Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungshandels. Die Verhandlungen dazu laufen seit zwei Jahren.

 

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) unterstützte ein gemeinsames europäisches Vorgehen, um Schikanen gegen inländische Unternehmen abzubauen, mahnte aber bei der Ausverhandlung des Abkommens mit Kanada große Sorgfalt ein. Ein sensibles Problem sei immer die Daseinsvorsorge, d.h. hochqualitative Dienstleistungen, gewesen, die von der Liberalisierung ausgenommen werden müssten. Matznetter nannte in diesem Zusammenhang etwa die Wasserversorgung, die Müllentsorgung und das Bildungswesen. Die derzeit zur Diskussion stehenden Negativlisten hielt er für kein geeignetes Mittel, er plädierte eher dafür, Positivlisten zu erstellen. Der Minister gab in diesem Punkt Matznetter Recht, Kanada habe aber bislang, wie er sagte, damit positive Erfahrungen gemacht, für die EU sei dies ein Neuland und eine Herausforderung. Öffentliche Dienstleistungen seien in Österreich von großem Interesse, bei Freihandelsabkommen blieben diese jedoch von der Liberalisierung und Deregulierung ausgeklammert, versicherte er.

 

Der von den Koalitionsparteien eingebrachte Antrag zum Schutz der öffentlichen Dienstleistungen wurde von den Grünen (Abgeordnete Judith Schwentner) grundsätzlich unterstützt, sie kritisierte jedoch die unklare und unterschiedliche Verwendung des Begriffs der öffentlichen Dienstleistungen. Dieser Befund wurde auch von Abgeordnetem Ewald Stadler (B) geteilt.

 

Abgeordneter Karl Donabauer (V) begrüßte das Vorhaben der EU und meinte, die Tatsache, dass das globale Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren zu 90% außerhalb Europas stattfinde, sei alarmierend. Man müsse daher die Gründe dafür analysieren und er hoffe, dass sich Europa entsprechend positionieren könne. Ähnliche Sorgen wurden von Abgeordnetem Gerhard Deimek (F) geäußert. Beide Mandatare sprachen dann auch konkrete Hemmnisse und Verwerfungen im Bezug auf Arbeitsrechte und Umwelt im Handel mit anderen Ländern an. Es sei hier die Frage, wie man diese mächtigen Wirtschaftskörper in die Pflicht nehmen könne. Dazu informierte Bundesminister Mitterlehner über den bestehenden High-Level-Dialog zwischen EU und China, in dessen Mittelpunkt der Schutz des geistigen Eigentums stehe. Der Abschluss eines Investitionsschutzabkommens sei jedoch noch nicht gelungen. Auch mit Japan liefen Verhandlungen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jugend

 

 

Die Förderung und der Schutz von Kindern und Jugendlichen in Europa stand im Zentrum des zweiten Teils des EU-Unterausschusses. Zum einem lag die Mitteilung der Kommission "Jugend in Bewegung" vor, eine Initiative, um die Potentiale junger Menschen zu fördern und zu forcieren. Schwerpunkte dabei sind die Modernisierung der allgemeinen und beruflichen Bildung, eine attraktivere Hochschulbildung, die Förderung der Mobilität zu Lernzwecken und im Berufsleben und ein neuer europäischer Rahmen für die Beschäftigung junger Menschen. Die Union setzt sich dabei die Senkung der Jugendarbeitslosigkeit, die Erhöhung der Beschäftigungsquote der 20 bis 64-jährigen, die Erhöhung des Anteils der Hochqualifizierten, die Steigerung der digitalen Kompetenz und die Senkung der Schulabbrecherquote zum Ziel. Bundesminister Reinhold Mitterlehner betonte in seiner Funktion als Jugendminister, dass man in Österreich vor allem der Beschäftigung von Jugendlichen sowie  Beschäftigungsaustauschprogrammen und außerschulischen Programmen besonderes Augenmerk schenken werde. Man wolle die Jugendmobilität forcieren.

 

Zum anderen lag ein Entschließungsentwurf über die Förderung neuer und wirksamer Formen der Beteiligung Jugendlicher am demokratischen Leben in Europa vor. Bundesminister Mitterlehner hielt dazu fest, dass sein Ressort in allen Fragen, die die Jugend betreffen, die Jugendvertretungen mit einbeziehe. Die dritte Vorlage betraf die so genannte "EU-Agenda für die Recht des Kindes". Die Rechte des Kindes sollen zu einem festen Bestandteil der EU-Grundrechtepolitik gemacht werden. Insbesondere geht es um eine kindgerechte Justiz, um den besonderen Schutz von Kindern, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, um Opfer sexueller Ausbeutung und Menschenhandel, um Asyl suchende Kinder und um unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Kinder. Einen zentralen Punkt stellt auch die Bildung von Kindern und Jugendlichen und die besonderen Gefahren, die für diese von neuen Technologien ausgehen, dar. Schlagworte in diesem Zusammenhang sind Cyber-Bullying und Cyber-Grooming, aber auch die Gefährdungen durch Mobiltelefone, soziale Netzwerke, Video- und Onlinespiele. Ein besonderes Augenmerk möchte man auch der Kinderarbeit, dem Sextourismus und Kindern in bewaffneten Konflikten schenken. Bundesminister Mitterlehner unterstrich insbesondere die innerstaatlichen Bemühungen im Kampf gegen Menschenhandel und wies auf die entsprechende Task-Force im Außenministerium hin. Man kooperiere in all diesen Fragen auch eng mit dem Unterrichts- und Wissenschaftsressort, aber auch mit dem Justizministerium.

 

Die Initiativen der Kommission wurden von den Abgeordneten unisono begrüßt, wobei Kritik an bisherigen Umsetzungsmaßnahmen, aber auch an einzelnen Plänen geübt wurde. So unterstrich etwa Abgeordnete Angela Lueger (S) die Forcierung der Mobilität, die vor allem auch im Lehrlingsbereich notwendig sei, und meinte, dass bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa noch viel zu tun sei. Sie hielt eine Verbesserung der finanziellen Basis für den gesamten Bildungsbereich für notwendig und äußerte Sorgen hinsichtlich der hohen Zahl von SchulabbrecherInnen. Lueger wies auch auf die unbefriedigende Situation bei den Praktika hin, wo Jugendliche in erster Linie als Arbeitskraft verwendet würden ohne dabei die Möglichkeit zu haben, etwas zu lernen. Abgeordneter Ewald Stadler (B) warf in diesem Zusammenhang kritisch ein, dass die EU bei den Jugendlichen Sozialrechte aushöhlen wolle, anders sei die Forderung nach gestaffelten Arbeitnehmerschutzrechten und Lohnnebenkosten nicht zu verstehen.

 

Auch Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) spannte in ihrer Wortmeldung einen breiten Bogen von Themen. Sie sprach die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen an und meinte, die vom Sozialminister verankerte Ausbildungspflicht werde ohne zusätzliche Ressourcen wenig bringen. Sie forderte, prekäre Beschäftigungsverhältnisse einzudämmen und für junge Menschen fixe Arbeitsverhältnisse zu schaffen. Bei der Hochschulmobilität ortete die Abgeordnete noch viele Hindernisse und erkundigte sich nach dem Lehrlingsprogramm Leonardo Da Vinci.

 

Dazu meinte Bundesminister Reinhold Mitterlehner die Jugendarbeitslosigkeit betrage in Österreich 9,8%, was weit unter dem EU-Durchschnitt von 21% liege. Er sah aber keine Gefahr für eine Verschärfung des Problems, weil ein jährlicher Rückgang der 15-jährigen zu verzeichnen sei. Im Jahr 2015 werde es um circa 10.000 Jugendliche in diesem Alter weniger geben, der Kampf um jeden Lehrling werde stärker werden. Er prognostizierte daher eine prinzipiell stabile Situation am Lehrstellenmarkt. Eine bessere Ausbildung würde darüber hinaus das Problem der prekären Arbeitsverhältnisse vermindern, sagte Mitterlehner. Man beabsichtige, die Lehrlingsausbildung zu modularisieren und durch Maßnahmen die Attraktivität von Lehrberufen zu stärken. Das Programm Leonardo Da Vinci bezeichnete er als wichtig. Aus Österreich nehmen derzeit 240 Lehrlinge daran teil.

 

Was die Rechte der Kinder, die in Österreich im Verfassungsrang stehen, betrifft, so müsse man diese nun auch mit Leben erfüllen, forderte Abgeordnete Angela Lueger (S). Viel zu tun sei bei der Realisierung einer kindgerechten Justiz, meinte sie und urgierte eine hohe qualitative Ausbildung von LehrerInnen und Fachpersonal, das mit Kindern zu tun hat. Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) verlangte ein Monitoring hinsichtlich der Kinderrechtskonvention. Ihr fehlte auch ein Grundrechte-Check. Die Abgeordnete trat ferner dafür ein, das Wahlalter im gesamten EU-Raum auf 16 Jahre zu senken.

 

Über den Grundrechte-Check werde man im kommenden Familienausschuss verhandeln, antwortete der Jugendminister, der aber eine grundsätzlich positiv Tendenz in diesem Bereich feststellte. Was das politische Interesse Jugendlicher betrifft, so habe sich gezeigt, dass dieses mit einer verstärkten Möglichkeit der Mitgestaltung steige, informierte Mitterlehner.

 

Abgeordnete Ursula Plassnik (V) regte an, die Rechte und Anliegen von Jugendlichen auch im Rahmen der EU-Außenpolitik stärker einzubringen. Der nächste Europäische Rat werde sich mit dem Thema Migration auseinandersetzen, man könne aber etwa bei der Ausverhandlung von Abkommen mit Drittländern danach trachten, dass Mittel der EU im Interesse der Kinder besser und zielgerichteter eingesetzt werden, und diese etwa der Ausbildung zu Gute kommen. Ihr Klubkollege Abgeordneter Johann Höfinger (V) schloss sich der positiven Bewertung der EU-Initiativen an.

 

Abgeordnete Windbüchler-Souschill (G) und Abgeordneter Ewald Stadler (B) kritisierten scharf, dass ein Großteil der Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, die geforderte Hotline 116000 für vermisste Kinder und deren Angehörige noch immer nicht eingerichtet hat. Stadler sprach von einem "blamablen Zustand" und brachte einen diesbezüglichen Antrag auf Ausschussfeststellung ein, der jedoch von den Koalitionsparteien mehrheitlich abgelehnt wurde. Dazu bemerkte Mitterlehner, die Vermisstensuche falle in die Kompetenz des Innenressorts. Man werde die Frage aber weiterhin prüfen, wobei eben kompetenzmäßige aber auch budgetäre Einschränkungen zu beachten seien.

 

Abgeordneter Gerhard Deimek (F) befürwortete zwar eine verbesserte Mobilität unter Jugendlichen, denn das sei ja eigentlich die Intention des Bologna-Prozesses gewesen. Vielfach sei jedoch daraus eine "Scheinakademisierung" geworden. Was die Rechte der Kinder betrifft, so halte er eine grundsätzliche Diskussion auf EU-Ebene für richtig, die Verfassungsbestimmungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten müssten jedoch berücksichtigt werden, forderte er.

 

 

 

 

 

Folgender S-V-Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich angenommen:

 

ANTRAG

 

 

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Dr. Ursula Plassnik

 

betreffend

SEK (2009) 413 endg./2 Empfehlung der Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Abkommen über wirtschaftliche Integration mit Kanada (15300/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 12.5.2011.

 

 

Im Zuge eines Reflexionspapiers hat die Europäische Kommission (EK) den bisher bei den Verhandlungen zu Freihandelsabkommen und im GATS verfolgten europäischen Ansatz im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, der eine umfassende horizontale Ausnahme für diese vorsieht, in Frage gestellt und Vorschläge unterbreitet, wie diese Ausnahme näher präzisiert werden könnte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Kanada über ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen (‚CETA'), die am 6. April 2009 offiziell aufgenommen wurden, relevant. Das Kapitel Dienstleistungen befindet sich zwischen der EU und Kanada nach wie vor in Diskussion. Es ist sicherzustellen, dass im Zuge der Verhandlungen keine negativen Auswirkungen auf die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen entstehen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

"Der zuständige Bundesminister wird aufgefordert, den Schutz öffentlicher Dienstleistungen gegenüber den europäischen Handelspartnern auch auf europäischer Ebene weiterhin offensiv einzufordern. Dies bedeutet insbesondere:

·         Es darf zu keiner weiteren Liberalisierung bzw. Deregulierung von geschützten öffentlichen Dienstleistungen kommen

·         Am Schutzniveau der bisherigen horizontalen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen (‚Public Utility'-Klausel und "Subventionsvorbehalt") muss grundsätzlich festgehalten werden.

·         Das Recht der Mitgliedstaaten, über Definition, Organisation und Anforderungen an öffentliche Dienstleistungen zu entscheiden sowie das Subsidiaritätsprinzip müssen gewahrt bleiben.

·         Es muss den Mitgliedstaaten weiterhin offenstehen, abhängig von den jeweiligen nationalen Gegebenheiten, ihre sensiblen öffentlichen Dienstleistungen in künftigen Handelsverhandlungen abzusichern.

·         Handelsverhandlungen dürfen nicht so geführt werden, dass damit die besondere Rolle der öffentlichen Dienstleistungen, wie im Vertrag von Lissabon festgelegt, ausgehöhlt wird."

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

Folgender Antrag des BZÖ wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt:

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

des Abgeordneten Mag. Stadler

 

 

eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union in der Sitzung am 12. Mai 2011

 

betreffend die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sofortigen Einrichtung und Freischaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder!

 

 

zu Tagesordnungspunkt  7

KOM (11) 60 endg.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen

Eine EU-Agenda für die Rechte des Kindes (46022/EU XXIV.GP)

 

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

„Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ersucht die Bundesregierung, sich vor dem Hintergrund der im gegenständlichen Bericht betreffend eine EU-Agenda für die Rechte des Kindes festgehaltenen Kritik, wonach ein Großteil der Mitgliedstaaten (darunter auch Österreich) eine Hotline 116000 für vermisste Kinder und deren Angehörigen noch immer nicht eingerichtet hat, umgehend für die sofortige Einrichtung und Freischaltung dieser Hotline in Österreich einzusetzen bzw. dies durch die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel zu ermöglichen.

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt weiters, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 bzw. 3 GOG als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung beizufügen.“

 

 

Wien, 12. Mai 2011