Parlament Österreich

 

 

 

V-26 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 13. Dezember 2011

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 13. Dezember 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

1.    KOM (11) 608 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014-2020)

(60486/EU XXIV.GP)

 

2.    KOM (11) 609 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Programm der Europäischen Union für sozialen Wandel und soziale Innovation (60479/EU XXIV.GP)

 

3.    KOM (11) 607 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006

(60491/EU XXIV.GP)

 

4.    K (11) 4977 endg.

Empfehlung der Kommission vom 18.7.2011

Zugang zu einem Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen ("Basiskonto")

(Text von Bedeutung für den EWR)

(56913/EU XXIV.GP)

(Wiederaufnahme der am 20. November 2011 vertagten Verhandlungen)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäischer Fonds für die Anpassung an die Globalisierung,

Programm für sozialen Wandel und soziale Innovation,

Europäischer Sozialfonds

 

 

Der EU-Unterausschuss des Nationalrats befasste sich in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2012 neben der Frage einer gesetzlichen Verpflichtung, ein Basiskonto für alle BürgerInnen ab 18 Jahre einzurichten, auch mit Verordnungsentwürfen der EU-Kommission zur Weiterführung und Neuausrichtung des Globalisierungsfonds (EGF) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie zum Programm der EU für sozialen Wandel und soziale Innovation. Im Hintergrund all dieser Maßnahmen steht die Umsetzung der Strategie 2020, das Programm der EU für ein "intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum" mit einer besseren Koordinierung der nationalen und europäischen Wirtschaft. Zu diesen Themen stand Sozialminister Rudolf Hundstorfer den Abgeordneten für nähere Informationen zur Verfügung.

 

In der Diskussion wurde vor allem seitens der SPÖ und der Grünen unterstrichen, dass die EU längst nicht mehr nur eine Wirtschaftsunion darstellt, sondern sich auch zu einer Sozialunion entwickle. In diesem Sinne begrüßten sowohl die Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien, als auch jene von Grünen und BZÖ grundsätzlich die Weiterführung der genannten sozialen Förderinstrumentarien, wenn auch mit kritischen Anmerkungen. So wurde vor allem der Plan abgelehnt, die Mittel des Europäischen Globalisierungsfonds für ArbeitnehmerInnen von bisher jährlich 500 Mio. € pro Jahr auf 71,5 Mio. € zu kürzen. Die Abgeordneten Stefan Petzner (B), Christine Muttonen (S) und Reinhold Lopatka (V) brachten dazu einen entsprechenden Antrag auf Ausschussfeststellung ein, der auf einem ursprünglich vorgelegten Antrag des BZÖ beruht und mit S-V-G-B-Mehrheit angenommen wurde.

 

Lediglich die Freiheitlichen sprachen sich gegen die Fonds aus. Abgeordneter Johannes Hübner (F) nannte es einen typischen Geburtsfehler der EU, ein Verteilungssystem für alle Mitglieder zu etablieren, in das man einzahlt und von dem man hohe Beträge wieder zurück erhält. Dabei könne man nicht von einer Verwaltungsvereinfachung reden, meinte er, der Vorschlag der Kommission sei nichts anderes als eine neue Subventionsbürokratie. Er brachte in diesem Zusammenhang einen Antrag auf Ausschussfeststellung ein, in dem gefordert wird, die Mittel der Fonds möglichst stark zu reduzieren und im Gegenzug dazu den österreichischen EU-Beitrag zu senken. Die dadurch frei werdenden Mittel sollten auf nationaler Ebene entsprechend verwendet werden, forderte er. Dieser Antrag wurde jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt..

 

Bundesminister Rudolf Hundstorfer machte auf die Bedeutung der Fonds insbesondere in Zeiten der Finanzkrise aufmerksam und merkte an, dass diese Gelder enorme positive Auswirkungen auf die Beschäftigung haben. Auch Österreich habe die Instrumente gut nützen und gegensteuern können.

 

Spätestens seit dem Vertrag von Lissabon und der Aufnahme sozialer Grundrechte ist die Union nicht mehr nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, stellten die Abgeordneten Renate Csörgits  und Christine Muttonen (beide S) fest. Ein gemeinsames Vorgehen im Wirtschaftsbereich erfordere auch gemeinsame Maßnahmen auf dem sozialen Sektor, sagten sie. Ziel müsse es sein, eine hohe Lebensqualität zu sichern und dafür brauche man europaweit Mindeststandards, damit die Mitgliedstaaten einander nicht ausspielen können. Abgeordnete Birgit Schatz (G) vertrat die Ansicht, dass das EU-Budget für soziale Belange und zur Förderung der Beschäftigung innerhalb der EU einen wesentlich höheren Anteil im Gesamtbudget der Union ausmachen sollte.

 

Allgemein wurden aber die bürokratischen Hürden bei der Antragstellung für Fördergelder aus den Fonds kritisch beleuchtet.

 

Der Globalisierungsfonds

 

Der Europäische Globalisierungsfonds (EGF) soll nach den Plänen der Kommission auch in der Periode 2014-2020 weiterbestehen und inhaltlich ausgeweitet werden. Dennoch sieht der Vorschlag eine drastische Kürzung der Fondsmittel vor.

 

Der EGF ist ein Finanzinstrument der EU zur einmaligen, zeitlich begrenzten Unterstützung von ArbeitnehmerInnen in Regionen und Branchen, die aufgrund weit reichender Strukturveränderungen im Zuge der Globalisierung arbeitslos geworden sind. Es werden damit Maßnahmen finanziert, die bei der Arbeitssuche unterstützen, aber auch individuell angepasste Weiterbildungsmaßnahmen und Schritte in die Selbständigkeit und Unternehmensgründungen. Es werden darüber hinaus Mobilitätsbeihilfen, Beihilfen für benachteiligte oder ältere ArbeitnehmerInnen, damit diese weiter bzw. wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, sowie andere vorübergehende "Ergänzungszahlungen" gewährt. Der Fonds ergänzt die Europäischen Sozialfonds (ESF) und das von 2007 bis 2013 laufende Progress-Programm der EU.

 

Der EGF trat am 19. Januar 2007 in Kraft. Er wird derzeit jährlich mit bis zu 500 Mio. €  dotiert, die zur beruflichen Wiedereingliederung verwendet werden sollen. Die Mittel des Fonds müssen von den EU-Mitgliedstaaten beantragt und kofinanziert werden und werden nur für Fälle von mindestens 1.000 Entlassungen freigegeben.

 

Laut Verordnungsentwurf sollen zukünftig auch LeiharbeiterInnen und Personen mit befristeten Arbeitsverhältnissen gefördert werden können. Die "aktivierenden Maßnahmen", von denen Österreich laut Information des Sozialministeriums bisher überproportional profitiert hat, sollen bei max. 50% gedeckelt werden. Der Kreis der möglichen Begünstigten soll um geschäftsführende Inhaber von KMUs sowie Selbstständige (darunter LandwirtInnen) erweitert werden. Ein Verlust des Arbeitsplatzes muss in diesem Fall nicht gegeben sein. Der Betrag zur Unterstützung des landwirtschaftlichen Sektors darf gemäß vorliegendem Entwurf insgesamt 2,5 Mrd. € (das sind ca. 357,5 Mio. € pro Jahr) nicht übersteigen. Für ArbeitnehmerInnen stehen maximal 500 Mio. € für die gesamte Laufzeit (das sind 71,5 Mio. € pro Jahr) zur Verfügung. Diese Ausstattung stellt eine deutliche Kürzung dar, da bisher 500 Mio. € pro Jahr für ArbeitnehmerInnen ausgeschüttet werden können.

 

Neben der beabsichtigten Kürzung der Mittel für den EGF kritisierten vor allem die Abgeordneten von SPÖ, Grünen und BZÖ die Einbeziehung der Landwirtschaft in den Kreis der Förderberechtigten und sahen sich dabei einer Meinung mit Sozialminister Hundstorfer. Der Agrarsektor werde ohnehin durch die GAP enorm gefördert, argumentierte etwa Abgeordnete Christine Muttonen (S). Auch Abgeordnete Birgit Schatz (G) konnte den Veränderungen in Bezug auf die förderungswürdigen Personen nichts abgewinnen und fragte, wie bei den Bauern die Kofinanzierung funktionieren soll. Der Globalisierungsfonds könne nicht als Ersatz für die Deckelung der Förderungen für die Landwirtschaft im Rahmen der GAP dienen, ergänzte ihr Klubkollege Abgeordneter Karl Öllinger. Auch für Abgeordneten Stefan Petzner (B) war es unverständlich, dass man den Fonds kürzt und die Selbständigen mit einbezieht. Dem gegenüber warfen die Abgeordneten Günter Stummvoll und Reinhold Lopatka (beide V) ein, auch in der Landwirtschaft müssten Arbeitsplätze gesichert werden.

 

Abgeordneter Stefan Petzner (B) befürchtete grundsätzlich, dass man in der gegenwärtigen Krise nicht mehr ausreichend werde gegensteuern könne. Die Fondsmittel seien zu wenig und die Staaten derart verschuldet, dass Programme wie im Jahr 2008 heute nicht mehr möglich sein werden.

 

Diese negative Sicht wurde nicht von allen geteilt, vielmehr unterstrichen andere Abgeordnete die Bedeutung des Fonds, um ArbeitnehmerInnen zu qualifizieren, die aufgrund des Strukturwandels ihren Arbeitsplatz verloren haben. So meinte etwa Abgeordnete Christine Muttonen (S), der Fonds stelle auch heute angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in vielen EU-Staaten ein wichtiges Instrument dar. Er könne vor allem einen Beitrag zur Linderung der Jugendarbeitslosigkeit leisten, in der Muttonen eine "tickende Bombe" sah.

 

Bundesminister Rudolf Hundstorfer erinnerte daran, dass die Mittel des EGF im Jahr 2009 von Österreich erstmals in Anspruch genommen wurden und das Land bislang daraus 18,6 Mrd. € erhalten habe, wodurch rund 1.300 Personen gefördert wurden. Derzeit gebe es Hilfestellung für die MitarbeiterInnen der Austria Tabak.

 

Der Sozialminister betonte, dass die Diskussionen um die Umgestaltung des Fonds erst beginnen und brachte nochmals seine Skepsis in Bezug auf die Einbeziehung von Bauern und Bäuerinnen an. Er bedauerte auch sehr, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise als Antragsgrund keine Geltung mehr habe. Die Befürchtungen der Abgeordneten Reinhold Lopatka (V), Christine Muttonen (S) und Birgit Schatz (G), dass der Fonds aufgrund einer Blockade Deutschlands überhaupt auslaufen könnte, konnte der Minister nicht bestätigen. Er glaube an ein Fortbestehen des Fonds, bekräftigte er, die Blockade Deutschlands habe sich auf die aktuelle Situation des Fonds bezogen.

 

Das Programm für sozialen Wandel und soziale Innovation

 

Die Umsetzung der Europa 2020-Strategie spielt auch für das von der EU-Kommission vorgeschlagene Programm für sozialen Wandel und soziale Innovation eine Rolle, das mittels einer Verordnung zur Erreichung der Kernziele der Strategie beitragen soll.

 

Die allgemeinen Zielsetzungen des Programms umfassen die Förderung der geografischen Mobilität der Arbeitskräfte, die Weiterentwicklung der Sozialschutzsysteme und Arbeitsmärkte durch die Förderung von Good Governance, dem Voneinander-Lernen und der sozialen Innovation. Die Modernisierung und die Gewährleistung der wirksamen Anwendung des Unionsrechts im Bereich der Arbeitsbedingungen sollen unterstützt werden.

 

Das Programm besteht aus drei komplementären Unterprogrammen: "PROGRESS" unterstützt die Entwicklung, Umsetzung, Überwachung und Evaluierung der Beschäftigungs- und Sozialpolitik der Union sowie der Rechtsetzung im Bereich der Arbeitsbedingungen; "EURES" fördert durch den Austausch und die Verbreitung von Informationen die geografische Mobilität der Arbeitskräfte und "MIKROFINANZIERUNG UND SOZIALES UNTERNEHMERTUM" gibt vor allem arbeitsmarktfernen UnternehmerInnen Zugang zu Finanzierungen. Neu ist die Förderung der Entwicklung von Sozialunternehmen.

 

Auch diese Programme wurden von den Abgeordneten positiv bewertet, die Abgeordneten Stefan Petzner (B), Birgit Schatz und Karl Öllinger (beide G) thematisierten dabei jedoch die Mittelaufteilung und die Mikrokredite, zumal die Grünen insbesondere Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der Einstiegsförderung orteten. Öllinger sah auch den Rahmen für die Kredite zu eng gegriffen. Abgeordneter Stefan Petzner (B) wieder sprach die möglichen negativen Folgen der vorgeschriebenen kurzfristigen Erhöhung der Eigenkapitalausstattung der Banken an und warnte vor einer Kreditklemme.

 

Dazu informierte Sozialminister Hundstorfer, der aktuelle Zinssatz für Mikrokredite belaufe sich auf 4,15%. Er könne die angesprochenen Schwierigkeiten nicht bestätigen, vielmehr gebe es wenig Zahlungsausfälle, da im Vorfeld genau geprüft werde und den UnternehmerInnen ein Pool von Seniorkonsultern gratis zur Verfügung stehe. Abgeordneter Birgit Schatz (G) gegenüber versicherte er, dass man in das Programm PROGRESS die Antidiskriminierungsbestimmungen wieder hineinreklamieren werde.

 

Im Allgemeinen habe man mit dem Programm, insbesondere in Grenzregionen, gute Erfahrungen gemacht und rund 105 Personen bei der Umsetzung von Geschäftsideen helfen können, informierte der Minister.

 

Der Europäische Sozialfonds

 

Mit der vorgeschlagenen Verordnung soll auch der Europäische Sozialfonds (ESF) als Teil der Strukturfondspolitik der EU in den Jahren 2014-2020 fortgeführt werden. Damit will die Kommission die Strukturfondspolitik sowie den Fonds für die Ländliche Entwicklung und den Fischereifonds für die kommende Finanzperiode unter ein gemeinsames Dach, dem sogenannten Gemeinsamen Strategischen Rahmen für jeden Mitgliedstaat, bringen.

Der Entwurf sieht für den Zeitraum 2014 - 2020 vor, den ESF unionsweit auf folgende vier "thematische Ziele" auszurichten: auf die Förderung der Beschäftigung und der Mobilität der Arbeitskräfte, auf die Investitionen in Bildung, Kompetenzen und lebenslanges Lernen, auf die Förderung der sozialen Eingliederung und Bekämpfung der Armut und schließlich auf die Verbesserung der institutionellen Kapazitäten und auf eine effizientere öffentliche Verwaltung. Mit dem Ziel der stärkeren Fokussierung und Schwerpunktsetzung sollen Mitgliedstaaten zukünftig im ESF 80% der Mittel auf vier Interventionsprioritäten festlegen, d.h. die Umsetzung der oben genannten thematischen Zielsetzungen wird auf wenige Maßnahmenfelder konzentriert. 20% der Mittel sind für die Armutsbekämpfung vorgesehen.

 

Der finanzielle Rahmen für des ESF ist laut Vorschlag ein Minimumanteil von 25% der Gesamtmittel (376 Mrd. € für die Gesamtperiode 2014-2020), das ergibt 84 Mrd.€ für den ESF für diesen Zeitraum.

 

Österreich habe die Mittel aus dem ESF zur Armutsbekämpfung und für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen voll ausschöpfen können, berichtete der Sozialminister. Er werde nun mit der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur sowie mit den Bundesländern über Maßnahmen in den Schwerpunktbereichen Armutsbekämpfung, Qualifizierung, Beschäftigung für Menschen mit Behinderungen sowie für ältere Menschen verhandeln.

 

Abgeordnete Renate Csörgits (S) trat dafür ein, die Mittel für den ESF ab 2014 deutlich anzuheben, da der Fonds dazu beitrage, Ungleichheiten abzufedern. Hohe Arbeitslosenzahlen in Europa dürften nicht hingenommen werden, sagte sie. Abgeordnete Birgit Schatz (G) hielt es für positiv, dass ein Schwerpunkt dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gewidmet ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Basiskonto

 

 

Jede europäische Bürgerin und jeder europäische Bürger soll ab 18 Jahren Zugang zu einem Konto haben. Das bekräftigten sämtliche Mitglieder des EU-Unterausschusses mittels eines einstimmig angenommenen Antrags auf Mitteilung an die europäischen Institutionen. Grundlage für diesen Beschluss war die Empfehlung der Kommission an die Mitgliedstaaten, jenen Personen, die derzeit über kein Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen verfügen, ein so genanntes "Basiskonto" zur Verfügung zu stellen.

 

Nach jüngsten Studien der EU-Kommission haben rund 30 Millionen Verbraucher und Verbraucherinnen über 18 Jahre in der Europäischen Union kein Bankkonto, wobei davon rund 7 Millionen BürgerInnen der Zugang verwehrt wurde. In Österreich schätzt man die Zahl auf rund 150.000 Personen.

 

Die Abgeordneten kritisieren in ihrem Antrag, dass die Kommission trotz jahrelanger Vorbereitungsarbeiten der EU-Behörden sowie europaweiter Studien und Konsultationen nur eine Empfehlung vorgelegt hat. Angesichts der unbefriedigenden Erfahrungen mit freiwilligen Maßnahmen treten die MandatarInnen für gesetzliche Schritte auf europäischer Ebene ein, um ein Recht auf den Zugang zu dieser grundlegenden Dienstleistung der Daseinsvorsorge auch dort zu schaffen, wo freiwillige, diskriminierungsfreie Initiativen der Banken dieses nicht ausreichend gewährleisten.

 

Die Abgeordneten machen in diesem Zusammenhang geltend, dass der Besitz eines Girokontos einen wesentlichen Einfluss auf den Zugang zum Arbeitsmarkt hat und die Kosten für Spesen, etwa für Barüberweisungen, gerade für jene Menschen weit höher ausfallen, die über kein Basiskonto verfügen, als für jene mit Girokonten.

 

Auch Bundesminister Rudolf Hundstorfer begrüßte die Initiative der ParlamentarierInnen und merkte an, er hätte sich seitens der EU ein stärkeres Signal erwartet. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten gebe es in Österreich gut funktionierende Einrichtungen der Banken, wie etwa die "Zweite Sparkasse" und das "Neue Chance Konto" der BAWAG, sowie andere Initiativen der Volksbanken und der Raiffeisen Bank. Dennoch halte er es für notwendig, auch legislativ tätig zu werden. Da es in diesem Zusammenhang oft grenzüberschreitende Probleme gibt, mache es Sinn, eine Regelung auf EU-Ebene zu treffen, erläuterte Hundstorfer.

 

Abgeordneter Johann Maier (S), der gemeinsam mit den Abgeordneten Reinhold Lopatka (V), Birgit Schatz (G) und Stefan Petzner (B) den Antrag eingebracht hatte, erinnerte daran, dass die Debatte im Jahr 2002 begonnen hat, und zeigte sich enttäuscht über den Entschluss der Kommission, nur eine Empfehlung abzugeben. Die letzten Jahre hätten gezeigt, wie wenig es gebracht hat, auf freiwillige Lösungen zu setzen, sagte er, Österreich bilde dabei eine Ausnahme. Dem stimmte Abgeordneter Günter Stummvoll (V) zu und erklärte, im Jahr 2002 habe sich die damalige Regierung gegen eine gesetzliche Verpflichtung ausgesprochen, da seitens der Banken Signale vorlagen, Eigeninitiativen setzen zu wollen. Abgeordnete Birgit Schatz (G) begrüßte die Initiative, meinte aber, dass man auch national offensiver vorgehen sollte. Ähnlich argumentierte Abgeordneter Johannes Hübner (F), der auch in Österreich selbst Probleme ortete. Es müsse die Möglichkeit bestehen, jemanden unter zumutbaren Bedingungen den Zugang zu einem Konto zu ermöglichen.

 

Die Kommission fordert in ihrer Empfehlung die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass Personen, die derzeit über keine Bankverbindung verfügen, Konten mit grundlegenden Zahlungsfunktionen zu angemessenen Kosten zur Verfügung gestellt werden, und zwar unabhängig vom Land ihres Wohnsitzes innerhalb der EU oder ihrer Finanzlage. Ziel ist es, die finanzielle und soziale Eingliederung der Verbraucher und Verbraucherinnen in Europa zu fördern.

 

In der Empfehlung der Kommission an die Mitgliedstaaten werden die wesentlichen Grundsätze festgelegt, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden sollten, um den Zugang zu angemessenen Zahlungsdienstleistungen zu garantieren. So sollte über ein solches Konto der Erhalt, die Einzahlung, Überweisung und Abhebung von Geldbeträgen möglich sein. Auch sollte es Lastschriften und Überweisungen gestatten, aber keine Überziehungsfazilitäten anbieten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender B-S-V-Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ mehrheitlich beschlossen:

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

der Abgeordneten Stefan Petzner, Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka

 

 

eingebracht im Zuge der Verhandlungen des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union in der Sitzung am 13. Dezember 2011

 

betreffend keine Reduktion der Mittel des Europäischen Globalisierungsfonds für Arbeitnehmer

 

 

zu Tagesordnungspunkt  1

1.      KOM (11) 608 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014-2020) (60486/EU XXIV.GP)

 

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

„Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass sich die Bundesregierung bzw. der jeweils ressortzuständige Bundesminister auf Europäischer Ebene und in den jeweiligen Ratsformationen dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014-2020) dafür einsetzt, dass im gegenständlichen Entwurf keine Reduktion der bisher jährlich 500 Mio Euro pro Jahr für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf nunmehr jährlich 71,5 Mio Euro festgeschrieben wird. 

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt weiters, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 bzw. 3 GOG als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung beizufügen.“

 

Wien, 13. Dezember 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Ausschussfeststellung wurde von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

ANTRAG AUF AUSSCHUSSFESTELLUNG

 

 

des Abgeordneten Dr. Johannes Hübner

 

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

Ausschussfeststellung

 

betreffend

 

KOM (11) 608 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (2014-2020)

(60486/EU XXIV.GP)

 

KOM (11) 609 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Programm der Europäischen Union für sozialen Wandel und soziale Innovation

(60479/EU XXIV.GP)

 

KOM (11) 607 endg.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 (60491/EU XXIV.GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 13. Dezember 2011 zu TOP 1.

 

 

I.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ersucht die zuständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung auf europäischer Ebene alle Maßnahmen zu ergreifen, um die finanziellen Mittel für den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, das Programm der Europäischen Union für sozialen Wandel und soziale Innovation, sowie den Europäischen Sozialfonds möglichst stark zu reduzieren, damit einhergehend eine entsprechende Senkung des österreichischen EU-Beitrages zu erreichen und die dadurch frei werdenden Mittel stattdessen auf nationaler Ebene entsprechend zu verwenden.

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen zu den entsprechenden Vorschlägen auf in Übereinstimmung mit der vorstehenden Ausschussfeststellung vorgehen.

 

 

III. Kommuniqué

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gemäß §39 Abs 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ersucht die Präsidentin des Nationalrates, diese Ausschussfeststellung an die österreichische Bundesregierung zu übermitteln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender S-V-G-B-Antrag auf Mitteilung wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

 

 

der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Birgit Schatz und Stefan Petzner

 

betreffend K (2011) 4977 endg., Empfehlung der Kommission vom 18.7.2011. Zugang zu einem Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen ("Basiskonto") (56913/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 13.12.2011 zu TOP 4.

 

 

 

Wie in der Einleitung der Konsultation der Europäischen Kommission vom 6.10.2010 "Zugang zu einem Basiskonto" erwähnt, ist der Zugang zu Zahlungsdiensten in einer modernen Gesellschaft Voraussetzung für eine uneingeschränkte Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben geworden. Aktuellen Daten zufolge haben jedoch in der EU 30 Millionen BürgerInnen im Alter von über 18 Jahren keinen Zugang zu einem Bankkonto.

 

Es ist zu begrüßen, dass die Kommission dieses Thema auf ihre Agenda gesetzt hat, mit dem Ziel, allen EU-BürgerInnen oder in der EU wohnhaften Personen den Zugang zu grundlegenden Bankdienstleistungen einzuräumen.

 

Es wurde nun jedoch statt einer Legislativmaßnahme am 18.07.2011 eine unverbindliche Empfehlung der Kommission zum Zugang zu einem Basiskonto abgegeben. In Österreich gibt es ca. 150.000 Menschen, die nicht über ein Girokonto verfügen. Warum die Kommission trotz jahrelanger Vorbereitungsarbeiten der EU-Behörden und europaweiter Studien und Konsultationen sowie den unbefriedigenden Erfahrungen mit soft law - Instrumenten in einigen Staaten nun dennoch die Entscheidung getroffen hat, eine Empfehlung abzugeben, ist nicht nachvollziehbar.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den Antrag:

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

 

Antrag auf Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

"Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Mitteilung der Kommission betreffend

 

K(2011) 4977 endg., Empfehlung der Kommission vom 18.7.2011. Zugang zu einem Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen ("Basiskonto") (56913/EU XXIV.GP)

 

am 13.12.2011 in öffentlicher Sitzung beraten und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

 

Um eine uneingeschränkte Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben für alle EU-BürgerInnen zu gewährleisten, muss der Zugang zu einem Basiskonto für alle EU-BürgerInnen und in der EU wohnhaften Personen möglich gemacht werden.

 

Im Abschlussbericht der Kommission über Kosten und Nutzen von politischen Maßnahmen zur Gewährleistung des Zugangs zu einem Bankkonto und der Folgenabschätzung werden einige Einschätzungen als unzutreffend erachtet:

·         Inwiefern der Besitz eines Basiskontos den Zugang zum Arbeitsmarkt beeinflusst, konnte in der Studie der Kommission nicht zahlenmäßig bewertet werden. Dies sollte jedoch nicht Grund dafür sein, diesem Faktor wenig Bedeutung beizumessen. Im Gegenteil sollte dieser Faktor als wesentlich wahrgenommen werden und eine angemessene Gewichtung erhalten, da in den meisten Arbeitsverträgen die Verpflichtung zur Führung eines Girokontos vorgesehen ist.

·         Die Kosten für Spesen (z.B. Barüberweisungen) fallen für Menschen ohne Basiskonto weit höher aus, als für BesitzerInnen von Girokonten. Für ArbeitnehmerInnen mit niedrigem Gehalt und sozial Schwache stellen derartige Bankspesen eine unnötige zusätzliche Belastung dar.

·         Die Empfehlung der Kommission sieht vor, dass zumindest ein Zahlungsdienstleister pro Land für das Angebot von Basiskonten zuständig sein soll. Problematisch ist diese Regelung jedoch, sollte es zur Verwehrung von Konten kommen. Die Nachteile, die aus einer zeitlichen Verzögerung von Maßnahmen auf EU-Ebene folgen, sollten in der Gesamtbewertung der Politikoptionen stärkeren Einfluss finden.

 

Durch eine Legislativmaßnahme auf europäischer Ebene könnten daher rasch die rechtlichen Voraussetzungen für das Recht auf Zugang zu dieser grundlegenden Dienstleistung der Daseinsvorsorge auch dort geschaffen werden, wo freiwillige, diskriminierungsfreie Initiativen von Banken dieses nicht ausreichend gewährleisten.

 

 

II. Kommuniqué

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Mitteilung gemäß § 39 Abs. 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ersucht die Präsidentin des Nationalrates, diese Mitteilung an

·         die österreichische Bundesregierung,

·         die Europäische Kommission,

·         den Rat,

·         den Ausschuss der Regionen,

·         die COSAC bzw. IPEX und

·         an das Europäische Parlament

zu übermitteln.