Parlament Österreich

 

 

 

V-31 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 4. September 2012

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 4. September 2012

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

1.    COM(2012) 238 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt

(83587/EU XXIV.GP)

 

2.    COM(2012) 280 final/2

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 77/91/EWG und 82/891/EG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG und 2011/35/EG sowie der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010

(84644/EU XXIV.GP)

 

3.    COM(2012) 352 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Basisinformationsblätter für Anlageprodukte

(87131/EU XXIV.GP)

 

4.    COM(2012) 350 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2009/65/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Hinblick auf die Aufgaben der Verwahrstelle, die Vergütungspolitik und Sanktionen

(87134/EU XXIV.GP)

 

5.    COM(2012) 360 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Versicherungsvermittlung (Neufassung)

(87137/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

Elektronische Signatur

 

 

Der EU-Unterausschuss des Nationalrats befasste sich in seiner Sitzung vom 4. September zunächst mit dem Thema elektronische Signatur.

 

Die EU-Kommission will die grenzüberschreitende Verwendung elektronischer Signaturen und elektronischer Identifizierungen forcieren und schlägt in diesem Sinn vor, die geltende Signaturrichtlinie aus dem Jahr 1999 durch eine neue Verordnung zu ersetzen. Gemeinsame Rechtsvorschriften und die verpflichtende gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten notifizierten Systeme sollen dazu beitragen, derzeit bestehende Interoperabilitätsprobleme zu beseitigen. Der Verordnungsvorschlag wird von Österreich grundsätzlich begrüßt, in einzelnen Punkten sehen Staatssekretär Josef Ostermayer und die Abgeordneten aber noch Adaptierungsbedarf. Konkrete Verhandlungen auf EU-Ebene sollen im September starten, Ostermayer rechnet mit einem zumindest zweijährigen Diskussionsprozess.

 

Einige Bedenken gegen den Verordnungsvorschlag fassen die Abgeordneten in einer offiziellen Mitteilung des EU-Unterausschusses an das Europäische Parlament und den Europäischen Rat zusammen. So drängen sie etwa darauf, die Anzahl der Formate an elektronischen Signaturen und Siegeln überschaubar zu halten, und heben die Bedeutung des Datenschutzes hervor. Zudem weisen sie darauf hin, dass der Verordnungsvorschlag zahlreiche Ermächtigungen an die Europäische Kommission enthält, delegierte Rechtsakte zu erlassen, ein Umstand, der von allen Fraktionen hinterfragt wurde. Der Antrag passierte den Ausschuss einstimmig. In einer ergänzenden Stellungnahme ersucht der Unterausschuss außerdem das zuständige österreichische Regierungsmitglied, diese Mitteilung auch bei den jeweiligen Verhandlungen auf EU-Ebene zu berücksichtigen.

 

Die Abgeordneten werten es generell als bedenklich, dass die Europäische Kommission, auch in anderen Bereichen, immer weitreichendere Befugnisse erhält, und auf Basis von Richtlinien und Verordnungen ohne Einbindung der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlaments Details festlegen kann. Mit dieser Tendenz komme man "in gefährliches Wasser", warnte etwa FPÖ-Abgeordneter Johannes Hübner. Auch BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner wandte sich dezidiert gegen die zunehmende Verlagerung von Entscheidungen an die EU-Kommission, um sich aufwändige politische Verhandlungen zu ersparen.

 

Was den vorliegenden Verordnungsentwurf betrifft, äußerten sich FPÖ und Grüne außerdem kritisch darüber, dass dieser eine automatische gegenseitige Anerkennung aller "elektronischen Vertrauensdienste" vorsieht, die in einzelnen Mitgliedstaaten verwendet werden. Abgeordneter Hübner (F) trat für eine Opting-Out-Klausel ein, sollten Zweifel bestehen, dass erforderliche Standards nicht eingehalten würden. Abgeordneter Bruno Rossmann (G) ergänzte, es sei ein aus Sicherheitsgründen nicht haltbarer Zustand, dass jegliches Sicherheitsniveau anerkannt werden müsse. Seiner Ansicht nach wird der Entwurf der EU-Kommission auch dem Konsumentenschutz nicht in allen Belangen gerecht.

 

Als positiv verzeichnen die Abgeordneten das Bemühen, die grenzüberschreitende Nutzung von Online-Diensten zu erleichtern und dadurch Bürokratie und Verwaltungsaufwand abzubauen. Für SPÖ-Abgeordnete Christine Muttonen ist es dabei die größte Herausforderung, ein hohes Datenschutzniveau zu gewährleisten, ohne die Nutzung solcher Dienste einzuschränken. Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) betonte, eine Harmonisierung in diesem Bereich wäre auch ein wirtschaftsfördernder Akt. Er hob außerdem die Notwendigkeit hervor, für die Unterschriftensammlung für Europäische Bürgerinitiativen vergleichbare Voraussetzungen in allen EU-Staaten zu schaffen.

 

Staatssekretär Josef Ostermayer wies darauf hin, dass in Österreich insbesondere die Bürgerkarte und die Handy-Signatur von der Verordnung betroffen wären. Ihm zufolge besitzen derzeit rund 130.000 ÖsterreicherInnen eine Bürgerkarte bzw. eine E-Card mit Bürgerkartenfunktion, 70.000 sind für das System der Handy-Signatur registriert. Für Ostermayer ist die Handy-Signatur dabei die innovativere Lösung, weil sie losgelöst von einer zusätzlich notwendigen Hardware, einem Karten-Lesegerät, funktioniert.

 

In anderen europäischen Ländern gebe es aber auch andere Lösungen, skizzierte Ostermayer. So wird etwa mancherorts zur elektronischen Identifizierung per Handy eine eigene SIM-Card benötigt. In einigen europäische Staaten ist die elektronische Identität darüber hinaus verpflichtend, so hat Spanien 30 Millionen Karten ausgegeben.

 

Die geplante Verordnung würde nach Meinung von Ostermayer vor allem Unternehmen zugutekommen, die grenzüberschreitend tätig sind und rechtsgültige Verträge elektronisch abschließen  wollen. Sie könnte aber auch Vorteile für BürgerInnen bringen. Die Gefahr, dass in einigen Ländern unsichere Systeme zugelassen werden, sieht der Staatssekretär grundsätzlich nicht, er wies darauf hin, dass in der Verordnung Mindeststandards und eine öffentliche Aufsicht vorgeschrieben würden.

 

Zur Kritik an der Zunahme delegierter Rechtsakte merkte Ostermayer an, das Bundeskanzleramt stelle die Mitsprache und die Mitwirkung Österreichs bei Rechtssetzungsakten der EU keineswegs in Frage. Delegierte Rechtsakte machen ihm zufolge aber dann Sinn, wenn es um die Festlegung "technischer Feinheiten" geht, die einer dynamischen Veränderung unterliegen. Es wäre wenig sinnvoll, jedes Jahr die Verordnung selbst zu ändern, meinte er. Der Staatssekretär sicherte den Abgeordneten jedoch zu, dieser Frage besonders Augenmerk zu schenken.

 

Was die Europäische Bürgerinitiative betrifft, hielt Ostermayer fest, Österreich habe bewusst eine niedrige Schwelle für Unterstützungserklärungen gewählt, um das allgemeine und gleiche Wahlrecht nicht zu unterlaufen. Nicht jeder verfüge über eine elektronische Identität.

 

 

Wie das Bundeskanzleramt in einem Informationspapier zum Verordnungsvorschlag ausführt, misst die EU-Kommission der grenzüberschreitenden Nutzung elektronischer Dienste eine Schlüsselrolle im digitalen Binnenmarkt zu. Können Unternehmen, BürgerInnen und öffentliche Verwaltung europaweit sicher und ungehindert elektronisch interagieren, würde auch die Effizienz des öffentlichen Dienstes, des öffentlichen Auftragswesens und des elektronischen Geschäftsverkehrs steigen, so die Erwartung. In diesem Sinn will die Kommission bestehende Hürden bei der grenzüberschreitenden Nutzung elektronischer Signaturen und anderer so genannter "elektronischer Vertrauensdienste" abbauen, wobei in der Praxis vor allem die mangelnde Interoperabilität der in den einzelnen EU-Staaten notifizierten Systeme ein großer Hemmschuh ist.

 

Mit der neuen Verordnung soll laut Papier kein Zwang zur Einführung bestimmter Mittel oder Methoden der elektronischen Identität (eID) statuiert, sondern insbesondere die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den anderen Mitgliedstaaten notifizierten eID festgelegt werden. Der Vorschlag enthält Grundsätze für die gegenseitige Anerkennung und Mindestharmonisierung sowie ergänzende Detailbestimmungen in vier Verordnungsanhängen. Weitere Details sollen mit Durchführungsrechtsakten und delegierten Rechtsakten geregelt werden.

 

Hinterfragt werden vom Bundeskanzleramt neben der Frage des Umfangs der delegierten Rechtsakte auch vorgeschlagene Regelungen zur elektronischen Langzeitarchivierung sowie Regelungen zur Website-Authentifizierung, da, wie das Informationspapier festhält, Internet-Browser weitestgehend nicht europäischen Ursprungs sind.

 

Bankensanierung und Bankeninsolvenzrecht

 

 

Daraufhin widmeten sich die Ausschussmitglieder den EU-Plänen zu einem europäischen Rahmen für Bankensanierung und Bankeninsolvenzrecht.

 

Die krisenhaften Entwicklungen auf den Finanzmärkten und der zur Gegensteuerung erfolgte Einsatz umfangreicher Budgetmittel der einzelnen Staaten für die Rettung von Banken haben die Notwendigkeit deutlich gemacht, Regelungen zur geordneten Sanierung von Banken festzulegen und die Möglichkeit zu eröffnen, möglichst früh präventive Maßnahmen ergreifen zu können. Vor allem will man in Hinkunft vermeiden, dafür nochmals derart große Mengen an Steuergeldern aufwenden zu müssen.

 

EU-Parlament und Rat wollen daher den Behörden einheitliche und wirksame Instrumente in die Hand geben, um Bankenkrisen durch Präventivmaßnahmen abzuwenden, die Finanzstabilität zu erhalten und das Risiko der SteuerzahlerInnen, für Insolvenzverluste aufkommen zu müssen, so gering wie möglich zu halten. Geplant sind drei Säulen: präventive Maßnahmen durch strenge Kontrolle, frühzeitige restriktive Eingriffsmöglichkeiten, sollte eine Schieflage entstanden sein, und schließlich Instrumente und Befugnisse für die Abwicklung bzw. Liquidierung. Diesem Konzept entspricht auch der vorliegende Richtlinienvorschlag der EU-Kommission "zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen".

 

Bei Banken entstünden bald Ansteckungsgefahr und Folgerisiken, was ein differenziertes Regime erfordert, erklärte Finanzministerin Maria Theresia Fekter. Die Richtlinie sieht präventiv Sanierungspläne bei den Banken und Abwicklungspläne für den Fall vor, dass die Sanierung fehlschlägt. Sie zielt auf ein möglichst frühzeitiges Eingreifen der Behörden ab. Unabhängig von Größe und Komplexität sollen die Behörden schon im Vorfeld weitreichende Instrumente einsetzen können, um ungeordnete Abwicklungen zu vermeiden.

 

Das von der Kommission vorgeschlagene dreiphasige Modell umfasst folgende Elemente: Zunächst geht es um die Erstellung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen, um bei Banken oder Bankengruppen Liquiditätsprobleme zu lösen, Eigenkapital zu erhöhen oder Risiken zu reduzieren. Bankengruppen sollen freiwillig, aber nach Zustimmung der Anteilseigner und Genehmigung der Behörden finanzielle Unterstützungen vereinbaren können. In einem weiteren Schritt erhält die Aufsichtsbehörde laut Vorschlag die Möglichkeit, präventiv Geschäftspläne und Geschäftsstrukturen zu ändern und Geschäfte zu verbieten, wenn Abwicklungspläne nicht anders implementiert werden können. Die Aufsichtsbehörde soll Sanierungsmaßnahmen verlangen, Hauptversammlungen zum Beschluss dringlicher Maßnahmen einberufen, die Erstellung von Umschuldungsplänen beauftragen und einen "Sonderverwalter" zur Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit einer Bank bestellen können.

 

Haben solche frühen Interventionen nicht zum Erfolg geführt, ist vorgesehen, eine Bank im Rahmen des "normalen" nationalen Insolvenzgesetzes zu liquidieren. Wo dies wegen der Stabilität des Finanzsektors nicht wünschenswert ist und eine "normale Insolvenz" wegen Gefährdung der Finanzmarktstabilität nicht im öffentlichen Interesse wäre, wird gemäß den vorliegenden Plänen eine geordnete Abwicklung vorgenommen. Dafür werden den Abwicklungsbehörden weitreichende, EU-weit harmonisierte Befugnisse und Instrumente übertragen, wobei die Anteilseigner aber keinen größeren Verlust erleiden sollen als bei einer Liquidation.

 

Ohne Zustimmung der Anteilseigner soll eine "Brückenbank" errichtet und zwangsweise oder automatisch Fremd- in Eigenkapital (Bail-in) umgewandelt werden können. Diese Instrumente werden der Richtlinie zufolge allen Aufsichtsbehörden zur Verfügung stehen, um im Falle eines Konkurses einer grenzüberschreitenden Bankengruppe koordiniert und abgestimmt vorgehen zu können. Zur Abdeckung der Kosten ist die Einrichtung eines Abwicklungsfonds vorgesehen, der von den Banken nach Maßgabe ihrer Verbindlichkeiten und ihres Risikos zu dotieren ist. Der Fonds soll nach 10 Jahren 1% der gesicherten Einlagen erreichen und nur der Finanzierung von Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen dienen.

 

Die Finanzministerin begrüßte grundsätzlich eine Harmonisierung in diesem Bereich und befürwortete auch den Stufenaufbau, machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass die Kompetenzen der angedachten Aufsichtsbehörde stark in die nationalen Kompetenzen und in Eigentumsrechte eingreifen, weshalb die Behörde auch ausreichend legitimiert sein müsse. In Österreich herrsche ein strenges Legalitätsprinzip, fügte sie hinzu, diesen Punkt werde sie in den folgenden Beratungen auch einbringen. Derzeit werde intensiv über den Kompetenzbereich der Behörde, den Rechtsschutz, der damit verbunden ist, und die Finanzierungsfragen diskutiert.

 

Ungeklärt sei bislang auch der Aspekt, wie man bei grenzüberschreitenden Aktivitäten von Banken vorgehe, zumal viele Banken auch in Drittländern außerhalb der EU tätig sind.

 

Eine wesentliche Frage im Zusammenhang mit der Abwicklung von Banken stelle sich auch im Hinblick auf die Einlagensicherung. Hier habe die EU die Vision einer europäischen Einlagensicherung, die aber nach Aussage Fekters noch detailliert und intensiv im Interesse des Schutzes österreichischer Steuergelder erörtert werden müsse. Sie könne sich nur ein "kaskadisches Modell" vorstellen.

 

Der Vorschlag nimmt nach Auffassung der Ministerin auch zu wenig auf die Proportionalität Bedacht und unterscheidet nicht, ob es sich um eine große Bank oder um eine kleine Sparkasse handelt, ob es um Investmentgeschäfte geht oder um klassische Geschäfte. Auch Abgeordneter Günter Stummvoll (V) bezeichnete die Proportionalität als eine wichtige Frage.

 

Hier hakten die Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Bruno Rossmann (G) ein. Sektorbanken, wie die Volksbanken, seien als ein Sektor zu betrachten, entgegneten etwa die Abgeordneten Krainer und Rossmann, dem sich auch Abgeordneter Johannes Hübner (F) anschloss. Es stelle sich auch die Frage der Abgrenzung, wann man es mit einer kleinen und wann mit einer großen Bank zu tun habe und wann eine Bank als Systembank bezeichnet werden kann. Es sei notwendig, dass man sich bei genossenschaftlich organisierten Banken genau anschaut, in welcher Weise die Eigentümer und Gläubiger beteiligt werden können. In diesem Bereich würden nicht einmal die Eigentümer zahlen, merkte Abgeordneter Krainer kritisch an.

 

Neben den Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien (Abgeordneter Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer) bekräftigte auch Abgeordneter Bruno Rossmann seitens der Grünen die Notwendigkeit einer EU-weiten Regelung für die Bankensanierung und Bankeninsolvenz. Der Entwurf sei mutig und enthalte viel Richtiges, in vielen Bereichen sei er aber noch zu vage. Jedenfalls stelle er einen wichtigen Schritt in Richtung einer Bankenunion dar, die man brauche, unterstrich er. Die größte Schwäche sah Rossmann aber in der Zusammenarbeit zwischen nationalen und europäischen Behörden. Für grenzüberschreitend tätigende Kreditinstitute bedarf es seiner Ansicht nach einer europäischen Direktaufsicht und eines europäischen Restrukturierungsfonds.

 

In der Liquidationsphase müsste es ihm zufolge eine Priorität für das "Bail-in" Instrument  geben, ein Bail-in sollte Bedingung für ein "Bail-out", sein. Gläubiger müssen in die Pflicht genommen werden, forderte Rossmann, der weiters eine "Rezeptpflicht" für Finanzprodukte für unabdingbar hält. Ein entsprechender Antrag auf Stellungnahme wurde jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt. Der grüne Abgeordnete zeigte auch dezidierte Präferenz für das angelsächsische Modell der Bankeninsolvenz im Gegensatz zum deutschen.

 

Demgegenüber warnte Finanzministerin Fekter vor einer reinen Bail-in-Klausel, denn das könnte ihrer Meinung nach zu einem Bankenrun führen und zu einer "Gläubigervertreibungsaktion" ausarten. Das Problem liege darin, dass derzeit die SparerInnen die Gläubiger sind und damit wieder die SteuerzahlerInnen, keine Bank leihe der anderen etwas, der Markt sei vollkommen fragmentiert. Derzeit gebe es grundsätzlich zwei Gläubigergruppen, eben die SparerInnen durch Versicherungen und Pensionskassen und andererseits die EZB und die Notenbanken. Würde man dort einen Kapitalschnitt machen, müssten wieder die SteuerzahlerInnen refinanzieren, führte sie aus.

 

Ausführlich wurde auch die Frage der Aufsichtsbehörde diskutiert. Fekter stellte dazu fest, dass eine Trennung zwischen jener Behörde, die umsetzt, und jener, die kontrolliert, sinnvoll sei. Wo die Behörde angesiedelt sein soll, werde derzeit noch beraten, jedenfalls werde der FMA in Zukunft eine wichtige Rolle bei dieser Aufgabe zukommen. Sie selbst sei kein Fan des österreichischen Insolvenzrechts, räumte sie ein, aber das österreichische Rechtssystem sehe für die Insolvenz einen Gerichtsentscheid mit der operativen Abwicklung durch Dritte vor. Eine Zuständigkeit der Gerichte hielten jedoch die Abgeordneten Bruno Rossmann (G) und Kai Jan Krainer (S) für nicht sinnvoll, sie warnten sogar davor, einen solchen Weg zu gehen, da den Gerichten das nötige Fachwissen fehle.

 

Im Rahmen dieser Debatte betonte Finanzministerin Maria Theresia Fekter, das Bankeninsolvenzrecht könne nur ein Teil einer eventuellen Bankenunion sein. Eine  solche müsse auf vier Säulen beruhen, um die Stabilität sicherzustellen: auf einer gemeinsamen Aufsicht, klaren Spielregeln für die Einlagensicherung, einem Schuldenmanagement, sollte eine Schieflage entstehen, und einem gemeinsamen Insolvenzrecht.

 

Was das geplante nationale Bankeninsolvenzrecht betrifft, so bedürfe es noch intensiver Diskussionen, da sich die bisherigen Vorschläge auf die Schaffung einer sogenannten "Bad Bank" konzentriert hätten, so Fekter. Damit müssten für alle schlechten Teile des Unternehmens wieder die SteuerzahlerInnen gerade stehen, und das sei für sie nicht akzeptabel, sagte sie. Die Ressortchefin will sich bei der Erarbeitung der innerstaatlichen Regelung auch am EU-Vorschlag orientieren. Die Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Bruno Rossmann (G) sprachen sich hingegen für eine rasche Vorlage und Beschlussfassung eines innerstaatlichen Bankeninsolvenzrechts aus. Rossmann nannte die Tatsache, dass es ein solches bislang noch nicht gibt, sogar als eine "Schande". Ein österreichisches Bankeninsolvenzrecht sei dringend geboten und könne unabhängig von einer EU-Regelung eingeführt werden, sagte der Abgeordnete unter Hinweis darauf, dass die EU im Zuge der Finanzkrise 95 Mrd. € und Österreich allein 4 Mrd. € endgültig verloren haben.

 

Ablehnend zu EU-Vorschlag äußerte sich in der Diskussion Abgeordneter Johannes Hübner (F), der sich mittels eines Antrags auf Stellungnahme gegen jeden europäischen Haftungsverbund bzw. gegen jeden nationalen Zwangsbeitrag bei der Abwicklung von internationalen Bankgruppen aussprach. Er befürchtete vor allem Kompetenzübertragungen an politisierte Behörden und begründete das damit, dass beispielsweise die EZB in letzter Zeit politische Entscheidungen getroffen habe, die den ihr gesetzten rechtlichen Rahmen überschritten haben. Er erinnerte auch an den Missbrauch beim Kohäsionsfonds und bei den Regionalfonds. Die Vorschläge der EU seien der FPÖ viel zu vage, sagte Hübner (F), weshalb Österreich auf der Bremse stehen sollte. Sein Antrag wurde jedoch von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt.

 

 

 

 

 

 

 

Anlegerschutz

 

 

Aufgrund der Erfahrungen im Zuge der Finanzkrise sieht sich die EU auch veranlasst, den Anlegerschutz zu verbessern, einheitliche Standards dafür festzulegen und mehr Transparenz sicherzustellen. Die EU-Kommission hat daher ein Paket von sektorenübergreifenden Regelungen für Anlageprodukte initiiert. Konkret ging es im EU-Unterausschuss um einen Verordnungsvorschlag über "Basisinformationsblätter für Anlageprodukte (PRIPS)", um einen Richtlinienentwurf zur "Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (sogenannte UCITS/OGAW V)" sowie um die Revision der Richtlinie "über die Versicherungsvermittlung (IMD II)".

 

Ziel ist es, die Strukturen bei Investmentprodukten transparenter zu gestalten, insbesondere mittels einer ausreichend klaren, vorvertraglichen Information für KonsumentInnen durch harmonisierte Produktinformationsblätter, die Festlegung zivilrechtlicher Verantwortlichkeit des Anlageproduktanbieters für den Inhalt der Informationsblätter sowie die Herstellung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen. Darüber hinaus sollen die Eignungskriterien und Haftungsstandards für Verwahrstellen und die Sanktionsregelungen harmonisiert werden.

 

Das dritte zur Diskussion stehende Dokument betrifft die Verbesserung des Schutzes der VersicherungsnehmerInnen, insbesondere bei Lebensversicherungsprodukten, die der Geldanlage dienen, sowie die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für sämtliche VermittlerInnen von Versicherungs- und Anlageprodukten. Dabei soll der Anwendungsbereich der Richtlinie auf sämtliche Vertriebskanäle ausgeweitet, ein europäisches Versicherungsvermittlerregister geschaffen und die Qualifikationen und Weiterbildung der VermittlerInnen auf ein einheitliches Niveau gebracht werden. Die Kommission schlägt auch nicht bindende außergerichtliche Streitbeilegungsmechanismen vor. Des weiteres ist vorgesehen, die Informationspflichten und Wohlverhaltensregeln zu verbessern, indem beispielsweise Provisionen und Honorare offenzulegen sind und Koppelungsgeschäfte verboten werden. Kosten und Gebühren müssen laut Richtlinienentwurf offengelegt und produktspezifische Risiken erläutert werden, außerdem denkt man an die Verpflichtung, ein Kundenprofil zu erstellen.

 

Die Bemühungen um mehr Konsumentenschutz seien begrüßenswert, betonte die Finanzministerin. Heiß umstritten seien aber die Provisionsverbote.

 

Positiv äußerte sich auch Abgeordneter Bruno Rossmann (G) zu Vorlage, er hielt aber die Differenzierung zwischen verpackten und nicht verpackten Anlageprodukten für nicht sachgerecht. Die Offenlegung der Provisionen sei zwar wichtig, werde aber nicht ausreichen, wie das Beispiel Großbritannien zeige, merkte Rossmann an. Er sei sich auch nicht sicher, ob das Provisionsverbot der richtige Weg ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Koalitionsparteien auf Mitteilung wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG

 

 

der Abgeordneten Muttonen und Neugebauer

 

betreffend  COM(2012) 238 final Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt  (83587/EU XXIV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 4. September 2012.

 

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

I. Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

Die Präsidentin des Nationalrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 31d Abs. 4 GOG-NR an das Europäische Parlament und den Rat als Adressaten sowie an

·         die Europäische Kommission

·         den Ausschuss der Regionen, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und

·         COSAC bzw. IPEX

als weitere EmpfängerInnen zu übermitteln.

 

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union hat beschlossen:

 

 

Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

Die Erleichterung der grenzüberschreitenden Nutzung von Online-Diensten ist ein maßgeblicher Schritt zur Verwirklichung eines vollständigen, digitalen Binnenmarktes.

 

Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und Praktikabilität sollte die Anzahl der Formate an elektronischen Signaturen und Siegeln zumindest überschaubar gehalten werden, wobei aus österreichischer Sicht darauf zu achten ist, dass die bereits verwendeten Formate weiterhin beibehalten werden können. Die künftige Regelung sollte sich daher an Art. 1 Abs. 1 und 2 des Beschlusses der EK (2011/130/EU) vom 25.2.2011 orientieren.

 

Nach Art. 9 des Vorschlags wird die Haftung des nicht-qualifizierten Vertrauensdiensteanbieters auf einen fahrlässigen Verstoß - im Gegensatz zur Signatur-Richtlinie 99/93/EG - ausgeweitet, was sehr zu begrüßen ist.

 

Besonders begrüßt wird auch Art. 11, worin auf die Richtlinie 95/46/EG Bezug genommen wird. Gerade die Verwendung von Personenidentifizierungsdaten muss auf das Mindestmaß im Sinne der Datenschutz-Richtlinie beschränkt sein.

 

Eine einheitliche Regelung im Bereich der elektronischen Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt wird ebenso positiv bewertet, wie auch die Einführung gemeinsamer Sicherheitsstandards. Die Rahmenbedingungen, die für diese Anbieter von Vertrauensdiensten gelten, müssen praxisgerecht ausgestaltet sein.

 

Grundsätzlich wird angemerkt, dass gerade in diesem VO-Vorschlag eine Reihe von Ermächtigungen an die Europäische Kommission enthalten ist,  delegierte Rechtsakte bzw. Durchführungsrechtsakte zu erlassen. Das Verhältnis der Ermächtigungen zueinander ist mitunter unscharf und an einigen Stellen stellt sich die Frage, ob die Ermächtigung zu delegierten Rechtsakten hinreichend konkret formuliert ist.  Es wird dringend angeregt, diesen Problemkreis im Zuge der Verhandlungen näher zu prüfen und die Anzahl der delegierten Rechtsakte insgesamt zu reduzieren.

 

 

II. Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat in Übereinstimmung mit der Mitteilung unter Punkt I. vorgeht.

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e B-VG

 

 

des Abgeordneten Johannes Hübner

 

 

betreffend TOP 2 COM(2012) 280 final/2 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 77/91/EWG und 82/891/EG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG und 2011/35/EG sowie der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010

(84644/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am  04.09.2012.

 

 

 

Die Bestimmungen des Art. 98 des Vorschlages für eine Richtlinie des  Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 77/91/EWG und 82/891/EG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG und 2011/35/EG sowie der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 – Stichwort „Gruppenabwicklung“ sehen einen in seiner Aufbringung noch nicht näher geregelten Beitrag der nationalen Finanzierungsmechanismen zu den Kosten der Gruppenabwicklungen von Banken vor.

 

Die nähere Ausgestaltung dieses Beitrage, bzw. der nationalen Haftungskomponente wird auch in diesem Fall der Europäischen Kommission übertragen (Delegierte Rechtsakte).

 

Die finanziellen Auswirkungen auf die Mitgliedsstaaten, und damit auch auf Österreich sind daher nicht absehbar – Stichwort UniCredit-Gruppe.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e B-VG

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene klar gegen jeden europäischen Haftungsverbund, bzw. jeden nationalen Zwangsbeitrag bei der Abwicklung von internationalen Bankgruppen auszusprechen.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechts-aktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Fraktionen mehrheitlich abgelehnt.

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e B-VG

 

 

des Abgeordneten Bruno Rossmann

 

 

betreffend TOP 2 - COM(2012) 280 final/2 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 77/91/EWG und 82/891/EG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG und 2011/35/EG sowie der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010

(84644/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am  04.09.2012.

 

 

 

Die Europäische Kommission hat mit einem Jahr Verspätung ihren Richtlinienentwurf zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen vorgelegt. Der Entwurf soll einen europaweiten gesetzlichen Rahmen zum Umgang mit Banken im Krisenfall schaffen. Dieser zielt darauf ab, dass zukünftig nicht mehr die SteuerzahlerInnen für Bankenrettungen finanziell gerade stehen müssen, sondern die Institute mit ihren Eigentümern und Gläubigern selbst. Außerdem sollen angeschlagene Institute vorbeugend zum Umsteuern gezwungen werden können, um die damit verbundenen Schwierigkeiten und Kosten möglichst gering zu halten.

 

Vor dem Hintergrund, dass im Laufe der derzeitigen Finanz- und Wirtschaftskrise die SteuerzahlerInnen in Europa zur Rettung der Banken tief in die Tasche greifen mussten und öffentliche Haushalte bis an die Grenze der Belastbarkeit strapaziert wurden, bedarf es einer umfassenden und grundlegenden Reform nicht nur des Bankensektors. Innerhalb der Europäischen Union muss rasch eine Bankunion mit einer gemeinsamen EU-Behörde errichtet werden. Der vorliegende Vorschlag zu einheitlichen Regeln in Europa ist ein erster, grundsätzlich zu begrüßender Schritt zu einem gerechteren Umgang mit Risikobanken. Er ist jedoch bei weitem nicht ausreichend und weist zudem einige gravierende Mängel auf.

 

In einem Memo formuliert die Kommission als langfristig anzustrebendes Ziel, europaweit  systemisch wichtige Institute direkt durch die europäische Bankenaufsicht (EBA)  zu beaufsichtigen. Dieses schlägt sich im Vorschlag nicht nieder. Für Krisen grenzüberschreitend tätiger Banken greift der Vorschlag zu kurz, weil lediglich die Einrichtung von Abwicklungskollegien unter der Leitung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde und unter Mitwirkung der Europäischen Bankenaufsicht vorgesehen ist. Die Vermittlerrolle der EBA greift zu kurz. Es braucht eine europäische Direktaufsicht europäischer Großbanken, die in jeder Phase die Gesamtsituation dieser Banken erfasst.  Nur so kann im Krisenfall adäquat reagiert werden. Dazu kann unterstützend auch auf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7.Juli 2010 mit Empfehlungen an die Kommission zu einem grenzübergreifenden Krisenmanagement im Bankensektor verwiesen werden.

 

Im Entwurf wird eine Reihe von Abwicklungs- bzw Restrukturierungsinstrumenten vorgeschlagen: die Vermögensveräußerung, die "bridge bank", Ausgliederung von Vermögenswerten ("bad bank") sowie das Bail-in Instrument (Löschung oder Verwässerung der alten Aktien, Schuldenschnitt oder debt-equity-swap). Die Vorschläge zu einem "Bail-in" im Falle der Abwicklung von Banken und Wertpapierfirmen sind sehr positiv zu bewerten.  Sie müssen aber im Mittelpunkt einer Restrukturierung stehen, um dem moral-hazard Problem zu begegnen. Daher muss das Bail-in Instrument über das Brückenbank- bzw. bad-bank-Modell gestellt werden. Ansonsten würden AktionärInnen und GläubigerInnen wieder zuerst extern unterstützt werden, was nicht akzeptabel ist und der Abschwächung des moral hazard Problems zuwider läuft.

 

Der Aufbau von Abwicklungsfonds ist grundsätzlich positiv zu sehen. Allerdings bringt ein Abwicklungsfonds auch Probleme mit sich. Erstens ist er ökonomisch insofern nicht optimal, als er das Anreizproblem (moral hazard) für Aktionäre, professionelle Gläubiger und das Management nicht löst. Zweitens ist ein Fonds im Fall von systemischen Krisen rasch überfordert bzw  durch den Verkauf von Aktiva in einem illiquiden Markt mit Liquiditätsproblemen konfrontiert. Drittens sind Fonds über längere Zeiträume unterdotiert. Das Problem des moral hazard muss daher begleitend durch die Priorisierung des Bail-in Instruments im Zuge der Abwicklung sowie durch eine "Rezeptpflicht" für Finanzinstrumente (Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden) ergänzt werden. Für direkt von der EBA zu beaufsichtigenden Institute bedarf es gesamteuropäischer Lösungen.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e B-VG

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefordert, im Zuge der Debatten über ein europäisches Bankeninsolvenzrecht folgende Vorschläge auf europäischer Ebene einzubringen und sich für eine rasche Umsetzung derselben einzusetzen:

 

·         Ein EU-weit einheitliches Bankeninsolvenzrecht stellt nur einen ersten Teilschritt hin zur Verwirklichung einer europäischen Bankenunion mit einer gemeinsamen EU-Behörde dar.

·         Für grenzüberschreitend tätige Kreditinstitute braucht es eine europäische Direktaufsicht und einen europäischen Restrukturierungsfonds.

·         Ein Bail-in sollte Bedingung für ein Bail-out sein, weshalb dieses Instrument über das der Brückenbank bzw. der bad-bank gestellt werden muss.

·         Die vorgeschlagene Fondslösung zur Abwicklung von Kreditinstituten muss zur Vermeidung des moral hazard in zweifacher Hinsicht ergänzt werden: Priorität für das Bail-in Instrument und Genehmigung für Finanzprodukte durch die Aufsichtsbehörden

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechts-aktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.