Parlament Österreich

 

 

 

V-38 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

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Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 9. April 2013

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Dienstag, 9. April 2013

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

COM(2013) 71 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer

(106203/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im EU-Unterausschuss vom 9. April 2013 stand der Entwurf der Kommission für eine Verstärkte Zusammenarbeit von 11 Staaten hinsichtlich der Einführung der Finanztransaktionssteuer im Mittelpunkt der Diskussion. Beschlüsse wurden keine gefasst.

 

 

Die Finanztransaktionssteuer wurde und wird von allen Fraktionen unterstützt,  der erste Allparteienantrag dazu liegt bereits sieben Jahre zurück. Sowohl Finanzministerin Maria Theresia Fekter als auch die Abgeordneten Hannes Weninger (S), Günter Stummvoll (V) und Bruno Rossmann (G) betonten, im Vordergrund stehe nicht die Geldbeschaffung sondern der Lenkungseffekt. Die Steuer sollte "Sand ins Getriebe bringen" formulierte Rossmann im Hinblick auf die Auswüchse der Finanzmärkte.

 

Abgeordneter Johannes Hübner (F) zog indes die Hoffnung, dass die genannte Steuer eine Ordnungsfunktion haben könnte, in Zweifel und verwies dabei auf das Beispiel Großbritanniens, wo die "Stamp Duty Reserve Tax" seit 1986 auf Aktiengeschäfte eingehoben wird, ohne die entsprechende Lenkungsfunktion erzielt zu haben. Großbritannien sei aber auch ein Beweis dafür, dass die Steuer nicht zur Schwächung des Finanzplatzes London geführt habe, entgegnete ihm die Ministerin. Selbstverständlich habe die Steuer Auswirkungen auf die reale Volkswirtschaft und wachstumsdämpfende Effekte zur Folge, räumte sie ein, die Güterabwägung im Hinblick auf die Stabilisierungseffekte für den Kapitalmarkt hätten dabei aber großes Gewicht. Deshalb sei es wesentlich, dass sich die Steuer nicht gegen den regulären Markt wendet, sondern Derivate, Hochfrequenzhandel und Schattenwirtschaft erfasst werden.

 

Das Hauptaugenmerk müsse dem außerbörslichen Handel mit seinen "toxischen Elementen" gelten, so Fekter. Dieser sei nämlich nicht von der Bankenabgabe betroffen, zahle keine Mehrwertsteuer und beteilige sich nicht am Marktstabilisierungsmechanismus. In den USA mache dieser Markt bereits rund 70% aus, in Europa zwar erst rund 40%, jedoch mit steigender Tendenz, warnte sie. Abgeordneter Günter Stummvoll (V) bemerkte dazu, man müsse darauf Acht geben, dass die Steuer nicht die Falschen trifft und wandte sich strikt dagegen, die alte Börsenumsatzsteuer wieder zu beleben. Seiner Meinung nach sollte man die außerbörslichen Transaktionen höher besteuern. Er sah sich darin einer Meinung mit EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas.

 

 

Ob die Finanztransaktionssteuer tatsächlich wie geplant ab 2014 eingeführt werden kann, ist noch offen. Das vorliegende Modell sei noch nicht konsensfähig, erklärte die Finanzministerin, weshalb noch eine intensive Diskussion notwendig sein werde. Vor allem würden Wünsche nach bestimmten Ausnahmen von einigen Staaten geäußert, das betreffe die so genannten Market Maker sowie die Transaktionen innerhalb von Banken und Großunternehmen. 80% der Transaktionen fallen laut Fekter auf den Interbankhandel, was Auswirkungen auf die Liquidität für die Realwirtschaft habe. Es stelle sich auch die Frage, wie man mit Pensionskassen und Versicherungen umgehen soll. Hinsichtlich der Steuersätze sei man sich aber einig. Sie ging damit auf Fragen der Abgeordneten Hannes Weninger (S) und Johannes Hübner (F) ein.

 

Ausnahmen seien weitgehend zu vermeiden, forderte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) in diesem Zusammenhang und unterstrich die Notwendigkeit, die Steuer weltweit anzuwenden.

 

Abgeordneter Bruno Rossmann (G), der der Finanzministerin seinerseits durchaus Anerkennung für deren Einsatz um die Finanztransaktionsteuer zollte, appellierte, keinen Verwässerungen zuzustimmen. Er begrüßte vor allem die Aufnahme des Emissionsprinzips, um die Umgehung der Steuer möglichst auszuschießen.

 

Was die Höhe der Einnahmen betrifft, so seien diese derzeit nicht abschätzbar, weil das endgültige Modell noch nicht auf dem Tisch liegt, konnte Finanzministerin Fekter die diesbezügliche Frage von Abgeordnetem Stefan Petzner (B) nicht beantworten. Jedenfalls seien mit Frankreich und Deutschland große Märkte mit an Bord, sagte sie.

 

In diesem Zusammenhang sprach sich der grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann grundsätzlich dafür aus, die Steuer als eine eigene Einnahmequelle für den EU-Haushalt zu konzipieren, auch wenn nicht alle EU-Länder daran teilnehmen. Damit könne man einen Schritt weg von der ständigen Debatte über die EU-Beiträge setzen, argumentierte er. Die Finanztransaktionssteuer sei auch nicht mit der viel zitierten "diebischen Elster" zu vergleichen, sagte Rossmann, weil man im Gegenzug dazu die EU-Beiträge der Mitgliedsstaaten entsprechend kürzen müsste.

 

Österreich kämpfe jedenfalls darum, den gegenständlichen Richtlinienvorschlag der Kommission weitgehend umzusetzen, bekräftigte Finanzministerin Maria Theresia Fekter abschließend. Man müsse auch daran denken, eine Clearingstelle einzurichten, ergänzte sie.

 

Obwohl Irland nicht mitmache, sei die irische Präsidentschaft sehr bemüht, das Projekt voranzutreiben, sie gehe auch davon aus, dass Litauen als nächstes Vorsitzland ähnlich engagiert agieren werde. Dass nur 11 Staaten in Form der Verstärkten Zusammenarbeit die Finanztransaktionssteuer einführen wollen, liege daran, dass im ECOFIN von vielen Seiten massive Kritik gegen die Steuer geäußert wurde, weil viele Staaten negative Auswirkungen auf das Wachstum befürchten.

 

 

 

Mit der Einhebung der Finanztransaktionssteuer soll nun auch der Finanzsektor einen angemessenen und substantiellen Beitrag zu den Kosten der jüngsten Krise leisten, nachdem bislang die Hauptlast die Bürgerinnen und Bürger getragen haben.

 

Die geplante Finanztransaktionssteuer, so wie dies der vorliegende Kommissionsvorschlag vorsieht,  betrifft alle Finanzprodukte sowie alle Derivatkontrakte. Die Steuersätze betragen 0,01% des Nominalbetrags bei Derivatkontrakten bzw. 0,1% des Kauf- oder  Marktpreises bei allen anderen Finanztransaktionen. Die Steuer ist sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer zu entrichten, d.h. die Steuerbelastung der Transaktion beträgt somit 0,2% bzw. 0,02%.

 

Die  Steuerpflicht entsteht, sobald nur eine Partei der Transaktion im Gebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten ansässig ist (Ansässigkeitsprinzip) bzw. ergänzend, wenn es sich um ein Finanzprodukt handelt, welches im Gebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten emittiert wurde (Emissionsprinzip). Damit soll die Verlagerung von Tätigkeiten und Einrichtungen aus den Steuergebieten der Finanztransaktionssteuer verhindert werden. Der Steueranspruch entsteht zum Zeitpunkt, zu dem die Finanztransaktion durchgeführt wird.

 

Ausgenommen von der Finanztransaktionssteuer sind Transaktionen mit der Europäischen Zentralbank sowie Transaktionen der Nationalbanken, des EFSF und des ESM. Ebenso ist der Primärmarkt davon ausgenommen. Die meisten für BürgerInnen oder Unternehmen wichtigen laufenden Finanztätigkeiten (wie z.B. Versicherungsverträge, Hypothekardarlehen, Verbraucherkredite etc.) fallen ebenfalls nicht darunter. Auch Devisenspottransaktionen unterliegen nicht der Finanztransaktionssteuer, um die Freiheit des Kapitalverkehrs zu gewährleisten.

 

Der Bundesrat hat über den gegenständlichen Vorschlag bereits  am 4. April 2013 diskutiert.

 

 

 

 

Im Rahmen der Diskussion im EU-Unterausschuss des Nationalrats wurde auch kurz die Situation der heimischen Banken angesprochen. Dabei betonte die Finanzministerin, ihr bereiteten die Kommunalkredit und besonders die Hypo Alpe Adria besonders große Sorgen. Die Hypo sei ein "Fass ohne Boden" und sehr belastend für die SteuerzahlerInnen, so die kritischen Worte Fekters gegenüber Abgeordnetem Petzner (B).

 

Allgemein würden die gesunden Banken dem österreichischen Budget rund 900 Mio. € zuführen, 500 Mio. € aus der Bankenabgabe, 300 Mio. € an Dividenden aus dem Partizipationskapital und 100 Mio. € als Haftungsentgelte.

 

 

 

Zu einer Bemerkung von Abgeordnetem Stefan Petzner (B), er mache sich auch aufgrund der uneinheitlichen Linie der Koalition Sorgen um das österreichische Bankgeheimnis, stellte Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) klar, Österreich habe sich bereits vor Jahren dazu verpflichtet, zum automatischen Datenaustausch überzugehen, sobald Länder wie Monaco, Andorra, Liechtenstein, Schweiz, San Marino und Staaten in den USA wie Delaware sich dem Regime ebenfalls unterworfen haben. Die genannten europäischen Staaten seien inzwischen zum automatischen Datenaustausch übergegangen, weshalb der Druck auf Österreich steige.