„Frauen in der Politik –

mehr Frauen in die Politik!“

 

 

 

 

Parlamentarische Enquete des Nationalrates

Mittwoch, 7. Oktober 2009

 

(Stenographisches Protokoll)

 


Parlamentarische Enquete

Mittwoch, 7. Oktober 2009

(XXIV. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates)

Thema

„Frauen in der Politik – mehr Frauen in die Politik!“

Dauer der Enquete

Mittwoch, 7. Oktober 2009: 9.30 – 16.07 Uhr

*****

Tagesordnung

Begrüßung

Mag. Barbara Prammer, Präsidentin des Nationalrates

Christine Marek, Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

Einleitendes Statement

Gabriele Heinisch-Hosek, Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst

Themenblock I: Frauen in den nationalen Parlamenten – ein internationaler Vergleich

Themenblock II: Im Blick der Medien: Frauen in der Politik. Tradierte Rollenbilder von Frauen in der Gesellschaft

Themenblock III: Frauensache Politik. Strategien für eine angemessene Vertretung von Frauen in der Politik

Resümee und Schlussfolgerungen

*****

Inhalt

Begrüßung:

Präsidentin Mag. Barbara Prammer ............................................................................ 4

Staatssekretärin Christine Marek ................................................................................. 5

Einleitendes Statement:

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek .............................................................. 6

Themenblock I: Frauen in den nationalen Parlamenten – ein internationaler Ver­gleich               9

Statements:

Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriella Hauch .......................................................................... 9

Uta Kletzing ................................................................................................................... 11

Univ.-Prof. MMag. Dr. Wilhelm Brauneder ............................................................... 14

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 16

Mag. Dr. Monika Jarosch ............................................................................................ 19

Diskussion:

Abg. Mag. Gisela Wurm .............................................................................................. 21

Abg. Dr. Ursula Plassnik ............................................................................................. 22

Abg. Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................ 23

Abg. Ursula Haubner ................................................................................................... 24

Abg. Mag. Judith Schwentner .................................................................................... 25

Abg. Karlheinz Kopf ..................................................................................................... 26

Abg. Heidrun Silhavy ................................................................................................... 26

Dr. Monika Vana ........................................................................................................... 27

Abg. Sonja Ablinger ..................................................................................................... 28

Brigitte Ruprecht .......................................................................................................... 29

Landesrat Dr. Peter Kaiser .................................................................................... ..... 30

Bundesministerin a. D. Maria Rauch-Kallat .............................................................. 31

Themenblock II: Im Blick der Medien: Frauen in der Politik. Tradierte Rollen­bilder von Frauen in der Gesellschaft .................................................................................................................... 32

Statements:

Mag. Sibylle Hamann ................................................................................................... 32

Univ.-Prof. i. R. Dr. Rotraud A. Perner ...................................................................... 34

Landesrätin Barbara Rosenkranz .............................................................................. 36

Dr. Martina Salomon .................................................................................................... 38

Prof. Dr. Luise F. Pusch .............................................................................................. 41

Diskussion:

Vizepräsidentin des Bundesrates Mag. Susanne Neuwirth .................................... 43

Abg. Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ................................................................. 44

Bundesrätin Monika Mühlwerth ................................................................................. 45

LAbg. Mares Rossmann .............................................................................................. 46

Abg. Mag. Judith Schwentner .................................................................................... 47

Abg. Mag. Gisela Wurm .............................................................................................. 48

Bundesministerin a. D. Maria Rauch-Kallat .............................................................. 48

Robert Boder ................................................................................................................ 49

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum .......................................................................... 50

Abg. Gabriele Binder-Maier ........................................................................................ 51

Naomi Dutzi .................................................................................................................. 52

Bundesrätin Ana Blatnik ............................................................................................. 52

Magdalena Schwarz ..................................................................................................... 53

Helga Grafschafter ....................................................................................................... 54

Univ.-Prof. i. R. Dr. Rotraud A. Perner ...................................................................... 55

Themenblock III: Frauensache Politik. Strategien für eine angemessene Vertre­tung von Frauen in der Politik ......................................................................................................................................... 55

Statements:

Abg. Mag. Gisela Wurm .............................................................................................. 56

Abg. Dorothea Schittenhelm ...................................................................................... 57

Abg. Carmen Gartelgruber ......................................................................................... 60

Abg. Martina Schenk ................................................................................................... 62

Abg. Mag. Judith Schwentner .................................................................................... 65

Diskussion:

Abg. Heidrun Silhavy ................................................................................................... 68

Staatssekretärin Christine Marek ............................................................................... 69

Abg. Anneliese Kitzmüller .......................................................................................... 70

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum .......................................................................... 71

Bundesrat Dr. Andreas Schnider ............................................................................... 71

Abg. Sonja Ablinger ..................................................................................................... 72

Abg. Gabriele Tamandl ................................................................................................ 73

Abg. Adelheid Irina Fürntrath-Moretti ....................................................................... 74

Abg. Anna Höllerer ...................................................................................................... 75

Abg. Mag. Helene Jarmer ............................................................................................ 76

Abg. Tanja Windbüchler-Souschill ............................................................................ 77

Dr. Elfriede Fritz ........................................................................................................... 78

Brigitte Lohnecker ....................................................................................................... 79

Mag. Ingrid Moritz ........................................................................................................ 79

Präsidentin Mag. Barbara Prammer .......................................................................... 80

Univ.-Prof. i. R. Dr. Rotraud A. Perner ...................................................................... 81

Dr. Monika Vana ........................................................................................................... 82

Resümee und Schlussfolgerungen

Abg. Mag. Judith Schwentner .................................................................................... 83

Abg. Martina Schenk ................................................................................................... 84

Abg. Carmen Gartelgruber ......................................................................................... 85

Abg. Dorothea Schittenhelm ...................................................................................... 86

Abg. Mag. Gisela Wurm .............................................................................................. 86

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 55


09.30.07Beginn der Enquete: 9.30 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer.

*****

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Meine Damen und Herren! Ich er­öffne die parlamentarische Enquete des Nationalrates „Frauen in der Politik – mehr Frauen in die Politik!“ und darf Sie alle sehr herzlich begrüßen, vor allem auch unse­re zahlreichen Gäste.

Gemäß § 98a Abs. 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates ist die Enquete für Me­dienvertreterinnen und Medienvertreter sowie für die Öffentlichkeit zugänglich. Bild- und Tonaufnahmen sind zulässig.

Der ORF hat seine Absicht mitgeteilt, die gesamte Enquete live zu übertragen, am Vor­mittag bis 13 Uhr auf ORF 2 und am Nachmittag ab 14 Uhr bis 17 Uhr auf TW 1.

Auch den Vertreterinnen und Vertretern anderer Medien wird die Möglichkeit gegeben, den Sitzungssaal zu betreten und für die Gesamtdauer der Enquete Bericht zu erstat­ten.

09.31.19Begrüßung

 


9.31.20

Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Bevor wir in die Beratungen einge­hen, möchte ich darauf hinweisen, dass in der Programmgestaltung der Enquete ge­genüber der ursprünglich ausgegebenen Tagesordnung einige Veränderungen einge­treten sind, die sich unter anderem auch aufgrund der nunmehr möglichen ORF-Über­tragung ergeben haben. Die neue Programmfolge können Sie Ihren Mappen entneh­men.

(Es folgen technische Mitteilungen durch die Vorsitzende.)

*****

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige einleitende Bemerkungen machen: Zurzeit befinden sich im Nationalrat – exakt in diesem Saal – bei Plenarsitzungen 27,9 Prozent Frauen. In der XXII. und XXIII. Gesetzgebungsperiode gab es hier bereits mehr Frauen. Die Quote, wenn man so will, ist zurückgegangen. Während Österreich im internationalen Ranking lange Zeit unter den Top Ten war, sind wir nun auf Platz 30 zurückgefallen. Ich erspare mir, Ihnen aufzuzählen, welche Staaten vor uns liegen.

Es schaut auch im Bundesrat nicht viel anders aus. Darum freue ich mich, dass diese Enquete eine parlamentarische Enquete ist und somit auch Bundesrätinnen und Bun­desräte heute anwesend sind. Im Bundesrat befinden sich derzeit 16 Frauen, das sind 25,81 Prozent. Ich denke, wir sind uns einig: Das sind viel zu wenige Frauen in beiden Kammern.

Im Vorfeld dieser Enquete wurde ich manchmal mit Argumenten konfrontiert, die da lauten: Die Frauen können es halt nicht und nicht besser, daher sind sie auch nicht ver­treten. – Ich glaube, wir sind uns einig: Dieses Argument wollen wir gar nicht diskutie­ren, weil es absolut unzulässig ist. Es sind andere Ursachen, die Frauen von der Teil­nahme am politischen Leben abhalten.

Ich bin davon überzeugt, dass es gemeinsame Erfahrungen unter den Frauen, vor al­len Dingen unter den Politikerinnen und Politikern gibt, weswegen die Teilnahme oder Nichtteilnahme am politischen Leben gegeben ist.

Ich habe im Februar dieses Jahres zunächst alle fünf Frauensprecherinnen zu mir ge­laden, und wir haben über die Situation der Frauen im Parlament diskutiert. Ich bedan­ke mich ausdrücklich bei den Frauensprecherinnen aller fünf Parlamentsparteien da­für, dass sie dieser Einladung sehr konstruktiv Folge geleistet haben. Wir haben uns noch weitere Male getroffen. Ergebnis dieser Treffen war, dass wir vereinbart haben, einerseits heute diese Enquete durchzuführen, andererseits auch regelmäßig in der Zwischenzeit sogenannte Vernetzungstreffen durchzuführen, sodass sich die Frauen aller fünf Parlamentsparteien besser kennenlernen, Interessen, auch Themen austau­schen und damit vielleicht das eine oder andere auf den Weg bringen können.

Die Situation international sieht ja nicht viel besser aus. Es gibt nur wenige Role Models unter den Parlamenten. Ich möchte hiebei erwähnen, dass es auch in der Position, in der ich mich befinde, noch lange nicht so ist, dass wir am Ziel angekom­men wären. Ich habe heute noch einmal nachgesehen: Von den insgesamt 187 Län­dern, die über Parlamente verfügen, haben 76 ein Zwei-Kammern-System. Das heißt, insgesamt gibt es 263 Präsidentinnen und Präsidenten, davon sind 35 Frauen. Das ist eine Quote von 13 Prozent. Das ist noch nicht das Ziel, das wir uns auch weltweit vor­stellen.

Diese parlamentarische Enquete dient in erster Linie der breiten Diskussion über Lö­sungsmöglichkeiten. Ich bin überzeugt davon – da brauche ich keine Hellseherin zu sein, um das zu wissen –, dass hier sehr unterschiedliche Sichtweisen vorhanden sein werden, dass es auch sehr unterschiedliche Vorschläge und Debattenbeiträge geben wird. Aber Ziel dieser Enquete – so ist es auch in der Geschäftsordnung des National­rates vorgesehen – ist, sich Experten-/Expertinnenmeinungen einzuholen und die Ba­sis dafür zu legen, dass parlamentarische Debatten, parlamentarische Diskussionen auf dieser Erkenntnis aufbauen und auch weitere Ziele erreicht werden können, eben Mittel aufgezeigt werden, um diese Ziele zu erreichen.

Ich habe im Vorfeld schon gesagt: Mir persönlich – das darf ich an dieser Stelle noch sagen – ist fast jedes Mittel recht, das dazu dient, mehr Frauen die Beteiligung in der Politik zu ermöglichen. Die Ergebnisse werden uns ganz sicher eine Hilfestellung ge­ben. (Beifall.)

9.37

*****

Ich darf nun die Frau Staatssekretärin für Wirtschaft, Familie und Jugend ans Redne­rInnenpult bitten. Ich stelle die Uhr auf die vereinbarten 3 Minuten. – Bitte.

 


9.37.55

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek|: Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Ich möchte zuerst die ÖVP-Frauen aus ganz Österreich, die heute zu dieser Enquete gekommen sind, ganz herzlich begrüßen. Schön, dass Sie hier bei uns bei dieser Enquete sind. Ich möchte gerne den Frauensprecherinnen der Parlamentsfraktionen dafür danken, dass sie die Abhaltung der heutigen Enquete gegen alle Widerstände – und ich weiß, es gab einige – wahrgemacht haben.

Es ist wichtig, dass wir mit dieser Enquete einen Startschuss für einen breiten Diskus­sionsprozess, wo auch Nägel mit Köpfen gemacht werden, geben. Wir müssen hier einen Prozess in Gang setzen. Alle Länder, die heute eine vernünftige Vertretung von Frauen und Männern gleichermaßen auf allen Ebenen haben, haben dies nach einem langjährigen Prozess hinter sich gebracht.

Wir werden nicht nur über das Ziel, wo wir hinwollen, reden. Das Ziel ist klar: entspre­chend der Bevölkerung eine Repräsentanz von Frauen und Männern auf allen Ebenen in den politischen Vertretungsorganen. Das wären 51 Prozent; wir geben uns ja schon mit 50 Prozent zufrieden. Ich glaube, dort müssen wir hinkommen, aber natürlich auch die Wege, die Lösungsansätze ganz konkret diskutieren und dann in weiteren Gruppen auch den strukturierten Prozess entsprechend erarbeiten.

Ich begrüße es sehr, dass hier parteienübergreifend die Frauen miteinander diskutie­ren und daran arbeiten, etwas zu verbessern. Ich meine, das ist die einzige Möglich­keit, wie wir diesbezüglich wirklich etwas verbessern können.

Wir sehen an internationalen Beispielen, dass es überall dort, wo Frauen auch in der Wirtschaft und im öffentlichen Leben entsprechend repräsentiert sind, auch in der Poli­tik automatisch besser funktioniert und ganz selbstverständlich ist. Dort müssen wir hinkommen: dass Frauen ihren Platz auf allen Ebenen haben. Und das ist auch – die Wirtschaft zeigt uns das mit Studien – ein Erfolgsfaktor: Männer und Frauen gleicher­maßen zu gleichen Teilen auf allen Ebenen! Wir haben da im nationalen Aktionsplan sehr gute Grundsteine gelegt.

Ich wünsche Ihnen und uns allen heute eine konstruktive Enquete, die hoffentlich auch Nägel mit Köpfen macht. Tatsache in Österreich ist: Wir verzichten derzeit auf sehr viel Talente, auf sehr viel Potenzial. Ein Land, das international wie auch national im Wett­kampf steht, kann sich das nicht mehr in diesem Ausmaß leisten. Es ist eben auch eine Frage, wie wir damit umgehen und hier konkret etwas erarbeiten.

Ich danke und wünsche uns eine erfolgreiche Enquete für den heutigen Tag sowie einen spannenden weiteren Prozess, der hoffentlich bald in konkrete Ergebnisse mün­det. – Danke schön. (Beifall.)

9.40

09.40.55Einleitendes Statement

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich darf nun die Frau Bundesmi­nisterin für Frauen und öffentlichen Dienst um ihr einleitendes Statement bitten. Ich stelle die Uhr auf 10 Minuten ein. – Bitte.

 


9.41.06

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie alle da sind. Ich freue mich auch, dass zwei Klubobmänner da sind und überhaupt einige inter­essierte Zuhörer heute dieser Debatte folgen, die längst überfällig ist. Sie stellt aber ein Novum dar und ist eine Neuigkeit. Es wurde gerade gesagt: Über alle Parteigrenzen hinweg haben sich alle Parlamentsparteien, alle Frauen in diesen Parteien dazu be­kannt, dass man etwas tun muss, dass man darüber reden sollte, warum der Anteil der Frauen hier im nationalen Parlament so gering ist, warum es in anderen Ländern bes­ser funktioniert und was dafür der Grund sein könnte.

Ich danke dafür, dass diese Veranstaltung heute stattfindet, denn die Aufgabe einer Frauenministerin ist es zum einen, dort, wo es passt, diese Beispiele hervorzuheben, und zum anderen dort, wo es nicht passt – und das ist leider noch in der Mehrzahl der Fälle so –, aufzuzeigen, warum es nicht passt, und Verbündete zu suchen. Und ich se­he hier heute viele Verbündete, denn es passt einfach noch nicht. Wir Frauen sind noch nicht entsprechend unserer Zahl in der Bevölkerung in den politischen Gremien vertreten. Das gilt nicht nur für das nationale Parlament, in dem Gesetze verabschiedet werden, das gilt auch in den Bundesländern für die Landtage, für die Landesregierun­gen, für jede Gemeinde in Österreich.

Da ist es wichtig, eine Lanze dafür zu brechen, dass wir fragen: Was hilft uns? Sind es verpflichtende Quotenregelungen, sind es andere Maßnahmen, die sicherstellen, dass wir einfach die Lebensrealitäten der Frauen besser abbilden, unsere Zugänge einbrin­gen können? Vielleicht würde dann das eine oder andere auch anders entschieden werden.

Wie war mein persönlicher Weg? Ich habe nicht gerufen, hier bin ich – und wurde ir­gendwie Spitzenkandidatin. Es war auch so, dass ich natürlich – wie so viele Frauen dieses Schicksal erleiden – die Nummer zwei auf einer Liste war. Die Nummer eins, die ein Mann war, ist weggebrochen, weil er einen Job angenommen hat, der dann nicht mehr mit dem Mandat vereinbar war. So bin ich auf den ersten Platz hinaufge­rutscht. So wird es vielleicht vielen Frauen ergehen, die sich für politische Funktionen interessieren. Und heute stehe ich trotzdem da und bin sehr stolz darauf. Ich bin, weil es in meiner Partei, der Sozialdemokratie, eine Quote gibt, auch an diese Stelle ge­rückt.

Im Moment haben wir im Parlament eine 82,1-prozentige Männerquote. Ich denke, es wird Zeit, dass wir darüber reden, wie wir das vielleicht bei den nächsten Nationalrats­wahlen ändern können, denn dann werden ja die Listen entsprechend beschlossen.

Wenn ich die Bundesländer ein bisschen vergleichen darf – später gehe ich auch kurz noch auf Länder ein, in denen ich war, wo ich mich überzeugt habe, wie es dort funk­tioniert; ich war unlängst in Schweden, aber darüber im Anschluss –, kann ich sagen: Es gibt Bundesländer, wo vieles schon passt, wo zum Beispiel 60 Prozent Frauen in der Landesregierung vertreten sind, wo es so ist, dass die Frauenerwerbsquote sehr hoch ist, die Vollzeiterwerbsquote der Frauen. Das heißt, die Quote der Frauen, die einen Vollzeitarbeitsplatz haben, ist sehr hoch, daher die Teilzeitarbeitsquote sehr ge­ring. Kinder unter drei Jahren sind sehr, sehr gut betreut, nämlich zu mehr als 14 Pro­zent, wie es sonst österreichweit der Fall ist. Die Kinderbetreuungseinrichtungen bieten einfach gute Öffnungszeiten an, ein warmes Mittagessen und, und, und. – Sie werden es vielleicht erraten haben: Wien ist dieses Bundesland.

Und dann gibt es Bundesländer, wo einiges noch nicht so passt, wo es die Aufgabe der Frauenpolitikerinnen in diesen Bundesländern und auch der Frauenministerin ist, die Frage zu stellen: Warum ist das nicht so? – Es gibt beispielsweise Geburtenrückgänge, obwohl es Zuwendungen bei der Geburt gibt. Vielleicht erraten Sie auch dieses Bun­desland: Es gibt minus 13 Prozent Geburten in Kärnten, obwohl es Zuwendungen für Eltern, für Mütter unmittelbar nach der Geburt gibt.

Auch da wäre die Frage zu stellen: Warum ist das so? – Jetzt kann ich noch die Zu­satzfrage anhängen: Vielleicht deswegen, weil keine einzige Frau in der Landesregie­rung ist? – Ich weiß es nicht. Also ich denke, diese Fragen sollten und könnten heute miterörtert werden, weil es wichtig ist, die Zusammenhänge, die nicht immer passen müssen, aber auch mitunter die Zusammenhänge zu erkennen: Wo mehr Frauen in Entscheidungspositionen sind, in Führungsverantwortung sind, dort geht vielleicht ein bisschen etwas anderes weiter oder mehr weiter für Frauen. – Wie auch immer, ich ha­be jetzt nur zwei Bundesländer hergenommen, ich könnte noch andere hernehmen.

Beispielsweise verdienen in Oberösterreich die Frauen am allerwenigsten im Durch­schnitt von Österreich. Auch hier ist die Frage zu stellen: Ist das nur deshalb so, weil Oberösterreich ein Industriebundesland ist, oder hat das auch andere Ursachen? – So könnte man in jedem Bundesland Pro- und Kontraargumente finden.

Aber wichtig ist, dass wir Frauen in der Bundesregierung – Christine Marek ist heute da – es geschafft haben, dass wir einen wichtigen Schritt für junge Eltern erreicht ha­ben: Ab 1. Jänner 2010 wird es das Kindergeld in einer fünften Variante geben, näm­lich einkommensabhängig. Wir beide haben immer schon gesagt, dass es wichtig ist, dass wir Väter dazu motivieren wollen, dass sie eine Zeit lang beim Kind daheim blei­ben. Okay, Väter können das ab jetzt tun, denn sie können mit bis zu 2 000 € im Monat für zwei Monate oder länger – das kann auch länger sein – in Karenz gehen und da­heim bleiben. Es ist auch ein wichtiger Schritt, dass Frauen, wenn sie schnell wieder in ihre Berufe zurückkehren wollen – gut und besser verdienende Frauen vor allem –, dass jede Frau – das ist ganz egal – die Möglichkeit hat, dies auch zu tun. Dieses ein­kommensabhängige Kindergeld ist ein wichtiger Schritt, aber wir müssen schon an die nächsten Schritte denken, denn da sind wieder die Bundesländer gefragt.

Gibt es nach diesen 14 Monaten – denn so lange kann man das einkommensabhängi­ge Kindergeld beziehen, wenn es beide Partner in Anspruch nehmen – genug Kinder­betreuungsplätze? – Diese Spirale beginnt sich ja wieder zu drehen. Auch da ist es wichtig, für adäquate Betreuung zu sorgen; ob das jetzt Tageseltern sind, ob das Kin­derkrippen sind, ob das Kindergärten sind – mir ist jede Form der Betreuung gut und wichtig, sofern sie nur da ist. Da sehen wir auch: Neun verschiedene Kindergartenge­setze bringen neun verschiedene Situationen für Kinder. Es ist nicht egal, wo ein Kind in Österreich lebt. Es ist für Eltern auch nicht egal, wie sie in ihren Beruf zurückkehren wollen. Wenn Kindergärten in einem Bundesland – ich nehme jetzt wieder ein anderes her –, nämlich in Vorarlberg, bis zu elf Wochen im Jahr geschlossen haben, Eltern je­doch nur fünf Wochen Urlaub haben, dann wird es ein bisschen eng damit, wie man die restlichen Wochen sein Kind gut unterbringen kann.

Auch da ist also ein Umdenken nötig, und zwar ein Umdenken für beide – für die Müt-ter und für die Väter –, und vor allem die Kinder sollen profitieren. Kinder gehen in eine Einrichtung, die keine Aufbewahrungsstätte ist, sondern meiner Ansicht nach eine Bil­dungseinrichtung. Wir wissen längst, dass Kinder von gleichaltrigen Kindern viel lernen können. Das sagt uns die Forschung. Kinder müssen nicht ganz lang zu Hause sein; sie sind oft unterfordert, wenn sie daheim sind. Es ist wichtig, dass sie unter Gleichaltri­gen sind. Die Gruppengröße muss natürlich passen. Es ist nicht gut, wenn bis zu 28 Kinder in einer Gruppe sind. Je jünger die Kinder, desto weniger Kinder sollen in der Gruppe sein. Oder sie sind bei Tageseltern in ganz kleinen, familienähnlichen Grup­pen. Das soll mir alles recht sein. Aber diesen nächsten Schritt haben wir als Regie­rungsverantwortliche weiterzudenken und mit den Bundesländern auch weiter auszu­verhandeln.

Christine Marek hat den nationalen Aktionsplan für Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt schon angedeutet. – Ja, da ist es auch wichtig, sich zu fragen: Warum sind so wenige Frauen, beispielsweise in der Privatwirtschaft, in Füh­rungspositionen? Ist das so, weil sie nicht die Möglichkeiten haben, Karriere zu ma­chen? Ist das so, weil sie etwa daran gehindert werden, obwohl sie es wollten? Ist das so, weil jede Frau, die dort mehr ist, einen Mann verdrängt? Es ist auch in der Politik natürlich so: Jede Frau, die hier mehr im Nationalrat sitzt, ist ein Mann weniger, der hier sitzt.

Das sind auch Fragen, die wir uns gemeinsam zu stellen haben, denn nur gemeinsam können wir auch davon profitieren, wenn hier eine Ausgewogenheit gegeben ist.

Das Wort „Quote“ nenne ich jetzt zum ersten Mal in meinem Statement. – Ja, ich be­kenne mich dazu, dass es notwendig wäre, so wie in Norwegen eine verpflichtende Quote für Frauen, die in ganz hohen Positionen sind, in Aufsichtsräten, in Vorstands­etagen, einzuführen, damit sich etwas ändert. Das ist nicht das eleganteste Mittel – das gebe ich zu –, jedoch in manchen Ländern ein wirkungsvolles. Aber ich kenne auch Länder, wo das gar nicht notwendig ist. Ich will ja hier ausgewogen mein Statement ab­geben: In Schweden beispielsweise und in Dänemark gibt es keine Quoten, und trotz­dem sind sehr viele Frauen in Führungspositionen. Da sollten wir uns auch die Frage stellen: Warum ist dort einiges anders gelaufen als vielleicht in Norwegen, wo es die Quote gebraucht hat? Und wieso ist es in Österreich so, dass wir schlechter geworden sind? Jetzt haben wir nur mehr 8,7 Prozent Frauen in Aufsichtsräten. Es waren schon über 9 Prozent. Wir haben nur 4,6 Prozent Frauen in Vorstandsvorsitzetagen. Das wa­ren auch schon einmal über 5 Prozent. Warum werden wir hinausgedrängt? Oder was hindert uns daran weiterzukommen?

Ich glaube, es ist sehr wichtig, immer beide Fragen zu stellen. Daher ist der Nationale Aktionsplan, der heute schon erwähnt wurde und den ich koordinieren darf, ein Instru­ment, mit dem man bis 2013 doch das eine oder andere gemeinsam wird erreichen können.

Ich stehe auf dem Standpunkt, es geht nur gemeinsam. Es geht nicht: Frauen gegen Männer, und dann wird alles gut!, es geht nur: Männer und Frauen für die Frauen! Ich stehe dazu, dass es wichtig ist, Seilschaften, Partnerschaften, Netzwerke zu bilden, die beide Geschlechter betreffen. Es ist nicht so: Wir Frauen kapseln uns ab, und dann wird alles gut. Wir sehen ja, dass es nicht klappt! Es muss gemeinsam gehen.

Zum Teil müssen wir die Männer noch überzeugen – das ist keine Frage! –, aber wenn Männer überzeugt sind und auch erkennen, dass die Talente der Frauen nicht vergeu­det werden dürfen, dann wird es den Frauen in Österreich besser gehen, dann wird es der Wirtschaft besser gehen und dann wird es insgesamt demokratischen Gesellschaf­ten besser gehen. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

9.51

09.51.28Themenblock I: Frauen in den nationalen Parlamenten – ein internationaler Vergleich

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich rufe nun den ersten Themen­block auf.

Ich darf zunächst die erste Expertin aufrufen und ihr das Wort erteilen: Frau Universi­tätsprofessorin Mag. Dr. Hauch. – Bitte.

Statements

 


9.51.57

Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriella Hauch (Universität Linz; Institut für Frauen- und Ge­schlechterforschung)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie ein, mir in das Berlin der 1920er Jahre zu folgen. Damals gab es einen Schlager von Friedrich Hollaender, seines Zeichens der Komponist der Filmmusik zum Film „Der blaue Engel“. Gesungen hat den Schlager Claire Waldoff. „Raus mit den Männern aus dem Reichs­tag, raus mit den Männern aus dem Landtag, raus mit den Männern aus dem Herren­haus, wir machen draus ein Frauenhaus!“

Diese Worte kamen einer Bilanz gleich, einer Bilanz über sieben Jahre Frauenwahl­recht in der Weimarer Republik. Es ist eine Bilanz, die aber auf alle Parlamente mit Frauen als Abgeordnete in den 1920er Jahren ausgedehnt werden kann. Lange bevor die Diskussion um Pro und Kontra von Quotenregelung einsetzte und um die Frage, mit welchen Strategien Frauen sich im Männerraum der institutionalisierten Politik einen Platz erobern könnten, wurde eben im Berlin der 1920er Jahre die Radikalvari­ante gefordert.

Warum? – Die institutionalisierte Politik ist strukturell ein Männerraum.

Was heißt das? – Die Entwicklung der bürgerlichen Moderne ist gekennzeichnet durch die Wirkungsmacht der Kategorie Geschlecht, eine Wirkungsmacht, die nicht wertneu­tral eingesetzt wurde, sondern die Basis für gesellschaftliche Hierarchien ist. Der Mann war das Haupt der Familie, und Frauen waren per Gesetz ausgeschlossen: von höhe­rer Bildung, von qualifizierten Berufen, von Universitäten et cetera, et cetera, und auch von der Mitgliedschaft in politischen Parteien und Parlamenten.

Die erste Änderung – das heißt, die Anerkennung, dass Frauen gleich wie Männer zu politikfähigen Staatsbürgerinnen erklärt wurden – fand international zu unterschiedli­chen Zeiten statt. Neuseeland war das erste Land, in dem das aktive Frauenwahlrecht eingeführt wurde, und zwar im Jahr 1893. Ein Jahr später, 1894, folgte Australien, erst­mals auch mit dem passiven Frauenwahlrecht. Als erstes Land Europas folgte Finn-
land 1906.

Eingebettet war dies international in Bemühungen von Frauenbewegungen verschie­denster Couleur, seit Ende des 19. Jahrhunderts die Frage des aktiven und des passi­ven Frauenwahlrechts als Thema in der Öffentlichkeit zu platzieren. Eingebettet war dies aber auch in einen Diskurs über das Wahlrecht anderer sogenannter unterprivile­gierter Schichten, etwa der Arbeiter oder der schwarzen Bevölkerung in den USA.

In der Frage des Geschlechts wurden dabei vereinfacht zwei Strategien verortet: das sogenannte Differenzkonzept, das Frauen als Menschengruppe besondere weibliche Fähigkeiten gab, und das sogenannte Gleichheitskonzept. Tatsächlich sind diese bei­den Ansätze jedoch nicht voneinander zu trennen und haben sich auch immer aufein­ander bezogen. Frauenrechte sind Menschenrechte. Das war und ist nicht voneinander zu trennen.

Zu einer ersten Welle der Einführung des Frauenwahlrechts in mehreren Staaten Euro­pas kam es rund um den Ersten Weltkrieg: neben Dänemark, Schweden, Norwegen und den Niederlanden vor allem auch in den sogenannten Verliererländern des Kriegs wie Russland, Deutschland, Österreich und anderen Nachfolgestaaten der zerfallenden Habsburgermonarchie.

Der Kontext für diese Entwicklungen waren aber nicht Männerparlamente, sondern in­ternational revolutionäre Situationen, in denen die Sozialdemokratie als Ordnungsfak­tor wirkte. Diese hatten das Frauenwahlrecht in ihren Parteiprogrammen festgeschrie­ben. Hand in Hand ist damit jedoch keine automatische Feminisierung der Parlamente einhergegangen, Frauen waren und blieben eine fremde Minderheit. – Deswegen auch der populär wütende Zwischenruf in dem eingangs zitierten Lied!

Zu einer zweiten Welle der Einführung des aktiven und passiven Frauenwahlrechts kam es nach dem Zweiten Weltkrieg, wiederum in einer Phase gesellschaftspolitischer Umbrüche. Diesmal waren Italien, Frankreich und die Staaten des sogenannten real existierenden Sozialismus darunter.

In Deutschland und Österreich kam es nach dem Nationalsozialismus quasi zu einem Anknüpfen an die untergegangenen demokratischen Zeiten, jedoch ohne den frauen­emanzipatorischen Elan aus den 1920er Jahren. Erst in den Siebziger Jahren fand in Zentraleuropa eine neuerliche frauenpolitische, feministische Zäsur statt, als die soge­nannte neue Frauenbewegung neben und abseits der etablierten Parteien im Rahmen eines umfassenden gesellschaftspolitischen Modernisierungsschubes frischen Wind
in die Verhandlungen über die Positionierung von Frauen in den diversen Sektoren
der Gesellschaft gebracht hat, mit Themen allerdings, die bereits auf der Agenda der 1920er Jahre zu finden waren.

Deswegen an dieser Stelle eine grundsätzliche Anmerkung: Der Unterbruch der demo­kratischen Entwicklung in Österreich, in Deutschland, aber auch im restlichen Europa auf Grund von Nationalsozialismus und anderen autoritären faschistischen Regimes wirkte sich desaströs auf das Projekt Geschlechtergerechtigkeit und auf die Posi­tionierung von Frauen in den Parlamenten aus. Erst in den 1970er Jahren, also im drit­ten Jahrzehnt nach Kriegsende wurde nominell wieder die Anzahl von Parlamenta­rierinnen aus den 1920er Jahren erreicht. Das war in Österreich im Jahr 1975, als
mit 14 weiblichen Abgeordneten erstmals die Zahl der zwölf Frauen im Nationalrat
von 1920 bis 1923 übertroffen wurde.

Seit den 1970er Jahren ist viel geschehen. Etliche Ideen der neuen Frauenbewegung flossen in Parteien verschiedenster Couleur ein, die wiederum spezifische Frauen­politiken entwickelten, wenn auch europaweit in unterschiedlicher Art und Weise.

Diese Frauenpolitiken sind abhängig von kulturellen, mentalitätsgeschichtlichen sowie politisch-historischen Kontexten. Länder mit liberalen, teilweise protestantischen Tradi­tionen bilden heute die Spitze an weiblichen Abgeordneten, das heißt über 40 Prozent: Schweden, die Niederlande, Island, Finnland. Jedoch liegt der Anteil der weiblichen Abgeordneten der Parlamente von Spanien und Portugal über beachtenswerten 30 Prozent, zwei hegemonial katholische Länder, die erst in den 1970er Jahren nach Jahrzehnten der Diktatur zu Demokratien geworden sind. Hingegen verharren die bei­den ersten Länder, in denen Frauenemanzipation konzeptionell entwickelt worden ist, nämlich Großbritannien und Frankreich, unter der 20-Prozent-Marke. Meine sehr ver­ehrten Damen und Herren! Aus dieser kurzen Auflistung wird deutlich, dass es schwie­rig ist, Gesetzmäßigkeiten zu formulieren. Jedes Land und seine Parteienlandschaft sind separat zu analysieren. Denn auch wenn die Tendenz auszumachen ist, dass die Parteien, die einen Egalitätsansatz vertreten – also die klassische Linke oder junge Parteien, die aus den neuen sozialen Bewegungen entstanden sind, wie die Grünen –, mehr Kandidatinnen nominieren als klassische konservative Parteien: Überall finden sich Ausnahmen von der Regel!

Als positive, befördernde Faktoren sind allenfalls zu identifizieren: das Verhältniswahl­recht, parteiübergreifende Aktionen von Politikerinnen wie zum Beispiel nicht nur heu­te, sondern auch im Frankreich des Jahres 1996, als es zu einem gemeinsamen frau­enpolitischen Manifest sogenannter linker und rechter Politikerinnen gekommen ist, weiters die Haltung der jeweiligen Partei und/oder die Einführung einer Frauenquote – und zwar nicht nur bei den Wahllisten, sondern bei den sicheren Mandaten –, das Ziel einer geschlechterausgeglichenen – das heißt: geschlechtergerechten – Zusammen­setzung, das sich Parlamente selbst setzen und bei Nichterreichung Sanktionen ein­führen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, es muss nicht unbedingt ein Schlager sein. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall.)

10.01


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich gebe nun Frau Kletzing von der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft aus Berlin das Wort. Herzlich willkommen hier in Österreich! – Bitte.

 


10.02.12

Uta Kletzing (Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft)|: Sehr geehr­tes Publikum! Ich möchte Sie in das Berlin Anfang der neunziger Jahre einladen. Es war nämlich das Thema der heutigen Enquete „Mehr Frauen in die Politik“, was damals zur Gründung der Organisation führte, die ich hier heute vertrete: die Europäische Aka­demie für Frauen in Politik und Wirtschaft.

Hildegard Hamm-Brücher von der FDP kandidierte damals als erste Frau für das Amt der Bundespräsidentin. Um sie dabei zu unterstützen, schlossen sich quer durch alle Parteien Frauen zusammen und starteten eine Kampagne: leider erfolglos, denn Deutschland bleibt – wie Sie wahrscheinlich wissen – bis heute eine Bundespräsidentin schuldig, und doch gewissermaßen erfolgreich, denn zwei der damaligen Campaigne­rinnen gründeten, damit die Chancen für Frauen in Zukunft bei Wahlen besser stün­den, gemeinsam mit einem Kuratorium und einem Förderverein 1996 die EAF.

Seitdem bringen wir parteiübergreifend, unabhängig und gemeinnützig zwei Themen voran: die Teilhabe von Frauen an Führungspositionen und die Vereinbarkeit von Kar­riere und Familie für Frauen und für Männer, beides in Politik und Wirtschaft, aber auch in Verwaltung und Wissenschaft.

Das Jahr 2009 gab Deutschland zwei Anlässe, gleichstellungspolitische Bilanz zu zie­hen. Zum einen machten Frauen bei der Wahl der Weimarer Nationalversammlung 1919 – also vor 90 Jahren – erstmals Gebrauch von ihrem Wahlrecht. Zum anderen wurde das Grundgesetz und damit auch der Artikel 3, „Männer und Frauen sind gleich­berechtigt“, 60 Jahre alt.

Wie fällt nun die gleichstellungspolitische Bilanz aktuell in Deutschland aus? – Zuerst drei gute Nachrichten. Vor einer guten Woche wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel als Frau an der Spitze Deutschlands im Amt bestätigt. Damit ist sie eine von aktuell 13 Staats- und Regierungschefinnen weltweit. Symbolisch ist damit ein riesengroßer Schritt getan. Das Beispiel Merkel setzt wichtige Signale, dass Frauen in der Politik selbstverständlicher werden. Fragen doch Kinder, die seit Merkels Kanzlerinnenschaft geboren wurden, nun gelegentlich ihre Eltern: Können eigentlich auch Männer Bundes­kanzlerin werden?

Gleichzeitig zeigt das Beispiel Merkel aber auch, dass Frau im Amt nicht gleichzuset­zen ist mit Frauenpolitik. Damit Frauen- und Gleichstellungspolitik auf die politische Agenda gelangt, bedarf es vieler Frauen in vielen Ämtern, der sogenannten kritischen Masse und idealerweise auch Bündnispartnern unter den männlichen Entscheidungs­trägern.

Die zweite gute Nachricht: 1961 gab es die erste Bundesministerin in Deutschland, in der letzten Legislaturperiode waren es immerhin ganze sechs und damit über ein Drit­tel, wenn auch – bis auf Justiz – in den weniger machtvollen Ressorts wie Familie, Ge­sundheit, Bildung, Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit.

Die dritte gute Nachricht: Im – vor einer Woche – neu gewählten Deutschen Bundestag liegt der Frauenanteil bei 33 Prozent. In den Siebziger Jahren hatte er mit 6 Prozent seinen historischen Tiefstand, und in den Achtziger Jahren überschritt er gerade ein­mal die 15-Prozent-Marke. Das heißt, da kann 33 Prozent schon als kleiner Erfolg ge­wertet werden.

Nun die drei schlechten Nachrichten. Nummer 1: Deutschland hat aktuell keine einzige Ministerpräsidentin und hatte bisher nur eine einzige. Nummer 2: Der Aufwärtstrend, was die parlamentarische Beteiligung von Frauen betrifft, stagniert seit Ende der Neun­ziger Jahre. Während es in den Sechziger Jahren bis Mitte der Achtziger Jahre damit stetig aufwärts ging, pegelt sich der Frauenanteil im Deutschen Bundestag um die 30 bis 33 Prozent ein, wobei sich hier deutliche Unterschiede zwischen den Fraktionen auftun.

Die Fraktion der Grünen und die Fraktion der Linken haben aktuell einen Frauenanteil von 54 und 51 Prozent und lagen seit 1998 eigentlich kontinuierlich bei 50 plus/minus 5 Prozent.

Die Sozialdemokratische Fraktion hat mit 38 Prozent aktuell ihren historischen Höchst­stand, was ihren Frauenanteil betrifft. Sie lagen seit 1998 aber auch immer bei 35 Pro­zent und mehr.

In der FDP-Fraktion sind es aktuell 25 Prozent Frauen, wobei sich der Anteil in den Bundestagen seit zehn Jahren zwischen etwa 21 und 28 Prozent bewegt.

Die CDU/CSU-Fraktion hat aktuell den geringsten Frauenanteil von 19 Prozent. Sie waren zuvor mit 18 Prozent schon einmal schlechter, aber mit 23 Prozent auch schon einmal besser.

Alle Fraktionen – bis auf die CDU/CSU-Fraktion – liegen über ihrem Anteil an weibli­chen Parteimitgliedern. Die CDU dagegen hat derzeit 25 Prozent weibliche Mitglieder, in ihrer Bundestagsfraktion sind es jedoch nur 19 Prozent.

Der Blick auf den internen Umgang in den Parteien mit der Geschlechterfrage scheint hier also unabdinglich. Deshalb an dieser Stelle ein kurzer Exkurs zum Stand von Frauenquoten in der deutschen Parteienlandschaft: Die Grünen und die Linke haben eine sehr weitreichende Frauenquote von 50 Prozent. Sie gilt nicht nur für die Beset­zung von Parteigremien und die Aufstellung von Wahllisten, sondern zum Beispiel auch für Redelisten und die Vergabe bezahlter Stellen und Aufträge. Beide Parteien haben die Quote mit Parteigründung – jeweils 1980 und 2007 – eingeführt.

Die Sozialdemokraten haben sich seit 1988 per Geschlechterquote selbst verpflichtet, Listen für die Bundestags- und Europawahlen mit mindestens 40 Prozent Frauen und Männern im Reißverschlussprinzip aufzustellen.

Die CDU hat 1996 eine befristete und 2001 eine unbefristete Einführung eines Frauen­quorums beschlossen. Es verpflichtet die Parteivorstände auf allen Ebenen dazu, durchzusetzen, dass Frauen an Parteiämtern der CDU und an öffentlichen Mandaten mindestens zu einem Drittel beteiligt sind. Abweichungen davon sind vor der Wahlver­sammlung berichts- und begründungspflichtig.

Die Vorstöße zu Quotierungsregelungen in der FDP blieben bisher erfolglos.

Diese Zahlen sind Indiz genug, dass, wer ernsthaft und glaubwürdig das Thema der heutigen Enquete „Mehr Frauen in die Politik“ in die Tat umsetzen will, an gezielter in­nerparteilicher Frauenförderung nicht vorbeikommen wird.

Folgendes Zitat aus einem Interview, das ich mit einer Bürgermeisterin geführt habe, il­lustriert, was die Quote dazu beitragen kann. Zitat: Mit der Quote haben wir eine Rege­lung gefunden, wie die unterschiedlichen Arbeits- und Lebensstile von Männern und Frauen nicht so selektiv wirken, dass wir als Partei kein Abbild der Gesellschaft mehr darstellen. Bei der Frage, wem man etwas zutrauen kann, ist die Partei gezwungen, in zwei Richtungen zu sehen, in die männliche und in die weibliche. Ich wäre nicht hier, wenn es die Quote nicht gäbe, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber wenn ich eine soge­nannte Quotenfrau wäre, würde ich niemals diese Wahlergebnisse einfahren. Ich leiste nebenbei auch noch etwas. – Zitatende. (Beifall.)

Die Quote zu bejahen heißt nichts anderes als anzuerkennen, dass es einer Über­gangslösung bedarf, um Folgen bestimmter gesellschaftlicher und institutioneller Spiel­regeln abzuschwächen – Frau Hauch hat vorhin die Spielregeln der bürgerlichen Mo­derne ausführlich erläutert –, dass die Wirkungen dieser Spielregeln, die regelmäßig Frauen benachteiligen, abgemildert werden müssen, und zwar so lange, bis ein ausge­glichenes Verhältnis von Frauen und Männern auf allen politischen Ebenen erreicht ist. Deshalb gibt es meines Erachtens keine vernünftigen Gegenargumente gegen die Quote, sondern vielleicht gegen Befindlichkeiten. (Beifall.)

Es gibt jedoch durchaus Argumente und auch mehrere aktuelle Studien in Deutsch­land, die zeigen, dass auch die Quote kein Allheilmittel ist. Erstens kann sie auch auf­grund der weitestgehend fehlenden Sanktionen unterlaufen werden. Wie wir wissen, ist Papier geduldig. Die Quote ist so kraftvoll wie die Menschen – und da meine ich nicht nur Frauen, sondern auch Männer; noch besser: machtvolle Männer –, die ihre tat­sächliche Umsetzung einfordern.

Zweitens sorgt die Quote zwar dafür, dass Frauen in politische Entscheidungspositio­nen kommen, wofür sie aber nicht sorgen kann, sind gleiche Bedingungen für Frauen und Männer, wenn sie in den Entscheidungspositionen sind.

In einer Untersuchung des politischen Alltags einer grünen Landtagsfraktion – wohlge­merkt einer Quotenpartei – Anfang 2000 berichten die interviewten Parlamentarierin­nen von der Erfahrung des Anders-Seins und Anders-beurteilt-Werdens sowie von männerdominierten Gruppenstrukturen. Hier kommen kulturelle Prägungen zum Tra­gen, Politik als männlichen Bereich zu konstruieren, um Politik und Frau-Sein als nicht zueinander passend gegeneinander auszuspielen.

Ich möchte schließen mit einer kurzen Zusammenfassung einer aktuellen Studie, die wir in der Kommunalpolitik gemacht haben, nämlich zu Frauen in der Kommunalpolitik, wie ihre Wege verlaufen und was dabei die hindernden und die förderlichen Faktoren sind.

Das eine, das ganz wichtig ist: Neu ist, die Frauen, die heute im Politik-Einstiegsalter sind, also 20 Jahre und aufwärts, bringen ein hervorragendes Potenzial mit, das man nicht verschenken darf. Alt ist, dass es weiterhin Rahmenbedingungen gibt, die Politik nicht vereinbar machen mit anderen Lebensbereichen, Familie und so weiter, aber auch die Rahmenbedingungen, die es genau diesen Frauen mit dem vielen Potenzial erschweren, in die entsprechende Position zu kommen. Ich würde Ihnen raten, dieses Potenzial nicht zu verschenken. (Beifall.)

10.13


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich erteile nun Herrn Universitäts­professor Dr. Brauneder das Wort. – Bitte.

 


10.13.31

Univ.-Prof. MMag. Dr. Wilhelm Brauneder (Universität Wien; Institut für österreichi­sche und europäische Rechtsgeschichte)|: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und auch Herren! Die Frage nach einer Frauenbeteiligung, nach einem Anteil der Frauen in Parlamenten ist praktisch eine internationale Frage. Sie wurde theoretisch in nahezu allen Staaten, die ein demokratisches Regime haben, erörtert. Es sind auch Fragen, die in vielen Parlamenten vom praktischen Gesichtspunkt erwogen worden sind.

Ich möchte im Rahmen meines Kurzreferats auf einige Punkte eingehen, und zwar so­zusagen gesehen durch die Brille der österreichischen Rechts- beziehungsweise Ver­fassungsordnung.

Das höchste Prinzip unserer Verfassung ist wohl das demokratische Prinzip, welches das Parlament in unserem Land verwirklicht. Wir haben das Prinzip der sogenannten mandatischen Repräsentation, also der repräsentativen Demokratie, nicht der direkten Demokratie, die nur in Ausnahmefällen wie Splitter in unser Verfassungsrecht einge­streut ist. – Ich erinnere an eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gegen eine Regelung der Vorarlberger Landesverfassung vor etlichen Jahren. Diese Rege­lung wollte sozusagen den Gesetzgebungsprozess am Landtag vorbeischmuggeln. Das Argument des Verfassungsgerichtshofes war, dass das der Demokratie wider­spricht, wie sie in Österreich verstanden wird.

Nach dieser sogenannten mandatischen Repräsentation hat – ich zitiere jetzt zum Teil – jeder Abgeordnete – ungeschlechtlich gebraucht natürlich – „weisungsfrei das Gesamtwohl des Staates zu verfolgen“, er ist nicht „an Aufträge und Weisungen der Wähler gebunden“, er soll nicht – ich spreche von der Theorie – „den Willen der beson­deren Gruppe oder Ortschaft verkörpern, die ihn gewählt hat“, sondern eben – noch einmal Zitat – das „Gemeinwohl des gesamten Volkes“. – Ein Zitat eines Innsbrucker Staatsrechtslehrers. Sie wissen, Tirol nennt sich selbst eine der ältesten Festland­demokratien.

Im Gegensatz zu dieser Volksvertretungskonzeption steht eine andere Konzeption von Parlamenten, nämlich die Interessenvertretung, wonach der einzelne Abgeordnete be­stimmte Interessen zu vertreten hat. Es gibt eine Fülle an historischen Beispielen aus unserer Parlamentsentwicklung in Österreich, so etwa in den Kurien ländlicher Ge­meinden, städtischer Gemeinden, Industrie und Handel, und in der ehemals jüngsten Vergangenheit im Ständestaat 1934 bis 1938 war die gesetzgebende Körperschaft aus Interessenvertretern zusammengesetzt.

Das ist aus mehreren Gründen problematisch. Erstens widerspricht dies klar dem de­mokratischen Prinzip, und zweitens – ein praktischer Grund – haben sich sämtliche In­teressenvertretungen nicht bewährt. Der empirische Befund zeigt, dass diese formale Interessengliederung immer unterwachsen, immer durchlaufen war von anderen Inter­essen.

Dass wir in Österreich so etwas eben nicht haben, zeigt sich in der Praxis auch im zweiten und dritten Ermittlungsverfahren zum Nationalrat, wo eben der Abgeordnete nicht an Wahlkreise gebunden ist.

Damit komme ich zu meiner zweiten Überlegung, es ist dies der freie Wählerwille. Die Repräsentation in unserem Land beruht, wie Sie wissen, auf Wahlen. In Verwirklichung dieses demokratischen Prinzips darf das Wahlvolk nur zur technischen Durchführung von Wahlen in Wahlsprengel – oder wie immer man das nennen möchte – eingeteilt werden und ist dies daher auch im zweiten, dritten Ermittlungsverfahren anders als im ersten. Einteilungen etwa nach Beruf, Volksgruppenzugehörigkeit wie auch nach Ge­schlecht oder anderen Kriterien würden der demokratischen Repräsentation widerspre­chen.

Wichtig ist natürlich die Kandidatenaufstellung durch die wahlwerbenden Parteien. Es ist dies eigentlich bereits eine Vorwahl. Das Wort „Kandidatenaufstellung“ verschleiert dies wahrscheinlich ein bisschen. Der Wähler kann ja nur aus den aufgestellten Kandi­daten auswählen – oder er kann die Wahl unterlassen. Man befindet sich sozusagen im politischen Supermarkt. Der Wähler geht durch die Regale und nimmt aus dem Re­gal heraus, was ihm passt, und bezahlt das natürlich dann auch, oder er geht bei der Kassa vorbei und sagt: Ich habe nichts gefunden!, das nennt man dann geringe Wahl­beteiligung.

Somit ist die Kandidatenauswahl ein wichtiger Faktor der demokratischen Willensbil­dung, denn diese Kandidatenauswahl offeriert den Wählern seitens der verschiedenen Wahlparteien verschiedene Möglichkeiten der Auswahl; ich erinnere noch einmal an das vielleicht nicht ganz stilgerechte Supermarktbild. Je nach Partei oder Wahlpro­gramm kann diese Vorauswahl natürlich bestimmte Bevölkerungsgruppen bevorzugen, Arbeitnehmer oder Landwirte. Es gibt Perioden und andere Staaten, wo es nahezu rei­ne Bauernparteien gibt. Senioren können bevorzugt werden, theoretisch können auch Junioren bevorzugt werden, je nachdem, wie die Kandidatenaufstellung erfolgt. Dies führt dann eben zu einer bestimmten Wählerentscheidung, wie schon gesagt, mögli­cherweise mit einer geringeren Wahlbeteiligung.

Insofern, meine ich, liegt in der an sich freien Kandidatenaufstellung auch die einzige wahldemokratische Möglichkeit, bestimmte Bevölkerungsgruppen zu bevorzugen. Die Parteien stellen die Kandidaten so oder so auf, und die Entscheidung liegt – das ist ja der Kern des demokratischen Prinzips – schließlich beim Wähler. Es ist, man kann das fast sagen, so ein Bild, das etwa Angebot und Nachfrage entspricht.

Aus der Praxis ist noch darauf hinzuweisen, dass eine gesetzlich irgendwie fixierte Quotenregelung ja auch verfehlt wäre dahin gehend, nicht nur, dass der Wähler oder die Wählerin keine Entscheidung trifft, sondern auch, dass durch Streichungen und Reihungen dieses ursprüngliche Konzept verändert werden könnte.

Letztlich noch etwas nicht spezifisch Österreichisches, nämlich die Parteiendemokratie. Wir haben in Österreich ein Parteiengesetz, welches seinerzeit – international sage ich es gerne, bezogen auf unseren Staat sage ich es eher ungern, aber es ist die Tat­sache – vom bundesdeutschen Parteiengesetz nahezu wortwörtlich abgeschrieben wurde.

Unsere Variante besteht darin, dass wir im Parteiengesetz eine Verweisung auf Arti­kel 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes haben. Das ist jene Bestimmung, die für uns die repräsentative Demokratie festlegt: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“

Durch diese Verweisung in einer Bestimmung des Parteiengesetzes, die im Verfas­sungsrang steht, wird Artikel 1 Bundes-Verfassungsgesetz legal verfassungsgesetzlich interpretiert dahin gehend, dass wir eben eine Parteiendemokratie haben.

Und in diesem Parteiengesetz ist die Rede davon – ungefähr so lautet die Bestim­mung –, dass die Vielfalt der politischen Parteien ein Wesensbestandteil der demokra­tischen Ordnung der Republik Österreich ist, und dann kommt der Klammerausdruck: Artikel 1 B-VG. Das ist also diese Verweisung.

Die Vielfalt der politischen Parteien ist also ganz wesentlich, und ich meine, dass diese Vielfalt der politischen Parteien auch die Kandidatenaufstellung erfasst, denn die Krite­rien, welche die Parteien beispielsweise Ihrem Wahlprogramm zugrunde legen, sind natürlich sachliche Kriterien, aber die sachlichen Kriterien sind durch Personen umzu­setzen, sodass ohne Kandidatenauswahl ja eigentlich auch die sachlichen Kriterien nicht verfolgt werden können. Und diese Kriterien legen eben die Parteien autonom in ihrem Bereich fest.

Daher meine ich abschließend, dass eine gesetzliche Quotenregelung – sei das jetzt direkt oder indirekt, etwa über Parteienförderung – auch dieser Freiheit der politischen Parteien widersprechen würde und daher – durch die Verweisung auf Artikel 1 B-VG – auch unserer repräsentativen Demokratie nicht entspricht.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Ich bin am Schluss meiner kurzen Ausführungen, möchte aber noch eine Bemerkung anschließen, die eine Bemerkung meiner Vorred­nerin in etwa unterstreicht.

An meinem Universitätsinstitut und in meinem persönlichen Bereich hatte ich in den letzten Jahren ausschließlich weibliche Mitarbeiter. Dass ich jetzt zwei männliche Mit­arbeiter in einem mehrheitlich weiblich besetzten Institut habe, ist nahezu die Ausnah­me. Und bei dieser Auswahl der weiblichen Mitarbeiter habe ich mich nicht an eine Quote gehalten, sondern ausschließlich an die aus den Unterlagen ersichtlichen Befä­higungen. – Danke. (Beifall.)

10.23


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich erteile das Wort nun Frau Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


10.23.57

Dr. Helene Partik-Pablé (BZÖ-Parlamentsklub)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen haben sich des Textes eines Schlagers bedient oder eines Zita­tes, um die Situation und die Lage der Frauen darzustellen, ich möchte das anhand eines Bildes tun, das wir regelmäßig, immer wieder im Fernseher oder in den Zeitun­gen sehen, wenn es zu Treffen von Regierungschefs in Brüssel oder zu Ministertreffen kommt.

Was sehen wir dann? – Schwarze Anzüge, weiße Hemden und Krawatten – und nur hin und wieder einen bunten Punkt, das ist meistens eine Frau. Es ist eigentlich sehr ärgerlich, dass wir hier diese Brisanz sehen, wie Männer unsere Geschicke leiten, ob­wohl auch in der EU mehr als 50 Prozent Frauen sind.

Wenn auch hin und wieder Frauen große Positionen erreichen, wie beispielsweise Frau Merkel, Margaret Thatcher, Golda Meir oder Benazir Bhutto, so sind das meiner Meinung nach immer nur Sternschnuppen, die auftauchen, für kurze Zeit auf dem poli­tischen Himmel strahlen und dann wieder verglühen, ohne die Hoffnung zu hinterlas­sen, dass wieder solche Frauen eine politische Rolle spielen.

Ich glaube, das hängt auch damit zusammen, dass Frauen, wenn sie in solchen Posi­tionen sind, viel zu wenig darauf achten, Frauen wieder nachzuziehen. Ich habe mir schon oft Gedanken darüber gemacht, warum das so ist. Vielleicht genießen diese Frauen – bewusst oder auch unbewusst –, dass sie sozusagen einzigartig sind, und lassen deshalb keine andere Frau hochkommen, protegieren keine andere Frau. Darü­ber müsste man sich einmal Gedanken machen.

Wenn man sich anschaut, wie diese großen Politikerinnen von der politischen Bühne abgehen, dann muss man sagen, sie haben eigentlich relativ wenig für Frauen getan.

Im Übrigen erinnere ich mich immer wieder auch an einen signifikanten Ausspruch der ehemaligen Frauenministerin Dohnal. Sie hat, das ist schon ungefähr 20 Jahre her, ge­sagt: Die Frauen befinden sich noch immer im Vorzimmer der Macht. – Ein sehr weiser Ausspruch, der, finde ich, auch heute noch gilt, denn die Frauen sind überall noch un­terrepräsentiert, ja nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft – die Frau­enministerin hat das schon angeschnitten –, und zwar – und das macht mich beson­ders bedrückt – in Ländern, in denen die Frauen alle politischen Rechte, alle gesell­schaftlichen Rechte, alle zivilen Rechte haben, sich aber offensichtlich nicht so durch­setzen können, wie wir uns das vorstellen.

Natürlich hat sich die Situation verbessert. Ich bin im Jahr 1983 ins Parlament gekom­men, war 23 Jahre lang Abgeordnete. Als ich 1983 kam, lag der Anteil der Frauen im Parlament bei 9 Prozent, was an und für sich sehr wenig ist; noch viel bestürzender war jedoch, dass es in den Ausschüssen, die nicht Soziales oder die Familie behandelt haben, keine Frauen gab. Es gab also keine Frau im Bautenausschuss, im Verkehrs­ausschuss, im Außenpolitischen Ausschuss. Das heißt, Frauen sind – da würde ich schon sagen, sind – konzentriert worden auf die sogenannten ureigensten Aspekte, nämlich Sozialpolitik und Familienpolitik. Das hat sich Gott sei Dank geändert – ich glaube, das war, als die Grünen ins Parlament gekommen sind, das muss man neidlos sagen.

Ich selbst war Sicherheitssprecherin, das war auch schon eine Domäne, die normaler­weise den Männern zugeschrieben wurde, aber das hing mit meinem Beruf zusam­men, weil ich ja Richter war.

Bei den Grünen – daran erinnere ich mich – gab es eine Abgeordnete, Frau Grandits, die außenpolitische Sprecherin war, und das war damals eigentlich schon eine kleine Sensation.

Ich freue mich wirklich – ich bin ja nicht mehr im Parlament –, dass jetzt beispielsweise der Bautenausschuss von einer Obfrau, der Abgeordneten Becher, geführt wird. Es gibt im Außenpolitischen Ausschuss selbstverständlich Frauen. Es gibt im Wissen­schaftsausschuss Frauen. Es geht ja gar nicht darum, dass nur der Anteil an weibli­chen Abgeordneten erhöht wird, sondern darum, welche Arbeit sie dort leisten.

Ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass sich Frauen zu Themen bekennen, die ihnen nicht ureigenst auf den Leib geschrieben sind. Früher war es zum Beispiel selbstver­ständlich, dass ein Bäcker im Bautenausschuss war, dem hat man zuerkannt, dass er auch über Bauten oder Verkehr reden kann – und die Frauen haben sich zurückgezo­gen und haben sich gedacht: Nein, ich bin eigentlich nur für die Familie zuständig, et­was anderes traue ich mir gar nicht zu! – Dieses Selbstverständnis muss gehoben wer­den!

Ich habe gesehen, dass jetzt im Verteidigungsausschuss keine Frau mehr vertreten ist. Wir haben einmal eine weibliche Abgeordnete dort gehabt, Frau Apfelbeck, sie war auch unsere Fraktionsführerin.

Es wird immer wieder Änderungen geben. Ich hoffe, dass es eben zur Selbstverständ­lichkeit wird, dass Frauen im Parlament und auch sonst wo in allen Bereichen mitarbei­ten, denn immerhin sind ja die Frauen auch von allem betroffen, auch von der Verteidi­gungspolitik, und es gibt keinen Grund, warum sie da nicht mitreden sollten. Ich möch­te noch ein paar Worte sagen. Dieses Thema verleitet dazu, Zahlen zu nennen. Ich möchte Sie nicht überschütten mit Zahlen, aber doch ein paar nennen.

In der EU sind die neuen Mitgliedstaaten bezüglich des Anteiles der Frauen in den Par­lamenten – leider – die Letzten auf der Liste. Also Tschechien, Slowakei, Rumänien haben einen sehr geringen Frauenanteil, was interessant ist, denn das sind gerade je­ne Länder, die unter kommunistischem Regime gestanden sind, und dort haben ja die Frauen dieselben Rechte, jedenfalls legistisch, zugestanden erhalten. Trotzdem ist der Frauenanteil dort ganz exorbitant gering.

Ich komme jetzt zu der Quote. – In Griechenland beispielsweise gibt es eine Quote, aber keinen sehr hohen Frauenanteil. Das Vereinigte Königreich Großbritannien liegt mit seinem Frauenanteil im Parlament an 16. Stelle; der Anteil ist also sehr niedrig. Diese Zahlen stammen im Übrigen vom Institut für Parlamentarismus- und Demokratie­fragen. Es gibt angeblich auch einen sehr interessanten Bericht, in dem Sie auch Ver­gleichszahlen finden können. Es wird auch begründet, warum beispielsweise in Groß­britannien der Frauenanteil so gering ist: Das hängt mit dem Mehrheitswahlrecht zu­sammen. Deshalb muss man schon ein bisschen vorsichtig sein. Bei uns wird auch immer der Ruf nach einem Mehrheitswahlrecht laut, aber damit sind Frauen besonders benachteiligt, denn den Platz an der ersten Stelle schafft meistens nur ein Mann. Unse­re Frauenministerin Heinisch-Hosek hat ja auch gerade gesagt, dass sie an zweiter Stelle gereiht war und eigentlich nur durch Zufall das Mandat bekommen hat. Also, wie gesagt: Das Mehrheitswahlrecht ist nicht so gut für die Frauen wie das Verhältniswahl­recht.

Ich möchte noch ein paar Worte zur Quote sagen. – Ich bin ein Gegner der Quote – es tut mir leid –, und zwar deshalb, weil ich der Meinung bin, es hängt nicht ab von der Quantität, sondern von der Qualität. Wir haben nichts davon, wenn im Parlament die Hälfte der Vertreter Frauen sind, sie aber nicht über die Grenzen des Parlaments hi­naus kommen. Immerhin muss ein Politiker Parteiarbeit machen, er muss akzeptiert werden, und daher glaube ich schon, dass es auf die Qualität ankommt. Auch ein Poli­tiker muss bestimmte Qualitäten aufweisen. Er muss bürgernah sein, er muss selber mal politische Ideen haben, und wenn man nur mit der Quote arbeitet, glaube ich nicht, dass man diese Qualität erreicht, die man braucht, um den Frauen auch einen Stel­lenwert zu verschaffen. (Ruf: ... unglaublich!) – Was ist daran unglaublich? Wir haben doch überhaupt nichts davon, wenn die Frauen nicht über die Grenzen des Parlaments hinaus kommen. Wenn hier zu 50 Prozent Frauen vertreten sind, sie ihre Reden hal­ten, diese aber überhaupt keinen Anklang finden, dann dient das weder der Partei noch der Frauensache. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe.)

Sie werden heute noch näher über die Quote beziehungsweise über die Notwendigkeit der Quoten diskutieren. Ich habe mir erlaubt, meine Meinung zu äußern, und das ist halt auch zu akzeptieren beziehungsweise zu respektieren. – Ich bin am Ende meiner Ausführungen. (Beifall.)

10.33


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nur eines, Frau Dr. Partik-Pablé, zu Ihrer Information: Wir haben Gott sei Dank auch im Landesverteidigungsausschuss Frauen; zwar nur vier, aber immerhin. Auch Frau Abgeordnete Schittenhelm, die heute hier teilnimmt, ist Mitglied des Landesverteidigungsausschusses. (Zwischenbemerkung von Dr. Partik-Pablé.– Dann haben Sie eine falsche Liste. Ich habe nachgesehen, und es sind definitiv vier.

Nunmehr darf ich Frau Dr. Jarosch das Wort erteilen. – Bitte.

 


10.34.23

Mag. Dr. Monika Jarosch (Arbeitskreis Emanzipation und Partnerschaft, Innsbruck)|: Schönen guten Tag, sehr verehrte Damen und Herren, sehr verehrte Frau Präsidentin! Ich bedanke mich herzlichst für die Einladung. Ich werde mich im Nachfolgenden damit befassen, wie sich Frauenquoten international auf die politische Repräsentation von Frauen auswirken, welche Faktoren für die Repräsentation von Frauen wichtig sind und auch hinzukommen müssen, um eine höhere Repräsentation zu erreichen.

Ich werde darstellen, welche Art von Quoten international verwendet wird, welches Ziel sie verfolgen und unter welchem Wahlsystem sie am besten zur Wirkung kommen.

Ein Vergleich kommt ohne Zahlen nicht aus. Die Zahlen und Fakten, die ich nenne, ha­be ich im Anhang – dieser liegt hier, glaube ich, überall auf – in Abbildungen zusam­mengefasst.

Mitte des Jahres 2009 stellten Frauen durchschnittlich 18,8 Prozent aller Parlaments­mandate weltweit. – Das heißt, dass heute 36 362 von insgesamt 44 672 Mandaten, also der weltweit gewählten Volksvertreter und Volksvertreterinnen männlichen Ge­schlechts sind. Über 80 Prozent! – Vor zwei Jahren waren es noch 17,4 Prozent, vor vier Jahren 15,9 Prozent.

Dabei gibt es aber auch sehr große regionale Unterschiede wie zwischen den nordi­schen Staaten, dem sonstigen Europa, Afrika, Asien und den arabischen Staaten. Auch die Prozentzahlen reichen von 0 Prozent in zum Beispiel Saudi-Arabien bis hin zu 56 Prozent in Ruanda in Afrika. Es gibt acht Staaten mit über 40 Prozent Anteil und 67 Staaten mit über 20 Prozent Frauenanteil in den Parlamenten, aber auch 50 Staa­ten, die weniger als 10 Prozent Frauenanteil haben. Aufgrund der Quotenregelungen haben Länder wie Argentinien, Costa Rica, Mozambique, Ruanda, Südafrika Frauen­anteile in ihren Parlamenten, die mit den nordischen Staaten, die bisher führend waren, konkurrieren und sie teilweise sogar übertreffen können. Bemerkenswert ist auch, dass solche Paradedemokratien wie Großbritannien, USA und Frankreich – trotz Quoten­recht – so weit hinten liegen. Das liegt an dem dort herrschenden Mehrheitswahlrecht.

Österreich liegt heute auf dem 30. Platz. Das war nicht immer so. In seinen Bestzeiten, im Jahr 2006 mit kurzfristig 33,9 Prozent Frauenanteil, lag Österreich auf Platz 12, im August 2007 lag es auf Platz 13, im August 2008 auf Platz 16 und ist nun auf Platz 30 gefallen. Das bedeutet, dass andere Länder zugelegt haben, während in Österreich, wie wir wissen, seit der letzten Wahl der Frauenanteil auf 27,9 Prozent zurückgegan­gen ist.

Es wird weitgehend widerspruchslos akzeptiert, dass unsere politischen Vertretungen zu mehr als 80 Prozent durch Männer bestellt werden und dass mehr als die Hälfte
der Bevölkerung keine Mitgestaltungsrechte hat. Aber Quoten werden weltweit immer populärer. Von Jahr zu Jahr werden die Zahlen höher. Immer mehr Staaten oder Parteien entscheiden sich für Quotenregelungen. Dass es diese gibt, ist der Ausdruck der Ungeduld von Frauen, die nicht länger auf die versprochene Gleichheit warten wol­len. (Beifall.)

Quoten werden eingeführt, um eine faire Repräsentation aller Mitglieder einer Gesell­schaft in gewählten Positionen zu erreichen. Unter Frauenquoten im Politikbereich wird die Verpflichtung von Exekutivorganen oder politischen Parteien verstanden, eine fi­xierte Anzahl von Positionen weiblichen Bewerbern vorzubehalten.

Es gibt gesetzliche Quoten, die in der Verfassung oder durch einfaches Gesetz gere­gelt sind, und auch freiwillige Quoten, die von den Parteien in ihren Satzungen oder Statuten fixiert sind oder die auch nur unverbindlich gelten.

Für Quotenregelungen gibt es die unterschiedlichsten Systeme, die auch unterschied­lich benannt werden; zum Beispiel das Reißverschlusssystem – das Zipper-System –, das Zebra-System – „every second a woman“ – oder eine bestimmte Anzahl von Frau­en auf dem ersten Drittel der Liste, et cetera. Es kann auch reine Frauenlisten geben, die Frauen auf reservierte Sitze wählen.

Wahlquoten in Parteien beziehen sich auf den Anteil der Geschlechter auf Wahllisten. Es gibt solche Quoten mit Platzierungsvorschrift für die Liste oder auch ohne. Es gibt Quoten mit Sanktionen. Die Sanktionen können in finanziellen Bußen für diejenigen be­stehen – meist die Parteien –, die die Erfordernisse nicht erfüllen, aber auch in der Dis­qualifikation von Kandidaten oder der gesamten Ablehnung einer Liste oder auch der Disqualifikation der gesamten Partei.

Wenn ich mir das Ranking der Staaten im weltweiten Vergleich anschaue, so fällt mir auf, dass Ruanda, ein afrikanischer Staat, mit über 56 Prozent Frauenanteil an erster Stelle steht und Schweden erst an zweiter Stelle. Ruanda, das vor zehn Jahren einen schrecklichen Bürgerkrieg geführt hat, gehört zu den sogenannten Post-Konflikt-Staa­ten, wie auch Burundi, Uganda, Mozambique und auch Südafrika. Es sind dies Staaten im Übergang nach einer Bürgerkriegszeit oder Staaten im Demokratisierungsprozess; neue Verfassungen werden geschaffen, die politische Landschaft wird neu gestaltet, und mit Hilfe von internationalen Frauenorganisationen und der UNO bestand die Gele­genheit, Chancen für Frauen auch gesetzlich zu implementieren. Hier zeigten sich dra­matische Veränderungen nach der Einführung von gesetzlichen Quoten. Diese Staaten sind im Fast-track, im Schnellgang, vorgegangen. Unter den ersten 30 im Ranking sind etwa ein Drittel dieser Staaten zu finden.

Ein großer Teil der Staaten im Ranking – unter den ersten drei – gehört zu den nordi­schen Staaten und zu den Staaten des industrialisierten Westens, inklusive der Staa­ten der Europäischen Union. Diese Staaten brauchten mehr als 50 Jahre, um den heu­tigen Zustand zu erreichen. Hier geschah die Gleichstellung in kleinen, regelmäßigen Schritten, dem so genannten Slow-track, einem Langsamgang. Zu diesen Staaten ist auch Österreich hinzuzurechnen.

Auffällig ist, dass unter den Staaten mit über 40 Prozent Frauenanteil nur Finnland kei­ne Quote hat. Finnland hat seit langem eine solch egalitäre politische Kultur – es ist auch das Land, das als Erstes das Frauenwahlrecht in Europa eingeführt hat –, dass dort Frauen auch ohne Quote eine Chance haben.

Das stärkste Argument für Quotenregelungen, ob freiwillig oder gesetzlich, ist: Sie wir­ken! (Beifall.)

Die 16 Länder, die eine Quotenregelung durch die Verfassung eingeführt haben, haben einen durchschnittlichen Frauenanteil von 26 Prozent, die 47 Länder, die Quotenrege­lungen durch einfache Gesetze eingeführt haben, haben einen durchschnittlichen Frau­enanteil von 21,3 Prozent, die ohne Quoten haben einen Anteil unter 14 Prozent.

Von den 25 Ländern mit mehr als 30 Prozent Frauenanteil haben 20 Länder gesetzli­che oder auf Parteiebene freiwillige Quotenregelungen, nur drei Länder mit hohem Frauenanteil haben keine Quotenregelung: Dänemark – dort gab es eine, die wurde aber abgeschafft, als das Ziel erreicht war –, Finnland und Neuseeland.

Der Einfluss von Wahlsystemen ist wichtig. Verhältniswahlsysteme gelten als Systeme, die einen höheren Repräsentationsgrad von Frauen ermöglichen als Mehrheitswahl­systeme. Laut einem UNO-Bericht wiesen im Jahr 2003 die 174 Länder mit Verhältnis­wahlrecht eine durchschnittliche weibliche Repräsentationsrate von 16 Prozent im Ver­gleich zu 11 Prozent anderer Wahlsysteme auf; allerdings mit regionalen Unterschie­den, und nicht einberechnet ist, wer eine Quote hat oder nicht. Von den 25 Staaten, die inzwischen die sogenannte kritische Masse von 30 Prozent Parlamentarierinnen er­reicht haben, verfügen über 19 über ein Verhältniswahlrecht in den unterschiedlichsten Variationen.

Zusammenfassend: Frauenquoten werden weltweit als ein geeignetes demokratisches Mittel angesehen, um die faire Repräsentation aller Mitglieder einer Gesellschaft in ge­wählten Positionen zu erreichen. Quoten haben ihre Legitimation im nicht nur histori­schen Ausschluss von Frauen aus dem politischen Leben. Quoten allein aber genügen nicht, um eine repräsentative Partizipation zu erreichen, vielmehr sind weitere beglei­tende Maßnahmen auch für andere Bereiche der Gesellschaft notwendig. Die gesamte politische Kultur muss geändert werden. – Danke schön. (Beifall.)

10.45

Diskussion

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Wir kommen nun zur Diskussion des Themenblocks I.

Ich mache darauf aufmerksam, dass jeweils eine Redezeit von 3 Minuten zur Verfü­gung steht.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Wurm. – Bitte.

 


10.46.07

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Vortragende! Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs wurde von einer Referentin darüber ge­sprochen, dass sich – ich glaube, es war 1996 – die Frauen zusammengetan und ein sogenanntes frauenpolitisches Manifest formuliert haben. Als wir uns – die fünf Frauen­sprecherinnen hier im Parlament – erstmals mit der Präsidentin zusammengefunden und beschlossen haben, wir müssen etwas ändern hier im Haus, wir brauchen mehr weibliche Vertretungen, hat sich, glaube ich – ich will nicht sagen, eine Revolution –, auch schon ein bisschen etwas in diese Richtung getan. Was ich mir wünschen würde, da wir jetzt diesen gemeinsamen Weg gefunden haben: dass wir weitermachen – in die unterschiedlichsten Richtungen.

Das, was wir heute hier von den Referentinnen gehört haben, sind ja Fakten, das be­zeugt ja, dass die Quotenregelung offensichtlich etwas ist, das heute in dieser Gesell­schaft noch notwendig ist, um wirklich eine entsprechende Frauenbeteiligung zu errei­chen. Wir sind noch nicht so weit wie Finnland, wir sind noch nicht so weit wie Däne­mark – wo man die Regelung offensichtlich abgeschafft hat –, wir haben noch einiges zu tun. Dass das Erreichte immer wieder in Frage gestellt werden kann, haben wir in Österreich insofern erlebt, als wir, was die Frauenbeteiligung betrifft, von Platz 10 auf Platz 30 abgerutscht sind. – Das sind alles Daten, das sind alles Fakten!

Ich würde mir um Österreich keine Sorgen machen, wenn wir mehr Frauen an reprä­sentativer Stelle hätten. Beim Rückblick in die Geschichte – Frau Professorin Hauch hat das getan zu 90 Jahren Frauenwahlrecht – ist mir der Spruch vom Preußenkönig – ich glaube, er war es – eingefallen, dass er sich quasi umzingelt gefühlt hat, weil Euro­pa von Frauenröcken regiert wird. Ich erinnere an Maria Theresia, Elisabeth I., Katha­rina die Große – das war damals sicher eine erfolgreiche Zeit in der europäischen Ge­schichte.

Ich denke und ich bin auch überzeugt davon, dass eine Quotenregelung nur dann ent­sprechend wirkt und nur dann wirken kann, wenn sie mit Sanktionen verbunden ist, dass sie nur dann wirklich durchgesetzt und auch überwacht werden kann. Wenn wir gesetzliche Quotierungen beschließen, dann wird in Österreich, und zwar auch im Sin­ne von Professor Brauneder – und ich bin nicht der Überzeugung, dass das verfas­sungswidrig ist, wir haben schon Art. 7 Abs. 3 B-VG, nämlich die positive Diskriminie­rung, sehr wohl verankert –, das demokratische Prinzip durch mehr Repräsentanz von mehr als der Hälfte der Bevölkerung auch eingehalten werden können – jetzt noch nicht! (Beifall.)

10.48


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Plassnik zu Wort. – Bitte.

 


10.49.17

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! 51 Prozent der Bevölkerung sind Frauen, weltweit, fast in jeder einzelnen Gesell­schaft. Sie erziehen 100 Prozent der jungen Menschen, auch das wissen wir, sie erzie­hen nämlich die Mädchen und die Buben. Frauen sind weniger korruptionsanfällig, das wissen wir aus sehr vielen internationalen Studien. Frauen sind teamorientierter, Frau­en denken nachhaltiger, Frauen haben eigentlich in Wirklichkeit große und praktisch unschlagbare Vorteile. (Beifall.)

Es gibt daher, meine Damen und Herren, überhaupt keine Rechtfertigung für die sehr ernüchternde Situation, mit der wir uns im österreichischen Parlament, in der österrei­chischen Volksvertretung konfrontiert sehen, nämlich mit der Tatsache, dass wir heute weniger Frauen in der Volksvertretung haben als in der letzten Legislaturperiode. Das ist ernüchternd und nicht zu rechtfertigen! Daran müssen wir arbeiten. (Beifall.)

Der internationale Vergleich – wir haben das ja gehört in den Beiträgen heute Mor­gen – bietet letzten Endes auch keinen wirklichen Ansatz, welche Strategie die allein selig machende ist. Die Quote ist kein Allheilmittel, sie ist unelegant. Sie mag ein In­strument sein, um bestimmte Prozesse anzustoßen, um dort aufzubrechen, wo Auf­bruch notwendig ist. Sie kann wirksam sein, sie muss aber nicht wirksam sein in allen Punkten. Auch dafür gibt es entsprechende Beispiele.

Die skandinavischen Länder – Finnland wurde erwähnt – haben im Augenblick keine Quote, haben aber historisch gesehen meist Quoten gehabt. In den Parteien gibt es Quoten. Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt. Finnland ist das einzige Land, in dem es im Augenblick in der Regierung eine Mehrheit von Frauen gibt.

Sehr viel hat das alles zu tun mit der Lage der Frauen in der Politik insgesamt, selbst­verständlich auch mit dem Frauenbild in einer Gesellschaft. Und da möchte ich warnen vor der Selbstverständlichkeitsfalle. Ich glaube, dass es gut ist, diese Enquete abzuhal­ten. Die Selbstverständlichkeitsfalle ist aus meiner Sicht ganz einfach, dass wir glau­ben, schon alles erreicht zu haben, dass auch die Männer glauben, wir haben alles er­reicht und es gibt sie, die Gleichberechtigung im Alltag. Das ist nicht der Fall, daran müssen wir arbeiten.

Es gibt aus meiner Sicht auch keine spezifischen Frauenthemen. Es gibt ein einziges Thema, das für mich ein spezifisches Frauenthema weltweit ist, und das ist das Thema Gewalt gegen Frauen. Das ist wirklich ein Frauenthema. (Beifall.) Zu allen anderen Themen, meine Damen und Herren, haben Frauen eine Meinung, haben Frauen Bei­träge zu machen.

Es gibt drei Gründe, warum Frauen in die Politik müssen, und zwar auf allen Ebenen. Wir haben auf der lokalen Ebene, auf der Gemeindeebene eine Quote von 3 Prozent. Meine Damen und Herren, das ist beschämend! Wir sind europäisches Schlusslicht, was Bürgermeisterinnen betrifft. Das kann so nicht weitergehen. Dort sollen Frauen zum ersten Mal die Erfahrung der konkreten Verantwortungsübernahme machen. Also ich kann nur dazu ermutigen, da einzusteigen.

Meine Damen und Herren! Das Mehrheitswahlrecht hat sich als nicht frauenfreundlich herausgestellt, das ist keine Frage – auch das wurde angesprochen.

Ich darf daher einige Punkte nennen, die wir machen müssen: Wir müssen die Frauen ermutigen, ihnen ein besseres Selbstbewusstsein geben. Wir müssen den Männern klar machen, dass Frauenbeteiligung in der Politik auf allen Ebenen einen Mehrwert bringt. Und wir müssen vor allem die Jugend ermutigen. (Beifall.)

10.53


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. – Bitte.

 


10.53.14

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Expertinnen und Experten hinter mir! Meine Damen und Herren! Wir haben heute eine Frauen-Enquete, ein Thema, das immer wieder auch die Wogen hochgehen lässt. Wir haben jetzt sehr viele historische Betrachtungen gehört; wir haben viel gehört, was in anderen Ländern passiert. In Wahrheit sollte uns aber interessieren, wie es hier in Österreich aussieht.

Ich möchte anschließen an das, was meine Vorrednerin gesagt hat: Wir müssen Frau­en ermutigen. Und ich glaube, wenn es uns nicht gelingt, Frauen zu ermutigen, in Frau­en ein Feuer zu entfachen, dass sie gerne in hohe Positionen gehen in der Politik, aber auch in der Wirtschaft und in anderen Bereichen, dann wird es uns nicht gelingen. Denn: Wenn wir über hundert Jahre Frauenpolitik haben und heute hier stehen und über Quoten nachdenken und über Quoten diskutieren, dann muss man sagen: Diese Frauenpolitik ist gescheitert!

Quoten sind kein Allheilmittel, Quoten sind in Wahrheit eine Nivellierung nach unten. Quoten sind etwas, was Frauen in Wahrheit diskriminiert, weil dann nur noch das Ge­schlecht ausschlaggebend ist. Und wir haben ein Gleichbehandlungsgesetz, das uns verbietet, Menschen auf Grund ihres Geschlechtes zu benachteiligen. Vice versa darf es aber auch nicht ein Geschlecht bevorzugen. Genau das tun aber Quoten, und daher halte ich Quoten für das schlechteste Mittel.

Gleichzeitig ist es so, dass viele Frauen auch ganz zufrieden sind da, wo sie stehen, dass viele Frauen nicht den Drang haben, in die oberste Position zu gelangen, sondern glücklich sind. Und genau da muss man einhaken. Wir müssen den Frauen auch sa­gen, dass sie mit dem zufrieden sein dürfen und dass der Wert einer Frau nicht daran gemessen werden kann, ob sie es schafft, in höchste Positionen zu gelangen oder nicht. Ich glaube, das muss unser Ansatzpunkt sein. Denn wenn wir das nicht schaffen, sondern den Frauen auch noch ein schlechtes Gewissen einreden und ihnen perma­nent nur klar machen, dass sie es schaffen müssen, nach oben zu kommen, dann wer­den wir Unzufriedenheit schüren. – Das ist das eine.

Das andere ist – auch da möchte ich ganz kurz auf das eingehen, was meine Vorred­nerin gesagt hat, nämlich dass auf der Kommunalebene ganz wenig Frauen sind, nur 3 Prozent Bürgermeisterinnen –: Politik ist ein Bereich, der absolut familienfeindlich ist. Das muss man hier einmal ganz offen sagen.

Natürlich ist es für Frauen, vor allem wenn sie Kinder haben, ganz, ganz schwierig, in die Politik zu gehen. Eine Unmenge an Abendterminen, eine Unmenge an langen, lan­gen Terminen und an langen Sitzungen. Das sind natürlich Punkte, die es für Frauen nicht ganz einfach machen, weswegen sich sehr viele Frauen dagegen entscheiden.

Das ist aber nicht nur in der Politik so, das ist auch in der Wirtschaft so. Und ich möch­te wirklich appellieren: Hören wir endlich damit auf, die Geschlechter auseinanderzudi­vidieren! Wir sind eine Gesellschaft, es gibt Männer und es gibt Frauen. Und es kann nur gemeinsam funktionieren. Es kann nicht funktionieren, indem ich versuche, Männer gegen Frauen auszutauschen und auszuwechseln. So kann eine Gesellschaft auf Dau­er gar nicht funktionieren.

Angesichts einer Wirtschaftskrise haben wir wirklich weit wichtigere Probleme. Wir ha­ben eine Gehaltsschere, die auseinandergeht, aber wir versuchen hier, über Quoten zu sprechen. Ich glaube, das ist ein völlig falscher Ansatz. Wenn wir wollen, dass Frauen zufrieden sind, wenn wir wollen, dass Frauen es schaffen, dass Frauen den Willen ent­wickeln, hinaufzukommen in der Politik, in der Wirtschaft, dann müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Wir müssen es schaffen, in den Frauen das Feuer zu entfachen, dass sie das auch wirklich wollen. Denn nur wenn die Frauen den Willen haben, wer­den sie es auch schaffen. Eine Quote kann da überhaupt nichts bewirken. (Beifall.)

10.56


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Abgeord­nete Haubner. – Bitte.

 


10.56.28

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ)|: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Refe­rentinnen! Herr Referent! Werte Frauen aus den verschiedenen Parteien und auch aus den verschiedenen Bundesländern! Ich bedanke mich herzlich für die heutige Frauen-Enquete, die sich jetzt im ersten Themenblock mit „Mehr Frauen im Parlament“ be­schäftigt hat. Und als eine Frau, die schon sehr lange, ich möchte fast sagen jahrzehn­telang, frauenpolitisch auf verschiedenen Ebenen tätig ist, weiß ich, dass das Thema Quote allein das Problem nicht lösen wird.

Frau Jarosch hat gesagt, wir brauchen Begleitmaßnahmen, die genauso wichtig sind. Und ich denke, Frauen – das hat mir meine Erfahrung gezeigt – sind sehr interessiert an Politik. Frauen sind nicht politikverdrossen, Frauen sind nicht politikmüde, sie sind sehr interessiert. Und man muss sich fragen: Warum sind dann aber so wenig Frauen in der ersten oder in der zweiten Reihe in der Politik? Ich glaube, das ist das Thema, das wir uns näher anschauen müssen. Was ist der Grund, warum Frauen sich dann doch nicht trauen, obwohl sie so interessiert sind?

Daher scheint mir sehr, sehr wichtig zu sein, dass wir einmal sehen, Frauen, die Fami­lien haben, haben auch das Lebenskonzept Familie, das für sie genauso wichtig ist wie der Beruf oder die Politik. Hier brauchen wir dann die besten Rahmenbedingungen, das ist ganz klar. Und das müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass Frauen andere Lebenskonzepte als Männer haben und auch andere Prioritäten setzen.

Das Zweite, was mir sehr wichtig ist, und das hat Frau Kollegin Partik-Pablé gesagt, ist, dass es nicht so sein sollte, dass einzelne Frauen wie Sternschnuppen dann irgend­wann einmal wieder verschwinden, sondern Frauen sollten Frauen auch unterstützen. Dieses Mentoring für Frauen ist für mich so wichtig, gesellschaftspolitisch so wichtig, aber auch innerhalb der Parteien dringend notwendig.

Vernetzen, Netzwerke schaffen. Männer können das perfekt. Männer sind die perfek­ten Netzwerker. Wir Frauen dümpeln da halt ein bisschen dahin, probieren es auch und sehen es eigentlich als nicht so wichtig an. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sehr wichtig ist. Wenn ich kein Netzwerk habe, wenn ich keinen Mentor, keine Men­torin habe, dann werde ich nicht sehr stark weiterkommen.

Als Drittes ist für mich ganz wichtig, dass wir Frauen auch das Handwerkszeug für die Politik mitgeben. Frauen trauen sich oft nicht so, weil sie Angst haben, zu scheitern, denn Frauen – diese Erfahrung habe ich gemacht – orientieren sich nicht so sehr an der Realität, sondern mehr an idealen Vorstellungen, auch an Idealen in der Politik. Und wenn wir dieses Handwerkszeug mitgeben: Wie gehe ich mit Konflikten um? Wie kann ich mich rhetorisch schulen? und Ähnliches, dann muss ich sagen: Das sind Din­ge, die die Frauen brauchen!

Und das ist eine Aufgabe der Gesellschaft, das ist eine Aufgabe der Politik, das ist eine Aufgabe der Parteien, damit Frauen nicht scheitern, sondern dass man sieht: Frauen sind unentbehrlich; unentbehrlich auch in der Politik. Und ich möchte sagen, dass wir daran arbeiten müssen, dass Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Politik auch kontinuierlich weiterentwickelt wird. – Danke schön. (Beifall.)

10.59


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Abgeord­nete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


11.00.01

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Gu­ten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde gerne noch einmal darauf zu­rückkommen, warum wir heute hier sitzen. Die Revolution ist nicht ausgebrochen bei dem Treffen unter den Frauensprecherinnen, auch nicht bei dem ersten Vernetzungs­treffen, aber es war eine gute Initiative, das stimmt. Aber zumindest sind wir übereinge­kommen, dass wir Frauen in die Politik wollen. Wir haben den Titel „Mehr Frauen in die Politik!“ – Rufzeichen! – gewählt. Es wurden heute einige Methoden und auch einige Länder als Vorbilder genannt. Auch die Quote wurde genannt. Das Wort „Quote“ scheint, wir wissen das, offensichtlich für einige auch hier im Raum ein besonderes Reizwort zu sein. Ich würde zuerst einmal sagen: Keine Angst vor der Quote! Wir wer­den heute wahrscheinlich noch öfter darüber diskutieren, und vielleicht wird uns auch insgesamt die Angst genommen.

Ich finde auch, dass die Quote ein unelegantes Instrument ist. Auch die Sozialhilfe ist ein unelegantes Instrument, aber sie wirkt und ist notwendig. Das Argument für die Quote haben wir gehört: sie wirkt. Das ist das einzige Argument dafür, bis wir vielleicht einen Zustand erreicht haben wie in Finnland, wo Gleichberechtigung und Gleichbe­handlung in der Politik erreicht sind.

Zum Zweiten: Der Anlass für die heutige Enquete war ein grüner Antrag und damit ein Vorschlag zur Förderung von Frauen in der Politik durch die Erhöhung der Frauen­quote in der Form, dass die Parteienförderung und die Klubförderung mit der Frauen­quote in den einzelnen Parteien gekoppelt sind.

Sanktionen stoßen immer auf wenig Zustimmung und auf wenig Begeisterung, so auch dieser Vorschlag im Ausschuss. Zumindest wurde er diskutiert. Wahrscheinlich – das haben wir vorhin von Expertinnen auch schon gehört – hilft nichts anderes als Sanktio­nen. Das heißt, wir müssen uns früher oder später auch damit auseinandersetzen, um zu einem adäquaten Mittel zu kommen.

Nicht zuletzt wollte ich noch auf die verfassungsrechtliche Geschichte, die auch im Raum steht, auch in der Diskussion des Antrags damals im Plenum, zurückkommen. Sie, Herr Dr. Brauneder, haben erwähnt: Wir haben in unserer Verfassung die UN-Kon­vention zur Beseitigung jeglicher Diskriminierung der Frau. Der Einführung einer Quote würde juristischen Meinungen zufolge der verfassungsrechtliche Zustand nicht entge­genstehen, wollte ich noch dazusagen. – Danke. (Beifall.)

11.02


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Herr Klubobmann Kopf gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


11.02.48

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin eigentlich primär hergekommen, um zuzuhören, aber ich wage doch auch ein paar Bemerkungen von meiner Seite. (Beifall.)

Parlamente sind logischerweise das wesentlichste Element der repräsentativen Demo­kratie und repräsentieren – in aller Regel werden sie dem gerecht – insbesondere die Meinung der Bevölkerung entsprechend der Stärke der Parteien, die hier vertreten sind. Aber sie schaffen es in den wenigsten Fällen, auch Spiegel der Gesellschaft und ausgewogen zu sein, insbesondere was die Repräsentanz der Geschlechter anbe­langt. Das ist leider auch in Österreich in besonderem Maße der Fall. Asche auf unser aller Haupt, wir müssen daran arbeiten. Das Ziel muss sein, dass wir eine 50-prozen­tige Repräsentanz von Männern und Frauen erreichen. (Beifall.) Da ist derzeit Platz 30 im internationalen Vergleich alles andere als akzeptabel, er ist geradezu inakzeptabel. (Beifall.)

Aber wie erreichen wir nun dieses Ziel? Das Allheilmittel gibt es nicht, das haben wir vorhin schon mehrfach gehört. Die Enquete – ich bin sehr dankbar dafür, dass sie stattfindet – soll Wege aufzeigen, soll uns auch zeigen, was andere Länder vielleicht schon zustande gebracht haben. Aber wenn wir das Ziel ernst nehmen, Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein, dann geht es ja auch nicht darum, von denen zu reden, die gar nicht in die Politik gehen wollen, sondern wir wollen ja heute von den Frauen re­den, die in die Politik wollen. (Beifall.) Glauben Sie mir, es wollen viele, aber sie kön­nen es nicht.

Frau Professor Hauch hat eines richtig gesagt: Ich glaube, wir müssen die gesellschaft­lichen Hierarchien durchbrechen. Das scheint mir überhaupt der Schlüssel zu sein. Da­für braucht es starke Männer, die ausgewogene Listen durchsetzen, da braucht es en­gagierte Frauen, die sich ihren Platz erkämpfen. Es braucht auch Ermutigung für Frau­en, es braucht andere Rahmenbedingungen, ob das Kinderbetreuung oder Ähnliches ist. Und es braucht auch Vorbilder – überhaupt keine Frage. Eine Angela Merkel zum Beispiel bewirkt mit Sicherheit vieles einfach durch die Tatsache, dass sie an der Spit­ze der Bundesregierung in Deutschland steht.

Zu Quoten eine kurze Bemerkung: Es ist vielleicht nicht überraschend, dass ich sehr skeptisch bei dieser Frage bin, aber wir werden die Diskussion auch nach dieser En­quete mit Sicherheit weiterführen. Frau Kollegin Heinisch-Hosek hat gesagt, sie ist we­nig elegant. Ja, das ist sie. Sie ist in vielen Ländern wirkungsvoll, das ist sie auch. Ich habe auch manche demokratiepolitische Bedenken, was diese Frage betrifft. Faktum ist, es gibt Länder, die mit der Quote gute Erfolge erzielen, es gibt manche Länder, die auch ohne Quoten Erfolge erzielen, aber die Mehrzahl ist doch bei den anderen. Das heißt, die schnellen Schlüsse werden wir hier nicht ziehen können, aber das Ziel muss es sein, dass wir die gesellschaftliche Hierarchie durchbrechen und die jeweils 50-pro­zentige Repräsentanz von Männern und Frauen hier in diesem Hohen Haus erreichen. (Beifall.)

11.06


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Abgeord­nete Silhavy. – Bitte.

 


11.06.26

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Warum sol­len Frauen ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprechend in Parlamenten vertreten sein? Kollegin Plassnik hat uns ja schon einige unschlagbare Argumente für Frauen in der Politik geliefert, die ich natürlich unterstütze, aber ich möchte noch ein paar Argu­mente hinzufügen.

Viele Frauen haben oft andere Schwerpunkte und Vorstellungen, leider oft auch ande­re Probleme als Männer. Oftmals haben Frauen andere Lebenserfahrungen, und häu­fig haben Frauen andere Lebens‑ und auch Erwerbsbiographien.

Die Wirkungen und Auswirkungen von Gesetzen sind daher überhaupt nicht ge­schlechtsneutral, sondern sind je nach Lebenssituation, nach Biographie unterschied­lich für Frauen und Männer. Daher sind solch unterschiedliche Ansätze ganz wichtig. Wir haben ja Gender Budgeting beschlossen, momentan noch in der Probephase, aber natürlich ist es wichtig, zu wissen, wofür Geld vom Staat, von der Republik ausgege­ben wird und wie sich diese Ausgabe jeweils für Männer und Frauen auswirkt.

Aber Gender Budgeting bedeutet nicht automatisch eine Änderung der Schwerpunkt­setzung in der Politik, sondern sagt uns einmal, wie die Auswirkungen sind. Uns geht es aber darum, dass wir Politik so gestalten, dass Männer und Frauen an positiven Entwicklungen im Staat teilhaben können, und daher ist es auch notwendig, die Wil­lensbildung entsprechend zu gestalten.

Das heißt, es geht in Wahrheit um Gestaltungsmacht. Daher diskutieren wir de facto, wenn wir über Quoten oder andere Möglichkeiten einer besseren Repräsentation von Frauen im Parlament sprechen, über eine Neuaufteilung der Macht, etwas, wo es sich spießt. Wenn man über eine Neuaufteilung von Macht spricht, heißt dies ja, dass ein Teil, der Macht schon hat, Macht auch abgeben muss. Und das ist nicht einfach und meistens nicht ganz widerstandslos, wie wir seit vielen Jahren auch hier merken.

Sehr oft werden formale Gründe in den Vordergrund gestellt, um diese Diskussion so­zusagen, ich sage es jetzt einmal vulgär, abzuwürgen.

Ich möchte Ihnen, Herr Professor Brauneder und Frau Dr. Partik-Pablé, widersprechen. Eine Geschlechterquote bedingt Qualität, allerdings auch für Männer. (Beifall.)

Geschlechterquoten, meine Damen und Herren, sind es nicht allein, das wissen wir. Wir müssen uns erstens darüber unterhalten, wie eine Geschlechterquote hier im Par­lament ausschauen könnte und was die beste Lösung ist, und vor allem auch darüber, wo wir auch auf einen gemeinsamen Nenner kommen können. Ich gebe aber allen recht, die gesagt haben: Natürlich bedarf es einer Änderung der politischen Kultur. Nur so werden wir dem Auftrag gerecht werden, das Gesamtwohl der Menschen in Öster­reich zu verfolgen, unabhängig vom Geschlecht der Menschen. (Beifall.)

11.09


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun kommt Frau Dr. Vana vom Grünen Klub zu Wort. – Bitte.

 


11.09.39

Dr. Monika Vana (Vertreterin der Frauenorganisation der Grünen)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Referentinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich vorausschicken, dass ich es sehr bedaure, dass heute an unserer Debatte so we­nige Männer, bis auf wenige Ausnahmen, teilnehmen. Ich denke, dass Frauenpolitik und gerade auch Demokratiepolitik – denn um die geht es ja heute – ein gesamtgesell­schaftliches Anliegen sind. Ich habe es nach zehn Jahren in der Kommunalpolitik – ich bin Stadträtin in Wien – eigentlich satt, Frauenthemen immer fast ausschließlich mit an­deren Frauen, wo auch ähnliches Problembewusstsein herrscht, auszutauschen, und ich denke, eigentlich sind die Männer aufgefordert, sich verstärkt an dieser Debatte zu beteiligen. (Beifall.)

Ich komme aus einer Partei, die heute fast am meisten genannt wurde, nämlich von den Grünen. Wir haben eine Mindestfrauenquote von 50 Prozent, im Wiener Gemein­deratsklub haben wir sogar 70 Prozent, im Europaparlament haben wir auch über 50 Prozent. Das reicht aber nicht! Ich kann an dieser Stelle allen Vorrednerinnen nur recht geben, die sagen, selbstverständlich bringt die Quote, auch die verpflichtende Quote alleine nicht die Gleichstellung und die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Machtfunktionen und Entscheidungsprozessen, aber die Quote ist eine wesentliche Voraussetzung für Frauen – das kann ich aus meiner eigenen Partei sagen –, über­haupt in diese Position zu kommen. Sie ist ein wesentlicher demokratiepolitischer Indi­kator, auch für das demokratiepolitische Bewusstsein der Parteien, wie sie mit dieser Frage umgehen.

Es kann doch nicht sein, dass wir die Zweidrittelmehrheit von Männern seit Jahren ak­zeptieren und damit akzeptieren, dass die Mehrheit der Bevölkerung aus den demokra­tiepolitischen Prozessen und aus den wesentlichen Gremien – sowohl Europaparla­ment als auch nationale Parlamente und kommunale Parlamente – nachhaltig ausge­schlossen wird. Und deshalb bin ich eine glühende Verfechterin der Quote, denn ich finde, freiwillig passiert gar nichts. Da können wir auf den Sankt-Nimmerleins-Tag war­ten.

Ich habe auch ein bisschen das Qualitätsargument und dieses Stichwort „Quotenfrau“ schön langsam satt. Ich denke, wir alle kennen diverse Männer, die durch Männernetz­werke mit nicht zu hoher Qualifikation und nicht ausreichender Qualifikation in ihre Po­sitionen gekommen sind. Da brauchen wir Frauen uns aber sicher nicht zu verstecken. (Beifall.)

Wie gesagt, die Quote allein reicht nicht, um auch wirklich tatsächliche Gleichstellung herzustellen. Wir brauchen aktive Gleichstellungspolitik. Wir müssen auch Unterneh­men viel stärker in die Verantwortung nehmen. Ich denke, 9 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten oder 5 Prozent Frauenanteil in Geschäftsführungen in Österreich sind eigentlich ein Armutszeugnis – auch für die Frauenpolitik. Wir müssen zum Beispiel über die Bindung von Wirtschaftsförderung, von öffentlichen Aufträgen an Gleichstel­lungspolitik in Unternehmen nachdenken. Und ein Schlüsselfaktor, denke ich mir und denken die Grünen, für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen ist und bleibt auch ihre ökonomische Gleichstellung, höhere Einkommen von Frauen.

Deshalb hoffe ich sehr, dass die heutige Enquete nicht in der Schublade des Gleichbe­handlungsausschusses verschwindet, sondern dass den vielen großen Worten, die ich hier heute schon gehört habe, auch wirklich politische Taten folgen. – Danke. (Beifall.)

11.13


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ablinger zu Wort. 3 Minuten. – Bitte.

 


11.13.08

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich freue mich auch, dass die Veranstaltung heute stattfindet. Im März 2008 waren wir noch im kleinen Palais Epstein, heute sitzen wir im großen Plenum. Na, wenn das nicht ein Schritt nach vorne ist, was denn dann?

Aber der Schritt nach vorn ist natürlich immer zu langsam. Dass Sie, Herr Abgeordne­ter Kopf, gesagt haben, Sie haben sich zuerst überlegt, ob Sie nur zuhören, dann re­den Sie doch, das hat uns nicht überrascht. Das können Männer ja nur selten, dass sie nur zuhören, ohne sich irgendwie einzubringen. (Heiterkeit.) Aber ich finde es auch richtig. Dass Sie bei der Quote skeptisch sind, verstehe ich auch, weil die Quoten wir­ken. Vielleicht ist das der Grund, warum Sie ein bisserl skeptisch sind (neuerliche Hei­terkeit), denn das könnte ja möglicherweise irgendwie zu viel werden.

Wenn Sie sagen – und da unterstütze ich Sie sehr –, das Ziel ist die entsprechende Repräsentanz, dann muss ich mir dieses Bemühen mit Zeitvergleichen anschauen, so unter dem Motto: „Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann dauert es noch Hunderte Jahre, bis wir die Gleichstellung haben.“ Und diese Frage müssen wir uns stellen, vor allem dann, wenn es darum geht, dass diskutiert wird, es wäre ein unrecht­mäßiger Eingriff in die Verfassung. Ich finde, wir müssen die Frage umgekehrt stellen. Ist es nicht verfassungswidrig, dass den Frauen dieses seit der Französischen Revolu­tion so sehr versprochene Recht auf Gleichstellung, dieses auch in unserer Verfassung stehende Recht auf Gleichstellung auch in den Parlamenten seit Jahrhunderten vorent­halten wird? Ich finde, wir müssen die Frage umdrehen, und dann kommt man viel­leicht ein bisserl schneller in Schwung.

Herr Brauneder hat davon gesprochen – darauf möchte ich auch noch eingehen –, die repräsentative Demokratie würde sozusagen der Quote widersprechen. – Da muss ich widersprechen. Denn wenn Repräsentation so etwas wie Abbildung heißt, Herr Braun­eder: Wir sind die Mehrheit! Ich meine, wir sind 52 Prozent, und ich finde es enorm nett von uns, dass wir nur 50 Prozent verlangen. Nehmen Sie das doch als Angebot! Wir könnten 52 Prozent verlangen. (Beifall.)

Ich sage das durchaus auch für meine eigene Partei. In unserer eigenen Partei haben wir nur 40 Prozent. Ich habe gefunden, das ist ein extrem nettes Angebot von uns ge­wesen.

Noch etwas zum Schluss, was mich nämlich so erstaunt: Wir haben – das sage ich auch kritisch zur eigenen Partei – noch immer unzählige Gemeinderatsfraktionen, in denen keine einzige Frau drinnen sitzt. Ich nehme an, das wird bei Ihnen nicht anders sein. Noch nie hat sich ein Mann da drinnen gefragt: Was machen wir eigentlich falsch, dass bei uns keine Frau mitarbeiten will? Dass sie diese Frage nicht stellen, finde ich erstaunlich genug.

Darum ist für mich eindeutig historisch belegt: Wir brauchen Männerquoten, um ihre überbordende – lassen Sie mich das so flapsig formulieren – Sehnsucht nach Manda­ten zu beschränken. Und eben zum Schluss, damit es nicht so wehtut: Wir verlangen nur 50 Prozent, wir könnten 52 Prozent verlangen. – Danke schön. (Beifall.)

11.16


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun kommt die Vorsitzende der ÖGB-Frauen, Brigitte Ruprecht, zu Wort. – Bitte.

 


11.16.15

Brigitte Ruprecht (Vorsitzende der ÖGB-Frauen)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Österreich haben wir Einkommensunterschiede von 26,2 Prozent, auf Vollzeit gerechnet von der Statistik Austria. Österreich ist somit auch an vorletzter Stelle in der EU. Die Armut ist weiblich, das ist eine traurige Wahr­heit. Wir haben in Österreich eine Million arme Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder. Wir haben 230 000 sogenannte Working poor, die trotz Arbeit an oder unter der Armutsschwelle liegen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer noch ein Frauenproblem. Und zum Thema „häusliche Gewalt“: Hauptsächlich Frauen sind die Opfer.

Dass das so ist, ist auch darauf zurückzuführen, dass viel zu wenig Frauen in Entschei­dungspositionen sind, dass viel zu wenig Frauen in Führungspositionen sind, dass viel zu wenig Frauen im Parlament, in der Gesetzgebung und in wichtigen entscheidenden Positionen sind. Und wenn es diese Enquete heute gibt, dann nur deshalb, weil wir eine Nationalratspräsidentin haben.

Wenn wir Frauen vor Diskriminierung, vor Gewalt, vor Schlechterstellung schützen wol­len, dann geht das nur, wenn wir Frauen auch die Teilhabe am gesellschaftlichen, am kulturellen und auch am politischen Leben ermöglichen. Und wenn sogar wir im ÖGB, im Österreichischen Gewerkschaftsbund, vor zwei Jahren eine Quote über alle Fraktio­nen hinweg durchgesetzt haben, dann nur deswegen, weil wir uns genau diese The­men angeschaut und gesagt haben, das geht nicht, dass Männer immer alle Entschei­dungen treffen, die hauptsächlich Frauen betreffen. Im Österreichischen Gewerk­schaftsbund haben wir vor zwei Jahren die Quote eingeführt, und zwar in dem Aus­maß, dass wir gesagt haben, 34 Prozent der Mitglieder im Österreichischen Gewerk­schaftsbund sind weiblich, deshalb muss das die Größe sein, dass auch der Anteil der Frauen in den Gremien des Gewerkschaftsbundes, in der Gewerkschaftsbewegung 34 Prozent entspricht. Deshalb sind es bei uns die 34 Prozent.

Für das Parlament würde ich mindestens 50 Prozent vorschlagen oder in dem Fall so­gar 52 Prozent, weil da natürlich die Größe zur Berechnung herangezogen werden muss: Wer sind die Wähler, und vor allem, wer sind die Wählerinnen?

Also nicht mehr lange darüber diskutieren, warum Quoten wichtig sind – das wissen wir alle, wir haben alle in unseren Parteien, in unseren Gremien, in unseren Fraktionen diese Themen sehr ausführlich diskutiert –, sondern darüber, wie wir es gemeinsam schaffen können, dass Frauen endlich bei Entscheidungen, die hauptsächlich sie be­treffen, auch mit eingebunden sind! – Danke schön. (Beifall.)

11.19


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Es hat sich nun Herr Kaiser vom Land Kärnten zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.20.05

Landesrat Dr. Peter Kaiser (Frauenreferent des Landes Kärnten)|: Meine sehr geehr­ten Damen! Meine sehr geehrten Herren! Ich bin wahrscheinlich die einzige Person hier im Saal, deren primäres politisches Ziel es ist, sich in nächster Zeit wegzurationali­sieren. Es wird Sie vielleicht noch mehr verwundern, dass ich das sogar als ein Quali­tätskriterium heranziehen werde. Die Begründung ist einfach: Ich bin in einer Landes­regierung, in der es ausschließlich männliche Mitglieder gibt, derjenige, der die für mich politische Aufgabe und Ehre übernommen hat, auch als Referent für Gleichbehand­lungs- und Frauenfragen tätig zu sein.

Meine Damen und Herren! Ich habe diese Diskussion mit Engagement, mit Interesse verfolgt. Ich habe verschiedene Stellungnahmen zur Quote gehört, die ich teilweise tei­le, die ich in manchen Bereichen aber einfach zurückweisen muss, nämlich dann, wenn man sagt, dass Quote kein Garant für die Sicherung der Qualität ist. Aber keine Quote, meine Damen und Herren, ist auch kein Garant für Sicherung von Qualität.

Daher ist es für mich nicht der unbedingte Ansatz, an dem man das Ganze festmachen sollte. Was mir wichtiger ist, ist, dass wir insgesamt die gesellschaftliche Bedeutung dieser Problematik, die heute erörtert wird, auf den Punkt bringen. Die lautet schlicht und ergreifend, dass es Benachteiligung und Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen gibt und natürlich in der Widerspiege­lung der Gesellschaft auch in der Politik. Daher: Wenn man die Ansätze langfristig und nachhaltig verändern will, wird man auch die Gesellschaftspolitik unseres Landes, den Zugang zu Gleichbehandlung nachhaltig verändern müssen.

Dazu gibt es auch Mittel, da gibt es Mittel, die auch auf anderer Ebene bereits disku­tiert worden sind. Es geht um den ökonomischen Zugang, es geht um die Gleichbe­handlung in verschiedenen anderen Bereichen, es geht auch darum, dass gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit letztendlich auch durchgesetzt wird, einklagbar wird und in letzter Konsequenz auch zu einem Selbstverständnis einer Republik, einer Demo­kratie, einer Gesellschaft, eines Staates wird. (Beifall.)

Dann werden wir, meine Damen und Herren, in weiterer Folge auch all das, was heute diskutiert wird – wie ist eine entsprechende Repräsentanz durch oder mit oder ohne Quoten erreichbar? –, lösen können. Nur: Solange es nicht auf dem sogenannten nor­malen, argumentativen Weg machbar ist, ist für mich die Quote zwar nicht das Heil al­ler politischen Schlussfolgerungen, aber das einzige probate, statistisch unterstützte und in letzter Konsequenz auch zu bescheidenen Erfolgen führende Instrument, auf das wir hinzugehen haben. (Beifall.)

Abschließend noch einmal von meiner Seite eine Bemerkung. Sie können sich manch­mal nicht vorstellen – und ich sage das aus meiner eigenen Erfahrung, persönlich und nicht parteipolitisch –: Es ist ein Verlust der Qualität der Arbeit in einem politischen Gremium, wenn man es ohne Frauen macht. Glauben Sie mir! (Beifall.)

11.23


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Es kommt nun Frau Bundesminis­terin a. D. Rauch-Kallat zu Wort. – Bitte sehr.

 


11.23.18

Bundesministerin a. D. Maria Rauch-Kallat|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass diese Enquete heute stattfindet. Sie findet des­wegen statt, weil sich – als Auslöser des grünen Antrags – die beiden Fraktionen schon in der letzten Legislaturperiode auf eine Enquete geeinigt haben, die durch die Verkürzung der Periode nicht mehr möglich war. Ich bedanke mich daher auch aus­drücklich für die Initiative von Frau Präsidentin Prammer, die auch schon in der letzten Gesetzgebungsperiode Präsidentin war, dass diese Enquete jetzt stattfindet.

Die Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer können jetzt einmal erleben, wie Parlament aussieht, wenn mehrheitlich Frauen drinnen sitzen. (Beifall.) Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen allen nicht nur für die Disziplin, sondern auch für die Auf­merksamkeit und für die Qualität der Diskussion. Ich denke, dass das ein schlagender Beweis dafür ist, wie Frauen politische Kultur verändern können, denn – wir haben es vorhin schon gehört – es bedarf der kritischen Masse. Einzelne Frauen in einem politi­schen Gremium haben einen enormen Anpassungsdruck, dem sie nur mit sehr viel Kraft entgegenwirken können. Und auch wenn es nur wenige sind, ist es schwierig. Je mehr Frauen, desto besser.

Daher bin ich sehr dankbar und bedanke mich ausdrücklich bei unserem Klubobmann, dass er hier ein klares Bekenntnis zu den 50 Prozent, zur Hälfte der Macht abgegeben hat (Beifall), und ich freue mich sehr, dass wir auf diesem Weg gemeinsam weiterge­hen können.

Wir haben es auch gehört, die Quote ist unelegant, sie ist kein Allheilmittel. Ich bin ab­solut derselben Meinung. Aber sie wirkt! Und das ist das einzige Argument, das für die Quote zählt. (Beifall.)

Ich habe es nach 30 Jahren frauenpolitischen Engagements in meiner Partei, im eige­nen Land einfach satt, weiter zu warten, bis wohlmeinende, vielleicht nicht so starke Männer, die sich bei der Wahl bezüglich der Listen nicht durchsetzen können und ge­nug starke Frauen auf die Listen geben können, uns diesen Weg ebnen. Wir haben Kraft genug, es zu können, wir haben die Energie, wir haben das Wissen, wir haben die Qualifikation. Wir wollen auch nicht alle Frauen in die Politik, sondern nur die, die hineinwollen, Frau Abgeordnete Belakowitsch. Niemand soll zwangsbeglückt werden, aber ich kenne genug Frauen, die in die Politik wollen, die gerne in die Politik kommen, die die Qualifikation haben und die trotzdem verhindert werden.

Es gibt einen sehr schönen Satz: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau, die ihn unterstützt und fördert. Es gibt in Amerika ein Beispiel dazu, einen Gegensatz: Hin­ter jeder erfolgreichen Frau steht ein Mann, der versucht, sie zu verhindern. Und ich sage Ihnen aus eigener Erfahrung: manchmal nicht nur einer. (Heiterkeit und Beifall.)

Daher, meine Damen und Herren, wir brauchen alles: Wir brauchen die Ermunterung und die Ermutigung von Frauen, wir brauchen das Engagement, und wir brauchen auch die Quote, und zwar verpflichtend und mit Sanktionen, damit sie wirkt. (Beifall.)

11.26


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Danke schön. Wir sind damit am Ende des Themenblocks I.

Ich darf die Referentinnen und den Referenten noch fragen, ob es aus ihrer Sicht noch aufgeworfene Fragen gibt, die von ihrer Seite beantwortet werden müssten. – Sehe ich nicht.

Dann bedanke ich mich sehr herzlich. Ich hoffe, Sie bleiben auch bei der Enquete. Wir werden im Themenblock III bedeutend mehr Zeit zur Diskussion haben, sodass sich dann vielleicht für die Referentinnen, für die Referenten auch die Möglichkeit ergibt, noch einmal mitzudiskutieren.

11.27.28Themenblock II: Im Blick der Medien: Frauen in der Politik. Tradierte Rollenbilder von Frauen in der Gesellschaft

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich eröffne damit den Themen­block II. Ich ersuche darum, sozusagen die Regierungsbank zu wechseln, und darf Frau Mag. Hamann, Frau Prof. Perner, Frau Landesrätin Rosenkranz, Frau Dr. Salo­mon und Frau Dr. Pusch bitten, auf der Regierungsbank Platz zu nehmen.

Ich ersuche gleich zu Beginn Frau Mag. Hamann um ihr zehnminütiges Statement. – Bitte sehr.

Statements

 


11.28.28

Mag. Sibylle Hamann| (Autorin und Journalistin): Frau Präsidentin! Auch ich möchte da beginnen, wo wir sitzen. Schauen wir uns um im Saal! Hier sitzen heute deutlich mehr als die Hälfte Frauen. Das wird in jedem politischen Rahmen normalerweise als eigen­artig, fremd und ziemlich beunruhigend wahrgenommen. Sie erinnern sich an die Dis­kussion um die Grünen, die gleich viele Männer wie Frauen in sichtbaren Führungspo­sitionen hatten. Ja, darf denn das sein? Ist jetzt die feministische Diktatur ausgebro­chen oder so eine Art Schwesternterror, der alles Männliche ausrotten wird, das sich ihm in den Weg stellt? – So und ähnlich klang es in den Kommentaren.

Man sieht schon, Männer haben offenbar ein sehr ausgeprägtes Sensorium für Ge­rechtigkeit; wahrscheinlich nicht nur bei den Grünen, sondern auch in den anderen Parteien; ich kann Ihnen versichern, auch in den Medien. Ein Verhältnis von 50 : 50 empfinden sie in der Regel als unerträgliche Benachteiligung, erst bei 70 : 30 oder 80 : 20 ungefähr entspannen sie sich. Ungefähr hier liegt aus meiner Sicht das gefühlte Gleichgewicht im Geschlechterverhältnis.

Dieses gefühlte Gleichgewicht kennen Sie wahrscheinlich auch alle, aus Ihrer Partei­vorstandssitzung wahrscheinlich, aus der Sitzung der Sektionschefs oder aus der Sen­dung „Im Zentrum“, auch aus den Elefantenrunden der Spitzenkandidaten im Fernse­hen. Solange bloß eine Frau am Tisch sitzt, und sei es die Moderatorin, passt eigent­lich alles.

Wir haben uns an diese dramatische Schieflage so sehr gewöhnt, dass sie uns normal erscheint, und das reale Gleichgewicht erscheint uns als verdächtig.

Was folgt daraus? – Ich meine, das ist ganz einfach: Es folgt daraus, dass wir uns auf unser Gefühl nicht immer verlassen können. Ich möchte jetzt hier eine kleine Chiffre aus der Welt der Heimwerker verwenden: Da geht es Ihnen ganz ähnlich, wenn Sie schon mehrmals versucht haben, nach Augenmaß Regalbretter in die Wand zu schrau­ben, die sich nachher als extrem schief herausgestellt haben. Dann nehmen Sie beim nächsten Mal vielleicht doch eine Wasserwaage in die Hand. Das ist ein simples, hilf­reiches Werkzeug, das einem objektiv zeigt, wie weit man mit seinem Gespür daneben liegt.

Im Geschlechterverhältnis heißt dieses Werkzeug die Quote, und die Quote ist eben­falls ein recht simples, hilfreiches und von jedem feministischen Furor freies Messin­strument, das objektiv zeigt, wo der Normalwert im Geschlechterverhältnis liegt, näm­lich bei ungefähr 50 : 50. Wo es Abweichungen gibt, muss man sich überlegen, warum.

Nächster Punkt: Warum wollen wir das überhaupt, ein Gleichgewicht im Geschlechter­verhältnis? – Ich sage, wir wollen nicht mehr Frauen in der Politik, um Frauen einen Gefallen zu tun, sondern wir wollen mehr Frauen in der Politik, damit die Politik objektiv besser wird.

Da machen wir jetzt vielleicht am besten einen kleinen Ausflug in die Welt des Kapita­lismus: Die amerikanischen Großkonzerne sind des linkslinken Gutmenschentums ja wahrscheinlich unverdächtig. Dort hat man ganz nüchtern nachgerechnet, und man hat erkannt: Je vielfältiger ein Entscheidungsgremium besetzt ist, desto besser sind die Entscheidungen, die es hervorbringt. Man kann sich das konkret so vorstellen: Ein Board, in dem ausschließlich Männer derselben Generation mit ähnlichem sozialen Hintergrund und ähnlichem „Stallgeruch“ sitzen, verfügt insgesamt nur über einen sehr eingeschränkten Erfahrungsschatz. Das schränkt die möglichen Blickwinkel ein und mindert die Chance, unter Tausenden möglichen Entscheidungen die richtige zu fin­den. Das ist schlecht für die Unternehmensstrategie, und das ist schlecht für den Um­satz.

Und ich sage jetzt einmal: Was für amerikanische Unternehmen gilt, das kann für die österreichische Politik nicht ganz verkehrt sein. Die Muster, nach denen Parteien ihren Nachwuchs rekrutieren, würde ich nämlich ungefähr folgendermaßen benennen: An­wesenheit, Nähe, Gewohnheit, Loyalität und Freundschaft. Dass da keine Vielfalt he­rauskommt, halte ich für logisch. In den Medien ist das im Übrigen ganz ähnlich. Gute, fundierte, mutige politische Strategien brauchen die Vielfalt von Erfahrungen. Wer Viel­falt von Erfahrungen will, braucht die Vielfalt von Personen und Biographien, und da­rauf mutwillig zu verzichten, halte ich für fahrlässig.

Was aber machen wir, wenn sich die Entscheidungsträger hartnäckig weigern, dieser Einsicht zu folgen? – Sie kennen diese Lage aus dem Familienalltag: Man versucht es zuerst mit Gut-Zureden. Wenn das alles nicht hilft, verhängt man irgendwann Sanktio­nen. – Ja, an diesem Punkt stehen wir auch in der Quotendiskussion. Und es ist ja vor­her bereits angeklungen, dass das Einzige, was für die Quote spricht, ist, dass sie wirkt. Wenn Gut-Zureden nicht hilft und sich die Entscheidungsträger als verände­rungsresistent erweisen, hilft die Brachialmethode, die lautet, Quoten gesetzlich vorzu­schreiben und bei Nichteinhaltung zu sanktionieren. Bei den Parteien steht uns da das Instrument der Minderung oder des Entzugs der Parteienförderung zur Verfügung.

Dass das nicht elegant ist, wurde auch bereits erwähnt. Warum wirkt das aber? – Sie kennen alle diesen Satz: Ich hätte ja gerne eine Frau für diesen Posten, aber ich habe leider keine gefunden! – Wer eine Quote erfüllen muss, dem nützt dieser Satz plötzlich überhaupt nichts mehr. Der muss nämlich so lange weitersuchen, bis er eine geeignete Frau gefunden hat. Er wird sich am Ende wundern: Es gibt immer eine!

Noch ein Satz, den Sie auch kennen, der hier auf dem Podium der ExpertInnen bereits gefallen ist und der lautete: Es bringt nichts, die Frauen zu zählen; es kommt nicht auf die Zahl, sondern auf die Inhalte an. – Das klingt logisch, aber ich möchte trotzdem wi­dersprechen: Es kommt manchmal sehr wohl auf die Zahlen an! Eins, zum Beispiel, ist eine sehr problematische Zahl. Die einzige Frau in einem Männergremium wird immer als etwas Besonderes empfunden, als Abweichung von der Norm. Außerdem wird ihr stets eine Last aufgebürdet, sie muss nämlich immer stellvertretend für alle Frauen am Tisch sitzen. Sie muss ständig als Frau Position beziehen, und scheitert sie, dann scheitert sie nicht bloß als Individuum, sondern als Vertreterin ihres Geschlechts.

Ich möchte den Begriff kritische Masse aufgreifen. Erst ab einer kritischen Masse kön­nen Frauen in der Politik das tun, was Männer ganz selbstverständlich immer tun: Sie können sich hintereinander verstecken, sie können Bündnisse schließen, oder sie kön­nen verschiedener Meinung sein, ohne dass das gleich als Zickenkrieg diffamiert wird. Für die Medien, die da nur allzu gern in die Klischeekiste greifen, wird das eine ganz neue Erfahrung sein. Erst eine gewisse sichtbare Masse verschiebt nämlich das ge­fühlte Gleichgewicht, von dem ich am Anfang gesprochen habe, und erst eine gewisse sichtbare Masse erlaubt es den Frauen, aus der Frauenrolle herauszutreten und in all ihrer Verschiedenheit als Individuen wahrgenommen zu werden.

Ich komme schon zum Schluss: Was machen wir denn dann mit diesem Gleichge­wicht? – Meine Antwort darauf wäre: Wir machen alles. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten erlebt, wie schnell die einzelne Frau in der Politik, solange sie die eine bleibt, für sogenannte weibliche Politikfelder verantwortlich gemacht wird: für Familien­fragen, für Gleichberechtigung, für Soziales, höchstens vielleicht gerade noch für Bil­dung. Hier verstärkt sich natürlich noch einmal die Rollenzuschreibung, die im richtigen Leben ohnehin schon herrscht: dass Kinder, Familie, Fürsorge und Organisation des Alltags in Frauenhand sind und dass sich Männer darum nicht groß kümmern müssen, denn es wird ja alles eh erledigt.

Machttaktisch hat diese Aufteilung für Männer unschätzbare Vorteile. Solange nämlich Frauen mit Frauenangelegenheiten beschäftigt sind, machen Männer den Rest. Solan­ge Frauen ihre sogenannten Spezialprobleme lösen, kommen sie Männern beim soge­nannten großen Ganzen nicht in die Quere.

Was die Geschlechtergerechtigkeit betrifft, ist das eine Sackgasse, und ich habe mich gefreut zu hören, dass das bereits bei einigen meiner Vorrednerinnen/Vorredner ange­klungen ist. Die Vielfalt von Erfahrungen, die ich anfangs beschworen habe, brauchen wir nämlich auf allen Hierarchieebenen und in allen Gesellschaftsbereichen. Ebenso dringend, wie wir Frauen in der Hochfinanz brauchen, brauchen wir Männer im Alltag von Kleinkindern. Und ebenso wichtig, wie eine weibliche Infrastrukturministerin der-
zeit ist, könnte ein männlicher Familienminister sein, der für Väter-Teilzeitarbeitsplätze kämpft.

Es ist deswegen schön, dass heute mehr Frauen im Sitzungssaal sitzen, als gewöhn­lich. Aber ich finde es gleichzeitig schade, dass das ausschließlich daran liegt, dass hier und heute Genderangelegenheiten behandelt werden. Geschlechtergerechtigkeit ist nämlich genau keine Frauenfrage, und je eher wir das merken, desto besser wäre es für die Politik. – Danke schön. (Beifall.)

11.37


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich erteile nun Frau Professorin Dr. Rotraud Perner das Wort. – Bitte.

 


11.37.30

Univ.-Prof. i. R. Dr. Rotraud A. Perner (Institut für Stressprophylaxe und Salutoge­nese)|: Ich möchte zuerst deklarieren, dass ich keine derjenigen bin, die die Quoten-Euphorie teilen. Ich bin auch dafür, dass mehr Frauen, und idealerweise unserem Be­völkerungsanteil entsprechend Frauen, mitbestimmen bei den Gesetzen, aber was mich stört, ist, zu erwarten, dass von oben durch einen bewussten Akt struktureller Ge­walt eine gewachsene strukturelle Gewalt beantwortet wird.

Mir geht es darum, dass transparent gemacht wird, wie Frauen behindert werden. Ich bin eine Befürworterin von öffentlichem Monitoring, von Aufzeigen von Diskriminierun­gen. Ich war selbst, bevor ich am 1. April dieses Jahres in meiner Eigenschaft als Uni­versitätsprofessorin an der Donau-Universität in Pension gegangen bin, die stellvertre­tende Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen und habe erlebt, auf welche subtile Art, auch wenn man deklariert, dass Frauen bevorzugt werden sol­len, Frauen behindert werden. Ich kenne aus meiner über 40-jährigen Tätigkeit als Be­raterin und Coach die Diskriminierungen, die wehrhafte Frauen in Gremien erleben, auch zum Beispiel im ÖGB und in der Arbeiterkammer oder in der Gebietskrankenkas­se. Ich sehe das realistisch, und da dieses Panel sich laut seinem Titel mit tradierten Rollenbildern beschäftigt, möchte ich zeigen, dass es unbedingt notwendig ist, die Prä­senz in allen Frauenrollenbildern, die es gibt, zu erkämpfen, damit es keine Diskrimi­nierung derjenigen Frauen gibt, die sehr wohl im Sinne der repräsentativen Demokratie vertreten werden wollen, vielleicht von Frauen, die nicht dem Rollenbild der Amazone entsprechen.

Ich denke daher, es ist wichtig, hier vor allem auf Bildung zu achten. Wir wissen aus der jüngeren Gehirnforschung, dass unsere Sicht der Welt, unser Weltbild damit zu­sammenhängt, was wir vor Augen geführt bekommen. Das heißt, wenn in den Medien, vor allem in den audiovisuellen Medien Frauen in der Funktion der Regierenden, der Gestaltenden nicht präsent sind, dann dominiert das Frauenrollenbild der Hausfrau und Mutter – denn das ist das Bild, das wir alle als erstes in unserem Leben erleben. Auch wenn es nicht die leibliche Mutter ist, es ist immer das Mutterbild das, das uns vorge­geben wird, ob es jetzt in den Religionen ist oder in den historischen medialen Produk­ten, die wir im Deutschunterricht, im Englischunterricht et cetera zum Teil auswendig lernen müssen, damit wir ja genau wissen, dass drinnen die züchtige Hausfrau zu wal­ten hat, während der Mann hinaus muss ins feindliche Leben – mit Betonung auf „feindlich“, denn in dieser militaristischen Sichtweise kann draußen nur Feindschaft herrschen, und drinnen wird idealisiert.

Ich warne davor, auch Frauen zu idealisieren. Ich möchte einfach zeigen, dass es wichtig ist, dass wir ganz genau analysieren und dass wir die Wahrheit sagen, wenn uns etwas stört, dass wir also wirklich dorthin kommen, dass die Bewerbungen um poli­tische Funktionen von der Basis an bereits öffentlich gemacht werden und beobachtet werden. Hier erwarte ich Forschungsaufträge, hier erwarte ich Medienberichterstat­tung, damit man das aufzeigen kann, was die dunkle Seite ist, und wir nicht nur in der Hoffnung, dass Quoten eine lichte Seite bringen, vergessen, die vielen kleinen Behin­derungen aufzuzeigen und zu verpönen. Denn die sind nicht nur negativ, wenn es da­rum geht, einen erweiterten Blickwinkel zu bekommen, sondern sie sind außerdem ge­sundheitsschädigend für jene Personen, die damit eingeschüchtert werden sollen, die damit diskriminiert werden.

Wir dürfen nicht vergessen: Wenn wir heute als Richtlinie „Diversity“ haben, so sind die Frauen immer noch die ersten Fremden in einer patriarchalen Gesellschaft. Und es ist hier wichtig, die verschiedenen Ansprüche so zu multiplizieren, dass andere lernen können, es gibt einen anderen Stil – Maria Rauch-Kallat hat es angesprochen, Frau Dr. Jarosch hat es angesprochen –, eine andere politische Kultur zu leben – was nicht heißt, dass man nicht kämpft. Für mich ist die Quote eine Kampfmaßnahme, die not­wendig werden kann, aber ich möchte nicht weitergehen, ohne auch andere Maßnah­men öffentlich zu diskutieren, einzufordern: dass zum Beispiel Klubzwänge aufgeho­ben werden, weil hier dann andere Möglichkeiten bestehen, als wenn man vergattert wird – ich war selbst 15 Jahre lang Politikerin –, mitstimmen zu müssen bei Entschei­dungen, die man nicht mittragen will – und man kann auch nicht dauernd aufs Klo ge­hen.

Ja, das war das, was ich sagen wollte. (Beifall.)

11.43


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Es kommt nun Frau Landesrätin Barbara Rosenkranz zu Wort. – Bitte.

 


11.43.54

Landesrätin Barbara Rosenkranz (Niederösterreichische Landesregierung)|: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das jetzt gestellte Thema heißt „Im Blick der Medien: Frauen in der Politik. Tradierte Rollenbilder von Frauen in der Gesellschaft“. Es wird also zu untersuchen sein, inwieweit das in den Medien dargestellte Frauenbild der Entwicklung vorangeht, dem Stand der Entwicklung ent­spricht oder diese Entwicklung sogar behindert.

Medien sind Organe gesellschaftlicher Selbstbeobachtung. Sie sind sozusagen in dop­pelter Weise an die soziale Wirklichkeit, an den sozialen Wandel gebunden: Einerseits stellen sie ihn dar, andererseits aber treiben sie ihn auch voran.

Wie ist nun das Verhältnis zwischen der realen Lebenswelt und der in den Medien ge­zeigten Lebenswelt? – Lassen Sie mich bei einem speziellen Sektor kurz beginnen, bei der Werbung. Die Werbung ist naturgemäß rein kommerziell interessiert, ideologische Überlegungen spielen bislang keine große Rolle. Die Werbung will verkaufen, und wir wissen: sex sells. In der Werbung ist das Menschenbild ganz einfach und ganz klar: Richtige Männer, attraktive Frauen. – Auch eine Art von traditionellem Rollenbild. Das findet man in der Werbung ganz stark.

Am ehesten aber findet man in der Werbung auch noch das, was man eigentlich unter traditionellem Rollenbild versteht. Es soll ja verkauft werden! Die Waschmittelwerbung richtet sich deswegen immer noch vorwiegend an Frauen, die natürlich auch in ihrer Tätigkeit als Hausfrau gezeigt werden. In der Werbung findet sich am ehesten – sage ich jetzt, denn in anderen Medienbereichen ist das mittlerweile völlig anders – das Bild, das man als das traditionelle bezeichnet: die Frau in ihrer Rolle als Hausfrau und in ih­rer Qualifikation als Mutter.

Es soll allerdings demnächst damit Schluss sein, und das Ende ist schon eingeläutet. Auch das übrigens ein ganz interessantes Zeichen für die Behandlung von traditionel­len Frauenbildern in Medien: Eine bürgerliche Zeitung schreibt unter dem Titel „Das Aus für die Herd-Heimchen“ – was nicht gerade für eine hochschätzende Sicht der Hausfrau spricht –, dass – es ist knapp ein Jahr her – die EU mit großer Mehrheit fest­gelegt hat, dass es zu einem Werbeverbot kommen soll in Bezug auf die Darstellung von Frauen in diskriminierenden Positionen. Diskriminierende Botschaften auf der Grundlage von Geschlechterklischees – Backende, Kochende, wird ausgeführt, die kin­derbetreuenden Frauen – sollen so nicht mehr gezeigt werden können. Das wurde mit großer Mehrheit angenommen. Es kam – die Werbung ist an kommerziellen Dingen in­teressiert – natürlich sofort zu einem Protest der Werbewirtschaft. Noch ist es rechtlich nicht verbindlich, es ist aber im Rahmen von Gender Mainstreaming eine Maßnahme, an der gearbeitet wird.

Nun aber zu dem wirkmächtigsten Medium, zum Fernsehen. Über die Rollenbilder im Fernsehen gibt es sehr profunde Arbeiten, und zwar über die Jahrzehnte hinweg. Die erste Arbeit ist die bekannte Küchenhoff-Studie aus dem Jahr 1975, noch mit einem sehr patriarchalen Ansatz. Die zweite, aus dem Jahr 1993, von Monika Weiderer, geht von denselben Fragestellungen aus – schicke ich einmal voraus –, ist aber schon von der Gender-Idee getragen. Es wird also nicht nur das Frauen-, sondern auch das Män­nerbild abgefragt. Und es gibt eine sehr junge Studie, „Familienbilder im Fernsehen“, aus dem Jahr 2005.

Lassen Sie mich nun anhand der Berufstätigkeit von Frauen den Wandel des Bildes, des Frauenbildes im Fernsehen kurz darstellen.

1975: 39 Prozent der Frauen, die im Fernsehen gezeigt werden, sind berufstätig. Es gibt noch 31 Prozent Hausfrauen. Übrigens üben 50 Prozent dieser Frauen einen so­genannten typischen Frauenberuf aus, 19,4 Prozent – das ist auch sehr lustig – einen typischen „Fernsehberuf“, also Kommissarinnen, Prostituierte oder in dieser Art und Weise.

15 Jahre später: Während 39 Prozent im Jahr 1975 als berufstätig bezeichnet oder ge­zeigt wurden, sind 15 Jahre später bereits 52 Prozent der Frauen berufstätig. Die Frau­en sind nunmehr auch in Berufe vorgedrungen, die am technisch-wissenschaftlichen Sektor zu finden sind.

Und nun, nach der neuesten Studie aus dem Jahr 2005 ist ein Großteil der Frauen be­rufstätig. Hausfrauen sind eine verschwindende Minderheit geworden, kommen sogar so gut wie gar nicht mehr vor. Die Berufstätigkeit der Frauen liegt im Fernsehen mittler­weile bei 76,1 Prozent und damit nicht nur weit über dem realen Schnitt, sondern auch über dem weltweiten Spitzenwert. Das ist jener von Norwegen, der 73,5 Prozent be­trägt. Noch eklatanter ist der Unterschied bei den Müttern: Während im Film 72,7 Pro­zent der Mütter und fast 90 Prozent der alleinerziehenden Mütter berufstätig sind, sind dies bei den realen Müttern nur um die 50 Prozent. Nur 10 Prozent der Protagonistin­nen, die gezeigt werden – traditionelles Frauenbild – sind Hausfrauen.

Damit einher gehen auch andere gesellschaftliche Signale: Die klassische Kleinfami­lie – Vater, Mutter, zwei Kinder –, wie heute übrigens oft noch als ideal angegeben, ist am Bildschirm so gut wie nicht mehr zu sehen. Was man sehen kann, sind weitver­zweigte Großfamilien, in denen die einzelnen Paare aber oft nur ein Kind haben, mehr­fach begabte alleinerziehende Frauen und vor allem – und das ist die Mehrzahl – Sin­gles. 44 Prozent der Filmfiguren sind Singles. Der reale Anteil der Singles in Deutsch­land – die Studie stammt vor allem aus Deutschland – beträgt knapp 21 Prozent. Film­figuren sind also doppelt so häufig Singles wie die Menschen in der Realität. Bei den Verheirateten ist der Unterschied noch größer: 57 Prozent der realen Personen sind verheiratet, aber nur 11 Prozent der FilmprotagonistInnen.

Verheiratet mit Kind sind in der Realität insgesamt 28 Prozent, im Film gerade 5 Pro­zent.

Ein ähnlicher Unterschied besteht auch bei der Geburtenrate. Reale Geburtenrate: 1,3 Kinder pro Frau. Filmgeburtenrate der Filmheldinnen: 0,3 Kinder pro Frau.

Was heißt das? – Während in den Siebziger und Achtziger Jahren das in den Medien gezeigte Bild konservativer war als das in der Realität gelebte Bild, die Realität dieses noch hinter sich gelassen hat, ist es nunmehr völlig umgekehrt: Das in den Medien ge­zeigte Bild läuft sozusagen der Realität eilfertigst weit voraus. Die Wirklichkeit ist um Längen konservativer.

Man könnte es auch anders darstellen: Die Kluft zwischen dem Bild, das sich die politi­sche Elite macht – und natürlich gehören die Macher der Medien im weiteren Umfang da völlig dazu –, und dem in der Realität gelebten Leben ist mittlerweile eine sehr, sehr große geworden. Das zeigt sich in der Politik im Allgemeinen, das zeigt sich aber vor allem auch im gesellschaftlichen Bereich.

Damit nun zur Quote. – Ich bin selbstverständlich dafür, dass mehr Frauen in der Poli­tik sind. Ich habe es immer als sehr schmerzhaft erlebt – zehn Jahre lang –, als einzi­ger weiblicher Gemeinderat zu fungieren. Ich hätte sehr gerne eine Gefährtin gehabt, etwa dann, wenn es darum gegangen wäre, die Diskussion über den Schneepflug ab­zukürzen und dafür der Restaurierung des Kindergartens oder der Öffnungszeiten des Horts ein größeres Augenmerk zu schenken.

Ich befürchte allerdings, dass die Quote zu diesem Thema gar nichts beitragen kann. Mehr Frauen in der Politik – natürlich! Nur: Zu welchem Zweck? Wir brauchen eine bessere Vertretung von Frauen in ihrer realistischen Befindlichkeit und mit ihren Wün­schen, die ihrer Lebenswirklichkeit entsprechen. Das ist mit einer Quote überhaupt nicht garantiert. Ich verweise auf diesen Gegensatz, der sich in vielen Politikbereichen, vor allem aber auch im gesellschaftspolitischen Bereich zwischen den Wünschen der Frauen und auch den Wünschen ihrer Vertreterinnen mittlerweile aufgetan hat.

Ich bin überzeugt davon, dass wir alles tun müssen, um die Benachteiligung von Frau­en – und die besteht, vor allem dort, wo die Frauen Mütter sind – zu beseitigen. Es ist schlecht, dass genau jene Frauen, die ihre Lebensarbeit dem Erhalt der Pensionen al­ler widmen, in ihrem eigenen Alter nicht nur oft schlecht, sondern nahezu nicht versorgt sind.

Es ist nicht einzusehen, warum Frauen, die sich in der biologisch vernünftigen Phase der Familie widmen, dann, wenn sie 35 oder 40 Jahre alt sind und wieder ins Berufsle­ben einsteigen wollen, und zwar mit einer Reihe von neuen Erfahrungen, zu alt sein sollen.

Es wird notwendig sein, Mütter pensionsrechtlich zu versorgen. Es wird notwendig sein, den Wiedereinstieg in den Beruf besser zu organisieren. Bei einer Lebenserwar­tung von über 80 Jahren muss es möglich sein, diese Phasen auch hintereinander zu bringen.

Es ist dringend notwendig, die wirtschaftlichen Nachteile der Familien zu beseitigen und die Einkommensausfälle, die bestehen, wenn sich ein Familienteil eine Zeit lang oder auch ganz der Erziehung der Kinder widmet, auszugleichen. Ich frage mich nur, ob dazu die Quote etwas beitragen wird.

Ich denke, wir müssen darauf achten, dass all jene Frauen, die sich interessieren, er­mutigt werden, die Spielregeln des demokratischen Wettbewerbs zu meistern. Es wird auch das im Interesse der Frauen sein, denn die Quote erspart den Weg dorthin, sie schafft aber die Bedingungen nicht ab.

Es wird notwendig sein, Frauen zu ermutigen und eine Politik zu machen, die den rea­len Gegebenheiten von Frauen wirklich entspricht. (Beifall.)

11.54


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Es kommt nun Frau Dr. Martina Salomon zu Wort. – Bitte.

 


11.54.21

Dr. Martina Salomon („Die Presse“)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Als Politikjournalistin ist es natürlich relativ seltsam, hier heroben zu sitzen und quasi Platz zu tauschen, aber ich probiere es trotzdem.

Ich weiß, auch als Berichterstatterin, gerade in diesem Haus zerbricht man sich immer wieder den Kopf darüber, warum in Österreich die Einkommensschere eigentlich so besonders stark auseinandergeht und warum vergleichsweise wenig Frauen in Füh­rungspositionen sind.

Ich glaube, darauf gibt es ein paar landestypische Antworten, die wahrscheinlich unan­genehm zu hören sind und wahrscheinlich in diesem Haus nicht immer Beifall finden.

Vergleichen Sie einmal die Fernsehkanäle! – Ich will jetzt nicht die Fernsehserien an­sprechen, die Sie angesprochen haben; ich nehme an, da geht es auch darum, bei den vielen Singles zum Schluss ein Happy End zu erzeugen, und da werden die Kinder dann schon kommen, die Sie jetzt vermissen.

Wie schaut das bei den Informationssendungen aus? – Wenn Sie bei den deutschen oder amerikanischen Sendern schauen, dann werden Sie sehr viele 50plus-Moderato­rinnen sehen – das ist dort eine Selbstverständlichkeit –, während bei uns 52-jährige Fernsehjournalistinnen in die Frühpension gedrängt werden, wo sie dann unvor­stellbare 35 Jahre lang bleiben. Pech gehabt – zu alt, zu teuer! Das geht auch deswe­gen so leicht, weil es in Österreich noch immer ein früheres Pensionsantrittsalter für Frauen gibt. Das macht Arbeitnehmerinnen früher alt, es verhindert Karriereschritte, die 50plus-Männern noch offen stehen. Ich glaube, das ist schon ein Grund, warum es in Österreich so besonders große Unterschiede gibt.

Weil Frauen so eine kurze Zeitspanne für ihre Karriere haben, ist es auch kein Wunder, dass in Österreich besonders viele Frauen in Führungspositionen keine Kinder haben, auf Kinder bewusst verzichten. Das höre ich immer wieder, auch in Interviews, wenn ich solche Spitzenfrauen interviewe, und das ist eigentlich wirklich arg. Bei Politikerin­nen ist das übrigens nicht ganz so schlimm wie in der Wirtschaft.

Es herrscht jetzt bei uns in Österreich die paradoxe Situation, dass Frauen mit kleinen Kindern von allen Seiten zu hören bekommen: Um Gottes willen, lass dich nicht an den Herd drängen! Aber genau dieselben Politikerinnen, die das so vehement einfordern, finden dann gar nichts dabei, wenn eine 55-Jährige oder eine 58-Jährige in die Hack­lerpension gedrängt wird, sprich: heim an den Herd gedrängt wird. Dann ist der Herd, der vorher so böse war, plötzlich gut. Das verstehe ich nicht.

Es gibt bei uns in Österreich, speziell in qualifizierten Jobs, auch das Prinzip – und da­ran sind auch die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft beteiligt –: Ganz oder gar nicht! Ich frage mich schon oft, warum Menschen mit Betreuungspflichten, mit Zweit­jobs, mit Fortbildungs- oder Freizeitwünschen oder deshalb, weil sie sich vielleicht zu alt für einen 60-Stunden-Job fühlen, nicht Teilzeit arbeiten sollen – und zwar Frauen und auch Männer, das möchte ich betonen. Wir haben in Österreich einen völlig fanta­sielosen Arbeitsmarkt, und in der Krise wird das, fürchte ich, noch schlimmer werden.

Mittlerweile wird – auch hier in diesen Gremien – überaus viel über Quoten diskutiert. Ich war eine totale Gegnerin von Quoten, als ich davon in einem Interview mit Johanna Dohnal, die hier auch schon zitiert worden ist, zum ersten Mal gehört habe. Ich finde es nicht nur unelegant, sondern ich finde, es ist eine Keule, es ist nicht die feine Klinge, aber trotzdem glaube ich, dass es speziell in der Politik – in der Wirtschaft ist es, finde ich, total problematisch – nicht ohne Quoten gehen wird. So hat ja auch Frau Vana hier gesagt, freiwillig passiere gar nichts. Damit hat sie wahrscheinlich recht.

Ich habe mir das beim Sozialpartner-Dialog in Bad Ischl angeschaut und muss sagen: Bei den Sozialpartnern ist es eigentlich noch schlimmer als hier im Parlament. Da sieht man auf den Fotos überhaupt nur Herren in grauen Anzügen. Darum ist es wichtig, auch in der Gewerkschaft, wie wir soeben gehört haben, eine Quote zu haben.

Wir haben in der Zeitung „Die Presse“ eine Interviewserie mit dem Titel „Zur Lage der Nation“. Da gibt es für mich, weil ich dafür verantwortlich bin, eine heimliche Quote. Ich bemühe mich darum, dort das Geschlechterverhältnis 50 : 50 zu haben. Aber Sie glau­ben nicht, wie schwierig das oft ist. Ich muss die Frauen oft überreden, da mitzutun. Bei dieser Interviewserie wird oft über Politik geredet mit Leuten, die niemals in der Po­litik waren und daselbst auch nicht tätig sind, aber trotzdem muss man die Frauen oft überreden, das zu übernehmen. Die fragen sich: Weiß ich da genug? Bin ich da ge­scheit genug? Will ich das wirklich?

Bei den Männern hingegen rennen mir die SekretärInnen und PR-ReferentInnen die Tür ein, weil sie den anderen zuvorkommen wollen. Ich glaube, das sollte man schon auch beachten. Man muss manchmal die Frauen aktiv ermutigen. Es geht oft nicht um die Quote, sondern um echte Ermutigung. Aber wahrscheinlich führen Quoten dazu, dass man die Frauen dann ermutigt. Ich habe aber noch immer ein gespaltenes Ver­hältnis zur Quotenregelung, das muss ich schon zugeben.

Schauen wir uns das neue Gesetz vom Wissenschaftsministerium, die Universitätsre­form an! Da gibt es eine 40-Prozent-Quote für Gremien. Das ist einerseits sehr positiv, aber andererseits wird es dazu führen, dass sich die wenigen Frauen, die es in den Gremien an der Universität gibt, zersprageln, währen die Männer ruhig an ihren Habili­tationen arbeiten und letztlich wieder sozusagen an den Frauen vorbeiziehen. Ich glau­be, solchen Kollateralschaden muss man schon auch mit berücksichtigen.

Noch problematischer finde ich Strafandrohungen für Firmen, die nicht geschlechterge­recht bezahlen. Ich glaube, das hat zu komplexe Ursachen, als dass man die Firmen alleine dafür verantwortlich machen kann.

Abgesehen davon – und das kam in dieser ganzen Diskussionsrunde viel zu wenig oder eigentlich gar nicht vor – diskutieren wir hier natürlich auf einem völlig abgehobe­nen Niveau. Was geschieht eigentlich mit den vielen Migrantenfrauen, denen die Män­ner nicht einmal erlauben, einen Deutschkurs zu machen, geschweige denn, arbeiten zu gehen? Wir müssen, glaube ich, schon aufpassen, dass nicht ein importierter Ma­chismo in unserer Gesellschaft Dimensionen annimmt, die wir uns hier quasi im ge­schützten Raum des Parlaments gar nicht vorstellen können.

Dabei muss man natürlich auch sagen, in den gelobten westindustrialisierten Ländern ist auch nicht alles Gold, was glänzt, wie man es in Italien sieht, wo man Callgirl gewe­sen sein muss, damit man Frauenministerin werden kann.

Trotzdem: Ich glaube, dass all diese Gender-Diskussionen – ich habe zwei jugendliche Söhne, daher kann ich das auch beurteilen – zu Ermüdungserscheinungen bei den jun­gen Frauen geführt haben, natürlich aber auch bei den jungen Männern. Es hat Ag­gressionen ausgelöst bei den Männern, sowohl bei jungen wie auch bei alten. Und wenn es dann eine Partei gibt, die sichtbar viele Frauen in Spitzenpositionen hat, wie etwa die Grünen, dann bricht eine ganz seltsame Panik aus; Sibylle Hamann hat das auch schon angesprochen. Aber auch innerhalb der Grünen – das ist nicht nur bei den Beobachtern so gewesen – gab es dann eine Diskussion. Da wurde dann über „Grüninnen“ gelästert. Das ganz Land zerbricht sich dann den Kopf darüber, warum man so früh wie Eva Glawischnig aus der Babypause zurückkehren sollte. Diese Dis­kussion fand ich wirklich ziemlich schräg.

Wer konfrontiert eigentlich die Männer mit solchen Fragen? Auch mit Fragen nach dem Privatleben – außer man geht damit so offensiv um wie eine Zeit lang Karl-Heinz Gras­ser. Wenn männliche Politiker sich keine Sekunde um ihre Kinder kümmern, dann ist das kein Thema, aber da gab es dann landesweit eine Hysterie, die ich sehr seltsam fand. (Beifall.)

Die Zeitschrift „Der Spiegel“ hat sich vor zwei Jahren in einer Cover-Geschichte be­sorgt gezeigt, dass die neuen Alpha-Mädchen kommen, und im Untertitel hieß es: „Wie eine neue Generation von Frauen die Männer überholt“.

Ich meine, so richtig große Sorgen müssen sich die Herren – zumindest die in Öster­reich – noch immer nicht machen. In Spitzenpositionen der Wirtschaft sind Frauen noch immer extrem dünn gesät.

Was mir als Beobachterin auffällt: Um Politikerin zu werden, braucht man eine Menge Coolness – Coolness, die Frauen oft abgeht, weil sie Dinge manchmal zu persönlich nehmen; Coolness, um den Klischees zu entkommen.

Ich habe mir vor Kurzem das letzte Kabarett Maschek angeschaut und muss sagen: Bei Faymann und bei Gusenbauer kommen eine Menge Klischees über Frauen vor. Laura Rudas ist dort ein Papagei, Innenministerin Maria Fekter ist eine hysterische Gurke, die ständig ihre Handtasche sucht, und Doris Bures war im Jahr davor die Dorli, die dem Gusenbauer den Kaffee ins Kanzleramt gebracht hat.

Natürlich kommen dort auch die Männer schlecht weg, aber sie werden nicht ganz so trampelhaft wie die Frauen dargestellt, das muss ich schon sagen. Offenbar ist auch das österreichische Kabarett konservativ und männlich dominiert.

Abschließend: Es braucht Role Models – es ist da sehr oft Angela Merkel angespro­chen worden –, wir müssen hinaus aus der Bescheidenheitsfalle, wie ich es im Zusam­menhang mit der Interviewserie der „Presse“ zuvor gemeint habe, aber wir brauchen auch Frauennetzwerke. In einem davon bin ich eine Zeit lang gesessen, und da gab es einen guten Spruch: Reden wir niemals schlecht übereinander! Ich glaube, das ist auch ein ganz wichtiger Punkt.

Aber ich glaube auch, Frauensolidarität soll es über Parteigrenzen hinweg geben. Das gab es in Deutschland, da hat Alice Schwarzer zum Beispiel Angela Merkel unterstützt. Das gibt es bei uns nicht. Bei uns ist die Parteipolitik immer wichtiger. Der Satz „Frau sein ist kein Programm“ kam ausgerechnet von Frauen, und das macht es den Män­nern dann leicht, die Frauen zu übersehen. Da werden wir in Österreich wirklich noch eine Zeit lang brauchen, bis Frauen nicht nur als Moderatorinnen, sondern auch als Diskutantinnen wie hier betrachtet werden. – Danke schön. (Beifall.)

12.04


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Danke schön. – Nun kommt Frau Prof. Dr. Luise F. Pusch von FemBio, Frauenbiographieforschung e.V. aus Hannover zu Wort. – Bitte.

 


12.04.29

Prof. Dr. Luise F. Pusch (FemBio, Frauenbiographieforschung e.V., Hannover)|: Vie­len Dank für die Einladung. – Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich möchte heute über die Infrastruktur reden, genauer: Mein Thema ist, wie sexistische Sprache, Sexismus in den Medien und sexistische Politik zusammenhängen, denn ich bin von Haus aus Sprachwissenschaftlerin und habe mit dazu beigetragen, dass sol­che Ausdrücke wie „Grüninnen“ verwendet werden, um die feministische Sprachkritik lächerlich zu machen.

Ich möchte aber von dem, was ich gehört habe, ein bisschen etwas aufgreifen. „Frau sein ist kein Programm“ wurde gesagt – das ist tatsächlich wahr, denn das Programm ist natürlich: Mann sein.

Also wir haben hier die Männerquote. Wir reden immer über die Frauenquote – das ist wichtig und richtig –, aber das eigentliche politische Programm ist natürlich Männer­politik und Mann sein. Dagegen hilft meiner Ansicht nach tatsächlich nur die Quote. Und ich finde, diejenigen Männer, die hier nicht erschienen sind, sind ausgesprochen kurzsichtig, um nicht zu sagen dumm, denn es geht natürlich hier um die Zukunft der Männer.

Das Angebot, das hier gemacht wird: 50 Prozent, ist ein sehr generöses Angebot. Wenn die Frauen tatsächlich erst einmal an die Macht kommen, dann werden wahr­scheinlich viele die Männer nicht mehr wollen. Man sieht es ja an Angela Merkel – das ist nicht meine Partei, aber sie macht ihren Job sehr gut –, sie hat 78 Prozent Akzep­tanz als Kanzlerin; das hat es noch nie gegeben!

Also ich würde sagen, die Männer – vorausschauende – sollten hier mitstimmen bei der 50-Prozent-Quote. Denn: Ein besseres Angebot kriegen sie nicht mehr. (Beifall.)

Ein Buch von mir heißt „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen: Hundert Politikerin­nen“. Das geht durch die ganze Geschichte; es sind 100 Biographien. Es hat sich he­rausgestellt, was hier auch schon bemerkt wurde, dass die wenigen Blütezeiten in der europäischen Geschichte ganz genau diejenigen Zeiten waren, in denen Frauen an der Macht waren. Das war zum Beispiel in Spanien Isabella die Katholische; das war in Russland Katharina die Große; der bekannteste Fall ist England mit Elisabeth I., das Elisabethanische und Shakespeare-Zeitalter; last but not least Maria Theresia.

Wir hören das aber niemals im Geschichtsunterricht, diesen Überblick müssen sich Frauen tatsächlich selbst erarbeiten, aber es ist ein schlichtes Faktum. Insofern, wie gesagt, Männer aufgepasst in Sachen Quote: Nehmen Sie dieses Angebot jetzt wahr!

Ich komme jetzt zu meinem eigentlichen Thema, nämlich der sexistischen Sprache und wie sie den Sexismus in den Medien und in der Politik beeinflusst.

Frauen wollen in der Sprache besser sichtbar sein und sind mit diesem Anliegen inter­national auch schon sehr erfolgreich. Im Januar zum Beispiel beschloss der US-ame­rikanische Kongress, sexistische Sprache in allen Verlautbarungen abzuschaffen. Ob­wohl das Englische eigentlich eine günstige Sprache ist, war das eine ziemlich inten­sive Arbeit.

Mit Ausnahme des Englischen sind fast alle europäischen Sprachen Genus-Spra­chen – also: der, die, das – mit einer für Frauen sehr nachteiligen Eigenschaft. Männer, hypothetische Personen, wie in Sätzen „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!“, und gemischtgeschlechtliche Gruppen werden alle mit demselben Genus bezeichnet, näm­lich dem Maskulinum. Das Maskulinum erlaubt einen generischen geschlechtsübergrei­fenden Gebrauch, das Femininum nicht.

Überdies sind die meisten Bezeichnungen für Frauen aus denen für Männer abgeleitet, wie zum Beispiel der Student – die Studentin. Verkürzt gesagt: Es macht ein männli­ches Wesen – im Französischen kann das auch ein Hund sein – jede noch so große weibliche Gruppe symbolisch zu einer Männergruppe. Neun Politikerinnen und ein Poli­tiker sind auf Deutsch zusammen zehn Politiker. Der Mann als Norm und Standardver­sion des Menschen wird uns von den Sprachen aufgezwungen. Die Frau erscheint ent­sprechend als Abweichung von dieser Norm. Sie ist wie eine Frau, die bei einem Mann zur Untermiete wohnt. Sie hat keine eigene Adresse. Dieses Sprachprinzip ist bekannt unter „Man“, also „Mann als Norm“.

Also es wird bereits in der Grammatik diese Geschlechterhierarchie etabliert, von der hier immer gesprochen wurde. Der Geschlechterunterschied wird missbraucht für diese berühmte Geschlechterhierarchie.

Die Gegner der feministischen Sprachkritik behaupten, das Maskulinum sei ökono­misch und stünde für beide Geschlechter. Empirische Forschungen haben aber den Beweis erbracht, dass das Maskulinum keineswegs neutral ist, sondern in den Köpfen der Menschen überwiegend männliche Bilder erzeugt und Gedanken an Frauen gar nicht erst aufkommen lässt.

In einer Studie wurden die Testpersonen beispielsweise gefragt: Welcher SPD-Politiker sollte bei den nächsten Bundestagswahlen für das Amt des Bundeskanzlers kandidie­ren? Der Kontrollgruppe wurde die Frage in geschlechtergerechter Form gestellt: Wel­che SPD-Politikerin oder welcher SPD-Politiker sollte bei den nächsten Bundestags­wahlen für das Amt der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers kandidieren?

In der Version mit beiden Geschlechtern wurden stets mehr Frauen vorgeschlagen als in der maskulinen Version. Dazu die Linguistin Friederike Braun – Zitat –: Das Ergebnis der Kanzlerkandidatur-Studie hat praktische Relevanz. Zum Beispiel erstellen Parteien Meinungsbilder unter ihren Mitgliedern, bevor sie Personen zur Kandidatur um ein pro­minentes Amt aufstellen. Je nachdem, wie eine solche Umfrage formuliert wird, können die Chancen von Frauen zu- oder abnehmen und damit wiederum die Chancen auf An­erkennung, Karriere, Einfluss und Einkommen.

Nächstes Kapitel: Die sexistische Darstellung in den Medien. Ich zitiere zunächst aus dem Endgutachten zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt, erstellt von der Ge­waltkommission der Bundesregierung im Jahre 1990 – Zitat –: Entwürdigende Darstel­lungen von Gesellschaftsgruppen in den Medien legitimieren ihre aggressive Missach­tung. Von solchen Degradierungen sind in den Medien vor allem die Frauen betroffen. Sie haben häufig untergeordnete, ja dümmliche Rollen inne. – Das wurde hier ja auch schon sehr breit dargestellt. Die deutsche Bundesregierung weiß also Bescheid, aber sie tut nichts.

Das Hauptproblem beim Thema Frauen und Medien ist natürlich, dass Frauen in den Medien in leitender Funktion kaum vorkommen und ihre gesamte Lebenswelt dement­sprechend permanent vernachlässigt wird. Wenn politische Frauenthemen dann end­lich einmal behandelt werden, werden sie noch dazu oft hämisch verzerrt. In den ame­rikanischen Medien heißt das Spinning. Diese Technik wird von den Spin Doctors lau­fend verfeinert.

Vor einem halben Jahr wurden die Deutschen Zeuginnen und Zeugen einer ungeheu­erlichen Verdrehung. Aus dem Massenmord eines jungen Mannes an Frauen und Mädchen in Winnenden spannen unsere Medien im Chor einen Anlass zum Mitleid mit den Jungen, den sogenannten Bildungsverlierern.

In ihrer Langzeitstudie „Macht, Medien und Geschlecht“, einer Fallstudie zur Bericht­erstattung der „dpa“, der „taz“ sowie der Wochenzeitungen „DIE ZEIT“ und „Der Spie­gel“ von 1980 bis 1995 fand die Medienwissenschaftlerin Brigitta Huhnke heraus, dass über frauenpolitische Themen wie Erwerbstätigkeit, Feminismus, politische Gleich­stellung und Gleichberechtigung und Emanzipationsthemen in 13 Jahren in allen
vier untersuchten Medien zusammengenommen eine Textmenge produziert wurde,
die der „dpa“-Gesamtmenge von 15 Tagen oder der „dpa“-Sportberichterstattung an 25 bis 30 Wochenenden entsprach.

Also das naturwüchsig zu belassen, ohne einzugreifen, benachteiligt die Mehrheit der Bevölkerung in unerträglicher Weise. Huhnke erklärt diese Nichtthematisierung der Be­lange der Mehrheit mit der Männlichkeit der Machteliten des politisch-administrativen Systems und der Medien.

Eine Demokratie mit dem Gleichberechtigungsparagraphen im Grundgesetz und einer Machtverteilung wie im Apartheidsystem gerät unter Legitimationsdruck. Dem hält man stand, indem man die de facto immer wieder neu hergestellte Ungleichheit als Natur oder gottgewollt voraussetzt. So ist sie nichts Besonderes und muss auch nicht thema­tisiert werden.

Mein Fazit kann ich hier nur ganz kurz andeuten: Das Fazit bedeutet Quote, denn die Quote wirkt. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

12.15


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Danke schön.

12.15.30Diskussion

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Wir kommen nun zur Diskussion des Themenblocks II.

Es gelten dieselben Regeln: 3 Minuten Redezeit pro Wortmeldung.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Vizepräsidentin des Bundesrates Mag. Susanne Neu­wirth. – Bitte.

 


12.15.52

Vizepräsidentin des Bundesrates Mag. Susanne Neuwirth|: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In einer Gesellschaft, in der immer noch das Ernährermodell gilt, so wie wir das in Österreich haben, sprich: dass der Mann eigentlich als Ernährer der Familie gilt, in einer Gesell­schaft, wo zwischen Mädchen und Buben unterschieden wird, schon bevor sie geboren werden, mit der Auswahl von rosaroten und hellblauen Stramplern, in einer Gesell­schaft, wo die erste Frage, wenn ich in ein Spielzeuggeschäft gehe, lautet: Suchen Sie etwas für ein Mädchen oder etwas für einen Buben?, in einer Gesellschaft, wo Mäd­chen immer noch aus drei traditionellen Berufen auswählen, während die Burschen schon seit vielen, vielen Jahren aus zehn Berufen in der Hauptsache wählen, was na­türlich finanzielle Konsequenzen hat, in dieser österreichischen Gesellschaft, in der Männer nicht Kindergärtner und Volksschullehrer werden wollen und Frauen immer noch nicht, trotz aller Bemühungen, in technische Berufe gehen und wo die Medien­landschaft dazu tendiert, Politikerinnen nach Aussehen zu qualifizieren, nämlich ob sie hübsch sind und das passende Kleid anhaben, aber nie über Männer berichtet wird, dass deren Krawatten schief liegen oder sie weiße Socken anhaben, in dieser Gesell­schaft ist es kein Wunder, dass wir uns auf dem sogenannten Slow Track befinden, wie Frau Jarosch heute Vormittag gesagt hat. Mir kommt dieses Langsamtempo aber wirk­lich wie ein ausgesprochenes Schneckentempo vor, und diese Schnecke zieht auch noch diverse Schleifen, wenn es darum geht, die Repräsentanz von Frauen im Parla­ment und in anderen Politik- und gesellschaftlichen Bereichen zu erhöhen.

Was wir brauchen, sind veränderte Rollenbilder für Frauen und Männer, nicht Gleich­macherei. Wir brauchen Schulungen für Frauen, um das Selbstbewusstsein zu heben, damit sie sich zutrauen, in die Politik zu gehen, und für Männer, damit sie sich zu­trauen, ihre Kinder zu betreuen.

Wir brauchen viel mehr Möglichkeiten für Frauen und für Männer, Beruf, Politik und Fa­milie zu vereinbaren. Aber das ist nicht genug. Wir haben 50 Jahre gebraucht, um jetzt bei 28 Prozent Vertretung im Parlament zu stehen. Wir wollen diese Frage nicht unse­ren Töchtern und unseren Enkeltöchtern überlassen. Nein, es ist jetzt Zeit für eine Quote, und zwar für eine verpflichtende 50-Prozent-Quote in den Parteien, im Parla­ment, in den Landtagen, in den Gemeinderäten, in allen Positionen.

Heute Vormittag hat eine Referentin gesagt, dort, wo die Frauen ungeduldig sind, kommt es zur Quote. Und ich sage, ja, wir sind ungeduldig, wir brauchen eine Quote, und zwar mit Sanktionen. – Danke. (Beifall.)

12.18


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Abgeord­nete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


12.18.53

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Wir haben heute gehört, dass eine moderne Politik ohne gleichberechtigte Beteiligung von Frauen und Männern nicht mehr länger möglich ist. Wir haben heute gelernt, dass Frauen und Männer sehr viel vielfältiger denken können und sich daher nicht nur auf Quoten reduzieren wollen, sondern vor allem die politische Entscheidung, die hinter der Quotendiskussion steckt, heben wollen.

Warum steigt die politische Entscheidung in ihrer Qualität? – Weil die Vielfalt von Frau­en sich nur dann repräsentativ widerspiegeln lässt, wenn auch die Vielfalt dieser Frau­enanliegen hier in diesem Haus bei Entscheidungsfindungsprozessen vertreten ist. (Beifall.)

Ich selbst habe viel von den Frauen und von ihren Bedürfnissen gelernt und versuche das wie Sie alle im Parlament zu vertreten.

Es waren behinderte Frauen, die mich darauf aufmerksam gemacht haben, dass Be­hinderte oft geschlechtslos dargestellt werden und genauso ein Recht auf Sexualität, auf unterschiedliche Gestaltung der Räume nach ihren Bedürfnissen haben. Es waren Architektinnen, die mich gelehrt haben, dass Frauen andere Bedürfnisse im öffentli­chen Raum haben als Männer, dass das subjektive Sicherheitsgefühl auf der Straße im Dunkeln steigt, wenn die Beleuchtung heller ist.

Und es waren Frauen, die mich gelehrt haben, dass die Finanzwelt nicht männlich sein muss. Dank Maria Schaumayer weiß ich nicht erst seit meinem Studium, dass auch eine Notenbank erfolgreich von einer Frau geführt werden kann. (Beifall.)

All diesen Frauen bin ich dankbar. Sie haben mir ermöglicht, heute hier zu stehen, und es ist daher meine Aufgabe, auch heute dafür zu sorgen, dass in den kommenden Ge­nerationen wieder Frauen hier stehen können – gleichberechtigt. Frauen und Männer gemeinsam werden die Qualität der Entscheidung heben. Es geht nicht um ein Entwe­der-oder, sondern es geht um ein Miteinander, und Frauen und Männer können dann sagen, sie sind die Besten, wenn sie hier gleichermaßen vertreten sind. Die Männer sollten daher den Vergleich nicht scheuen, sondern sagen, sie sind dann die Besten, wenn gleich viel Männer wie Frauen hier im Hohen Haus sitzen. (Beifall.)

12.21


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Bundes­rätin Monika Mühlwerth. – Bitte.

 


12.21.56

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte ReferentInnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir wissen, dass Frauen es an die Spitze schaffen, und es gibt genügend Beispiele da­für. Was mir aber fehlt, ist, dass jene Frauen, die es allen Widrigkeiten zum Trotz, allen Behinderungen zum Trotz an die Spitze geschafft haben, dann ihrerseits Frauen för­dern und ihrerseits Frauen in entsprechende Positionen berufen.

Ich nehme zwei Beispiele: Das eine ist Siemens Österreich. Hier ist mit Brigitte Ederer eine Frau an der Spitze. Wenn man sich aber dann den Vorstand anschaut, stellt man fest, außer der Vorsitzenden Brigitte Ederer gibt es noch weitere vier Personen, und das sind alles Männer. Schaut man sich den Aufsichtsrat an: elf Personen insgesamt, keine einzige Frau, alles Männer.

Schauen wir weiter, nächstes großes Unternehmen: Bausparkasse Wüstenrot. Dort ist zwar mit Susanne Riess-Passer eine Frau an der Spitze, drei weitere Personen – raten Sie! – aber sind Männer, keine einzige Frau.

Bei den Prokuristen haben wir das Gleiche: im Bausparkassenbereich elf Männer von insgesamt elf. Einzig und allein bei der Versicherung gibt es unter elf Männern eine einzige Frau.

Hier sind wir schon gefordert, sind vor allem auch jene Frauen, die es geschafft haben, gefordert, ihrerseits Frauen zu unterstützen.

Der zweite Punkt ist die Politik. Das ist, das sage ich in aller Kürze, so ziemlich das frauenunfreundlichste Geschäft, das ich kenne, vor allem dann, wenn Frauen Kinder zu betreuen haben. Und wir haben eine familienfeindliche Arbeitswelt, wo selbst jene jun­gen Männer, die durchaus bereit wären, sich die Familienarbeit zu teilen, ihrerseits den Frauen den Rücken freizuhalten, damit sie in die Politik gehen können, mit Arbeitszei­ten konfrontiert sind, die dies unmöglich machen.

Also ich glaube, wir haben hier sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft noch einiges zu tun, damit die Rahmenbedingungen stimmen. (Beifall.)

12.24


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Bevor ich Frau Landtagsabgeord­neter Mares Rossmann das Wort erteile, eine Ergänzung in eigener Sache: Es geht auch anders, siehe das österreichische Parlament: Unter den neun leitenden Stellen sind vier Frauen, fünf Männer. (Beifall.) Ich denke, man muss auch die positiven Bei­spiele erwähnen.

Aber nun gelangt Frau Landtagsabgeordnete Mares Rossmann zu Wort. – Bitte.

 


12.24.49

LAbg. Mares Rossmann (Vertreterin der Frauenorganisation des BZÖ)|: Frau Präsi­dentin! Liebe Fachexperten auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Kärntner Abgeordnete und auch als ehemalige Nationalratsabgeordnete freue ich mich natürlich, hier zu stehen, und es freut mich ganz besonders, dass der Herr Landesrat Kaiser als zuständiger Frauenlandesrat heute hier Stellung genommen hat. Ich bedauere aber – und er hat es vergessen zu erwähnen –, dass es gerade die SPÖ in Kärnten war, die die einzige Frau in der Regierung stellte, und dass diese Frau Platz machen musste für einen anderen Mann.

Aber allgemein zur Diskussion. Es wurde schon viel gesagt. Für mich gibt es eigentlich ganz pragmatische Gründe, warum Frauen in der Politik, aber auch Frauen in Füh­rungspositionen unterrepräsentiert sind. Es beginnt beim Lobbying; wir haben es heute schon gehört. Männer haben traditionell einfach die besseren Seilschaften. Frauen können in diese Seilschaften niemals eindringen, und Frauenseilschaften sind zu we­nig vorhanden, und wenn es Frauenseilschaften gibt, dann sind diese oberflächlicher.

Frauen wird aber auch ein gewisses Durchsetzungsvermögen oft nicht zugetraut, und ich sage ganz selbstkritisch, es fehlt Frauen vielleicht auch dieser berühmte Killerin­stinkt, dieser Wille zur Macht, zur letzten konsequenten Macht. Frauen müssen, bis sie in diese Position kommen, das Dreifache, wenn nicht noch mehr, leisten, das kennen wir alle, auf allen Ebenen. Und Frauen müssen sich auch bemerkbar machen, und ich glaube, das gelingt Männern viel leichter. Frauen sind in ihrem Verhalten über ihre Leistung viel bescheidener. Die Männer reden, wenn sie etwas machen, bald darüber – Frauen leisten und genießen im Stillen, was sie geschafft haben, und das zieht sich auf allen Ebenen durch.

Ein weiterer Grund – er wurde auch hier schon genannt – ist die Familienfeindlichkeit der Politik. Es gibt, glaube ich, keinen Beruf, der nahezu 24 Stunden fordert, vor allem in einer Führungsposition, keinen Beruf, wo es kein freies Wochenende gibt – wie soll eine Frau, die Familie hat, einen Partner, Kinder hat, das alles unter einen Hut brin­gen? Das funktioniert nur und kann nur funktionieren, wenn es ein Familienumfeld gibt, einen Partner, der mithilft, eine Großmutter, einfach eine eingebettete Familie, die die Familienbetreuung macht.

Der Partner kann hin und wieder zu einer Veranstaltung mitgehen, aber Kinder gehen nicht gerne zu politischen Veranstaltungen mit – oder sind dann so politikgeschädigt, dass sie später von der Politik überhaupt nichts mehr hören wollen. Auch das gibt es.

Frauen, die den Entschluss fassen, in die Politik zu gehen, kann ich nur raten: Machen Sie es! Es ist eine sehr, sehr spannende Aufgabe. Man kommt an Dinge heran, an Ge­setzeswerdungen, an Prozesse, zu denen man sonst nie Zugang hat. Das entschädigt einen für vieles.

Als Lösung kann ich nur sagen: allem voran Bewusstseinsbildung, aber durchaus auch ein Regulativ in Richtung familien- und frauenfreundliche Politik. In Salzburg gibt es zum Beispiel ein politikfreies Wochenende pro Monat. Das ist zwar nur ein kleiner An­satz, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber vielleicht hat das Symbolwirkung, dass man sagt: Wir nehmen auch in der Politik Rücksicht auf ein Familienleben. – Dan­ke sehr. (Beifall.)

12.28


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Abgeord­nete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


12.28.34

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Nur zwei Anmerkungen zum eigentlichen Thema dieses Themen­blocks, nämlich Frauenpolitikerinnen in den Medien. Wenn wir zurückgehen zum eigentlichen Thema der Enquete und zur Rolle der Medien in Bezug auf die Enquete, dann bemerken wir: Bei der Enquete, die vor zwei oder drei Wochen zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen stattgefunden hat, war das Interesse enorm. Wochenlang, tage­lang wurde berichtet, wurden Kommentare verfasst. Alle Medien haben sich damit be­schäftigt, quer durch die Landschaft. Nur: Was die Frauen-Enquete betrifft, war bis gestern eigentlich nichts zu hören. Bis auf die große Ansage, Frau Präsidentin, die
50-Prozent-Quote einführen zu wollen, war eigentlich kein Medium daran interessiert, darüber etwas zu schreiben beziehungsweise zu berichten. Erst heute waren die Zei­tungen halbwegs voll damit.

Das ist auch ein bisschen symptomatisch für den Umgang mit Frauen in der Politik, mit dem Thema Frauen, engagierte Frauen und Politikerinnen. Es kann ja nicht sein, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk, dass der ORF wichtiger ist als das Thema heute!

Zum anderen: Wie gehen Medien im Allgemeinen mit Frauen um? Das ist teilweise be­reits angesprochen worden von den Expertinnen, und wir selber, wir Grünen, sind auch angesprochen worden.

Wir sind keine Frauenpartei, das möchte ich gleich vorausschicken, wir sind eine Frau­en- und Männerpartei, aber das Ergebnis – die große Diskussion gab es ja bei den letzten Wahlen zum Europaparlament, als wir plötzlich drei Frauen an der Spitze hatten und man sich fragte, wie das denn sein könne, ob wir jetzt eine Männerhasserpartei seien und ob wir die Männer hinausdrängen wollten – hat tatsächlich – Frau Salomon hat es erwähnt – für Diskussionen in den eigenen Reihen und für sehr viel Irritation ge­sorgt.

Aber eigentlich gibt es nichts Irritierendes daran, es gibt einfach ein grünes System, das da lautet: Es muss eine Quote geben! Es ist ein zwischen Männern und Frauen abwechselndes System, aber nichts spricht dagegen, dass es auch nur Frauen sind. Unser System erlaubt es, dass wir zu 100 Prozent Frauen auf der Liste haben könnten. Das ist nicht der Fall, und die Grünen sind noch ganz weit davon entfernt, eine reine Frauenpartei zu sein, aber wir haben eben die Quote.

Und wir haben noch andere Instrumentarien, wie zum Beispiel ein Gender-Watch, das beobachtet, wie viel Frauen und Männer reden, wie die Verteilung zwischen Männern und Frauen insgesamt ist. – Ich glaube, das sind ganz wichtige Instrumentarien, die da als flankierende Maßnahmen dazukommen, denn wir haben ja heute auch schon öfter darüber gesprochen, dass es zusätzlich zur Quote auch andere Maßnahmen braucht.

Die andere Sache war, dass immer wieder erwähnt wurde, dass Frauen als Vorbilder fehlen. Die Quote ermöglicht das Vorbild Frau, indem Frauen dadurch sozusagen re­präsentiert werden und präsent sind, das würde nämlich auch Frauen als Vorbilder in den Medien fördern. Frauen fehlen in den Medien, Politikerinnen fehlen in den Medien, weil es eben zu wenige davon gibt! (Vorsitzende Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Meine Zeit ist um. – Danke schön. (Beifall.)

12.31


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort. – Bitte.

 


12.31.49

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Damen Referentinnen! Im ersten Panel wurde es schon angespro­chen – ich glaube, Frau Kollegin Plassnik hat es gesagt –, dass Frauen auf der nied­rigsten Ebene, in den Gemeinderäten, als Bürgermeisterinnen, als Gemeinderätinnen, am wenigsten vertreten sind – es ist von 3 Prozent gesprochen worden. Während der Anteil auf der Ebene des Nationalrats, der Parlamente, noch bei 30 Prozent liegt, in den Landtagen ist er ungefähr gleich hoch, sinkt er dann rapide ab.

Womit hängt das zusammen? – Auch ich habe mich das schon oft gefragt! Ich war ge­rade vorgestern in Landeck: Dort zum Beispiel haben wir ein großes Problem, Frauen zu finden – auch das war hier schon Thema –, die sich sozusagen für die Politik in der Gemeinde zur Verfügung stellen. Dort habe ich die Frage auch an unseren Bezirks­vorsitzenden gestellt: Ja überlegt ihr euch denn eigentlich nicht, warum die Frauen das nicht wollen, was sie daran hindert? Was ist es? Was ist das Rollenbild, das in unseren Tälern, in unseren Dörfern vermittelt wird?

Ist es vielleicht nicht erwünscht, weil man dann nicht mehr – unter Anführungszei­chen – als „richtige Frau“ betrachtet wird, wenn man sich in die Politik begibt? – Auch das hat man ja gehört! Wie schaut es denn mit den Rahmenbedingungen aus, zum Beispiel der Kinderbetreuung, zum Beispiel dem Mittagessen? Wie ist es dort? Wird man dann vielleicht als Rabenmutter bezeichnet, die besser zu Hause bleiben und auf die Kinder schauen sollte, so welche da sind? – Damit kämpfen doch Frauen!

Daher bin ich froh, dass sich zumindest insofern ein bisschen etwas geändert hat, dass man jetzt zum Beispiel selbst in den ländlichsten Gebieten immer wieder Männer mit dem Kinderwagen fahren sieht. Auch das ist Ausdruck einer Änderung in der Gesellschaft. Der Großvater hat es noch nicht getan, der Enkel macht es jetzt schon – das ist Ausdruck dessen, dass sich etwas ändert.

Ich sehe eine große Chance für mehr Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft, auch für den Wandel der Rollenbilder, dieser Stereotypen, die uns laufend vorgeführt werden, wenn wir morgen im Familienausschuss – auch dank unserer Ministerin und unserer Staatssekretärin – endlich dieses einkommensabhängige Kindergeld disku­tieren und dann im Nationalrat beschließen werden. Ich glaube, hier ist es uns gelun­gen, einen Meilenstein zu setzen, über den wir uns noch sehr lange freuen können und auf den wir auch stolz sind. (Beifall.)

12.34


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Bundes­ministerin a. D. Rauch-Kallat. – Bitte.

 


12.34.41

Bundesministerin a. D. Maria Rauch-Kallat|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Medien sind in der Demokratie unverzichtbar: Sie haben eine wesentliche Aufgabe und sie haben ebenso wie die Politik eine Vorbildfunktion be­ziehungsweise eine gewisse Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, und daher ist es ganz wesentlich, welche Rollenbilder die Medien transportieren.

Ich bin sehr dankbar für die Ausführungen unserer Expertinnen, die sehr deutlich ge­zeigt haben, wo es sich spießt und dass auch hier die Darstellung manchmal sehr ein­seitig ist. Daher ist es ganz wichtig und notwendig, sowohl in der Sprache als auch im Bild ein Bewusstsein zu schaffen, und es geht darum, Frauen und Männern Ungerech­tigkeiten bewusst zu machen. Natürlich brauchen wir auch in den Medien selbstbe­wusste Frauen, die in Führungspositionen in den Medien eine entsprechende Verant­wortung tragen und sie auch ausüben.

Ich bin daher sehr froh darüber, dass sich zum Beispiel unser Journalistinnenkongress, der nächste Woche zum elften Mal stattfindet, seit Jahren mit diesem Bild der Frauen in den Medien auseinandersetzt, dass in der Zwischenzeit schon regelmäßig 400 Frau­en jährlich daran teilnehmen und in der Zwischenzeit einige Frauen in Führungspositio­nen gekommen sind, aber ich bin der Meinung, dass es wahrscheinlich auch dort sanf­ten Druck braucht, um mehr Frauen in Führungspositionen in Medien zu bringen, denn das, was ich erst vor drei oder vier Monaten gesehen habe – dass zum Beispiel eine Länderbeilage von 40 Seiten in einer großen Tageszeitung zwar 65 Fotos von Män­nern mit deren Titeln beinhaltet hat, aber kein einziges Foto einer Frau mit Namen, sondern zwei Fotos von Frauen in Werbungen –, darf einfach nicht mehr vorkommen, wenn ein großes Bundesland in einer Zeitung vorgestellt wird! (Beifall.)

Die Medien-Enquete wurde schon angesprochen – da waren die Ränge wahrscheinlich voll von Journalisten. Wir sind sehr dankbar, dass diese Enquete heute vom ORF über­tragen wird, was auch auf Druck von Dorothea Schittenhelm passiert. Ich bedanke mich bei Frau Präsidentin Prammer, dass es möglich war, die Enquete hierher, in die­sen Saal, zu verlegen – auch das ist ein Signal und ein wichtiges Bild! (Beifall.)

Und dann noch ein Letztes, meine Damen und Herren – ganz kurz –: Auch Kino ist ein Medium. Vor zwei Tagen ist in Österreich ein Film angelaufen, der ein hochpolitisches Thema behandelt, nämlich „Die Wüstenblume“, basierend auf dem Leben der Waris Dirie. Er behandelt ein Thema, das die Frau Ex-Ministerin Plassnik angesprochen hat, nämlich massive Gewalt an Frauen, Genitalverstümmelung, und er thematisiert es in einer Art und Weise, dass es für alle verständlich ist.

Es wird an uns Frauen liegen, und zwar nicht nur hier im österreichischen Parlament, sondern in allen Parlamenten dieser Welt – und Frau Dr. Plassnik hat auch angespro­chen, dass wir internationale Solidarität und die Hälfte der Macht in allen Parlamenten dieser Welt brauchen –, um das abzustellen. Anders wird es nicht gelingen, diese schreckliche Praxis – 2 Millionen Frauen jährlich werden noch immer genitalverstüm­melt, das sind 6 000 jeden Tag, und zwar nicht nur in Afrika, sondern auch in Europa und in allen Teilen der Welt – zu eliminieren. (Beifall.)

12.38


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Es gelangt nun Herr Robert Boder als Fraktionsexperte der FPÖ zu Wort. – Bitte.

 


12.38.35

Robert Boder (Plattform Trennungsopfer)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FPÖ-Damen haben mich gebeten, als Betroffener, nämlich als betroffener Vater, dem hier im Haus im Rahmen der Gleichberechtigung etwas Komisches passiert ist, etwas zum Thema zu sagen.

Ich wollte meinem Sohn letztes Jahr zum Tag 90 Jahre Wahlrecht für Frauen die Aus­stellung zeigen, wie Frauen in die Politik kamen. Ich kam vorbei – der Bub war zwölf Jahre alt –, aber wir wurden nicht vorgelassen, weil wir Männer sind: Die Parlaments­direktion hatte ein Verbot ausgesprochen, es durften Männer nicht eingelassen wer­den. Ich habe mich dann am nächsten Tag mit einem Bekannten noch einmal hierher begeben, und wir haben uns hineinreklamiert. Wir haben uns die Führung angesehen – daran war nichts Geheimes! Meinem Sohn habe ich es natürlich erspart, noch einmal hierher zu kommen.

Ich habe mir dann angeschaut, wer zu diesem Thema noch etwas sagen könnte. Wer sind denn eigentlich diese Frauen, die solche Maßnahmen setzen? – Rotraud Perner ist hier Gott sei Dank auf der Regierungsbank. Zum Thema Quote hat sie einmal Fol­gendes gesagt:

Die Psychoanalytikerin steht der Quote skeptisch gegenüber, da sie diese Regelung als typisch weiblich hält, ohne große Auseinandersetzungen doch etwas durchsetzen zu wollen. So ist es immer eher ein Versuch, unter Konfliktvermeidung einen Fuß in der Tür zu haben in der Hoffnung, dass alles andere dann von selbst kommt. – Zitatende.

Ich habe gerade gehört, die Quote ist ein sehr unelegantes Mittel, um irgendetwas mit Zwang umzusetzen. Ich habe da etwas mitgebracht. (Der Redner hält ein grünes Büch­lein in die Höhe.) Das ist kein grünes Parteibuch, das ist ein Wehrdienstbuch. Das ist ein einseitiges Mittel, für das Gemeinwohl zu sorgen, denn es betrifft blöderweise nur Männer – auch meinen Sohn. (Zwischenruf.) Ja, freiwillig! Sie können jederzeit aufhö­ren. Um vielleicht Frau Pusch ein Angebot zu machen: Auch Frauen zum Zivildienst! – Was würden Sie dazu sagen? Wir müssten das schon ein bisschen aufteilen!

Ich habe mir dann überlegt: Na ja, was kann man denn da machen?, und habe in der „Wiener Zeitung“ ein paar Gastkommentare zum Thema Quote geschrieben. Das ist gar nicht so gut angekommen, wenn man ein Thema wie zum Beispiel die Einkom­mensschere anspricht und sagt: Die Statistik Austria darf ja gar nicht genau rechnen! – Wir hören immer Zahlen, die jenseits von Gut und Böse sind, 56 Prozent im Handel zum Beispiel. Wenn man dann nachschaut, ob die BILLA-Verkäuferin und der BILLA-Verkäufer 56 Prozent Lohndifferenz haben, findet man nichts. – Also wir müssen da schon ein bisschen genauere Zahlen finden! Das könnte im Grunde genommen die Statistik Austria machen, denn wenn man das im Betrieb veröffentlicht, dann schmeißt man damit ja einen Brandsatz hinein.

Ich würde Frau Präsidentin Prammer vielleicht auch darum bitten – wir, nur die Män­ner, mussten bei dieser Führung letztes Jahr 4 € zahlen, Frauen mussten nichts zah­len –, dass ich mir die 4 € nachher abholen kann. – Danke schön. (Beifall.)

12.41


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Herr Boder! Das ist eine unglaub­lich unfaire Art und Weise, wie Sie hier agiert haben, denn es wurde Ihnen eine Ersatz­führung angeboten, die Sie ja, wie Sie gesagt haben, abgelehnt haben.

Ich werde auch in Zukunft am Internationalen Tag der Frau, am 8. März, die Frauen gratis zu einer Führung in das Haus einladen, und an diesem Tag sind die Männer nicht gratis dabei, auch in Zukunft – an einem einzigen Tag im Jahr! (Beifall.)

Nun gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


12.42.06

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich)|: Auch für mich ist die Quote nicht das Allheilmittel, für mich ist die Quote allerdings ein ganz wichtiger und dringender erster Schritt, um eben genau diese kritische Masse zu erreichen, von der vorhin ein paar Mal die Rede war.

Auch ich würde mir wünschen, dass im Parlament mehr Frauen vertreten wären, die nicht nur dem Bild der Amazone entsprechen – ich entspreche diesem, glaube ich, nicht. Ich drehe mich noch einmal um – da hinten sitzt Frau Landesrätin Rosenkranz: Wir alle wissen, dass es einige Kinder in ihrer Familie gibt. Ich weiß nicht, ist sie eine Amazone oder ist sie eine Mutter? – Letztendlich müssen wir aber in jeder Partei, auch bei den Grünen und sicher noch viel mehr in der FPÖ, darum kämpfen, dass wir dort­hin kommen, wo wir jetzt sitzen, nämlich ins Parlament. Ich denke, das macht uns alle zunächst einmal zu Amazonen.

Haben wir eine Quote, dann gibt es auch für viel mehr Frauen und für viel mehr Frau­enbilder die Möglichkeit, hier im Parlament vertreten zu sein, und genau das möchten wir erreichen – und das, glaube ich, erreicht man nur mit der Quote.

Sie ist sicher nicht das Allheilmittel, ich habe das schon gesagt, sondern meiner Mei­nung nach ist auch eine gewisse Ermutigung ein großer Teil davon, Frauen den ersten Schritt machen zu lassen: Ich stelle mich jetzt da vorne hin und rede vor so vielen Leu­ten, und die hören mir alle zu. – Auch ich bin nicht so erzogen worden, dass ich mich in die erste Reihe stelle, aber inzwischen stehe ich hier, und ich denke, es ist ganz wich­tig – das ist auch ein Teil, den man mit der Quote erreichen kann –, dass Frauen viel mehr dazu ermutigt werden, einen Schritt nach vor zu gehen, denn genau diese Vielfalt brauchen wir.

Ein Satz noch zum eigentlichen Thema dieser Runde, nämlich zu den Medien: Es gab einen Punkt, an dem Frau Glawischnig meiner Meinung nach in den Medien nicht ganz fair behandelt worden ist, das war dieser Teil, dieser Lebensabschnitt, in dem doch ziemlich viel Einblick in ihr Privatleben gegeben wurde; da war sie öfter einmal in Mo­dezeitschriften präsent. Interessanterweise ist genau zu dieser Zeit plötzlich – gleich­falls medial – ihre Kompetenz sehr oft in Frage gestellt worden. Ich denke mir, das hängt auch wieder mit dem Frauenbild zusammen: Zeige ich etwas von mir her, dann bin ich sofort nicht mehr kompetent.

Mir geht es auch oft so! Ich weiß nicht, wie oft ich schon gefragt worden bin: Wie schaffst du das? Wie schaffst du das mit zwei Kindern und der Politik und diesen gan­zen Terminen? Wie geht sich das aus? – Ich möchte einmal hören, wie das einer mei­ner Kollegen gefragt wird! Einmal nur möchte ich das hören! – Danke. (Beifall.)

12.44


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier zu Wort. – Bitte.

 


12.44.52

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir zuerst drei Bemerkungen zu den Expertinnen.

Frau Landesrätin Rosenkranz hat bedauert, dass sozusagen die Rollenbilder, vor allen Dingen in der Werbung, in Frage gestellt werden. – Ich meine, es geht bei den Rollen­bildern darum, dass sie zum Teil sehr einschränken, sehr zuordnen und vielfach auch Menschen in eine Falle tappen lassen – ich denke da an die „Teekannen-Familie“: Vie­le junge Menschen glauben, ihr Leben sieht so aus, wie es im Fernsehen gezeigt wird, mit dem berühmten Komm-nach-Haus-ruh-dich-aus-wenn-der-Teekessel-Singt oder so ähnlich. Das Leben besteht aber aus viel Arbeit, nämlich auch aus Beziehungsarbeit, Familienarbeit und so weiter, und manchmal wird das Bild sehr verfälscht dargestellt.

Zweite Vorbemerkung: Frau Dr. Salomon! Zum einen, so denke ich, geht es heute da­rum, dass es Menschen, dass es Frauen gibt, die an der Politik aktiv teilnehmen möch­ten – das ist einmal das Hauptthema heute –, wir wissen aber, vor allen Dingen als Po­litikerinnen, dass die Frauenpolitik viele Gesellschaftsbereiche betrifft, ja eigentlich alle Gesellschaftsfelder, und wir im Zusammenhang mit Ihrer Bemerkung Migrantinnen und Deutsch lernen noch sehr, sehr viel zu tun haben. – Wir wissen das.

Zum Zweiten, zu Ihrer sehr kritischen Bemerkung zum Thema, dass Frauen nach 40 Jahren Erwerbsarbeit in die Pension geschickt werden. Ich denke mir, dass es, so­lange das Bild noch so ausschaut: Mann erwerbstätig, Frau besorgt die Hausarbeit, und jene Frauen, die erwerbstätig sind, keinen Mann zu Hause haben, der die Haus­arbeit besorgt, legitim ist, dass Frauen nach 40 Jahren Berufstätigkeit mit 55 Jahren in Pension gehen können, und dazu stehen wir auch. – Wir haben auch da sicherlich noch sehr, sehr viel zu tun.

Die dritte Bemerkung geht in Richtung eines Diskutanten, des Herrn Boder: Ich denke, da er die Statistik Austria in Frage gestellt hat, dass es darum geht, dass wir das um­setzen, was die Frauenministerin fordert, nämlich die anonyme Offenlegung der Ge­hälter. Dann wissen wir, wo es langgeht, dann wissen wir, was stimmt und was nicht stimmt! (Beifall.)

Meine Damen und Herren, vielleicht noch zwei Bemerkungen: Es geht nicht um Zwangsbeglückung, auch nicht bei dieser Enquete, es geht darum, dass politisches Engagement von Frauen gefördert wird und wirksam werden soll, nämlich in der Teil­habe an den politischen Instrumenten, und es geht darum, dass eine Quote eine Ge­schlechterquote ist, dass Männer und Frauen gleichberechtigt am politischen Leben teilhaben können – sie kann zu einer Schutzquote werden.

Im Übrigen, so meine ich, geht es darum, dass wir Vorbilder brauchen – Männer als Vorbilder, Frauen als Vorbilder –, die Frauen fördern, und dass wir gleichberechtigt an der Politik, am Leben teilnehmen können.

Ich habe zwar keinen Pfeil und keinen Bogen wie die Amazonen, aber ich bin eine stol­ze, aufrechte Quote! (Beifall.)

12.48


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Naomi Dutzi zu Wort; sie wurde von der SPÖ nominiert. – Bitte.

 


12.48.34

Naomi Dutzi (Sozialistische Jugend Niederösterreich)|: Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich möchte ganz kurz explizit auf die Situation von jungen Frauen eingehen, denn wenn die Rede davon ist, dass wir Frauen in die Politik bringen wollen und diese dort brauchen, dann reden wir von jungen Frauen, die nachrücken sollen. Aber welchen An­reiz haben diese denn, wenn sie sehen, dass sie nicht dieselben Chancen haben, wenn sie früh erfahren müssen, dass ihnen nicht dasselbe zugetraut wird wie jungen Männern, wenn sie heute in Rollenbilder gezwängt werden, wie sie früher in enge Kor­sagen gezwängt wurden? Welchen Anreiz haben sie, wenn es den Medien wichtiger erscheint, wie sie aussehen, als zu fragen, was sie können? – Damit muss Schluss sein!

Hierfür braucht es Frauen, die solche Anliegen nicht vernachlässigen und die als Vor­bilder dienen können, denn junge Menschen, junge Frauen, die in die Politik gehen, brauchen die Motivation, genau das zu tun – und diese Motivation muss ihnen jetzt ge­geben werden. Und damit nicht weitere Jahre vergehen und wir warten müssen, braucht es die Quote.

Selbstverständlich darf das nicht die einzige Maßnahme sein: Es braucht natürlich auch bildungspolitische Veränderungen und einen Unterricht, der Rollenbilder auf­bricht, anstatt sie zu verstärken, und damit einhergehend auch eine gesellschaftliche Veränderung, denn Gleichberechtigung ist erst dann erreicht, wenn gleich viele un­qualifizierte Frauen in denselben Positionen sind wie unqualifizierte Männer. – Danke schön. (Beifall.)

12.49


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Bundes­rätin Ana Blatnik. – Bitte.

 


12.50.15

Bundesrätin Ana Blatnik (SPÖ, Kärnten)|: Frau Präsidentin! Gospa president! Sehr geehrte Damen und Herren! Poštovane dame i gospode! Bevor ich zu meinem eigent­lichen Thema komme, möchte ich der Frau Abgeordneten Rossmann noch etwas sa­gen: Das BZÖ hat vier Regierungsmitglieder – alle vier sind männlich. Das BZÖ hat 16 Abgeordnete im Kärntner Landtag – davon drei Frauen.

Jetzt zur Enquete. – „Frauen können keine Astronominnen sein, weil sie das techni­sche Gefühl nicht haben oder weil sie Höhenangst haben.“ „Männer können nur Haus­männer sein oder werden, wenn sie keine Frau haben.“

Das sind nicht Aussagen von Männern, das sind Aussagen von Schülerinnen und Schülern einer zweiten Klasse in der Grundschule.

Mädchen spielen mit Puppen, Burschen mit Autos. Die Frau Vizepräsidentin hat schon einmal erwähnt, wir brauchen ein neues Rollenbild, ein neues Rollenbild, das dem 21. Jahrhundert gerecht werden sollte. Gleichberechtigung müsste im 21. Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider nicht. Noch immer verdienen sehr viele Frauen um ein Drittel weniger als Männer. Noch immer sind in Führungspositio­nen Frauen sehr rar gesät, und noch immer haben Frauen weniger Mandate.

Die Aussage: Wir finden keine Frauen!, ist schlicht und einfach eine Ausrede. Wir ha­ben genug Frauen, die kompetent sind. Wir haben genug Frauen, die qualifiziert sind, wir haben genug Frauen, die sich in den verschiedensten Parlamenten wirklich für In­halte einsetzen und darum kämpfen. Und wir sind nicht zu sensibel für die Politik, wie vor Kurzem ein Landeshauptmann aus dem südlichen Bundesland gesagt hat.

Wir wollen in der Politik mitarbeiten, wir wollen in der Politik mitentscheiden, und zwar nicht nur in Frauenangelegenheiten, sondern in allen Bereichen. Die Politik braucht eine ausgewogene, vielfältige Mandatsverteilung zwischen Männern und Frauen. Und wenn Mag. Sibylle Hamann meinte, mehr Frauen täten der Politik gut, dann kann ich dies nur unterstreichen. Die Hoffnung ist verliebt ins Gelingen und nicht ins Scheitern. Und diese Hoffnung auf das Gelingen habe ich, und ich bin sehr optimistisch. (Vorsit­zende Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Frau Präsidentin, nur noch einen Satz. Ich stehe hier für Vielfalt, auch für die sprachli­che und kulturelle Vielfalt, und diejenigen, die mich aus dem Bundesrat kennen, wis­sen, dass ich immer zweisprachig rede. Einen Satz werde ich auch hier in meiner Mut­tersprache sagen, nämlich den Satz, dass im 21. Jahrhundert die Gleichberechtigung eine Selbstverständlichkeit sein sollte. (Die Rednerin führt diesen Satz auch in slo­wenischer Sprache aus.) – Danke. (Beifall.)

12.54


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun kommt Frau Magdalena Schwarz von der Bundesjugendvertretung zu Wort. – Bitte.

 


12.54.10

Magdalena Schwarz (Vertreterin der Bundesjugendvertretung)|: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, eine von vier Vorsitzen­den; wir sind zwei Männer und zwei Frauen.

Die Bundesjugendvertretung hat sich vor vier Jahren selbst verpflichtet, alle Gremien geschlechterparitätisch zu besetzen, und sie hat seither nie ein Problem gehabt, enga­gierte und qualifizierte Frauen zu finden. (Beifall.)

Ich bin also hier eine Vertreterin jener, ohne die die heutige Enquete eigentlich nicht auskommen kann: Ich bin nämlich der Nachwuchs. (Heiterkeit.) In diesem Rahmen ha­be ich es schon relativ weit geschafft als Vorsitzende der Bundesjugendvertretung, und trotzdem ist aus einem gewissen Blickwinkel mein Leben derzeit noch ein typisch weib­liches. Ich studiere eine Geisteswissenschaft – wie die meisten Studentinnen an der Uni –, und ich arbeite pro Woche 15 Stunden ehrenamtlich – die meiste ehrenamtliche Arbeit wird von Frauen geleistet –: Das ist meine Arbeit als Vorsitzende.

Das, was es braucht, um mehr junge Frauen zu motivieren, in die Politik zu gehen, ist vielleicht das Gleiche, was es gebraucht hätte, um mir ein technisches Studium genau­so plausibel zu machen wie eine Geisteswissenschaft. So ist es nämlich mit den Rol­lenbildern: Ich werde nie erfahren, ob ich eine bessere Bauingenieurin geworden wäre.

Der Punkt hinter Quoten und Begleitmaßnahmen ist es, Menschen zu Subjekten ihres eigenen Lebens zu machen. In diesem Kontext ist natürlich auch zu fragen, wann es eine Enquete zu mehr Diversity in der Politik geben wird. Junge Menschen müssen die Möglichkeit haben, für sich selbst zu sprechen. Junge Frauen müssen die Möglichkeit haben, für sich selbst zu sprechen, und zwar ohne sich dabei auf Gedeih und Verderb einer bestehenden Kultur einzuordnen, sondern um diese mitzugestalten.

Was brauchen junge Frauen, um in die Politik zu kommen? – Sie brauchen Raum. Quoten könnten so ein Raum sein, könnten so einen Raum schaffen; das zeigt viel­leicht auch das Beispiel der Bundesjugendvertretung. Sie brauchen Mentorinnen, sie brauchen Vorbilder, sie brauchen Begleitung – die BJV hat auch ein Mentorinnenpro­jekt –, aber sie brauchen vor all dem noch die Möglichkeit, den Kontext, in dem sie aufwachsen, und ihre Rolle darin zu hinterfragen. Und dann brauchen sie noch den Mut und die Möglichkeit, etwas anders zu machen – und das ist schon ganz schön viel. (Beifall.) – Danke.

Das heißt, um den Rahmen ein bisschen weiter zu spannen: Wenn diese Enquete und die Politik wirklich nachhaltig etwas verändern wollen, dann muss die Politik quasi zu­rück in den Kindergarten, und sie muss vom Anfang des Lebens an Rahmenbedingun­gen schaffen, damit Burschen und Mädchen sich als Subjekte ihres eigenen Lebens wahrnehmen lernen und dann vielleicht auch die Möglichkeit haben, eben auch im Rahmen der Politik das Leben mitzugestalten. – Danke schön. (Beifall.)

12.57


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Vor der Mittagsunterbrechung rufe ich nun auch noch Frau Helga Grafschafter, die Frauen- und Gleichbehandlungsbeauf­tragte des Landes Kärnten, auf. – Bitte um Ihre Ausführungen.

 


12.57.44

Helga Grafschafter (Vertreterin des Landes Kärnten)|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich komme von einer etwas anderen Ecke der Gleichstellungspolitik, näm­lich der der Verwaltung. Ich bedanke mich bei der Rednerin vor mir, denn sie hat sehr schön gezeigt, worum es geht. Es geht nicht darum, einen Geschlechterkampf zu füh­ren und hier Positionen zu vergeben oder einzunehmen, sondern es geht darum, eine Zukunft zu gestalten, eine Zukunft für unsere Frauen, für unsere jungen Frauen und für unsere jungen Männer.

Hier möchte ich gerne zurückführen zu diesem Punkt, wo die Verpflichtungen der EU bestehen, Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen. Ich erinnere an den Ams­terdamer Vertrag aus dem Jahr 1997, in dem festgeschrieben steht, dass alle europäi­schen Mitgliedstaaten verpflichtet sind, diese Rahmenbedingungen auch zu schaffen, und zwar nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen. Ich würde es auch umkehren: nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer.

Es geht um eine Gemeinsamkeit, und diese Rahmenbedingungen, die gebraucht wer­den, betreffen selbstverständlich alle Bereiche. Wenn ich hier an die Medien denke, möchte ich auch daran erinnern, dass es nicht darum geht, dass Frauen schwierig sind, dass das Frauenleben schwierig ist, denn das transportieren unsere Medien. Es geht darum, dass Frauen Kinder kriegen, dass Frauen Karenzgeld brauchen, dass Frauen möglichst einen Wiedereinstieg brauchen, dass Frauen vielleicht auch noch eine Scheidung haben, dass sie dann Alleinerzieherinnen sind und armutsgefährdet im Alter.

Ich denke, wenn ich mich auf die Medien zurückziehe, dieses Bild würde ich gerne ver­ändern. Das heißt, die Frau ist nicht diejenige, die die Unterstützung braucht, sondern die Frau ist diejenige, die die Gesellschaft mitgestaltet.

In diesem Sinne würde ich mich ganz gerne noch zu dem Begriff der Kollegin Hamann äußern, Sanktionen zu setzen in Richtung der Parteienförderung. Ich würde sagen, wir sind so weit, dass Frauen in Gold aufzuwiegen sind. Das heißt, wir nehmen die andere Richtung: Gleichstellungspolitik ist so viel wert, wie Frauen vorhanden sind. – Danke schön. (Beifall.)

12.59


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Vielen Dank.

Wir sind in der Diskussion damit auch am Ende des Themenblocks II. Die Mittagsunter­brechung hat im ORF bereits stattgefunden, und damit werden auch wir unterbrechen. Sollte von den Expertinnen aus dem Themenblock II noch jemand einen Kommentar abgeben wollen, nehmen wir das gleich am Anfang nach der Mittagspause dran und steigen dann in Themenblock III ein.

Ich unterbreche die Enquete.

*****

(Die Enquete wird um 13.01 Uhr unterbrochen und um 14.01 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene parlamentarische Enquete wieder auf.

Ich ersuche zunächst, die Panel-Mitglieder für den Themenblock III auf der Regie­rungsbank Platz zu nehmen.

Ich habe vor Unterbrechung der Enquete ja bereits angekündigt, dass ich die Referen­tinnen aus dem Themenblock II noch frage, inwieweit sie auf die Diskussion replizieren wollen. Frau Professor Perner hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Ich darf Sie bit­ten, eine ungefähre Redezeit von 3 Minuten einzuhalten. – Bitte.

 


14.01.34

Univ.-Prof. i. R. Dr. Rotraud A. Perner (Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese)|: Ich möchte ganz kurz auf die Rede von Frau Rossmann vom Vormittag eingehen und Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass bei den verschiedenen Diskussionsbeiträgen immer wieder die Familienvereinbarkeit angesprochen wurde. Mir ist es wichtig, his­torisch darauf hinzuweisen, dass in der Arbeiterschaft, im Gewerbe, in der Landwirt­schaft, aber auch im Hochadel Familienvereinbarkeit nie ein Thema war, denn entwe­der waren die Kinder unbetreut oder sie wurden fremdbetreut.

Ich weiß von meiner Klientel, die ich coache, dass es für viele selbstverständlich ist, Arbeitskraft zu fairen Bedingungen zuzukaufen. Wenn jemand eine Arbeit hat, die auch eine Fortbildung und auch eine Investition zur Erreichung höherer Ziele absichert, dann muss es auch drinnen sein, für die Betreuung der Kinder einen Budgetposten vorzuse­hen, um eben zu garantieren, dass man dies nicht selbst machen muss. Den Gedan­ken, das selbst machen zu müssen, verdanken wir der Ideologie des Biedermeier und des „Dritten Reichs“. – Danke. (Beifall.)

14.02

14.02.34Themenblock III: Frauensache Politik. Strategien für eine angemessene Vertretung von Frauen in der Politik

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Es hat sich von den anderen Refe­rentinnen niemand mehr zu einem Resumee zu Wort gemeldet, daher gelangen wir nunmehr endgültig zum Themenblock III.

Es ist vereinbart, dass die fünf Frauen- und Gleichbehandlungssprecherinnen der Par­lamentsfraktionen zu Wort kommen. Sie sitzen auch bereits auf der Regierungsbank – dieses Mal also nicht im Plenum.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

Statements

 


14.03.38

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Wir haben gerade gesagt: Hier sitzt es sich gut, hier haben wir die totale Frauenquote! (Heiterkeit und Beifall. Abg. Schittenhelm: Daran könnten wir uns gewöhnen!) Aber nun zum Vortrag:

Die Frauen Europas haben sich vor mehr als 90 Jahren das aktive und passive Wahl­recht erkämpft, und trotzdem: Auch heute noch sind Frauen in Parlamenten und politi­schen Funktionen zwar vertreten, durchgehend gleichberechtigt und angemessen re­präsentiert sind sie aber noch immer nicht – und das, obwohl Frauen die Hälfte der Bevölkerung repräsentieren; mit 52 Prozent bilden wir sogar die Mehrheit in der Euro­päischen Union.

Das gilt nicht nur für die Politik. Frauen sind auch in vielen anderen Bereichen der Ge­sellschaft noch immer zu wenig vertreten. Das liegt natürlich zum einen an den traditio­nellen Rollenbildern, aber auch bestehende Männerseilschaften leisten einen großen Beitrag zur Beibehaltung des Status quo. Auch heute noch werden politische Entschei­dungen häufig unter Männern getroffen – sei es beim gemeinsamen Bier im Anschluss an die Sitzung, in den Gremien, beim Golfen oder auch bei der Jagd. Oft ist es der in­formelle Rahmen, in dem Vereinbarungen getroffen, Strategien entwickelt und deren Umsetzungen organisiert werden.

Diese Strukturen machen es Frauen häufig schwer, in höhere politische Funktionen oder Positionen zu kommen, beziehungsweise überhaupt am politischen Geschehen mitzuwirken.

Gerade in konservativen Parteien werden Frauen häufig zur Umsetzung der eigenen männlichen Interessen instrumentalisiert.

Frauennetzwerke funktionieren zwar effektiver und demokratischer – so ist das Zustan­dekommen dieser parlamentarischen Enquete, denke ich, auch ein gutes Zeichen für parteiübergreifendes Netzwerken von Frauen –, aber die Arbeit in Netzwerken alleine wird uns nicht weiterbringen.

Es ist bedauerlich und eigentlich beschämend, dass in Österreich Frauen in politischen Funktionen noch immer unterrepräsentiert sind. Im österreichischen Nationalrat beträgt der Anteil von uns Frauen – wir haben es heute schon öfter gehört – gerade einmal knappe 28 Prozent; es waren schon einmal 34 Prozent. Noch auffälliger ist die man­gelnde Repräsentanz von Politikerinnen in den Gemeinderäten, in denen sie nur 3 Pro­zent stellen – diese Zahl haben wir heute auch schon gehört –, und darüber hinaus gibt es auch ein akutes Stadt-Land-Gefälle.

Welche Rahmenbedingungen brauchen wir also in Zukunft, damit sich Frauen stärker in der Politik engagieren, und wodurch kann politisches Engagement von Frauen nach­haltig gesichert werden?

Ich persönlich bin überzeugt davon, dass zunächst einmal die gesellschaftlichen Rah­menbedingungen stimmen müssen – und da gilt wohl derselbe Grundsatz wie für an­dere Berufsgruppen auch: Die Hälfte der Welt gehört den Frauen, die Hälfte der Fami­lie den Männern!

Auch Politikerinnen müssen darauf vertrauen können, dass sie ihren Beruf und die Ver­antwortung Kindern gegenüber, also das Familienleben, bestmöglich miteinander ver­einbaren können.

Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, welches wir morgen im Familien­ausschuss beschließen und diskutieren, ist eine solche zentrale Maßnahme. Sie ist und bleibt ein Meilenstein auf dem Weg zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Fa­milie, der Teilung der Familienarbeit zwischen Männern und Frauen. Nun wird es end­lich auch für Väter attraktiver, in Karenz zu gehen, und viele Familien können sich jetzt erst leisten, dass auch die Väter – weil sie ja oft die besser Verdienenden sind – in Ka­renz gehen können. In Zukunft gibt es also diesbezüglich keine Ausreden mehr. Wir sind auf dem richtigen Weg.

Ein weiterer wichtiger Punkt für die bessere Vereinbarkeit ist natürlich auch das ver­pflichtende, kostenfreie letzte Kindergartenjahr – und natürlich sind wir noch nicht am Ziel. Jetzt geht es um den Ausbau von Infrastruktur, auch für die kleineren Kinder,
und um eine Qualitätsoffensive, Stichwort: Kinderbetreuung schon ab dem 14. Lebens­monat.

Ein weiterer Lebensbereich, der für Frauen auch sehr oft zentral ist und die Vereinbar­keit von Beruf und Familie oftmals erschwert, ist die Pflege von nahen Angehörigen. Diese gesellschaftliche Aufgabe darf in Zukunft nicht mehr hauptsächlich Frauensache sein. Klug abgestimmte gesellschaftliche Rahmenbedingungen sind essenziell für das Berufsleben im Allgemeinen und für politisches Engagement im Besonderen.

Ich bin aber auch davon überzeugt, dass das politische Angebot generell für junge Frauen besonders wichtig ist. Junge Menschen engagieren sich themenbezogen, pro­jektorientiert und immer weniger in herkömmlichen politischen Strukturen. Deshalb liegt es auch in unserer Verantwortung, ihnen diese Möglichkeiten zu bieten. Wir wissen alle zu gut, dass die Beteiligung von Frauen in allen politischen Bereichen unerlässlich ist.

Last but not least müssen wir uns gemeinsam daranmachen, effektive Quotensysteme in der Politik zu entwickeln. Es geht darum, im 21. Jahrhundert endlich eine repräsen­tative Partizipation von Frauen in der Politik zu garantieren. Quoten helfen Frauen da­bei weiter.

Außerdem müssen wir achtsam sein. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise müssen wir dafür sorgen, dass Frauen nicht aus ihren Berufen gedrängt werden, auch nicht als Politikerinnen.

Wir haben heute schon vieles über gesetzliche Quoten in anderen Ländern gehört – auch über die Quoten in Österreich –, und ich schließe mich jenen an, die meinen, dass deren Einhaltung nur durch Sanktionen durchgesetzt und in der Folge auch über­wacht werden muss und kann.

Quoten sind ein wichtiger Schritt, um Frauen in Führungspositionen und auch in politi­schen Spitzenpositionen und -funktionen zu repräsentieren, wie sie auch in der Gesell­schaft vertreten sind: nämlich mit 50 Prozent. – Ich wünsche mir auch schon den Tag herbei, an dem wir diese Quoten einfach nicht mehr brauchen, weil sie schon erfüllt sind. (Beifall.)

14.10


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin ist Frau Abge­ordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


14.10.28

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren – ja, Herren! – Ich freue mich, dass Sie auch mit dabei sind, das zeigt auch Ihr Interesse und dass Sie bereits emanzipiert sind; das freut mich ganz be­sonders.

Meine geschätzten Damen und Herren, die heutige Enquete ist meiner Ansicht nach ein Auftakt zu einer sehr intensiven Diskussion, denn wir sollten uns nicht täuschen und glauben, mit der heutigen Enquete sei es erledigt, denn hier wurden einige wohl­wollende Meinungen abgegeben. Ganz im Gegenteil, jetzt geht es für uns erst los, nämlich mit der längeren, der langen Phase der Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen – ich glaube, da sind wir uns alle einig –, aber vor allem auch damit, dann auch nach außen hin zu wirken und das zu erreichen, was eigentlich jetzt, im Jahr 2009, selbstverständlich und überhaupt kein Thema sein sollte, wir aber veranstalten eine Enquete dazu, nämlich die gerechte Teilhabe an allen politischen Ämtern, so wie es unser Klubobmann Karlheinz Kopf heute Vormittag schon gesagt hat: 50 Prozent von allen politischen Ämtern an Frauen! – Wir geben ja 50 Prozent an Männer, obwohl wir Frauen ja mehr als 50 Prozent der Bevölkerung stellen, also wir sind auch da sehr so­zial und human. (Beifall.)

Meine geschätzten Damen und Herren, diese Debatte heute Vormittag hat gezeigt, dass wir uns, dass alle ExpertInnen sich einig sind – und ich danke sehr herzlich, dass Sie teilgenommen haben, sich auch entsprechend präsentiert haben und Ihre Meinung dazu geäußert haben –: Es steht außer Streit, dass die heutige Gesellschaft mehr denn je – mehr denn je! – das Leistungspotenzial, das Wissen, die Kreativität und vor allem, meine Damen, die speziell weiblichen Fähigkeiten wie soziale Kompetenz, Flexi­bilität, Ausdauer, Intuition und auch die Kraft zur Eigenverantwortung braucht, ob in Fa­milie, Beruf oder in den sozialen Vereinigungen.

Es ist nicht vorstellbar, wenn diese zukünftig nicht mehr vorhanden wären beziehungs­weise da nicht noch verstärkt einfließen. Und wir brauchen Frauen in all diesen Berei­chen. Klar ist auch – und das zeigt interessanterweise eine wunderbare Studie der Wirtschaftskammer; die haben es schon begriffen –, dass gerade Frauen einen neuen gesellschaftspolitischen Stellenwert erreicht haben und dass ohne Frauen die Wirt­schaft in der Form nicht produktiv und effizient wäre und vor allem auch nicht entspre­chend budgetär wirken könnte.

Gerade in den letzten zehn Jahren waren es die Frauen, die durch die Leistungen, die sie erbracht haben, bewirkt haben, dass Österreich heute als Wirtschaftsstandort sehr gut dasteht. Gerade in der Zeit der Krise sehen wir das. (Beifall.)

Daher muss sich heute, meine geschätzten Damen und Herren, ernsthafte Politik –nicht „Seitenblicke“, nicht populistisch – an den tatsächlichen Lebenswelten von Frau­en und Männern orientieren.

Wir brauchen nicht nur eine partnerschaftliche Lebensführung in den eigenen vier Wänden oder wo auch immer, wir brauchen auch eine partnerschaftliche Politikgestal­tung. Seit Jahren, seit Jahrzehnten wird um diese partnerschaftliche Politikgestaltung gerungen, gestritten, diskutiert, und heute findet diese Enquete statt. Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen an meiner Seite, ich muss sagen, ich finde es toll, dass das ge­lungen ist (Beifall), denn Politik ist keine Schreibtischsache. Politik spielt sich draußen bei den Menschen ab. Politik muss sich an den Bürgerinnen und Bürgern orientieren, an ihren Bedürfnissen.

Ich bin gestern erst wieder als Bürgermeisterin durch meinen Ort gegangen, die elfte Begehung. Ich mache das jedes Jahr – ich bin natürlich auch so unterwegs – mit mei­nen GemeinderätInnen, um vor Ort zu sein, um zu besprechen, was die Menschen be­wegt. Es sind nicht die großen Dinge des Lebens, sondern es sind Kleinigkeiten, die sie bewegen, für die wir uns mehr Zeit nehmen müssen.

Und Politik vor Ort heißt einfach: Männer und Frauen. (Beifall.) Es ist nicht teilbar, es ist nicht trennbar, und daher – und das zeigen alle meine politischen Funktionen und alle Tätigkeiten, die ich in den letzten Jahren durchgeführt habe, und ich glaube, nicht schlecht, sonst hätte man mich nicht wiedergewählt –: Wir brauchen die Frauen am Tisch der Entscheidungen – nicht nur zum Arbeiten, nicht nur zum Mitdiskutieren, sondern vor allem auch bei der Entscheidung und Verantwortung. Wir können das in der Familie, wir können das im Beruf, und wir können das auch in der Politik. (Beifall.)

Meine geschätzten Damen und Herren, wir haben dafür einen Begriff: Gender Main­streaming. Viele werden sagen: Um Gottes willen, nicht schon wieder!  Ich verstehe das wenn man nicht versteht, was es bedeutet! (Heiterkeit.) Gender Mainstreaming heißt nämlich, eine geschlechterbezogene Sichtweise in alle Politikbereiche und Ent­scheidungsprozesse einzubringen, und vor allem – und das ist der wesentliche Punkt – die Auswirkungen einer politischen Maßnahme auf beide Geschlechter zu bedenken und zu überprüfen, und nicht schnell ein Gesetz zu beschließen, und nach zwei, drei Monaten kommt man drauf, eigentlich schadet das den Frauen oder schadet das den Männern. Überlegt und geschlechtsspezifisch muss die Gesetzgebung in Hinkunft noch sensibler gestaltet werden. (Beifall.)

Das heißt, wir brauchen diese Anwendung von Gender Mainstreaming viel rascher und intensiver, als wir das bisher haben – bisher haben wir das nämlich gar nicht. Ganz we­sentlich und wichtig ist auch, meine Damen und Herren, und da sind wir alle gefordert: In wenigen Monaten werden in verschiedenen Bundesländern – Burgenland, Steier­mark, Niederösterreich – Gemeinderatswahlen stattfinden, und da kommt die erste Prüfung für uns: Wie viele Frauen werden antreten? Wie viele Frauen werden es schaf­fen? Wie viele Frauen werden sich bereit erklären? Es ist unsere Aufgabe, sie zu moti­vieren.

In Österreich gibt es heute 2 357 Gemeinden, und 2 260 davon haben einen Herrn Bürgermeister. Das sind 95,89 Prozent. Lediglich in 4,11 Prozent der Gemeinden gibt es Bürgermeisterinnen – eine davon bin ich (Beifall) –, das sind 97 Frauen. Das ist schlicht und ergreifend beschämend und zu wenig – was nicht heißt, dass ich die Her­ren Kollegen in ihrer Arbeit und Tätigkeit nicht schätze. Das hat mit der Arbeit nichts zu tun. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir in meiner Gemeinde Bisamberg in Niederöster­reich sehr wohl schon das Reißverschlusssystem haben.

Warum ist es gelungen? Ich habe als Gemeindeparteiobfrau, die ich zehn Jahre lang war, das „Reißverschlusssystem“ eingeführt, und ich habe heute von 14 ÖVP-Gemein­demandataren 7 Frauen. (Beifall.) Natürlich sind geschäftsführende Gemeinderätinnen dabei – eine sitzt hier auf der Besuchergalerie, meine Rosi Bauer –, die hervorragen­de Arbeit leisten.

In meiner zehnjährigen Bürgermeistertätigkeit sind von 43 Mitarbeitern in der Gemein­de im Haus, im Gemeindeamt selbst, zehn von zwölf Frauen. Das ist wunderbar, herr­lich, wir arbeiten erfolgreich, konsequent. Dazu kommt auch die soziale Kompetenz der Frauen – das habe ich vorher angesprochen –, dass sie natürlich nicht nur ihre Qualifi­kation, ihre Fachkenntnisse, ihr Wissen vor allem in der Gemeindestube, in der Buch­haltung, im Bauamt, in der Verwaltung einsetzen, sondern hinzu kommt das Sensorium und die Sensibilität, die Frauen ganz einfach haben, auch für die kleinen Dinge des Le­bens, wenn die Bürgerinnen und Bürger zu uns kommen. Das ist ganz, ganz wesent­lich. (Beifall.) – Danke.

Für uns ist dieses „Reißverschlusssystem“ – und ich appelliere an Sie, versuchen Sie es in Ihren Gemeinden! – eine Selbstverständlichkeit geworden. Es fragt gar niemand mehr. Es gäbe wahrscheinlich eine Revolte, wenn es anders wäre. Warum? Weil es gelungen ist, die Männer zu emanzipieren, und weil wir intelligente Männer haben. Da­her brauchen wir auch keine Sanktionen. Die haben begriffen, anders hätten sie keine Chance. (Beifall.)

Daher ist ganz klar: Es ist das eine, etwas zu erreichen, aber das Zweite ist, dieses Er­reichte zu halten und auszubauen; in eine Funktion zu kommen – dazu braucht es viel Kraft, viel Glück und Unterstützung – und sich dann zu bewähren. Die Frauen können es, aber sie brauchen die Rahmenbedingungen. Frau Kollegin Wurm hat es schon an­gesprochen. Sie brauchen aber vor allem auch uns – jene Frauen, die es schon ge­schafft haben, die wir Positionen erreicht haben, von denen wir gar nicht geglaubt ha­ben, dass es möglich ist. Das ist ja auch ein Fehler von uns Frauen. Männer sagen, da will ich hin, und sie kommen so oder so hin, nur wir sind immer ganz überrascht, dass es passiert.

Wir müssen unsere Frauen, gleich welcher politischen Fraktion, auch parteipolitisch schulen – denn da gibt es Statuten, da gibt es Richtlinien –, damit man sie nicht über den Tisch zieht, und das wird jetzt in den nächsten Wochen und Monaten passieren, wenn es um die Nominierung auf den Listen geht. Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Wir müssen den Frauen auch die Sicherheit und die Informationen geben, die sie brauchen, um sich politisch frei bewegen zu können. Bildung gibt Sicherheit; auch Information politischer Natur gibt Sicherheit, ob auf Gemeinde-, Landes- oder Bundesebene. (Beifall.)

Punkt drei: Ganz wichtig und wesentlich ist, dass wir, wenn sich die Frauen entschei­den, in die Politik zu gehen – und die, die das wollen, können das auch –, wenn es schwierig wird, wenn es strapaziös wird, weil der Bürgermeister, der Parteiobmann oder auch der Klubobmann nicht will, zu ihnen stehen, ihnen den Rücken stärken, sie nicht alleine lassen und nicht zu jenen hinschielen, die wir vielleicht noch brauchen.

Wir brauchen dieses Selbstbewusstsein auch in unseren Reihen, dass wir unsere Posi­tionen vertreten, und damit werden wir erfolgreich sein. (Beifall.)

Wir brauchen daher eine geschlechtersensible, moderne Frauenpolitik! Wir brauchen 50 Prozent! (Beifall.)

14.20


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun kommt Frau Abgeordnete Gartelgruber zu Wort. – Bitte.

 


14.20.34

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ)|: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einmal ganz kurz zurückblicken in die Vergan­genheit, wie es früher war. Wie waren die Anfänge der Frauenpolitik?

Im Jahre 1918 wurde in Österreich das Vereins- und Versammlungsrecht ohne Unter­schied des Geschlechtes eingeführt. Damit fiel der Verbotsparagraph aus dem Jahre 1867, mit dem – ich zitiere – „Ausländern, Frauenspersonen und Minderjährigen“ die offizielle Mitgliedschaft in politischen Vereinen unmöglich gemacht wurde. Bereits ein Jahr spä­ter gingen die Frauen das erste Mal zur Wahl. 1927 wurde die erste Bundesratspräsi­dentin gewählt, und im Jahre 1929 gab es sogar für kurze Zeit eine Frauenpartei.

In den folgenden Jahrzehnten passierte allerdings wenig. Erst 1966 wurde eine Frau Bundesministerin. 1986 trat die erste weibliche Kandidatin bei einer Bundespräsiden­tenwahl an, und im selben Jahr zog zum ersten Mal eine Frau in das Präsidium des Nationalrates ein. Mittlerweile erlebte Österreich seine erste Vizekanzlerin, zwei Lan­deshauptfrauen und die erste Präsidentin des Nationalrates.

Dennoch scheint es, als wäre Politik weiterhin eine Domäne der Männer. Wenn ich Frauen befrage, warum das so ist, kommen regelmäßig dieselben Antworten: Frauen haben nicht den Hintergrund und die Unterstützung, sich vollkommen der Politik zu widmen; Frauen haben nicht den finanziellen Hintergrund, den Einstieg in die Politik zu wagen, Arbeit und Familie sind schwer in Einklang zu bringen; und: Frauen resignieren oft wegen der forschen machtpolitischen Praktiken in der Politik.

Wir haben heute auch schon über Kommunen und Gemeinden gesprochen. Da sieht es so aus, dass gerade in kleinen und sehr kleinen Gemeinden, wo die Bezahlung der Mandatare wenig attraktiv ist und sich nur wenige Personen zur Verfügung stellen, die Frauen eher die Möglichkeit haben, aktiv zu werden. Dennoch haben wir es auch dort, speziell im ländlichen Bereich, oft mit einem klassischen Phänomen zu tun: Frauen leisten viel Basisarbeit, aber die Entscheidungen werden dann von Männern getroffen.

Neben dem Problem der Doppelbelastung gibt es auch strukturelle Zugangsbarrieren und Auswirkungen der Erziehung. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden wir Frauen nicht dazu erzogen, uns öffentlich zu artikulieren. Viele Frauen lernen auch erst im Handeln, Macht auszuüben und Entscheidungen zu treffen. Außerdem müssen Politi­kerinnen nach wie vor ihre Kompetenz in Gremien und eine dicke Haut bei Diskussio­nen unter Beweis stellen.

Demokratiepolitisch ist diese Situation für mich sehr bedenklich. Aber je mehr sich Frauen politisch engagieren, desto schneller wird sich auch die Lage ändern, und Denkschemata brechen auf. Aktive Beteiligung ist ein fundamentales Bürgerrecht. Es ist wichtig, dass sich mehr Frauen politisch betätigen, nicht nur, weil die demographi­sche Struktur in Österreich und die Notwendigkeit der politischen Repräsentanz dies verlangen.

Wir Frauen haben auch einen anderen Zugang zur Politik, zum Beispiel durch weniger Prestigedenken, wodurch Politik lebensnah und menschlicher wird, auch über die so­ziale Frage und weiche Politikfelder hinaus. Soziale Kompetenz ist ja in der Wirtschaft bereits zu einem geflügelten Wort geworden – warum also nicht auch in der Politik!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hinsichtlich der Frage, warum so wenige Frauen in politischen Ämtern zu finden sind, sind die allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einerseits und die unmittelbar faktischen und rechtlichen Para­meter andererseits zu unterscheiden. Betrachtet man Letztere aber im internationalen Kontext, so sind die Gründe für einen hohen oder niedrigen Anteil von Frauen in Parla­menten sehr vielfältig, und es ist nicht möglich, ein Lösungs- oder Erklärungsmodell herauszugreifen.

Unter den Staaten mit Parlamenten, die einen hohen Frauenanteil aufweisen, gibt es solche mit reservierten Sitzen und Quotenmodellen, aber auch solche ohne jegliche gesetzliche oder statutenmäßige Regelungen. Andererseits zeigt es sich, dass Staa­ten, die zum Beispiel Quotenmodelle eingeführt haben, bislang zu keiner signifikanten Erhöhung des Frauenanteils gekommen sind. Ein Beispiel dafür wäre Slowenien.

In jedem Fall ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren zu berücksichtigen. Dazu ge­hört die Ausstattung des Wahlsystems, das Parteienrecht und die Adaptierung parla­mentarischer und politischer Abläufe, die Einbeziehung frauenfördernder Maßnahmen in der Wirtschaft und in der Verwaltung sowie umfassende Maßnahmen in der Be­wusstseinsbildung im Bereich der Geschlechterverhältnisse. Fast alle Staaten mit ver­hältnismäßig hohem Anteil an Parlamentarierinnen haben allerdings ein Verhältnis­wahlrecht.

Ich halte es daher für unangebracht, mit einer Frauenquote ein Instrument einführen zu wollen, dessen Wirksamkeit aufgrund internationaler Erfahrungen zumindest hinterfra­genswert ist, zumal politische Frauenquoten drohen, das Gleichbehandlungsgebot stark zurückzudrängen und die Grundsätze des Wahlrechtes, nämlich Freiheit, Gleich­heit und Allgemeinheit der Wahlen, übermäßig zu beschneiden. Die Quotenregelung ist kein verhältnismäßiges Mittel zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit. Sie ver­stößt auch offensichtlich gegen Bundesrecht. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz fin­det sich in Artikel 2 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staats­bürger sowie in Artikel 7 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes. (Abg. Mag. Wurm: Abs. 3 ...!) – Ja, danke.

Mit diesen Vorschriften hat der Verfassungsgeber festgestellt, dass die Zugehörigkeit zu dem einen oder dem anderen Geschlecht grundsätzlich keine rechtserheblichen As­pekte aufweist. Mann und Frau haben somit als Ganzes für die Rechtsordnung als we­sentlich, als gleich zu gelten. Die Verfassungsbestimmungen schließen die Geschlech­terzugehörigkeit als taugliches Kriterium für rechtliche Differenzierung aus. Eine unter­schiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur dann zulässig, wenn auf dem Ge­schlecht beruhende biologische und funktionelle Unterschiede eine Gleichbehandlung schlichtweg ausschließen.

Mir geht es bei der Chancengleichheit darum, die tatsächlichen Voraussetzungen aus­zugleichen, unter denen von rechtlich garantierten Freiheiten Gebrauch gemacht wer­den kann. Der Schlüssel zur wesentlichen Verbesserung der Vertretung der Frauen in politischen und juristischen Gremien liegt meiner Meinung nach bei den Parteien. Sie müssen den Frauen ausreichend Profilierungsmöglichkeiten bieten. Erfolg verspricht zum Beispiel eine privilegierte Behandlung der Frauen bei der Listengestaltung. Das Stimmrecht der Wähler wird durch solche Maßnahmen nicht tangiert, da es den Stimm­berechtigten immer noch freisteht, wen sie wählen wollen und wen nicht. Der Listen­platz kann ferner mit Maßnahmen wie der Unterstützung bei öffentlichen Auftritten oder besonderen Aufrufen zur Wahl der Kandidatin begleitet werden.

Um die Frauenpräsenz in den Gremien zu erhöhen, müssen auch Verbesserungen in der Aus- und Weiterbildung, in der Förderung der Teilzeit und in der Erleichterung des Wiedereinstiegs in den Beruf angestrebt werden. Von all diesen Maßnahmen greift kei­ne so einschneidend in die Grundrechtspositionen ein wie die Quote.

Das Gleichbehandlungsgebot ist, wie ich bereits dargelegt habe, als Verwirklichung der Chancengleichheit zu verstehen. Chance bedeutet die Möglichkeit, von den Freiheits­rechten, den Wahlrechten und den Verfahrensrechten effektiv Gebrauch machen zu können. Wir Frauen haben es nach dem heutigen Wahlgesetz mit unserer Stimmkraft in der Hand, bei der Ämterbesetzung sogar Mehrheiten zu erlangen. Es gibt absolut kein gesetzliches Hindernis, das uns diesen Weg versperren würde.

Zum Schluss möchte ich zusammenfassend noch einmal Folgendes betonen. Eine Quotenregelung würde die Wahlrechtsgleichheit in dem Grundsatz der allgemeinen Wahlen beeinträchtigen. Das allgemeine, gleiche Stimm- und Wahlrecht gilt absolut. Einschränkungen sind nur zulässig, soweit sie notwendig sind, um ein Wahlsystem zu verwirklichen. Ein Beispiel sind die Wahlkreiseinteilungen und die Mandatszuteilungen im Hinblick darauf, eine Funktion eines Organs in bestimmten politischen Systemen zu nennen, wie etwa die Vertretung der Länder im Bundesrat. Das Abstellen auf das Ge­schlecht der zu Wählenden ist für mich keine solche systembedingte Abweichung.

Schließlich möchte ich nur dies noch sagen: Das Hineinzwängen in jede Form einer Quote ist eine Diskriminierung. Ich bin Frau und keine Quotenfrau! – Danke. (Beifall.)

14.30


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun kommt Frau Abgeordnete Schenk zu Wort. – Bitte.

 


14.30.15

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn wir heute über eine angemessene Vertretung von Frauen in der Politik sprechen, dann sollten wir vielleicht auch darüber sprechen, wie wir denn „ange­messen“ definieren wollen. Viele hier wünschen sich eine klassische Proporzregelung: Man nehme Österreich, teile es diesmal nicht durch Rot und Schwarz, sondern durch Mann und Frau, und das Problem ist gelöst. – So einfach kann es meines Erachtens nicht sein, und so einfach wird es auch nicht sein.

Eine Quotenlösung bewirkt keine angemessene Vertretung von Frauen in der Politik. Eine angemessene Vertretung von Frauen in der Politik wäre dann gegeben, wenn in Österreich endlich eine Politik stattfinden würde, die sich auch nach den tatsächlichen Bedürfnissen der österreichischen Frauen richtet. Die österreichischen Frauen inter­essiert in erster Linie nicht, wie viele weibliche Abgeordnete im Parlament sitzen, son­dern es interessiert sie in erster Linie, was diese Frauen für das Parlament respektive für sie in der Bevölkerung tun. Ich glaube, das ist das Wichtigste, was unsere Österrei­cherinnen hier interessiert: Qualität vor Quantität!

Eine Frauenquote in der Politik festzulegen, wäre deshalb das genaue Gegenteil von gelebter Frauensolidarität. Wir würden es uns sehr einfach machen, wenn wir Mandate oder Stellen in Aufsichtsräten gesetzlich festlegen würden. Die Politik muss damit auf­hören, offensichtlichen gesellschaftlichen Grundfragen mit Zwangsverordnungen zu begegnen, sondern muss sich endlich an den Gesetzen des freien Marktes orientieren.

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang ... (Heiterkeit von Dr. Vana.) Ja, die Dame von den Grünen lacht! (Dr. Vana: Das ist eigentlich nicht zum Lachen!) Ich komme ge­rade zu den Grünen, zu der Forderung der Grünen, dass sie den Frauenanteil an die Parteienförderung und an Strafzahlungen koppeln wollen. Die Grünen bemessen den Wert einer Frau anscheinend in Euro! Das ist nicht unser Weg, den wir gehen wollen, und das unterstützen wir auch nicht.

Auch eine Umfrage im Vorfeld der heurigen EU-Wahlen hat gezeigt, dass die Bevölke­rung, also die befragten Personen, sich zwar einen erhöhten Frauenanteil im Parla­ment wünschen – was wir uns ja auch wünschen –, doch allein 10 Prozent haben sich für eine einzementierte Frauenquote in der Politik ausgesprochen. Das sollte uns auch zu denken geben. Das sollte jenen zu denken geben, die hier unbedingt eine Quote fordern und wollen.

Die Frauen setzen sich durch ihre Leistungsbereitschaft, durch ihren Mut und letztend­lich aufgrund ihrer Qualität durch. Das ist der richtige Ansatz, und ich glaube, dass das die Frauen auch von uns Politikerinnen hier erwarten. Sie wollen in der Politik solche Frauen, die sich selbstständig durchgesetzt haben, und nicht solche, die aufgrund einer Quote in ihre Funktion gekommen sind.

Nun muss ich auch Sie, Frau Präsidentin Prammer, persönlich ansprechen, nämlich auf eine Presseaussendung vom 2. Juni 2009, in der Sie eine Stellungnahme zur Quo­te abgeben: wie wichtig die Quote denn sei und was zur Reduktion der Frauen im Par­lament geführt habe. Einerseits machen Sie die ÖVP für den Rückgang der Quote ver­antwortlich, andererseits – das steht in Ihrer Aussendung – „trage aber auch das Er­starken der rechten Parteien zum Rückzug der Frauen bei“, da bei BZÖ und FPÖ keine Frauen in der Politik sind und „FPÖ oder BZÖ keine Frauen in der Politik haben wol­len“. Zitat Prammer: „Man muss mit aller Vehemenz gegen diese beiden Parteien“ vor­gehen.

Für das BZÖ weise ich das aufs Schärfste zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen natürlich gut qualifizierte, starke und selbstbewusste Frauen in der Politik. Ich darf hier auch anmerken, dass wir die einzige Klubdirektorin im Hohen Haus haben.

Sie rufen also dazu auf, gegen das BZÖ vorzugehen. Das heißt, Sie stellen sich auch gegen die Frauen, die das BZÖ gewählt haben. Gerade bei der letzten Nationalrats­wahl wurde das BZÖ von sehr vielen Frauen gewählt! Das zeigt eines deutlich: Sie und die SPÖ machen in Wirklichkeit Politik für ihre Genossinnen und nicht für die Damen, die sich nicht einer Quotendiktatur unterwerfen wollen.

Frau Präsidentin! Ihnen fehlen nicht nur 3 Prozent auf Ihre selbst auferlegte Quote im Klub, die Sie nicht erfüllen, Ihnen fehlt meines Erachtens auch das richtige Verständnis für Frauenpolitik im Allgemeinen. In der Regierung sind Sie schon lange genug; wo wir heute sind, sehen wir ja – viel ist hier bis jetzt nicht weitergegangen!

Aber nicht nur ich, sondern auch andere namhafte Persönlichkeiten sprechen sich ge­gen die Quote aus. Ich darf hier drei Damen nennen, und zwar Frau Dr. Sigrid Jal­kotzy-Deger, die erste Frau im Präsidium der Akademie der Wissenschaften, „Stan­dard“-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid oder Dr. Theresa Jordis, Anwältin. Al­le drei Genannten sprechen sich gegen Quoten aus und meinen, dass Quoten qualifi­zierten Frauen eher schaden als nützen.

Interessant ist in dieser unseligen Quotendiskussion auch, dass immer nur von Frauen die Rede ist. Warum sprechen wir nicht einmal von Quotenmännern? – In Kindergärten und in Volksschulen sind Männer deutlich unterrepräsentiert und würde es den Kindern guttun, wenn sie männliche Bezugspersonen hätten.

Vom Quotenmann war in den vergangenen Wochen eigentlich immer nur im Zusam­menhang mit der Rückkehr von Dominic Heinzl zum ORF zu hören; Dominic Heinzl soll ja ein Mann sein, der Einschaltquoten garantiert. Aber das hilft uns hier nicht weiter. Da Frau Präsidentin Prammer, wie sie gestern gesagt hat, nahezu jedes Mittel recht sei, um ihre Quote durchzubringen und zu erreichen, können wir vielleicht in nächster Zeit auch mit einer neuen Casting-Show im ORF rechnen: „Parlamentsklub sucht Frau“, vielleicht anstelle von „Hohes Haus“. Das wäre eine interessante Variante, da lassen wir uns gerne überraschen.

Wir vom BZÖ wollen im Gegensatz zu anderen Fraktionen hier im Hohen Haus Gleich­berechtigung für alle Frauen in Österreich statt Quotenfrauen in der Politik! Um diese Gleichberechtigung zu erreichen, müssen wir den Prozess der Gleichbehandlung stär­ken. Es reicht nicht, Gleichbehandlung mit den falschen Maßnahmen von oben herab verordnen zu wollen. Quoten bewirken nicht Gleichstellung, sondern Neid, Missgunst und Geschlechterkampf.

Eine wirksame Strategie, die es Frauen ermöglicht, sich verstärkt in den politischen Prozess einzubringen, muss darauf abzielen, gesellschaftliche Missstände bewusst zu machen und zu korrigieren. Wenn wir wollen, dass mehr Frauen in die Politik gehen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen gege­ben sind und dass die Frauen diese so nützen können, wie sie es für richtig halten. Da gibt es in Österreich immensen Nachholbedarf!

Eines der größten Hemmnisse für Frauen, um beruflich und politisch Karriere zu ma­chen, ist immer noch die oft vorhandene Unvereinbarkeit von Beruf und Familie. Das betrifft natürlich nicht alle Frauen. Nicht jede Frau, die im Berufsleben steht, ist Mutter, aber viele von ihnen sind Mütter, und hier muss die Politik ansetzen. Optimale Kinder­betreuung zu Hause, im Kindergarten und in Schulen muss endlich für alle Frauen und nicht nur für Spitzenpolitikerinnen verfügbar sein. Woher soll sich eine berufstätige Frau die Zeit nehmen, sich in ihrer Gemeinde, in ihrem Bezirk, in ihrem Bundesland oder in der Bundespolitik zu engagieren, wenn sie niemanden hat, der auf ihr Kind auf­passt?

Manchen politischen Parteien ist das ja gar nicht so unrecht, weil es ihnen ohnehin lie­ber ist, wenn sie keinen Kontakt zu den Menschen haben. Wir im BZÖ sehen das aber anders. Wir wollen keine Politik von oben nach unten, sondern eine Politik aus der Mit­te, und da möchten wir so viele Frauen wie nur möglich einbinden. Wir müssen es al­len Frauen in Österreich ermöglichen, am politischen Entscheidungsprozess teilzuha­ben, nicht nur ein paar privilegierten.

Einige werden mir jetzt sicher vorwerfen, ich wäre populistisch. Aber ich sage Ihnen eines noch einmal ganz deutlich: Wir vom BZÖ wollen uns primär um die Probleme der Frauen in Österreich und nicht um die Probleme der weiblichen Abgeordneten im Na­tionalrat kümmern!

Eine zweite große Ungerechtigkeit, die in Österreich immer noch vorherrscht und all­täglich ist, ist die Tatsache, dass Frauen um ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Im Gegensatz zu Kollegin Heinisch-Hosek bin ich nicht der Mei­nung, dass man hier mit Strafzahlungen bei Unternehmen etwas erreichen kann. Der Wirtschaft, die ohnehin schon in der Krise steckt, wäre nicht geholfen, würde man sie mit Strafzahlungen weiter in den Abgrund reißen.

Was Frauen in Österreich wirklich brauchen und was ihnen wirklich helfen würde, wäre der von uns geforderte Mindestlohn von 1 300 € brutto; das sind echte 1 000 € netto. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung! Darauf aufbauend, muss auch dafür ge­sorgt werden, dass Frauen in allen Berufsfeldern, auf jeder Stufe der Karriereleiter, gleich wie Männer bezahlt werden. Finanzielle Sicherheit verleiht mehr Sicherheit für ein Engagement außerhalb des Berufslebens, auch in der Politik. Das Thema Sicher­heit ist einer der entscheidenden Faktoren für die Lebensqualität von Frauen und die Grundlage für einen Einstieg in die Politik.

Den Selbstwert der Frauen zu stärken – das muss im Kindergarten anfangen und in den Schulen, in den Lehrplänen verankert werden, es muss sich auf den Universitäten fortsetzen und dort ein fixer Bestandteil sein. Das heißt nicht, radikale Emanzen-Semi­nare zu fördern, sondern eine selbstbewusste und sachliche Diskussion darüber in Gang zu setzen, was Frauen in unserer Gesellschaft heute leisten und wie man diese Leistung auch sichtbar macht. Rollenklischees kann man nur in den Köpfen verändern, und da müssen wir die Männer genauso wie die Frauen erreichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte nicht nur Missstände aufzeigen, sondern auch Mut machen. Das ist in der Politik sehr wichtig, und ich glaube, da sind gerade wir Frauen sehr stark. Wir haben es nicht mehr nötig, schüchtern, zurückhal­tend und durchschnittlich zu sein, um etwas zu erreichen. Wir sind selbstbewusst, for­dernd und definitiv nicht Durchschnitt! Das ist das beste Argument für Frauen in der Politik, dieses Frauenbild möchte ich verankern. Dort, wo in unserer Gesellschaft Frau­en tätig sind und wo Frauen mitentscheiden, profitieren wir alle, in der Wirtschaft und vor allem in der Politik! – Vielen Dank. (Beifall.)

14.39


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Bevor ich Frau Abgeordneter Mag. Schwentner das Wort erteile, möchte ich nur ganz kurz Folgendes sagen: Ich ha­be hier ein besonderes Privileg: Im Vorsitz einer parlamentarischen Enquete könnte ich mich natürlich jederzeit zu Wort melden. Ich tue das jetzt nicht, sondern reihe mich in die Liste der Wortmeldungen ein und werde mich später auch noch zu einigen von Frau Abgeordneter Schenk aufgeworfenen Themen positionieren.

Nun kommt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. – Bitte.

 


14.40.09

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich möchte gerne mit zwei Zitaten beginnen. Das erste stammt aus dem Jahre 1918, also auch ein kurzer historischer Rückblick zu Beginn. Es lautet – ich zitiere –:

Ich habe schwere Bedenken dagegen, dass man auch die Frauen in die politische Are­na hineinziehen will, in das wüste Treiben der Politik. Mir ist die Frau lieber, die sich im häuslichen Kreise betätigt. Und ich habe mit verschiedenen Frauen gesprochen, denen hohe Intelligenz innewohnt, das kann ich Ihnen sagen, mit Frauen, denen man die Rei­fe nicht absprechen kann, und diese Frauen haben mir erklärt: Ich muss Ihnen zustim­men, Herr Doktor, ich finde ganz offen gesagt auch keine Freude daran, und ich finde nicht, dass mein Recht geschmälert wird, wenn ich nicht wählen gehen kann. – Zitat­ende.

Die geäußerten Bedenken stammen von einem Abgeordneten, dem Großdeutschen Ritter von Mühlwerth, der offenkundig Zweifel an der Einführung des aktiven und passi­ven Wahlrechts von Frauen hatte – vor 90 Jahren.

Das zweite Zitat stammt aus dem Jahr 2009, aus einer Zuschrift einer empörten Bürge­rin an mich persönlich über grüne Ansichten zur Einführung einer Quote in der Politik. Ich zitiere:

Ich kann mich nur wundern über so viel Selbstherrlichkeit und Dummheit. Für mich be­deutet Emanzipation Selbstwertgefühl, und das habe ich nur in mir selbst und nicht als Quotenfrau. Für mich ist es nur wichtig, dass Posten von der am besten geeigneten Person ausgefüllt werden, egal ob Mann oder Frau. Sie begründen Ihre Quotenrege­lung damit, dass es ja 50 Prozent Frauen gibt. Nach Ihrer politischen Einstellung erwar­te ich natürlich, dass Sie als Nächstes fordern, dass ein Viertel der Parlamentsabge­ordneten Türken sein müssen, nur werden Sie da mit dem Frauenanteil kein Glück ha­ben. Sie vermitteln uns als Frauen immer das Gefühl, dass wir jemanden wie Sie brau­chen, um weiterzukommen. Man kommt sich ja vor wie ein Hündchen an der Leine. – Zitatende.

Diese beiden Aussagen trennen 91 Jahre. Warum also diese beiden Zitate? – Ich glau­be, dass trotz der zeitlichen Distanz ein Zusammenhang gegeben ist. So wie die Ein­führung des Wahlrechts für Frauen ein Meilenstein für die Mitbestimmung von Frauen in unserer Gesellschaft war, empfinde ich die derzeitige Debatte um die Einführung von Quoten. Wir haben heute schon viel über den Anteil von Frauen in nationalen Parla­menten gehört, über das Bild der Politikerin in den Medien und auch einiges über politi­sche Strategien für eine angemessene Repräsentanz von Frauen in der Politik.

90 Jahre Frauenwahlrecht stehen leider auch für 90 Jahre ohne tatsächliche Gleich­stellung. Das gilt für den Alltag, die Arbeitswelt und auch die Politik. Die Vertretung von Frauen im Nationalrat und damit die Vertretung der Interessen von Frauen in unserer Gesellschaft schreitet nämlich nur sehr zögerlich voran, wie wir alle wissen, sonst wür­den wir heute nicht hier sitzen.

Die Wege nämlich, die in den Plenarsaal hinein- und wieder hinausführen, haben sehr viel mit Macht zu tun, mit männlicher Macht. Politik ist nach wie vor ein Männerklub. Das lässt sich an den Redezeiten – wir haben das gemessen –, vor allem an den Re­dezeiten während der Fernsehübertragung festmachen, an der Besetzung von relevan­ten Ausschüssen, am Umgang mit den Medien und an Netzwerken. Hartnäckig hält sich daher auch der Widerstand gegen die Forderung nach einer entsprechenden Quo­te von Frauen. Kein Wunder! Es gilt ja einiges zu verteidigen, bedeutet sie doch, dass Männer auch auf ihren letzten Bastionen ein bisschen mehr Platz machen müssten. Dies zwar letztlich zum Wohle aller, aber da muss man wohl noch einiges an Überzeu­gungsarbeit leisten.

Gerade die Wirtschaft beweist, und dazu gibt es etliche Studien, dass Unternehmen, in denen es eine Frauenquote in Aufsichtsräten gibt, durchaus erfolgreich damit sind und bessere Erfolge einfahren als Unternehmen, die das nicht haben. Selbiges gilt für die Politik. Da gibt es auch Studien, die das für Länder belegen, in denen es die Quote gibt.

Das beliebteste Gegenargument zur Quote ist bekannt und wurde heute auch schon mehrfach zitiert: Frausein allein ist nicht genug! – Nein, ist es nicht, aber es würde auch der Politik sehr gut tun, von Frauen und Männern gemacht zu werden. Nicht nur, weil es Frauen längst zumutbar ist, sondern weil Frauen nicht zuletzt ganz andere Er­fahrungen als Männer mitbringen. Frauen sind zudem Role Models und machen ande­ren Frauen Mut.

Im März 1919 zogen acht Frauen ins Parlament ein. Erst 2002 gab es mit 33,9 Prozent einen Höhepunkt der politischen Partizipation von Frauen. Es hat also über 80 Jahre gedauert, bis der Frauenanteil unter den Abgeordneten die 30 Prozent-Marke über­schritten hat. Und wie Sie alle wissen, macht sich seit der letzten Nationalratswahl eine Trendumkehr bemerkbar. Derzeit sind wir bei 27,9 Prozent. Bei einem Bevölkerungs­anteil von 51 Prozent Frauen ist das doch einigermaßen befremdend. Von den derzeit 51 Frauen gehören immerhin 10 Frauen den Grünen an, das möchte ich schon auch noch betonen, denn wenn man die wegrechnet, sind es nur noch 41 Frauen von 163 Abgeordneten, dann halten wir nämlich bei 25 Prozent.

Es gehört auch, wie schon erwähnt, ein wenig zur Tradition der grünen Frauenspreche­rinnen – zumindest bin ich in dieser Folge schon die vierte –, einen Antrag zur Förde­rung der Beteiligung von Frauen in der Politik einzubringen. Sie sehen, wir lassen nicht locker und wir sind hartnäckig. Wir glauben und sind sehr davon überzeugt, dass die Quote das einzige Instrumentarium ist, das zum gegebenen Zeitpunkt eine adäquate Beteiligung von Frauen in der Politik gewährleistet, auch wenn wir schon gehört haben, dass die Quote unelegant ist oder sonst etwas – sie ist einfach das einzige Instrumen­tarium.

Wollen wir also dem gemeinsamen Motto dieser Enquete „Mehr Frauen in die Poli­tik!“ – mit Rufzeichen; ein Titel, auf den sich übrigens alle Fraktionen einigen konn­ten – gerecht werden, dann müssen wir uns auch früher oder später auf ein entspre­chendes Instrument einigen. Ich glaube auch nicht, dass unverbindliche Maßnahmen, wie sie bereits erwähnt wurden, wie Mentoring, Networking und sonstige Dinge, die durchaus adäquate begleitende Maßnahmen sein können, eine Änderung der derzeiti­gen Situation herbeiführen würden. Die können eben bestenfalls begleitend stattfin­den. Wenn es um die sprichwörtliche Wurst geht, sind dann letztlich doch die Männer die Schnelleren.

Weltweit gibt es in 53 Ländern gesetzliche Quoten, und auch Österreich würde es sehr gut anstehen, die Beteiligung von Frauen in der Politik zu forcieren. In einer besseren Welt bräuchten wir keine Quoten, aber da bräuchten wir auch keine Sozialhilfe. Das wichtigste Argument für die Quote ist nämlich ein ganz schlichtes – wir haben es heute schon mehrmals gehört –: Sie wirkt.

So wie heutzutage niemand mehr den Frauen das Recht zu wählen absprechen wird, so – und das ist meine Vision – wird es sich mit den Quoten verhalten. Es wird und muss einfach zur Normalität werden, dass Frauen in unserer Gesellschaft ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprechend vertreten sind. Wir wollen nicht noch einmal 90 Jah­re warten!

Übrigens – wir haben heute schon einiges über Klischees in Bezug auf Quotenfrauen hören dürfen – bin ich auch eine Quotenfrau, nämlich eine grüne Quotenfrau, und mir geht es sehr gut damit.

Ich habe meinen Vortrag, mein Referat jetzt bewusst kürzer gehalten, weil wir in der Zwischenzeit von meinem Kollegen Karl Öllinger ein Mail über eine Homepage bezie­hungsweise über eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wien bekommen haben. Auf der Homepage „alpen-donau.info“ ist ein Eintrag vorgenommen worden, ein redaktio­neller Beitrag „Neues aus der Quatschbude – Frauenquoten“. Darin wird eine direkte Drohung gegen die Präsidentin des Nationalrates, Frau Prammer, geäußert. Dort heißt es nämlich, und ich lese das jetzt vor und möchte damit auch ein bisschen belegen, wie das Thema heute oder unsere Versammlung offensichtlich auch provoziert:

„In Zeiten von Massenarbeitslosigkeit, ‚Finanzshoa‘ und der zunehmenden Auflösung des sozialen Gefüges, hat man im Parlament ganz andere Probleme. Jetzt hat sich die Nationalratspräsidentin Barbara Prammer mit einer grandiosen Idee zu Wort gemel­det. (...) Neues aus der Quatschbude. Sie will eine 50% Frauenquote der Nationalrats­abgeordneten per Gesetz eingeführt wissen. Hintergrund ihrer weltfremden Ausritte ist die Wahnvorstellung von der Gleichheit aller Menschen.“

Unsererseits, das habe ich schon betont, wurde Anzeige gegen unbekannte TäterIn­nen erstattet. Ich glaube, das belegt auch sehr gut, wie aggressiv der männliche Um­gang mit dem Thema ist, wie sehr das provoziert, und das sollte uns allen eigentlich sehr zu denken geben. – Danke. (Beifall.)

14.48


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Wir gehen in die Debatte ein. Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort. Es stehen pro Redner/in 3 Minuten Redezeit zur Verfügung. – Bitte.

Diskussion

 


14.48.40

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stehe noch ein bisschen unter Schock wegen der E-Mail-Nachricht, die wir hier vernommen haben, zeigt sie doch deutlich auf, dass es in Wirklichkeit um Macht und um die Verteilung von Macht geht.

Rotraud Perner hat das heute schon gesagt, und ich sage es jetzt noch einmal: Es geht nicht um eine Frauenquote, KollegInnen, sondern es geht um eine Geschlechter­quote, das heißt, es geht um die Wahrnehmung und um die Gewährleistung der Teil­nahme beider Geschlechter in einem gerechten Ausmaß in diesem Haus oder über­haupt in allen Politikfeldern. Ich denke, so ein E-Mail zeigt deutlich auf, dass es um Macht geht – um Macht, die man nicht bereit ist, aufzugeben.

Ich möchte all jenen Kolleginnen, die immer wieder betonen, das Thema Quote wäre ein Widerspruch zur Qualifikation und zur Qualität, noch einmal sagen: Ohne Qualifika­tion und ohne Qualität gibt es gar keine Quotendiskussion, und deswegen ist die Quo­tendiskussion nicht eine Frage der Qualität und Qualifikation von Frauen in der Politik, sondern in Wirklichkeit ist sie ein Versäumnis der Qualifikation von – und jetzt sage ich es bewusst provokant – Männern in der Politik, denn bis jetzt haben wir das nicht hin­terfragt. Die Männerquote wird ja als selbstverständlich hingenommen. (Beifall.)Wir ha­ben heute schon gehört – und das ist für mich so etwas wie ein Resümee aus dem bis­her Gehörten –, dass man sich sehr wohl überlegen muss, wie man so eine Ge­schlechterquote ausgestaltet, denn offensichtlich hat die Ausgestaltung sehr viel mit der Wirkung, die ja an sich eigentlich unbestritten ist, zu tun. Wir sind sehr gefordert, darüber zu diskutieren, inwieweit wir uns hier in diesem Haus nicht über eine Frauen­quote, die meines Erachtens zu Recht abgelehnt wird, sondern über eine Geschlech­terquote unterhalten sollten. Vielleicht könnte man dadurch mit Parteien, die bis jetzt immer gesagt haben, sie sind gegen die Frauenquote, endlich einmal auf einen ge­meinsamen Nenner kommen, indem wir für eine Geschlechterquote eintreten, indem wir für Qualität und Qualifikation eintreten, sodass das Thema nicht mehr Quotenfrau oder Quotenmann ist.

Ich bin schon seit Langem Listenführerin und Listenerste, und das hat damit zu tun, dass wir auch ein Reißverschlussprinzip haben, wobei bei uns in Graz das Reißver­schlussprinzip eben so war, dass die Frau die Erste war und der Mann der Zweite. Als ich dann kurz nicht mehr im Parlament war, war natürlich ein Mann da, weil das das Reißverschlussprinzip eben auch beinhaltet. Wenn es zu einem Wechsel kommt, folgt dann – in dem Fall – der Zweite nach.

Wir müssen uns also überlegen, wie eine Geschlechterquote ausgestaltet werden soll. Ich rufe wirklich alle auf, die jetzt versuchen, alle formalen Argumente gegen eine Quo­te vorzubringen: Lassen Sie uns doch hier im Haus gemeinsam überlegen, wie wir eine tatsächliche Vertretung beider Geschlechter in einem gerechten Ausmaß zustande bringen könnten. Genau darum geht es, nämlich die Teilhabechancen von Frauen und Männern in ihren unterschiedlichen Lebenspositionen bei der Gesetzwerdung und bei budgetären Maßnahmen entsprechend zur Geltung zu bringen, und dafür brauchen wir die politische Macht von Männern und Frauen gleichermaßen. (Beifall.)

14.52


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Staatssekretärin Marek zu Wort. – Bitte.

 


14.52.15

Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek|: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst sagen, bevor ich mit meinen Ausführungen beginne: Wenn es keine sachliche Argu­mentation gegen etwas gibt, was man nicht will, dann wird man hilflos aggressiv und reagiert so, wie wir es in diesem Mail gesehen haben.

Frau Präsidentin, ich glaube, ich spreche für viele Frauen hier, wenn wir Sie wirklich auch unserer Solidarität versichern. Wir führen hier – so glaube ich – eine wirklich gute, konstruktive Diskussion, und wir müssen hier einfach auch weiterkommen. Mit Aggres­sion und mit völlig aus der Luft gegriffenen Dingen zu reagieren, entbehrt jeder Grund­lage und richtet sich von selbst. Ich glaube, es ist wichtig, das an dieser Stelle zu sa­gen. (Beifall.)

Das zeigt uns aber auch: Wir liegen goldrichtig, und wer selber stark genug ist, braucht sich auch nicht zu fürchten. Der Feind des Guten ist das Bessere, würde ich einmal sa­gen, und das ist genau das, worüber wir hier diskutieren.

Ich freue mich sehr über diese Enquete. Es war bisher ein extrem spannender Tag. Es hat sich gezeigt, dass wir wirklich in der Lage sind, etwas parteienübergreifend zu dis­kutieren, einen gemeinsamen Weg zu diskutieren, zu skizzieren. Ich hoffe sehr, dass auf parlamentarischer Ebene eine Gruppe – vielleicht können wir eine Gender-Watch-Gruppe anregen – auf Dauer eingesetzt wird. Mittels derer könnte man vielleicht beob­achten und auch öffentlich darüber informieren, wie die Verteilung der Redezeit zwi­schen Männern und Frauen während der Fernsehübertragung und außerhalb der Fern­sehzeiten ist, und auch, wie viele Frauen und Männer überhaupt hier im Plenum ge­sessen sind. Wenn man darüber regelmäßig und ständig informiert, kann auch so man­ches in den Köpfen verändert und auch entsprechend darüber nachgedacht werden.

Es ist wichtig, dass wir uns nicht länger als Opfer sehen. Wir sind immer wieder viel zu sehr in der Opferrolle. Wir sollen nicht jammern, sondern wir sollen gemeinsam mit den Männern an konstruktiven Lösungsansätzen arbeiten. Was mir wirklich gegen den Strich geht, und das sage ich auch ganz offen zu der ganzen Quotenfrau-Diskussion: Quote ist niemals – und da kann ich alle unterstützen, die das bereits gesagt haben – von Qualifikation entkoppelt zu sehen.

Selbstverständlich geht es immer um Topqualifikation, und es ist eigentlich ungeheuer­lich, wenn man Frauen abqualifiziert, weil sie Frauen sind. Ich sage offen, ich bin auch eine, und da sitzen sicher ganz viele, die eine Chance bekommen haben, weil sie eine Frau sind. Die Chance bekommst du aber nur einmal. Wenn du die Leistung nicht mit der besten Qualifikation bringst, dann bist du weg, dann hast du diese Chance nicht mehr. Ich glaube, es ist wichtig, das zur Quote zu sagen. (Beifall.)

Bei fast 60 Prozent Uni-Absolventinnen unter den Erstabschlüssen ist die Frage der Qualifikation sowieso eine, die sich gar nicht mehr stellt.

Ich finde es auch schade und kontraproduktiv, wenn gegen Frauen, die vermeintlich nicht frauensolidarisch sind, Stellung bezogen wird. Es ist wichtig, Frauen auf allen Ebenen zu haben. Das allein ist das Signal! Solidarität ist etwas, das automatisch nachkommt. Es genügt auch nicht, zu sagen, wir müssen bei den Mädchen anfangen. Das müssen wir sowieso. Es geht aber auch darum, hinzuschauen und zu überlegen: Wie können wir Frauen motivieren, Ja zu sagen?

Ich glaube, Druck gibt es einfach, ohne Druck wird es nicht gehen. Veränderung ge­wachsener Strukturen findet nur dann statt, wenn auch Druck von oben kommt. Wir werden genau solche Instrumente mit dem Druck, den wir dann aufbauen, diskutieren müssen. Ich glaube aber  da bin ich optimistisch , es wird gelingen.

Ich fühle mich hier wirklich sehr, sehr stark, und ich freue mich auf viele gemeinsame Lösungsansätze. – Danke. (Beifall.)

14.56


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete Kitzmüller ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


14.56.10

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Quoten-Regelung ist ein Begriff, der sehr negativ besetzt ist. Möch­ten Sie hier eine Quotenfrau sein? – Wir Freiheitliche wollen das nicht. Bei uns ist die Qualifikation ausschlaggebend, und da ist es egal, ob wir von einem Mann oder einer Frau sprechen. Natürlich begrüßen wir es sehr, dass Frauen gefördert werden und mehr Frauen in gehobenere, führende Positionen kommen.

Es stellt sich allerdings die Frage: Was ist eine führende Position? – Aufsichtsrat, Na­tionalrat, Universitätsprofessor, was auch immer Sie nennen möchten? Oder ist nicht auch die Organisation einer Familie und die Erziehung der Kinder genauso eine wichti­ge und, so möchte ich sagen, eine noch viel wichtigere Aufgabe, die wir Frauen über­nehmen? Es ist nun einmal so, dass wir Frauen die Kinder bekommen und in erster Li­nie dafür zuständig sind, die Familie zusammenzuhalten und die Kinder zu erziehen. Wenn sich Frauen für die Familie entscheiden, ist ihre Aufgabe noch weit größer und bedeutender.

Viele Frauen, meine Damen und – heute hier – meine Quotenmänner, werden von die­ser Quoten-Regelung überfahren, benachteiligt und nahezu abgeschreckt. Frauen müssen gefördert werden, aber nicht mit Gewalt und mit der Brechstange. Wenn wir von Gemeinderäten reden, in denen zu wenig Frauen sind, kann ich Ihnen sagen: Ich bin Gemeinderätin und Fraktionsobfrau der Freiheitlichen in Kirchschlag im Mühlviertel. Von den drei Fraktionsmitgliedern sind zwei Frauen. – So viel zu den Quoten bei den Freiheitlichen!

Frauen tun in den meisten Fällen das, was sie aus Überzeugung machen und was sie können, und nicht das, was der Mann oder man will, dass sie tun. Die meisten Frauen, meine Damen und Herren, haben keine Quote notwendig. Sie qualifizieren sich durch ihr Können und ihr Wissen. Wenn wir uns die Studentenzahlen anschauen, werden über kurz oder lang ohnedies mehr Frauen und in qualifizierten Positionen tätig sein.

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, ist es wichtig, bei Quoten nicht von Frau­enquoten zu sprechen, sondern von Quoten, die für uns wichtig sind, nämlich Familien­erhalterquoten in führenden Positionen, und da ist es egal ob Mann oder Frau. Alleiner­zieherinnen kommen immer mehr in die Situation, dass sie Familien erhalten müssen, und da ist die Quote sicherlich nicht angebracht. Wir sagen: Frauen oder Männer, die eine Familie erhalten, gehören bevorzugt. Abseits von jeder Ideologie erhalten nun ein­mal Männer oder Frauen, egal in welcher Position oder wie qualifiziert sie sind, Fami­lien, und die gehören in erster Linie gefördert. Wir wollen keine Quotenregelung, die al­lein Frauen betrifft. (Beifall.)

14.59


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


15.00.07

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (ohne Fraktionszugehörigkeit, Niederösterreich)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu den Abgeordne­ten der FPÖ möchte ich sagen: Ich denke, da gibt es einige Missverständnisse. Es geht nicht um die Profilierungssucht von Politikerinnen hier herinnen, sondern es geht um Frauen, die eine andere Art von Politik machen können und sollen. (Beifall.)

Es ist auch nicht so, dass Frauen nur Frauen und Männer nur Männer vertreten sollen, sondern es gibt einfach verschiedene Zugänge zu arbeiten. Ich denke, dass wir Frauen diesbezüglich einige Qualifikationen mehr haben, als Männer sie möglicherweise ha­ben könnten.

Damit bin ich wieder bei dem Punkt zu fragen: Was ist Qualifikation in der Politik? Ist Qualifikation, dass ich mich hier herausstelle, eine böse, möglichst polemische Rede halte und alle zur Schnecke mache, oder ist Qualifikation, dass ich zuhöre, mir Proble­me anschaue und dann vielleicht Lösungen suche? – Da kann man sich jetzt aussu­chen, was Qualifikation ist. Es wird wahrscheinlich jeder eine andere Auffassung davon haben, was Qualifikation bei einer Politikerin oder bei einem Politiker ist.

Ich denke, insofern ist es ein bisschen schwieriger als in der Wirtschaft zu sagen, wir reden jetzt nicht von der Quote, sondern wir reden davon, dass die Menschen, die hier vorne stehen und uns vertreten, qualifiziert sind, weil die Qualifizierung nicht so sach­lich zu bewerten ist wie zum Beispiel in der Wirtschaft.

Was die Männer uns in der Politik auf jeden Fall voraushaben, das sind Netzwerke. Netzwerke gibt es bei den Männern seit Jahrhunderten, die ihnen möglicherweise auch in Parlamente verhelfen oder ihnen Qualifikationen zuschreiben, die sie vielleicht gar nicht haben. Die gibt es, die gab es, und die wird es auch weiter geben. Wir Frauen fangen jetzt gerade mit dem Netzwerken an, wir müssen das sehr wohl erst lernen. Und dazu kommt, es gibt kaum reine Frauennetzwerke, es gibt aber sehr wohl sehr viele reine Männernetzwerke.

Daher kann man nicht von Ungleichbehandlung reden, wenn Frauen eine Quote ver­langen, sondern – im Gegenteil! – man muss sich überlegen, wie Männer bis jetzt ihre Quote erreicht haben und ob das unbedingt mit Qualifikation zu tun hat.

Noch eine kleine Anmerkung. Die Wirtschaftskrise, von der auch in diesem vorhin zi­tierten Mail kurz die Rede war, ist nicht in erster Linie von Frauen verursacht worden, sondern großteils von Männern. Da hatten sie die Macht; wenn ich mir anschaue, wo Frauen die Macht haben, oder wo Frauen im Vordergrund stehen, dann haben wir heu­te gehört, das ist in Ruanda so. Ich kann mich erinnern, es gab diese Trümmerfrauen auch bei uns einmal. Sie waren ganz, ganz wichtig beim Zusammenräumen, und zwar beim Zusammenräumen des Mists, den die Männer gemacht haben.

Im Prinzip möchte ich uns nicht darauf beschränken, sondern ich hätte gerne, dass wir, bevor wir zusammenräumen müssen, auch die Wege der Politik schon anders gestal­ten, nämlich auch weiblicher. (Beifall.)

15.02


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Herr Bundesrat Dr. Schnider ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.02.53

Bundesrat Dr. Andreas Schnider (ÖVP, Steiermark)|: Frau Präsidentin! Meine lieben Damen aus allen Fraktionen! Ich möchte Ihnen und euch wirklich zu diesem Thema und zu dieser Enquete gratulieren, denn das ist ein zentrales Thema. (Beifall.)

Ich melde mich jetzt hier zu Wort, nicht als Quotenmann – als solcher fühle ich mich gar nicht –, sondern deswegen, weil das hier ein wunderbares Bild ist. Es sind hier un­gefähr 80 bis 90 Damen im Saal, und es sind ungefähr noch 80 oder 90 Plätze frei. Jetzt sind wir als Männer gefragt: Wie gehen wir mit diesem Thema um? Die Gesell­schaft hat sich verändert. Wir als Männer werden uns jetzt fragen müssen: Wie kann so ein Haus, wir können alle Parlamente – auf Gemeindeebene, auf Landesebene, auf EU-Ebene und so weiter – wirklich weiterhin auch repräsentative Räume zum Parlie­ren, zum Reden sein, wenn hier normalerweise 80 Prozent Männer sitzen und maximal 20 Prozent Frauen oder vielleicht sogar noch weniger? – Damit werden wir in Zukunft, und ich glaube, nicht erst in Zukunft, sondern im Heute, im Jetzt umgehen müssen. – Punkt eins. (Beifall.)

Punkt zwei, weil die Zeit voraneilt: Ich möchte nur eine Eigenschaft herausnehmen. In Zusammenarbeit mit vielen Frauen – ich hatte Waltraud Klasnic sechs Jahre lang als Chefin, das ist eine Spitzenpolitikerin – ist mir etwas aufgefallen, das ich immer und auch heute noch sehr an Frauen schätze, das aber für sie vielleicht manchmal auch ein Hindernis in der Politik ist, nämlich: Sie sind sich selbst gegenüber oft kritischer als wir Männer uns selbst gegenüber.

Weiters – das ist auch nicht unwichtig –: Frauen sind untereinander oft kritischer als wir Männer untereinander. Das spricht aber insofern – das möchte ich sagen – gerade für sie, dass sie hier mehr Platz brauchen. Warum? – Meine Vorrednerin, Frau Kersch­baum, hat es gerade richtig angesprochen. Ich glaube auch, manchen Schlamassel könnten wir uns ersparen, wenn wir, was in jeder Bildungspolitik ganz wichtig ist, kriti­scher sind, wenn wir selbstkritischer, fremdkritischer und fragender wären.

Das sind zwei Kriterien, die Sie uns immer gelehrt haben, die ihr uns lehrt. Deshalb glaube ich, egal, welches Bild man nimmt – ich will nicht von Quoten reden, von erhöh­ten Quoren, aber was mir recht gut gefällt, das ist das Bild von meinem Schlüssel (der Redner hält seine Schlüsseltasche in die Höhe): Über den Reißverschluss komme ich zum richtigen Schlüssel für diese Politik. – Glück auf! (Heiterkeit und Beifall.)

15.05


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete Ablinger ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.05.37

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ)|: Ein gutes Symbol. Ich glaube, das könnten wir uns überlegen mit dem Reißverschluss. Das ist eine gute Idee.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte auf einige der Argumente der Frauen­sprecherinnen eingehen. Zuerst komme ich zu Frau Schenk. Ich glaube, es wäre nicht notwendig, sich so sehr im Ton zu vergreifen, wenn Sie hier herinnen von Casting-Shows oder von radikal emanzenhaften Veranstaltungen reden. – Es gibt hier eine sachliche Auseinandersetzung und dabei sollten wir meines Erachtens alle bleiben.

Zu den inhaltlichen Argumenten. Frau Schenk, Sie haben gesagt, es geht um Qualität und nicht um Frauen und Männer. – Ich glaube und bin überzeugt davon, dass es in­nerhalb des BZÖ und auch innerhalb der FPÖ mehr qualifizierte Frauen gibt, als hier herinnen Platz finden. Zu sagen, es ginge Ihnen nur um Qualität, würde heißen, Sie hätten nicht mehr als zwei oder drei qualifizierte Frauen im BZÖ. Das glaube ich nicht, auch wenn ich nicht Ihrer Partei angehöre oder Ihr Gedankengut teile.

Dann ist das Argument gekommen, Frauen würden sich ohnehin durchsetzen. – Wenn dem so wäre, da doch mittlerweile mehr Frauen ein Studium abschließen als Männer, insgesamt mehr Frauen studieren, wenn sie sich also so einfach durchsetzen könnten, dann frage ich: Wo sind die Frauen in den Führungspositionen dieses Landes oder die­ser Welt? Wenn Frauen so viel mehr und so viel besser ausgebildet sind, dann frage ich mich, warum der Einkommensunterschied noch immer so groß ist. Die Antwort schließt sich an: Es kommt nicht nur darauf an, was Frauen wollen, sondern auch da­rauf, was Frauen ermöglicht wird.

Dritter Punkt, der angeschnitten worden ist: Wir würden uns heute mit den Problemen der Abgeordneten und nicht mit den Problemen der Frauen beschäftigen. – Das halte ich für völlig unrichtig, denn wir haben in der Pause auch diskutiert. Frau Dr. Jarosch, Sie haben eine Studie genannt, die ich nicht kenne, dass bekannt ist, wenn mehr Frau­en in Parlamenten sind, werden die Themen und die Themenfelder bunter und letztlich nehmen auch die Lebenswirklichkeiten zu. So gesehen wäre das auch eine Bildungs­veranstaltung für Männer. Je mehr Frauen hier herinnen sind, umso mehr geht es um die Lebenswirklichkeiten von Frauen insgesamt. Es macht doch die Politik qualitätsvol­ler, wenn die Lebenswirklichkeiten von Frauen hier herinnen öfter, dichter und häufiger vorkommen würden. Insofern ein Ja zur Quantität, denn Quantität schafft dann Qua­lität.

Ganz zum Schluss, weil das rote Licht schon wieder leuchtet: Ich finde dies heute eine tolle Veranstaltung, die ein sehr breites Bild zeigt. Ich glaube, wir bringen mehrheitlich zumindest eine Einigung dahin gehend zusammen: Wir sind für Quoten. Ich vermute fast, dass wir da eine Einigung haben; da müssen nicht einmal alle Männer bei der ÖVP mitstimmen, das bekommen wir auch so noch zusammen. Das geht sich aus, kei­ne Frage.

Das Nächste muss sein, welche Modelle sollen denn das sein ... (Maria Rauch-Kallat: Hoffentlich stimmen eure alle mit!) – Aber hallo, das spielen wir auf dem Klavier! Ich glaube schon, dass bei uns alle mitstimmen werden. (Heiterkeit.)

Ich wollte noch sagen: Natürlich wäre das wirksamste Modell, zu sagen, die Quote
ist fifty-fifty, die Plätze, die nicht von Frauen besetzt sind, werden nicht besetzt. Dann stellt sich schnell heraus, dass wir immer Frauen finden, die diese Plätze besetzen. – Danke. (Beifall.)

15.09


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete Tamandl ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.09.22

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Ablinger, es wäre nett ge­wesen, wenn von anderen Fraktionen auch so viele Männer in den Reihen gesessen wären wie von der ÖVP. (Beifall.)Sie unterstellen uns immer, gerade bei uns in der ÖVP würde blockiert werden, aber das stimmt gar nicht! Unser Klubobmann ist ans Rednerpult herausgekommen und hat selbst zugegeben, er wollte sich an und für sich gar nicht melden. Ich finde das aber richtig und wichtig – auch, dass Herr Kollege Schnider aus dem Bundesrat sich hier herstellt und sehr wohl bemerkt, wie wichtig es ist, dass Frauen in der Politik tätig sind und dass es auch noch mehr werden sollen. Das ist doch ein Mehrwert. Sie können das den Männern in Ihren Fraktionen dann eben nur erzählen, oder sie lesen in der Zeitung das, was über diese Enquete gebracht wird.

Was müssen wir als Politikerinnen machen? Da sind wir schon gefordert. Frau Staats­sekretärin Marek hat es angesprochen. Wir bekommen irgendwann einmal eine Chan­ce, und mit dieser Chance müssen wir uns dann bewähren. Auch uns ist es so gegan­gen. Wir beide haben im Jahr 2002 diesen Wahlkampf geschlagen, als wir dann diese starke Frauenquote mit 33 Prozent hier im Nationalrat hatten.

Es muss natürlich auch unser Engagement für die Frauen in den Gemeinden, in den Bezirksparteien, in den Landesparteien et cetera weitergehen. Ich bin mit 33 Jahren Bezirksparteiobfrau im damals rötesten Bezirk Österreichs, in Simmering, geworden. Da waren lauter alte Männer, die gesagt haben: Wir brauchen ein Aushängeschild, wir brauchen jemanden, den wir nach vorne stellen können. Also ich habe eigentlich „Fei­genblattgeschichte“ geschrieben.

Und was haben die Frauen gemacht beziehungsweise was machen die Frauen heute noch? Sie kochen Kaffee, organisieren Feste, organisieren Seniorennachmittage, aber wenn es um Mandate geht, dann sind die Männer diejenigen, die als Erste dastehen und sagen: Ich mache das!, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob sie es sich zutrauen können. Wir Frauen sind halt schon diejenigen, die auf einer selbstkritischen Basis meinen: Soll ich das machen? Kann ich das? Bin ich dazu in der Lage?

Ich glaube, wir müssen die jungen Frauen unterstützen, aber nicht nur die jungen Frauen, sondern auch die Frauen, bei denen die Kinder schon aus dem Gröbsten he­raußen sind, die es sich schon mit der Familienarbeit überlegen können, in die Politik zu gehen. Wenn es uns gelingt, dass Frauen bei den Gemeinderatswahlen, bei den Bezirksvertretungswahlen und bei den Landtagswahlen auch in die politischen Gre­mien, in die Führungsgremien kommen, dann, wenn viel mehr Frauen in Führungs­gremien der Parteien kommen, können wir auch zu einem gewissen Anteil und zu einer höheren Frauenpräsenz auf den Wahllisten beitragen. Das liegt an uns!

Solidarität wird nicht immer groß geschrieben, sollte aber künftig groß geschrieben werden, damit wir nicht nur darüber reden. Wir reden nur darüber, sind auch wehleidig, sagen, die Männer müssen uns aufstellen, Quoten müssen gemacht werden und so weiter. Ich denke, es liegt auch an uns, etwas zu tun. Wir müssen dort, wo wir Ent­scheidungen treffen können, diese auch treffen. Auch ich habe eine Parteifunktion in­ne, ich bin Landesparteiobmann-Stellvertreterin in einem Bundesland.

Genau da müssen wir ansetzen. Es gibt genug von uns hier herinnen, die auch noch in den Parteigremien in Führungspositionen sitzen. Wenn wir alle miteinander darauf schauen, dass wir mehr Frauen in die Politik bringen, dann wird das irgendwann ein­mal eine Selbstverständlichkeit sein. (Beifall.)

15.13


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete Fürntrath-Mo­retti gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.13.05

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Quotenherren oder Quotenmänner – ich möchte mit Ihnen beginnen –! Sehr geehrte Damen! Ich freue mich grundsätzlich, dass diese Enquete heute zustande gekommen ist, weil dies doch zeigt, dass es in allen Bereichen positive und kritische Zugänge gibt.

Ich möchte zu Beginn mit einer Aufklärung beginnen, was die Wirtschaftsdaten an­langt. Es wurden da – schon am Vormittag – ein paar falsche Zahlen genannt. Bei den Erwerbstätigen gibt es im Moment eine Frauenquote von 46 Prozent, in Führungsposi­tionen sind 28 Prozent weiblich. 82,9 Prozent der Betriebe haben mindestens eine Frau in einer Führungsposition, bei den Aufsichtsrätinnen sind es 10,9 Prozent – eine davon bin ich –, bei den Geschäftsführerinnen 13,5 Prozent.

In diesen Zahlen sind die Selbständigen nicht inbegriffen. Und Selbständige sind alle Unternehmerinnen, alle Freiberuflerinnen wie Journalistinnen, Ärztinnen und Architek­tinnen sowie alle Landwirtinnen. Da kommt noch ein erklecklicher Anteil an Damen da­zu.

Bei den Unternehmerinnen liegen wir besonders gut. Wir Frauen stehen im Moment zu 33,5 Prozent an der Spitze eines Unternehmens – das ist ein Drittel. Und bei den Neu­gründungen sind wir in Österreich führend in der EU. Bei den NeugründerInnen haben Frauen einen Anteil von 41 Prozent – in der EU sind es nur 20 Prozent. Das zeigt, wie schon gesagt wurde, dass die Wirtschaft in Österreich doch die Nase vorne hat. – Zum Ersten. (Beifall.)

Zum Zweiten: mehr Frauen in die Politik und in Führungspositionen. Ich glaube, dazu gehört mehr als Quoten. Dazu gehört, dass wir die Rahmenbedingungen entsprechend gestalten.

Es ist ja schon einiges geschehen. Erwähnenswert ist, was alle Frauen betrifft, die steuerliche Geltendmachung der Kinderbetreuung bis zum vollendeten 10. Lebensjahr. Das ist, so glaube ich, ein ganz entscheidender Punkt und ganz entscheidend für uns, für alle Frauen und Männer, die Kinder haben.

Wichtig wäre in diesem Zusammenhang auch noch, dass wir das Wochengeld der Selbständigen erhöhen. Ich glaube, von 25,57 € kann man nicht leben. Und ich bedan­ke mich auch bei der grünen Fraktion dafür, dass sie auf unsere Forderung schon in der Vorwoche aufgesprungen ist.

Zum Abschluss möchte ich noch Folgendes sagen: Ich glaube, Quoten sind nicht das Allheilmittel. Ich kann ein Beispiel aus Graz nennen. Bei der Gemeinderatszahl 2008 hatten wir eine Quote von 46 Prozent Mandatarinnen unter den ersten 15, und wir hat­ten in Graz das Persönlichkeitswahlrecht. Was glauben Sie, wie viele von diesen 46 Prozent jetzt im Gemeinderat sitzen? 13 Prozent!

Was heißt das? – Die Zielgruppe ist nicht immer mit unserer Entscheidung einverstan­den. Was wir wollen, ist klar definiert, aber die Zielgruppe ist der Souverän, ist der Wähler, und schlussendlich entscheidet dieser, ob wir Leistung erbringen und was wir bewegen. – Danke schön. (Beifall.)

15.16


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete Höllerer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.16.38

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Her­ren! Wir haben heute schon einige Male über Rahmenbedingungen gesprochen, die notwendig sind, um Frauen in politische Gremien zu bringen, haben über Qualifikatio­nen gesprochen. Ich bin als Vertreterin der Frauen des ländlichen Raums hier. Qualifi­ziert sind die Frauen im ländlichen Raum. Sie sind meist besser ausgebildet als ihre gleichaltrigen männlichen Kollegen. Defizite gibt es trotzdem. Das hat mit den Rah­menbedingungen zu tun, weil es einfach gar nicht so leicht ist, als qualifizierte Frau im ländlichen Raum einen Arbeitsplatz zu finden, der auch der Ausbildung entspricht. Man sagt immer, Frauen wären zu wenig mobil oder zu passiv, wenn es um Verhandlungen Richtung Gehaltserhöhungen geht.

Ich denke vielmehr, dass es ein gewisses Problem darstellt, die hochqualifizierten jun­gen Frauen im ländlichen Raum zu halten. Die Zwanzig- bis Dreißigjährigen, die wirk­lich gut ausgebildet sind, wandern in den städtischen Raum ab. Sie kehren meistens wieder zurück, wenn es darum geht, eine Familie zu gründen, und sie am Land leben wollen. Dann verstärkt sich allerdings das Problem wieder, wenn sie sich auf Arbeits­platzsuche begeben.

Das heißt, wir haben ein Problem, das mit den Rahmenbedingungen im ländlichen Raum zu tun hat. Es sind höchst politische Forderungen, frauenpolitische Forderun­gen, die dahinterstecken. Da geht es vor allem um die Optimierung der Kinderbetreu­ung, um die Optimierung der Seniorenbetreuung und selbstverständlich um das Schaf­fen von adäquaten Frauenarbeitsplätzen im ländlichen Raum. Das gilt für alle Frauen, die im ländlichen Raum leben, natürlich auch für die Frauen im landwirtschaftlichen Umfeld. Wir haben gerade gehört, Bäuerinnen sind Selbständige. 43 Prozent der land­wirtschaftlichen Betriebe werden in Eigenverantwortung von Frauen geleitet, und viele haben auch noch Kompetenzen in anderen Betriebszweigen. (Beifall.)

Das sind hochqualifizierte Frauen, die partnerschaftliches Miteinander einfordern, die im Entscheidungsprozess eingebunden werden wollen, wenn es um agrarpolitische, um wirtschaftliche Entscheidungen geht, und die selbstverständlich in den politischen Gremien Fuß fassen wollen. Zu fragen ist hier: Warum können sie das nicht? Wo sind sie?

In Wirklichkeit sind die Vertreterinnen der Bäuerinnen und der Frauen im ländlichen Raum in allen politischen Gremien und in der Interessenvertretung sehr, sehr dünn ge­sät. Sie bekommen die nötigen Chancen nicht!

Was wir brauchen, das ist eine gute Frauensolidarität. Wir brauchen Frauennetzwerke und -seilschaften – und das auch parteiübergreifend. Und genau daran müssen wir ar­beiten, sehr geehrte Damen und Herren!

Momentan ist es so, dass die – ich würde einmal sagen – Ignoranz, die die regionale Entwicklung hemmt, damit zu tun hat, dass an der größten Bevölkerungsgruppe, an den Frauen, vorbeigearbeitet wird. Hier liegen Ressourcen brach. In Zukunft brauchen wir eine gute Politik für den ländlichen Raum, die Mut und Verantwortung braucht, die aber vor allem den Blick der Frauen und auch die Hand der Frauen braucht. Frauen werden in den politischen Gremien unbedingt Fuß fassen müssen. Dahin muss unsere Anstrengung gehen. (Beifall.)

15.19


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.20.34

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne)| (in Übersetzung durch die Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Verehrtes Publi­kum hier in diesem Hause! Sie wissen, ich spreche jetzt durch meine Gebärdensprach­dolmetscherin, vielleicht noch kurz zur Erklärung: Sie wird mir jetzt ihre Stimme und auch ihre Augen leihen.

Bei Gebärdensprache – vielleicht wissen Sie das schon – handelt es sich nicht um eine internationale Sprache, sondern es gibt nationale Varianten. Ich würde gerne Gebär­den für „Mann“ und „Frau“ aus den unterschiedlichsten Ländern bringen, denn ich den­ke, diese Gebärden zeigen sehr gut, wie in den einzelnen Ländern damit umgegangen wird und welchen Stellenwert Mann und Frau jeweils haben.

In Amerika zum Beispiel, in der Amerikanischen Gebärdensprache: Mann, man, und Frau, woman. (Abg. Mag. Jarmer gebärdet die Wörter „Mann“ und „Frau“ in der Ameri­kanischen Gebärdensprache und deutet mit der Hand unterschiedliche Höhen an.) Das heißt, der Mann wird höher oben angesetzt, die Frau weiter unten.

Im Spanischen zum Beispiel ist die Gebärde für Mann, hombre, so – und für die Frau weiter unten. (Abg. Mag. Jarmer gebärdet die Wörter „Mann“ und „Frau“ in der Spani­schen Gebärdensprache.)

Ich möchte erwähnen, in Österreich haben wir diesen Unterschied nicht. Bei uns ist es gleichwertig: Mann und Frau. (Abg. Mag. Jarmer gebärdet die Wörter „Mann“ und „Frau“, die in der Österreichischen Gebärdensprache auf gleicher Höhe an der Wange durchgeführt werden.) Sie sehen, diese Gebärde wird an der gleichen Körperstelle durchgeführt. Insofern möchte ich heute auch einen positiven Aspekt einbringen. (Bei­fall.)

In Japan haben wir eigentlich auch fast Gleichwertigkeit. Das bedeutet „Mann“. (Abg. Mag. Jarmer gebärdet das Wort „Mann“ in der Japanischen Gebärdensprache.) Das ist eigentlich „gut“, bei uns würde das „gut“ bedeuten. Die Gebärde für „Frau“ ist dieser kleine Finger, die schlanke Frau. (Abg. Mag. Jarmer gebärdet das Wort „Frau“ in der Japanischen Gebärdensprache.) – Gut. Soweit zu den einzelnen Varianten in Gebär­densprache.

Wir sprechen heute schon den ganze Tag über die Frauenquote. Ich würde in diesem Zusammenhang gerne Zahlen aus dem Bereich der behinderten Menschen zeigen. Wenn wir davon ausgehen, wie viele behinderte PolitikerInnen es weltweit gibt, dann sprechen wir von einer Anzahl von ungefähr 40, und von diesen sind weltweit sieben Frauen. Denken Sie daran: Hier in Österreich haben wir eine gehörlose, behinderte Frau – mich!

In Bezug auf das, was Männer können oder was Frauen können, was die unterschied­lichsten Qualifikationen anlangt, ist für mich die Gesellschaft von besonderer Bedeu­tung. Das, was wir in der Gesellschaft haben, sind nach wie vor diese Barrieren in den Köpfen. Da besteht äußerster Handlungsbedarf. Ich finde es sehr fein, dass heute sehr viele Frauen und auch Männer hier sind – wir haben wirklich diesen Bedarf! – und dass jetzt etwas getan wird.

Dieses Reißverschlussprinzip – noch dazu sehr bildhaft gezeigt – war sehr anschau­lich. Barrierefreiheit – das möchte ich jetzt betonen – gilt nicht nur für behinderte Men­schen, sondern Barrierefreiheit gilt auch für Frauen und – wie ich meine – für die ge­samte Gesellschaft.

Das, was wir tun müssen, ist Folgendes: Wir müssen bei uns beginnen, denn die Poli­tik kann wirklich Veränderungen herbeiführen! Und da sind wir jetzt gefragt. – Danke. (Beifall.)

15.24


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nächste Rednerin: Frau Abgeord­nete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


15.25.00

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne)|: Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzte Teilnehmerinnen und Teilnehmer! Sehr geschätzte Expertinnen und Experten! Liebe Kolleginnen! Partizipation von Frauen gerade im politischen Geschehen braucht eigene Rahmenbedingungen, und das natürlich auf Landes-, Bundes- und Gemeinde­ebene. Ich bin sehr froh, hier diesen Konsens herausgehört zu haben, weil es um sehr viel mehr geht als um das Sprechen hier, nämlich um das Umsetzen in die Tat.

Gerade bei Frauen geht es um zeitliche Kapazitäten. Es geht darum, Betreuungspflich­ten, Familienpflichten in Einklang zu bringen. Männer können oft nach politischen Gre­mien, nach Sitzungen, nach Besprechungen ganz klassisch noch auf ein Bier gehen und die informelle Ebene ausleben, während Frauen dann nicht mehr teilhaben kön­nen. Gerade diese informellen Ebenen sind enorm wichtig für politische Entschei­dungsträger und -trägerinnen, für die Macht, Entscheidungen zu treffen und in der Poli­tik voranzukommen.

Da muss man auch die Parteien ganz klar in die Pflicht nehmen, denn Sitzungskultur und Organisationskultur ist, weil Politik immer noch Männersache ist, sehr, sehr männ­lich dominiert. Gerade in kleineren Gemeinden werden die Sitzungen am Abend anbe­raumt, etwa um 19.30 Uhr, und dauern dann bis 22.30 Uhr. Da müssen oft die Frauen einfach nachhause, während – wie schon gesagt – die Männer auf der informellen Ebene weiterarbeiten können.

Es geht auch um Wissen und Information und um diese Entscheidungsmacht, die da fehlt. Dieser Punkt wurde heute schon des Öfteren angesprochen: Deshalb bin ich stolz darauf, eine grüne Frau zu sein, und ich bin stolz darauf, eine Quotenfrau zu sein, denn genau wir versuchen, dieses System zu ändern. Wir versuchen, Sitzungen am Nachmittag oder an Samstagen stattfinden zu lassen, in den Gemeinden Frauenbrun­ches anzubieten, um Frauen die Teilhabe zu gewähren.

Ein Beispiel noch kurz: Insgesamt gibt es in Österreich 2 357 Gemeinden inklusive Wien, in denen ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin der Gemeinde vorsteht. Davon gibt es nur rund 80 Bürgermeisterinnen. Das ist eindeutig zu wenig! Laut Ge­meindebund gibt es eine Tendenz, die steigend ist, aber ein wenig zu langsam. Wenn Entscheidungsträger noch immer männlich sind und bleiben und wenn die Parteien ge­nau das fördern und auch die Politik das zulässt, wird dieses Bild sich nicht ändern. Deshalb braucht es ganz klar eine Quote. – Danke. (Beifall.)

15.27


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich darf nun Frau Dr. Fritz, der Gleichbehandlungsbeauftragten des Finanzministeriums, das Wort erteilen. – Bitte.

 


15.28.03

Dr. Elfriede Fritz (Bundesministerium für Finanzen)|: Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Auditorium! Ich bin als Gleichbehandlungsbeauftragte und Vorsitzende der Arbeits­gruppe für Gleichbehandlungsfragen im Bundesministerium für Finanzen in der Verwal­tung tätig und dort natürlich – wie alle Verwaltungsbeamtinnen und -beamten – um die bestmögliche Umsetzung der vom Parlament verabschiedeten Gesetze bemüht.

Ich möchte auf das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz hinweisen, das Frauenförde­rungsmaßnahmen und eine vierzigprozentige Quote von Frauen in allen Funktionen, auf allen Ebenen vorsieht. Die Quote kommt dann zur Anwendung, wenn die Frau min­destens gleich qualifiziert wie der bestqualifizierte männliche Mitbewerber ist und wenn in der Person des männlichen Mitbewerbers nicht sonstige berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen.

Alle Regierungsmitglieder bekennen sich zu dieser Quote, alle haben Frauenförde­rungspläne. Der Herr Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen hat erst im Sep­tember die Verordnung betreffend den Frauenförderungsplan für das Bundesministe­rium für Finanzen unterzeichnet. Dieser Frauenförderungsplan sieht auch Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor, die selbstverständlich auch für die Männer und für die Väter gelten. (Beifall.)

Die 40-prozentige Quote in Führungsfunktionen, in hohen Funktionen ist im Finanzmi­nisterium noch nicht erreicht, aber die Quote und der Frauenförderungsplan sind ein wichtiges Sensibilisierungsinstrument und auch ein wichtiges Druckmittel. Es ist für kei­ne im höchsten Maß geeignete und qualifizierte Frau eine Schande, dass sie diese Funktion auch deshalb erhalten hat, weil es einen Frauenförderungsplan und eine Quote gibt. (Beifall.)Bezüglich der Rechtsgrundlagen möchte ich auch auf die wichtigen Artikel 13 Abs. 3 und Artikel 51 des Bundesverfassungsgesetzes hinweisen, die auch hier beschlossen wurden, wonach Bund, Länder und Gemeinden in der Haushaltsfüh­rung die tatsächliche Gleichstellung von Männern und Frauen anstreben. Artikel 13 Abs. 3 gilt schon jetzt, und Artikel 51, die Wirkungsorientierung, 2013. Auch in diese Wirkungsorientierung ist dann ein Gleichstellungsziel aufzunehmen. Es sind ganz wich­tige Gesetze, die eigentlich nur umgesetzt werden müssen.

Zu Gender Mainstreaming noch ein Hinweis: Hier geht es natürlich auch darum, dass nicht solche Maßnahmen gesetzt werden, die das rollenstereotype Verhalten von Män­nern und Frauen festschreiben. Im Steuerbereich ginge es dann ganz besonders da­rum, zu schauen, dass nicht solche Steuergesetze erlassen werden, die Frauen wieder zurück an Heim und Herd drängen. (Beifall.)

Ich möchte noch einmal auf die Quote zurückkommen. Das Bundesgleichbehand­lungsgesetz ist in Novellierung und in Begutachtung. Es ist die Anhebung der Quote von 40 auf 45 Prozent vorgesehen. Wir Frauen in der Verwaltung hätten uns 50 Pro­zent gewünscht. – Danke. (Beifall.)

15.31


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich darf an dieser Stelle einflech­ten: Ich würde das als Präsidentin des Nationalrats mittlerweile auch sehr begrüßen, weil wir bei all unseren Ausschreibungen über den 40 Prozent sind. Das heißt, das Frauenfördergebot ist derzeit im Parlament nicht mehr anwendbar, was mich im Her­zen schmerzt, wie Sie sich vorstellen können! Es werden wahrscheinlich die 45 Pro­zent schon helfen, aber 50 Prozent wären natürlich noch besser. (Beifall.)

Nun gelangt Frau Lohnecker, Frauenbeauftragte des Landes Oberösterreich, zu Wort. – Bitte.

 


15.32.18

Brigitte Lohnecker (Frauenbeauftragte des Landes Oberösterreich)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mir und uns allen gefällt dieses Bild, das sich heute im Parlament zeigt, sehr gut. Solche Übertragungen könnten öfter stattfinden! (Beifall.)

Ich spreche für alle meine Kolleginnen, die Frauenbeauftragten der österreichischen Bundesländer. Wir wollen natürlich alle mehr Frauen in der Politik, wir wollen sie auf al­len Ebenen, also im Europäischen Parlament, im Nationalrat, in Landtagen und natür­lich auch auf kommunaler Ebene.

Da wir aber kein Entscheidungsrecht haben, haben wir uns positive Maßnahmen über­legt. Eine dieser Maßnahmen ist, dass es in fast allen Bundesländern Polit-Trainings gibt. Das sind Ausbildungsreihen, die Frauen, die ja politisches Interesse haben, ermu­tigen, stärken, dass sie sich um politische Ämter bewerben. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei uns dauert das eineinhalb Tage, das sind zehn Module, wo wir die Frauen in den Bereichen Selbstwert, Medientraining, Konfliktmanagement und Gender Budgeting ausbilden beziehungsweise stärken.

Wir bieten dazu auch Polit-Mentorings. Das geht natürlich nur in enger Zusammenar­beit mit den politischen Parteien, und zwar deswegen, weil wir natürlich wollen, dass diese Frauen, die diese Ausbildung machen, dann tatsächlich Ämter bekommen. Das heißt, sie werden gecoacht, sie werden begleitet.

Zurzeit arbeiten wir in den Bundesländern an einem gemeinsamen EU-Projekt, in dem wir dieses globale Verhältnis und die Stärkung der Frauen voranbringen wollen.

Frauen bekommen in den Bundesländern von uns das Rüstzeug. Das sind natürlich nicht sehr viele, aber all diejenigen, die es machen, machen es mit großer Begeiste­rung.

Wir brauchen eigentlich relativ wenig Werbung dafür zu machen, weil die Frauen durch Mundpropaganda zu uns kommen. Wir haben einen besonderen Zulauf auf kommuna­ler Ebene. Da ist es besonders wichtig, weil auch sehr viele Bürgerlisten in diesem Be­reich entstehen.

Wir versuchen, Frauen mit den Polit-Trainings und dem Mentoring ein Rüstzeug dafür zu geben, den Schritt in die Politik zu schaffen. (Beifall.)

15.34


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Mag. Moritz von der Bundes­arbeitskammer kommt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.35.09

Mag. Ingrid Moritz (Bundesarbeitskammer)|: Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte eine Lanze für das Thema Quote brechen. Die Arbei­terkammer hat sich das immer wieder auch am Beispiel der Aufsichtsräte angeschaut. Das Beispiel Norwegen zeigt, dass die Quote ein sehr wirksames Instrument sein kann. Dort gibt es eine Geschlechterquote für Männer und Frauen. Das heißt, dass der Anteil eines Geschlechtes mindestens 40 Prozent sein muss. Das Gesetz wurde 2006 mit einer zweijährigen Übergangsfrist beschlossen. Das Ergebnis ist anschaulich. Im Jahr 2006 gab es noch 29 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten, im Jahr 2008 sind es mittlerweile 44 Prozent.

Begleitet wurde dieses Gesetz durch Sanktionen, Verwaltungsstrafen bis hin zu der Möglichkeit einer Zwangsliquidation. In der Praxis ist das nicht zur Anwendung gekom­men, aber es ist sozusagen die Androhung der Sanktion bereits sehr wirksam.

Im Unterschied dazu stellt sich die Situation in Österreich folgendermaßen dar: In den Aufsichtsräten – untersucht von der Arbeiterkammer in den 200 größten Unterneh­men – ist es seit Jahren so, dass der Anteil 9 Prozent beträgt.

Es ist schon seit Jahren ein öffentliches Thema, es gibt viele Auseinandersetzungen, es gibt Initiativen, um mehr Frauen in Aufsichtsräte zu bringen. Dennoch wäre mein Befund, dass die Sensibilisierung, das Thematisieren allein nicht ausreichend ist. Dafür sprechen eben diese Zahlen, die sich nicht verbessern.

Ich halte es für ganz wichtig, den Anteil der Frauen in Wirtschaft und Politik zu erhö­hen. Eine Quote wäre ein wichtiges Instrument, um mehr Frauen in die Positionen zu bringen. Ich glaube, dass es in Verbindung mit dem Nationalen Aktionsplan für Gleichstellung, zu dem sich auch diese Bundesregierung bekennt, wichtig wäre, zu sa­gen: In der Wirtschaft und in der Politik wollen wir tatsächlich auch mehr Frauen haben.

Ich denke, die Quote wird zwar oft, wenn sie in Zusammenhang mit dem Thema Ge­schlecht in den Mund genommen wird, abgewertet, aber letztlich ist es ein demokrati­sches Instrument, um der Vielfalt Platz zu verschaffen. Es gibt übliche Quoten wie die, dass die Ländervertreter und -vertreterinnen dabei sind; dabei denkt sich kein Mensch etwas. Wenn es um die Geschlechterquote geht, wird das anders diskutiert. Das ist eine Abwertung des Problems, dass Frauen in der Politik zu wenig zugelassen wer­den. – Danke. (Beifall.)

15.38


15.39

Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Ich habe mich auch selbst in die Rednerliste eingetragen und gebe jetzt meine Wortmeldung ab. Ich stelle mir natürlich auch die Uhr ein.

Meine Damen und Herren! Ich darf auch sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es gibt wirklich noch sehr, sehr viel Diskussionsbedarf, was die Partizipation von Frauen in der Politik betrifft. Das hat diese Enquete für mich ganz eindeutig ge­zeigt, obwohl wir noch nicht am Ende angelangt sind. Man darf auch nicht vergessen, dass man immer wieder ein Stück klüger wird.

Ich habe bis vor Kurzem selbst noch die Position vertreten: Keine gesetzlichen Maß­nahmen, die Partizipation von Frauen ist eine Angelegenheit der politischen Parteien, die Wählerinnen, auch die Wähler werden es den Parteien sozusagen in ihrem Wahl­verhalten zeigen, wie sie auf die zu geringe Frauenrepräsentanz reagieren.

So einfach ist die Sache leider nicht. Das haben wir mittlerweile auch erkennen müs­sen. Ich bin in der Zwischenzeit geläutert und zur Überzeugung gelangt, dass es not­wendig sein wird, auch über gesetzliche Maßnahmen zu diskutieren.

Ich freue mich darüber, dass diese Diskussion zumindest begonnen hat. Es war mir vollkommen klar, wie unterschiedlich die Sichtweisen sind. Aber es ist natürlich für einen Staat wie Österreich, der eine so lange demokratische Tradition hat, wo Frauen immerhin im Jahr 1919 – man kann sagen, so viele Jahre nach den Männern! –, im europäischen und internationalen Vergleich doch so früh, das aktive und passive Wahl­recht erhalten haben, schade, dass wir da noch nicht weiter sind.

Schauen wir in der Geschichte zurück – ich rede jetzt in erster Linie von meiner eige­nen Partei –: Es war wirklich von Anfang an, vom Jahr 1919 weg immer die gleiche Zahl von Frauen vertreten. Immer dann, wenn eine Frau ausgeschieden ist, konnte die nächste hinein. Erst dann, als die Quote im Parteistatut verankert wurde, gab es die große, wenn auch oft schmerzhafte und mit heftigen Auseinandersetzungen verbunde­ne Entwicklung, dass die Zahl der Frauen größer wurde. Vieles haben wir ja gemein­sam, über alle Parteigrenzen hinweg: Es ist immer noch ein Auf und Ab. Und wir soll­ten es doch leid sein, dass sich das nicht ändert. Denn wie ich bei der Eröffnung der Enquete gesagt habe, hatten wir in der XXII. und XXIII. Gesetzgebungsperiode bereits einen höheren Frauenanteil hier im Haus als heute. Das wollte ich sagen.

Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit der Quantität automatisch die Qualität he­reinbringen. Wir haben die große Sichtweise, wir haben einen anderen Lebenszusam­menhang, und wenn wir glauben, dass das die Männer genauso gut können wie die Frauen, dann, glaube ich, irren wir uns alle, wenn wir das vertreten.

Einen letzten Satz zu dem, was Frau Mag. Schwentner gesagt hat: Ich habe keine Angst. Wenn jemand mit einer „gehörigen Tracht Prügel“ droht, nicht nur mir, sondern im Übrigen auch Ihnen – ich habe das nachgelesen –, dann kann die Antwort nur lau­ten: konsequente Handlungen. – Vielen Dank. (Beifall.)

15.41

*****

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Universitätsprofessor Perner. – Bitte.

 


15.41.50

Univ.-Prof. i. R. Dr. Rotraud A. Perner (Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese)|: Frau Präsidentin! Ich möchte gerne auf Folgendes hinweisen: Wir haben heute erlebt, vor allem durch Ihre Ausführungen (in Richtung der Abg. Mag. Jarmer), dass es ver­schiedene Sichtweisen gibt, verschiedene Wahrnehmungen der Welt.

Die Quote ist ein operatives Instrumentarium, aber sie sollte nicht im Vordergrund ste­hen. Im Vordergrund sollen die Ziele stehen, das, was wir wollen. Und das soll nicht so rüberkommen: Wir wollen auch mitspielen!, sondern rüberkommen soll: Wir haben eine andere Ethik, wir wollen eine andere Politik, wir wollen dafür solidarische Unterstüt­zung, und Solidarität kann man auch einfordern! – Deswegen ist es für mich wichtig, wenn Sätze fallen wie: Frauen, die nicht teilnehmen können, nicht teilnehmen wollen – Sie (in Richtung einer Enquete-Teilnehmerin) haben das gesagt –, nicht teilnehmen wollen an bestimmten Spielen, weil wir bessere Verhaltensformen vorschlagen.

Das heißt, der weite Blickwinkel ist ganz wichtig, der auch einen respektvollen Umgang mit anderen Positionen beinhaltet, aber mit klarer Abgrenzung. Gerade das, was bei den Quotenfragen auch die Frauen teilt, ist die Teilung in Frauen mit Kindern/ohne Kin­der, mit Mann/ohne Mann, alte/junge, dicke/dünne, hübsche/hässliche, was auch im­mer, und Teilen und Kooperieren ist eine Großhirnfähigkeit. Wenn man Angst hat – und das hat mit Selbstwert zu tun –, reagiert man mit dem Stammhirn. Das führt nur zu Kampf und Gewalt – und davon haben wir in der Welt genug. – Danke. (Beifall.)

15.43


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Dr. Vana gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.43.53

Dr. Monika Vana (Vertreterin der Frauenorganisation der Grünen)|: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf etwas replizieren, was die Kollegin des BZÖ, Frau Schenk, am Anfang auch in Richtung Grüne gesagt hat, nämlich zur Freiheit des Marktes.

Sie, Frau Schenk, haben gesagt: Lasst den Markt arbeiten!, bezogen auf Quoten für Unternehmen. – Aber die Freiheit des Marktes, Frau Kollegin, hat dazu geführt, dass die Frauen weltweit zwar zwei Drittel der Arbeit leisten, dafür aber nur 10 Prozent der Einkommen beziehen und 1 Prozent der Vermögen haben.

Die Freiheit des Marktes hat dazu geführt, dass laut Rechnungshofbericht der Einkom­mensunterschied zwischen Frauen und Männern in manchen Bereichen in Österreich bis zu 40 Prozent beträgt, dass weibliche Lehrlinge in Österreich bereits im ersten Lehrjahr bis zu 10 Prozent weniger verdienen als Burschen, dass immer mehr Frauen in nicht existenzsichernde Teilzeitarbeit und prekäre Beschäftigungen abgeschoben werden, von denen sie nicht mehr leben können, und dass der Markt zu wenig exis­tenzsichernde und zu wenig Vollzeitarbeit zur Verfügung stellt und dass Frauen gene­rell die Mehrheit der unbezahlten Arbeit machen, nicht nur in Österreich, sondern welt­weit, und Frauenarbeit vom Markt generell unterbewertet wird.

Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ich vertraue der Freiheit des Marktes nicht. Und wer angesichts der Wirtschaftskrise und der Fi­nanzkrise, die eigentlich eine Verteilungskrise, eine Sozialkrise und vor allem eine De­mokratiekrise ist, immer noch glaubt, die Freiheit des Marktes würde irgendetwas re­geln, der oder die hat die Herausforderungen der Zukunft nicht verstanden! Das möch­te ich an dieser Stelle wirklich sagen.

Wir brauchen eine andere Politik, wir brauchen ein Umdenken. Ja, es ist das eine De­mokratiekrise – dazu gehört auch, mehr Frauen an der Demokratie zu beteiligen und mehr Frauen an die Macht zu bringen. Die Politik hat hier Handlungsbedarf. Wir haben eine Herausforderung vor uns. Wir als Politiker und Politikerinnen haben Handlungsbe­darf! Und die Quote ist hier kein Akt der strukturellen Gewalt, wie ich heute auch gehört habe, sondern die Quote ist eine Sicherstellung der Demokratie. Eigentlich hätten wir die Verpflichtung, die Quote einzuführen, denn Österreich hat wie viele andere Länder auch die UN-Konvention CEDAW unterzeichnet, die eigentlich die Staaten auffordert oder verpflichtet, eine aktive Gleichstellungspolitik zu machen und jegliche Diskriminie­rung und Benachteiligung von Frauen zu beseitigen.

Ich orte in diesem Haus eine Mehrheit für die Quote. Die Sozialdemokratinnen und So­zialdemokraten haben sich dafür ausgesprochen, die ÖVP hat sich dafür ausgespro­chen, und als Frau von den Grünen kann ich nur sagen: Unsere Unterstützung haben Sie! Machen wir Nägel mit Köpfen, und führen wir die Quote zumindest in der Politik, in diesem Haus ein! Die Mehrheit haben wir hier. (Beifall.)

15.46


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: In der Diskussion ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Habe ich jemanden übersehen? – Das ist nicht der Fall.

Resümee und Schlussfolgerungen

 


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Wir kommen zu den Schlussstate­ments der fünf Gleichbehandlungs- und Frauensprecherinnen.

Wir haben 7 Minuten Redezeit für diese letzte Runde vereinbart.

Frau Abgeordnete Mag. Schwentner, bitte.

 


15.47.29

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne)|: Ich möchte gleich bei den Ausfüh­rungen meiner grünen Kollegin Monika Vana anschließen. Es ist erstaunlich – wir ha­ben das auch in der Mittagspause angesprochen –, dass es heute hier eine seltene Übereinkunft gibt in Bezug auf ein Thema, das sonst für mehr Zwiespalt und Diskussio­nen sorgt, nämlich die Quote und sozusagen auch die Tatsache, dass wir an einer Maßnahme arbeiten wollen, um Frauen verstärkt in die Politik zu bringen und Frauen in der Politik zu fördern.

Dennoch sehe ich keine Quoteneuphorie, wie heute schon gesagt wurde. Ich glaube auch nicht, dass man besonders euphorisch sein muss, aber, wie gesagt, das ist ein­fach ein demokratisches Instrument, dafür zu sorgen, dass Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung auch im Parlament, in den Gremien und insgesamt in der Politik vertreten sind.

Es war immer wieder die Sprache von Qualität vor Quantität. Ich glaube, das ist ein­fach nicht die Frage, sondern über die Zeit wird sich beweisen, dass Frauen, die die Chance haben, daran teilzunehmen, zu partizipieren, entsprechende Qualität liefern. Wir haben heute schon öfter davon gehört, dass sich auch Männer nicht immer über ih­re Qualität behauptet haben, sondern einfach nur aufgrund der besseren Netzwerke.

Ich begrüße die heutige Enquete außerordentlich. Ich denke, dass sie ein Anlass dafür sein kann und soll, dass wir Frauensprecherinnen im Parlament und auch insgesamt uns mehr Gedanken darüber machen, welche Instrumentarien wir einführen könnten, um dieses Ziel, nämlich mehr Frauen in die Politik zu bringen, zu erreichen.

Wir haben mit der Frau Staatssekretärin kurz über die Möglichkeit gesprochen, das Gender Watch einzuführen. Ich kann nur sagen, dass wir Grüne sehr, sehr gerne dazu beitragen würden, auch unsere Expertise beziehungsweise unser Instrumentarium. Die Expertise haben wir nur insofern, als wir selbstkritisch sind und uns dabei genau an­schauen, was wir auch immer wieder falsch machen, auch in Bezug auf Gleichberech­tigung und gleiche Chancen für Frauen und Männer in unserer Partei. Das heißt, die Selbstkritik sollten wir uns insgesamt auferlegen, um darauf zu schauen. Auch jeweils die Sitzungen auszuwerten halte ich für eine ganz gute Idee, an der wir vielleicht schon bald arbeiten könnten. Nichtsdestotrotz glaube ich auch, dass wir insgesamt an einem Gesetz arbeiten sollen. Der grüne Vorschlag liegt noch im Gleichbehandlungsaus­schuss. Ich weiß nicht, wie es ausgehen wird, ob er noch weiter vertagt oder abgelehnt werden wird; es kann auch ein neuer Vorschlag kommen. Wenn es um die Quote geht und um die Einführung des Prinzips der Partizipation von Frauen und eines 50-prozen­tigen Geschlechteranteils, dann bin ich dabei. Wir Grüne würden das unterstützen.

Insgesamt, möchte ich sagen, fehlen mir – das gerade an jene Kolleginnen, deren Par­teien die Quote vehement kritisieren; aber vielleicht kommt das in den Schlussstate­ments noch – die entsprechenden Lösungsvorschläge, wie man Frauen verstärkt er­mutigen kann, in die Politik zu gehen, wie man auch Männer sozusagen dafür sensibili­sieren kann. Nicht zuletzt brauchen wir – das ist schon öfters angesprochen worden – die Männer dazu. Wir brauchen Frauen und Männer, die sich darauf einigen, dass es eine Geschlechtergleichheit in den Parlamenten geben soll. Auf die Lösungsvorschläge warte ich noch; abgesehen von begleitenden Maßnahmen, zu denen ich voll und ganz stehe und die wir unbedingt brauchen.

Insofern habe ich die Statements heute Vormittag sehr erfrischend gefunden. Von der Bundesjugendvorsitzenden Magdalena Schwarz ist die Ansage gekommen, wir müss­ten zurück in den Kindergarten. – Das glaube ich auch. Ich glaube, dass dort ganz viel geschehen muss. Von Grund auf, von klein auf müssen wir anders erziehen und erzo­gen werden, um für Sensibilität zu sorgen, Männer und Frauen sensibel zu machen, Vorbilder zu schaffen; nicht nur in den Familien, wo das geschieht, sondern eben auch durch Pädagoginnen und Pädagogen und durch viele begleitende Maßnahmen.

Ich hoffe, dass die Enquete ein Schritt in die Richtung war, zu sensibilisieren. Aggressi­ve Stimmen, wie wir sie über die „alpen-donau.info“-Homepage – ich kenne diese rech­ten Seiten nicht sehr gut – hören, sollten wir tatsächlich draußen lassen beziehungs­weise uns einig darin sein, dass wir das nicht brauchen und daher allesamt vereint da­gegen auftreten. – Danke schön. (Beifall.)

15.52


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun erteile ich Frau Abgeordneter Schenk das Wort. – Bitte.

 


15.52.20

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ)|: Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen hier dafür bedanken – bei den Kolleginnen hier am Podium, bei der Frau Präsidentin –, dass wir diese Enquete zustande gebracht haben, dass wir diese Enquete über die Parteigrenzen hinweg zustande gebracht haben. Ich glaube, das ist auch ein Zeichen und eine Stärke der Frauen, dass sie zusammenhalten, zusammenarbeiten, über die Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten. Das heute war ein wichtiger und richtiger Schritt in die richtige Richtung. Wir haben viel diskutiert, auch wenn es sehr kontrover­sielle Diskussionen gab.

Das Thema Quote hat die Enquete heute hauptsächlich bestimmt. Wir haben zwar schon sehr viel über die Quote gesprochen, trotzdem muss ich noch abschließend zwei Bemerkungen dazu, respektive gegen die Quote machen. Auch von der ÖVP, von der ehemaligen Ministerin Rauch-Kallat, wurde heute angesprochen, dass die Quote deshalb so gut und wichtig und richtig ist, weil sie mit Sanktionen verbunden ist und weil sie aufgrund dieser Sanktionen auch erfüllt werden muss. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber auf das Beispiel Frankreich hinweisen. Dort gibt es auch die ge­setzlich verpflichtete Quote, und dort nehmen die Parteien aber eher Strafzahlungen in Kauf, als dass sie sich diktieren lassen, welche Personen oder wie viele Frauen sie auf ihre Listen setzen. – Also das ist meines Erachtens auch kein Argument in diese Rich­tung.

Noch ein Wort zur Kollegin Schwentner, die ich persönlich sehr schätze, auch wenn wir uns politisch nicht immer einig sind. Die 50:50-Quote vom grünen Klub ist kein Zeichen dafür, dass die Grünen mehr Wähler bekommen, wenn man sich die letzten Wahler­gebnisse anschaut, weil sich die Wähler eben wirklich danach entscheiden, was das Programm ist, welche Personen auf den Listen sind, und nicht danach gehen, wie viel Prozent Frauen und wie viel Prozent Männer auf den Wahllisten vertreten sind.

Mein Standpunkt zur Quote wird sich nicht ändern. Es kann natürlich jeder klüger wer­den und jeder seine Meinung ändern, diesbezüglich werde ich aber meine Meinung nicht ändern. Ich möchte mich jetzt nicht wiederholen, ich habe in meinen Ausführun­gen ja schon alles dargelegt, was ich diesbezüglich zu sagen habe. Es wird immer wei­tere Ergänzungen geben.

Ich möchte nur noch einmal festhalten und in diesem Zusammenhang auch Kollegin Ablinger ansprechen, die vorhin gemeint hat, ich hätte irgendwie einen falschen Ton angeschlagen. Ich kann für mich jetzt nicht feststellen, dass ich das getan habe; falls dem so war und Sie das irgendwie gestört hat, tut mir das leid. Aber: Was ich inhaltlich sage, bleibt immer noch mir überlassen, und das werde ich auch in Zukunft so halten.

Grundsätzlich und abschließend möchte ich mich noch einmal bei allen herzlich bedan­ken. Ich freue mich schon auf eine nächste etwaige Veranstaltung. Ich glaube, dass wir in den nächsten vier Jahren dieser Legislaturperiode vielleicht noch die eine oder an­dere Veranstaltung mit vereinten Kräften zustande bringen werden, und bedanke mich herzlich für die Aufmerksamkeit. (Beifall.)

15.55


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Nun erteile ich Frau Abgeordneter Gartelgruber das Wort. – Bitte.

 


15.55.21

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ)|: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich noch einmal herzlich dafür bedanken, dass wir es geschafft haben, heute diese Enquete hier abzuhalten. Diese Veranstaltung hat gezeigt: Im Grunde sind wir uns einig. Wir alle haben jetzt diese Unterrepräsentanz in der Politik festgestellt und stehen auch dazu, dass wir das ändern wollen. Ja, aber wir haben alle einen anderen Zugang dazu. Wir, meine Fraktion, und das möchte ich noch einmal betonen, sprechen uns auch gegen die Quoten aus.

Auch die Rolle der Medien wurde heute angesprochen. Diese ist nicht immer eine för­derliche, weil auch Rollenbilder übers Fernsehen transportiert werden, die nicht immer ganz den Tatsachen entsprechen.

Dass sich Frauen politisch mehr engagieren müssen, das sehe ich auch als meine Auf­gabe. Ich bin Obfrau der Initiative Freiheitliche Frauen in Tirol, und wir erarbeiten – weil Frau Kollegin Schwentner gesagt hat, dass keine Maßnahmen getroffen werden – auch frauenfördernde Maßnahmen. Wir haben ein eigenes Projekt gerade im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen im nächsten Jahr, um Frauen zu motivieren, in die Ge­meindepolitik zu gehen, denn das ist der erste Schritt, dass die Frauen zuerst einmal Politik kennenlernen und sehen, wie man mit Macht umgeht, wie man mit der Arbeit umgeht und wie man gerade im kleinen Bereich, in den Gemeinden, die ersten Schritte macht, um in der Politik auch Fuß zu fassen.

Rahmenbedingungen, Netzwerke wurden auch angesprochen. – Ja, natürlich, genau die brauchen wir alle. Das haben wir auch hier im Parlament erreicht, indem wir einen Fünf-Parteien-Antrag durchgebracht haben und – wie die Frau Präsidentin heute schon angesprochen hat – auch unsere Netzwerke-Treffen pflegen. Das sehe ich als Aufgabe der Frauenpolitik hier im Haus, und so sollen wir das weiter handhaben.

Ich möchte mich trotzdem noch einmal wiederholen: Gegen die angesprochenen Frau­enquoten muss ich mich wirklich ganz massiv aussprechen, denn ich glaube, eine Quote ist nicht das richtige Mittel, um den Frauenanteil zu erhöhen. Ja, es kommt dort und da das Argument, wir brauchen das unbedingt, aber das ist nicht der richtige Lö­sungsansatz. Gerade im Interesse der Frauen, die politisch engagiert sind und Zeichen setzen, dass sie politisch arbeiten wollen, ist es richtig und konsequent, diese zu för­dern und auch in Position zu bringen – aber ohne Quote.

Wir haben heute auch über junge Mädchen gesprochen. Es war eine sehr engagierte Jugendvertreterin hier, die ein sehr erfrischendes Statement abgegeben hat. Auch da­zu sage ich: Ja, es ist unsere Aufgabe, junge Frauen und Mädchen zu fördern, damit in der Politik ein Nachwuchs heranwächst, den wir brauchen, und natürlich auch, um die jungen Leute mit der politischen Arbeit vertraut zu machen.

Mein Aufruf noch einmal: Entgegen allen Forderungen nach Frauenquoten in Ämtern und Mandaten wurde bisher nie eine Forderung nach entsprechender Quotenregelung bei unseren Parteimitgliedern laut. Interessierte Frauen müssen zum Engagement er­mutigt werden. Es darf ihnen aber nicht suggeriert werden, dass nur das Erreichen be­ruflicher, insbesondere auch politischer Spitzenpositionen ihren Wert ausmacht. Das würde zur Unzufriedenheit führen und die Geschlechter letztendlich auseinanderdivi­dieren. – Danke. (Beifall.)

15.59


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Schlussstatement von Frau Abge­ordneter Schittenhelm. – Bitte.

 


15.59.24

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP)|: Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren! Es wurde vieles gesagt, vieles diskutiert, und ich möchte eigentlich keine einzige Wortmeldung missen, die heute im Laufe des Tages getätigt wurde.

Wir, die Österreichische Volkspartei, sagen nicht „Quote“, aber wir wollen 50 Prozent. Wir wollen die Hälfte von allem! (Beifall.) Wir wollen die gerechte Teilhabe. Wenn das Wort „Quote“ so furchtbar ist, dann streichen wir es eben und nennen es ganz einfach „50 Prozent“! (Beifall.)Ich habe auch eine Bitte an Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Wir haben heute über die Quote beziehungsweise die Teilhabe gesprochen, wenn es um politische Positionen geht. Ich glaube, wir sollten auch hier im Haus, bei uns, begin­nen, diese gerechte Teilhabe bei den Plenarsitzungen zu leben. Ich wünsche mir – und ich weiß mich hier mit vielen einer Meinung, vor allem mit den Frauen –, dass es keine Rednerlisten mehr geben darf, auf denen nicht 50 Prozent Frauen genannt sind. Am letzten Plenartag waren es 25 Männer in einem Block und nur drei Frauen. Und das in der Fernsehzeit! Die Eitelkeit ist ein Problem, ich verstehe das schon (Heiterkeit), und genau von 9 bis 13 Uhr finden sich alle schönen Herren hier ein, damit die Österreiche­rinnen und Österreicher sehen, welch tolle Männer wir hier haben. (Neuerliche Heiter­keit und Beifall.) Aber ich behaupte, wir haben noch tollere Frauen, und die sollten sich wirklich in der entsprechenden Mehrheit auf den Rednerlisten wiederfinden. (Neuerli­cher Beifall.)

Ich weiß, dass das natürlich von den Klubs vorgegeben ist, aber ich bin sehr zuver­sichtlich, sehr geehrte Frau Präsidentin, dass Sie entsprechend Kraft haben, das in der Präsidiale mit Ihren Kollegen zu besprechen und sich in gewissen anderen Bespre­chungen – wo auch immer diese stattfinden mögen – auch durchzusetzen. (Beifall.)

Genug gesprochen, schreiten wir zu den Taten! Danke fürs Kommen. Ich wünsche Ih­nen, dass Sie von dieser Enquete heute Mut, Zuversicht und Kraft mitnehmen, auch in die Bundesländer, aus denen Sie zum Teil angereist sind, wo auch immer Sie tätig sind – politisch oder noch nicht politisch. Ich freue mich, dass Sie heute hier waren und dass Sie unserer Enquete jenen Glanz gegeben haben, den wir haben. Es war ein tol­ler Erfolg, und das ist Ihr Verdienst. – Herzlichen Dank. (Beifall.)

16.02


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Frau Abgeordnete, Sie können versichert sein, mir würden auf der Stelle unglaublich viele Möglichkeiten einfallen, die ich jetzt nicht vor laufender Kamera aufzähle, um zum Beispiel auch Rednerlisten und Rednerinnenlisten zu ändern. Das besprechen wir in einem Zehn- oder Zwölfaugen­system. Ich bräuchte da jedenfalls enorme Unterstützung durch die Frauen in diesem Haus. (Abg. Schittenhelm: Die bekommen Sie!)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


16.02.35

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ)|: Frau Präsidentin! Ich möchte auch gleich den Vorschlag aufgreifen, der jetzt schon einige Mal getätigt wurde, beginnend bei Frau Schwentner über Frau Schittenhelm bis hin zur Frau Staatssekretärin Christine Marek, die heute auch schon davon gesprochen haben, wie wir eine gerechte Beteili­gung auch bei den Rednerlisten zustande bringen können, wie wir so etwas wie eine Beobachtung, einen Monitoring-System-Process sozusagen im Parlament verankern könnten. Ich glaube, da fällt uns einiges ein. Es gibt auch wieder Netzwerk-Treffen. Das hier heute war ja ein guter Anfang.

Drei Begriffe sind mir heute immer wieder besonders aufgefallen, wo sozusagen alles rebellisch wird, wenn man sie erwähnt: Das ist die Frage des Feminismus, das ist die Frage der Emanzipation und das ist die Frage der Quote. Offensichtlich trifft man damit in bestimmten Gesellschaftsschichten sehr wohl auch dorthin, wo es wehtut.

Bei der Quote beispielsweise. Was kann einer Frau „Schlimmeres“ passieren – ein schlimmeres Schimpfwort gibt es ja kaum –, als eine feministische Emanze und eine Quotenfrau zu sein? Warum? – Weil man natürlich einerseits an festgefahrenen, wich­tigen und liebgewonnenen Gewohnheiten, Ritualen rüttelt und es natürlich andererseits eine Frage der Macht ist, nämlich der Abgabe von Macht. Es ist eine Verteilungsfrage, und damit rüttelt man an gesellschaftlichen Grundfesten.

Für all jene, die hier – wenig elegant, aber ich denke, wir sind ja nicht in einer Schön­heitskonkurrenz – gegen die Quoten wirken: Wenn ich mir die Frauenanteile in jenen Parteien anschaue, die versuchen, ohne Quoten zum Ziel zu kommen, dann sage ich: Der Erfolg ist auf der anderen Seite, und der Erfolg macht uns sicher! 9,irgendwas Pro­zent Frauenbeteiligung sind kein Erfolgsrezept. Es sind auch 17 Prozent kein Erfolgs­rezept. Wenn man dann noch mit der Demokratiekeule kommt und sagt, das wäre gleichheitswidrig, dann soll man nicht vergessen, bei Art. 7 des Bundes-Verfassungs­gesetzes auch Abs. 3 zu lesen, nämlich dass es selbstverständlich so etwas gibt wie eine positive Diskriminierung. Dass es EU-gemäß ein Gleichheitsgebot gibt, das soll man auch nicht vergessen.

Ich glaube, dass all jene Länder, die in ihren verschiedenen Gesetzeswerken, Verfas­sungen sehr wohl Frauenförderung oder auch Quotenregelung, gesetzliche Quotenre­gelung verankert haben, nicht undemokratischer sind und sehr gut in das demokrati­sche System Europas oder auch der ganzen Welt hineinpassen.

Was ich mir also mitnehme für die Zukunft, ist – ich denke, wir sind insofern einer Mei­nung –, dass wir zu mehr Frauenanteil in der Politik kommen wollen. Die Halbe-halbe, die 50/50 der Kollegin Schittenhelm nehme ich gerne auf. – Wir werden einen Weg fin­den. Wir sind kreativ, wir sind sehr phantasievoll, und wir werden noch oft darüber sprechen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg! (Beifall.)

16.06


Vorsitzende Präsidentin Mag. Barbara Prammer|: Vielen Dank Ihnen allen, den Re­ferentinnen, den Referenten, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, den Besucherin­nen, den Gästen.

Ich möchte am Ende dieser Enquete noch ankündigen, dass sich in zwei, spätestens drei Wochen das Stenographische Protokoll dieser parlamentarischen Enquete auf der Homepage des Parlaments wiederfinden wird. Das heißt, Sie können dann auch alles nachlesen und weiterverwenden, weiterverwerten – wenn man so will. Ich teile die Auf­fassung von nahezu allen, die da meinen, es werde noch viel zu diskutieren geben, aber wir haben heute einen wichtigen Schritt gesetzt. – Vielen Dank. (Beifall.)

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Die Enquete ist geschlossen.

16.07.03Schluss der Enquete: 16.07 Uhr