24/A XXV. GP

Eingebracht am 29.10.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANTRAG

ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalraten

 

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, das Volksbegehrengesetz 1973 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, das Volksbegehrengesetz 1973 und das Volksbefragungsgesetz 1989 geändert werden

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel 1

(Verfassungsbestimmung)

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 164/2013, wird wie folgt geändert:

1. In Art. 49b wird folgender Abs. 1a eingefügt:

„(1a) Eine Volksbefragung hat stattzufinden, wenn ein Volksbegehren, das in Form eines Gesetzesantrages gestellt und von mindestens vier Prozent der Stimmberechtigten zur letzten Wahl zum Nationalrat unterstützt wurde, nicht unverändert als Bundesgesetz beschlossen wird und der Bevollmächtigte sowie seine Stellvertreter nicht einvernehmlich darauf verzichten.“

2. In Art. 49b wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Eine Volksbefragung gemäß Abs. 1a hat entweder aus einer mit „ja“ oder „nein“ zu beantwortenden Frage betreffend den Gesetzesantrag des Volksbegehrens zu bestehen. Legt der Nationalrat einen eigenen Gesetzesvorschlag als Alternative vor, so hat die Frage aus den zwei alternativen Lösungsvorschlägen sowie der Möglichkeit, beide Alternativen abzulehnen, zu bestehen. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren werden durch Bundesgesetz getroffen.“

3. Art. 151 wird folgender Abs. 53 angefügt:

(53) Art. 49b Abs. 1a und 2a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2014 treten mit 1. August 2014 in Kraft.

Artikel 2

Änderung des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrates

Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, BGBl. Nr. 410/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 132/2013, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 20c wird folgender § 20d eingefügt:

§ 20d. (1) Der Bevollmächtigte sowie ein Stellvertreter gemäß § 3 Abs. 3 Z 3 Volksbegehrengesetz 1973 sind berechtigt, an den Verhandlungen des Nationalrates über Volksbegehren teilzunehmen. Sie können in den Debatten auch wiederholte Male, jedoch ohne Unterbrechung eines Redners, das Wort nehmen, wobei die Redezeit jedes einzelnen 20 Minuten nicht übersteigen darf.

(2) Der Bevollmächtigte sowie seine Stellvertreter gemäß § 3 Abs. 3 Z 3 Volksbegehrengesetz 1973 sind berechtigt, an den Verhandlungen über Volksbegehren in den zuständigen Ausschüssen des Nationalrates und in deren Unterausschüssen teilzunehmen. Sie können in den Debatten auch wiederholte Male, jedoch ohne Unterbrechung eines Redners, das Wort nehmen.“

2. § 24 lautet:

§ 24. (1) Ein Volksbegehren ist unverzüglich nach Einlangen im Nationalrat einer ersten Lesung zu unterziehen.

(2) Die Vorberatung eines Volksbegehrens hat unverzüglich nach Zuweisung an einen gemäß § 32 Abs. 1 gewählten Ausschuss oder an einen im Anschluss an die erste Lesung gewählten besonderen Ausschuss gemäß § 87 Abs. 1 zu beginnen. Nach weiteren vier Monaten ist dem Nationalrat Bericht zu erstatten.

(3) Der Vorberatung eines Volksbegehrens durch den Ausschuss folgt die Beratung über dessen Bericht sowie aller mit dem Volksbegehren in Zusammenhang stehender Anträge in der folgenden Sitzung des Nationalrates.

(4) Sofern ein Volksbegehren in Form eines Gesetzesantrages gestellt und von mindestens vier Prozent der Stimmberechtigten zur letzten Wahl zum Nationalrat unterstützt wurde, hat die Abstimmung darüber binnen vier Wochen nach Beginn der zweiten Lesung zu erfolgen.

(5) Wird ein Volksbegehren gemäß Abs. 4 nicht unverändert als Gesetz beschlossen, hat der Präsident den Bevollmächtigten darüber unverzüglich schriftlich zu informieren. Der Bevollmächtigte und seine Stellvertreter können innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung einvernehmlich auf die Abhaltung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b Abs. 1a B-VG verzichten.

3. In § 29 Abs. 2 wird nach lit. f folgende lit. g eingefügt; die bisherigen lit. g bis k erhalten die Bezeichnung h bis l:

          „g) Vorberatung über einen Antrag auf Vorlage eines alternativen Gesetzesvorschlags gemäß Art. 49b Abs. 2a B-VG;“

4. § 37 Abs. 3 und 3a lauten:

„(3) Die Debatte und Abstimmung über Volksbegehren ist öffentlich. § 28b Abs. 2 gilt sinngemäß.

(3a) Bei Vorberatung eines Volksbegehrens, das in Form eines Gesetzesantrages gestellt und von mindestens vier Prozent der Stimmberechtigten zur letzten Wahl zum Nationalrat unterstützt wurde, hat der Ausschuss unverzüglich Sachverständige oder andere Auskunftspersonen zur schriftlichen Äußerung binnen vier Wochen einzuladen. Die eingelangten schriftlichen Äußerungen sind auf der Homepage des Parlaments zu veröffentlichen.“

5. § 42 Abs. 1 lautet:

„(1) Der Ausschuss wählt am Schluss der Verhandlungen einen Berichterstatter für den Nationalrat, der das Ergebnis derselben, insbesondere hinsichtlich der Beschlüsse des Ausschusses, in einem schriftlichen Bericht zusammenfasst. Hierbei hat er im Fall der Berichterstattung über ein Volksbegehren eine in knapper Form gehaltene persönliche Stellungnahme des Bevollmächtigten und seiner Stellvertreter im Sinne des § 20d Abs. 2, soweit sie vom Hauptbericht abweicht, zu berücksichtigen. Sofern den in einem Volksbegehren enthaltenen Gesetzesantrag oder Anregungen nicht gefolgt wird, hat er dies zu begründen. Der Bericht wird, vom Obmann und vom Berichterstatter unterfertigt, dem Präsidenten des Nationalrates übergeben, der die Vervielfältigung und die Verteilung an die Abgeordneten verfügt.“

6. In § 42 Abs. 1a wird die Wendung „im Sinne des § 37 Abs. 3“ durch die Wendung „im Sinne des § 20d Abs. 2“ ersetzt.

7. In § 69 Abs. 3 entfällt die Wortfolge „und 2“.

8. In § 69 Abs. 7 entfällt das Wort „Volksbegehren“ samt Beistrich.

9. In § 107 wird die Absatzbezeichnung „24 Abs. 2“ durch die Wendung „24 Abs. 1, 2, 4 und 6“ ersetzt.

10. § 109 wird folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 20d, § 24, § 29 Abs. 2 lit. g bis l, § 37 Abs. 3 und 3a, § 42 Abs. 1 und 1a, § 69 Abs. 3 und 7 sowie § 107 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2014 treten mit 1. August 2014 in Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Volksbegehrengesetzes 1973

Das Volksbegehrengesetz 1973, BGBl. Nr. 344, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 12/2012, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Abs. 3 Z 3 wird folgende Wortfolge angefügt:

„der Bevollmächtigte und seine vier Stellvertreter bilden das Proponentenkomitee;“

2. Nach § 4 wird folgender § 4a eingefügt:

§ 4a. (1) Sofern der Einleitungsantrag einen Gesetzesantrag umfasst, hat der Bundesminister für Inneres diesen unverzüglich an den Präsidenten des Nationalrates zu übermitteln und um die Erstellung eines Rechtsgutachtens durch die Parlamentsdirektion binnen vier Wochen zu ersuchen.

(2) Das Rechtsgutachten soll zur Frage Stellung nehmen, ob der Gesetzesantrag mit den Grund- und Menschenrechten sowie mit europarechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben vereinbar ist, und auf rechtsetzungstechnische Unstimmigkeiten hinweisen.

(3) Der Bundesminister für Inneres hat das Gutachten der Parlamentsdirektion unverzüglich dem Bevollmächtigten zu übermitteln. Der Bevollmächtigte und seine Stellvertreter können den Einleitungsantrag innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Gutachtens einvernehmlich zurückziehen. Eine Verbesserung des Gesetzesantrags ist nur in Bezug auf rechtsetzungstechnische Unstimmigkeiten zulässig.“

3. In § 5 Abs. 1 wird nach der Wortfolge „zu entscheiden.“ folgender Satz eingefügt:

„Der Fristenlauf wird durch ein Verfahren gemäß § 4a gehemmt.“

4. In § 5 Abs. 4 wird die Wendung „gemäß Abs. 2 ist“ durch die Wortfolge „gemäß Abs. 2 und das Gutachten gemäß § 4a sind“ ersetzt.

5. In § 16 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Ferner stellt die Bundeswahlbehörde fest, ob ein Volksbegehren von mindestens vier Prozent der Stimmberechtigten zur letzten Wahl zum Nationalrat unterstützt wurde.“

6. In § 16 Abs. 3 wird nach dem Wort „verlautbaren“ folgende Wortfolge eingefügt:

„und die Feststellungen gemäß Abs. 2 dem Nationalrat bekannt zu geben“

7. In § 24 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Die §§ 4a, 5 Abs. 1 und 4 sowie 16 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2014 treten mit 1. August 2014 in Kraft.“


Artikel 4

Änderung des Volksbefragungsgesetzes 1989

Das Volksbefragungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 356, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 115/2013, wird wie folgt geändert:

1. Der bisherige § 7 erhält die Bezeichnung § 7 Abs. 1 und es wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Sofern eine Volksbefragung gemäß Art. 49b Abs. 1a B-VG stattfindet, hat der Bundesminister für Inneres eine schriftliche Information über den Gegenstand der Volksbefragung zu veröffentlichen (Volksbefragungsbroschüre), die jedenfalls die Standpunkte des Bevollmächtigten des Volksbegehrens und seiner Stellvertreter gemäß § 3 Abs. 3 Z 3 Volksbegehrengesetz 1973, BGBl. Nr. 344 in der geltenden Fassung, die Standpunkte der Klubs im Nationalrat, der Bundesregierung und das gemäß § 4a Volksbegehrengesetz 1973, BGBl. I Nr. xxx/2014, erstellte Gutachten der Parlamentsdirektion enthält. Sofern der Nationalrat gemäß Art. 49b Abs. 2a B-VG einen Alternativvorschlag vorgelegt hat, ist auch dieser in die Volksbefragungsbroschüre aufzunehmen. Die Volksbefragungsbroschüre ist spätestens acht Wochen vor dem Tag der Volksbefragung an alle Haushalte im Bundesgebiet zu verteilen.“

2. In § 9 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Bei Vorlage zweier alternativer Lösungsvorschläge sowie der Möglichkeit gemäß Art. 49b Abs. 2a B-VG, beide Alternativen abzulehnen, ist auf dem Stimmzettel neben dem Lösungsvorschlag „a“, dem Lösungsvorschlag „b“, und der Ablehnung der Lösungsvorschläge „c“ ein Kreis zu setzen (Muster Anlage 4).

3. In § 11 Abs. 2 wird nach der Wortfolge „den beiden alternativen Lösungsvorschlägen“ und der Wortfolge „der beiden alternativen Lösungsvorschläge“ jeweils die Wortfolge „oder der Ablehnung der Lösungsvorschläge“ eingefügt.

4. In § 11 Abs. 3 Z 1 wird nach der Wortfolge „der zwei alternativen Lösungsvorschläge“ die Wortfolge „oder die Ablehnung der Lösungsvorschläge“ eingefügt.

5. In § 12 Abs. 1 Z 2 wird die Wortfolge „welchen der beiden Lösungsvorschläge“ durch die Wortfolge „welche der vorgeschlagenen Varianten“ ersetzt.

6. In § 12 Abs. 1 Z 4 wird die Wortfolge „beide alternativen Lösungsvorschläge“ durch die Wortfolge „mehr als eine der vorgeschlagenen Varianten“ ersetzt.

7. In § 12 Abs. 1 Z 5 wird die Wortfolge „welchen Lösungsvorschlag“ durch die Wortfolge „welche der vorgeschlagenen Varianten“ ersetzt.

8. In § 14 Abs. 1 lit. e wird nach dem Wort „Zustimmungen“ die Wortfolge „ , sowie wenn in der Frage zusätzlich die Ablehnung der Lösungsvorschläge zur Wahl gestellt war, auch die Summe der Ablehnungen“ eingefügt.

9. In § 17 wird nach dem Wort „Zustimmungen“ die Wortfolge „ , sowie wenn in der Frage zusätzlich die Ablehnung der Lösungsvorschläge zur Wahl gestellt war, auch die Summe der Ablehnungen“ eingefügt.

10. In § 21 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Die §§ 7, 9 Abs. 2, 11 Abs. 2 und 3, 12 Abs. 1 Z 2, 4 und 5, 14 Abs. 1 lit. e und 17 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2014 treten mit 1. August 2014 in Kraft.“

 

 


Begründung:

 

Allgemeiner Teil:

 

Der Gesetzesantrag entspricht im Wesentlichen (mit zeitbedingten Adaptierungen) dem Arbeitsentwurf der Parlamentsdirektion vom 3. Juni 2013, welcher auf der Grundlage des Kompromissvorschlags von Grünen, FPÖ und BZÖ zur „automatischen“ Volksabstimmung (Volksbefragung nach erfolgreichem Volksbegehren) vom 8. 5. 2013 im Auftrag der Präsidentin des Nationalrats und nach weiteren Detailabklärungen mit den Fraktionen des Kompromissvorschlags ausgearbeitet wurde. Der Arbeitsentwurf enthielt keine Begründung. Der Kompromissvorschlag war als Angebot zur Überbrückung der Diskrepanzen zwischen den Vorstellungen der Regierungsfraktionen (Antrag Kopf/Cap Nr 2177/A vom 30. 1. 2013) und den Fraktionen der Grünen (Antrag Musiol Nr 1689/A(E) vom 12. 10. 2011), des BZÖ (Antrag Bucher Nr 1688/A(E) vom 12. 10. 2011) und der Freiheitlichen (Antrag Strache Nr 1856/A(E) vom 29. 2. 2012) gedacht.

 

Diese Punktation vom 8. 5. 2013 lautete in Bezug auf die im Arbeitsentwurf umgesetzten Inhalte wie folgt:

 

•           „Ziel:

 

o          Erhöhung der Wirksamkeit von Volksbegehren durch anschließende Volksbefragung im Fall einer Nichtumsetzung des Volksbegehrens durch das Parlament

o          Vermeidung einer Gesamtänderung des B-VG (keine rechtliche Verbindlichkeit des Ergebnisses der Volksbefragung)

 

•           Kernpunkte:

 

o          rechtlich unverbindliche aber zwingend folgende Volksbefragung nach erfolgreichem Volksbegehren im Fall einer Nichtumsetzung des Volksbegehrens durch das Parlament;  von mehr als 4% der Wahlberechtigten der letzten NR-Wahl unterstützte ausgearbeitete Gesetzestexte werden entweder

            durch einen Parlamentsbeschluss umgesetzt (wie bisher nach Volksbegehren möglich) oder

            bei Nichtumsetzung des Volksbegehrens (Bevollmächtigte/r und Stellvertreter/innen i S § 3 VolksbegehrensG) einer Volksbefragung unterzogen. Die Frage lautet: „Sind Sie für den  vorgeschlagenen Gesetzesentwurf des Volksbegehrens XY?“

o          Behandlung erfolgreicher Volksbegehren im Plenum mit Rederecht der/des Volksbegehrens-Zustellbevollmächtigten und Stellvertreter/innen

o          Eine amtliche Begutachtung gewährleistet Informationen für die Öffentlichkeit ,  ob der Gesetzesentwurf EU-Recht, Grund- und Menschenrechten und völkerrechtlichen Verträgen widerspricht.

o          Das Parlament kann zum Vorschlag des Volksbegehrens einen eigenen Alternativvorschlag vorlegen; diese beiden Vorschläge treten dann bei der Volksbefragung gegeneinander an.“


Auf der Basis des Arbeitsentwurfs vom 3. Juni 2013 luden S und V zu Verhandlungen, worauf am 28. Juni 2013 ein gesamtändernder Abänderungsantrag sowie ein § 27-Antrag zum koalitionären Antrag Nr 2177/A im Verfassungsausschuss eingebracht und einer Begutachtung unterzogen wurde. Zu der geplanten Beschlussfassung in der vorigen Gesetzgebungsperiode kam es jedoch nicht, weil dies von S und V abgelehnt wurde. Um nun rasch eine öffentliche parlamentarische Debatte zur Direkten Demokratie in der neuen Legislaturperiode auszulösen, wird der Arbeitsentwurf vom 3. Juni als Antrag eingebracht und die Erste Lesung innerhalb von drei Monaten verlangt. Im Rahmen der parlamentarischen Debatte wird auch über weitergehende Verbesserungen der Instrumente der direkten Demokratie wie die Frage der finanziellen Unterstützung von Proponent/inn/en von Volksbegehren, der Verlängerung der Auflagefrist, der online-Unterstützung von Volksbegehren, der medialen Berichterstattung über Volksbegehren etc zu beraten sein.

 

Dieser Antrag unterscheidet sich vom S-V-G-Entwurf vom 28. Juni 2013 insbesondere in folgenden Punkten:

 

·        Unterstützungsschwellen: Eine Volksbefragung ist durchzuführen, wenn ein Volksbegehren von 4% der Wahlberechtigten der letzten NR-Wahl unterstützt wurde und im Nationalrat nicht umgesetzt wird (der Juni-Entwurf verlangt eine Unterstützung von 10% bei einfachen Gesetzen und 15% bei Verfassungsgesetzen).

·        Prüfung von Volksbegehren-Gesetzestexten: Der Antrag sieht zwar eine Begutachtung  des Volksbegehrenstextes auf Widerspruch zu EU-Recht, völkerrechtlichen Verträgen und Grund- und Menschenrechten durch die Parlamentsdirektion vor, schließt aber eine Volksbefragung über Gesetzestexte, die im Widerspruch stehen, nicht aus. Jedoch können die Proponent/inn/en den Einleitungsantrag zurückziehen. Das (negative oder positive) Gutachten der Parlamentsdirektion ist jedenfalls in die Volksbefragungsbroschüre, die an alle Haushalte verteilt wird, aufzunehmen.

·        Umsetzung von Volksbegehren-Gesetzestexten durch das Parlament: Gemäß dem Antrag muss ein Volksbegehren-Gesetzestext, sofern er nicht 1:1 vom Parlament umgesetzt wird, einer Volksbefragung unterzogen werden, außer das fünfköpfige Proponentenkomitee verzichtet einstimmig auf die Volksbefragung. Gemäß Juni-Entwurf kann das Parlament unwesentlich vom Volksbegehren-Gesetzestext abweichen, muss aber dazu einen begleitenden Beschluss fassen, der von den Proponent/inn/en beim Verfassungsgerichtshof bekämpft werden kann. Ein Verzicht auf die Volksbefragung ist im Juni-Entwurf nicht vorgesehen.

 

Detailbegründung:

 

Artikel 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes)

 

In Artikel 49 b B-VG wird ein neuer Typus der Volksbefragung verankert, nämlich die Volksbefragung über einen Gesetzestext, der via Volksbegehren dem Nationalrat vorgelegt wurde und von diesem nicht unverändert beschlossen wurde. Die Volksbefragung ist verpflichtend durchzuführen, außer der/die Bevöllmächtigte des Volksbegehrens und seine Stellvertreter/innen haben darauf verzichtet.  Das Parlament kann einen Alternativvorschlag der Volksbefragung zugesellen. In diesem Fall sind den Befragten drei Optionen zu eröffnen: a) für den Volksbegehrenstext zu sein, b) für den Alternativvorschlag zu sein oder c) für keine der beiden Änderungen der Gesetzeslage einzutreten.

Artikel 2 (Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrates)

 

Es wird eine erweiterte Behandlung aller Volksbegehren samt Zeitgerüst vorgesehen:

 

·        Unverzüglich nach Einlangen des VB ist eine Erste Lesung durchzuführen.

·        Die Zuweisung des VB hat entweder an einen bestehenden Ausschuss zu erfolgen oder an einen zu wählenden besonderen Ausschuss.

·        Die Beratungen im Ausschuss sind unverzüglich aufzunehmen.

·        Die Ausschussberatungen und –abstimmungen über Volksbegehren sind öffentlich.

·        Liegt das Volksbegehren in Form eines Gesetzestextes vor, so ist darüber jedenfalls eine Begutachtung zu beschließen. Welche Stellen zur Begutachtung eingeladen werden, entscheidet der Ausschuss.

·        Vier Monate nach Aufnahme der Beratungen hat der Ausschuss an den Nationalrat einen Bericht zu erstatten.

·        Folgt der Ausschuss dem Volksbegehren nicht, so hat der Ausschussbericht die Gründe dafür anzuführen.

 

Die Mitwirkungsrechte der Proponent/inn/en eines VB werden erweitert:

 

·        Im Ausschuss können neben dem/der Bevollmächtigten auch alle Stellvertreter/innen das Wort ergreifen.

·        Im Plenum (erste Lesung und zweite Lesung) können der/die  Bevöllmächtigte und ein/e Stellvertreter/in reden, wobei die Gesamtredezeit jeweils 20 Minuten betragen darf.

·        Der/die Bevollmächtigte und seine Stellvertreter/innen können gemeinsam eine Abweichende Stellungnahme zum Ausschussbericht abgeben.

 

Für den Fall, dass das Parlament einen Alternativvorschlag in die Volksbefragung schicken will, ist ein entsprechender Beschluss im Hauptausschuss zu fassen.

 

Artikel 3 (Änderung des Volksbegehrensgesetzes)

 

Proponentenkomitee

 

Schon nach aktueller Rechtslage sind im Einleitungsantrag für ein Volksbegehren ein/ Bevollmächtigte/r und vier Stellvertreter/innen zu benennen. Durch den Antrag werden diese fünf Personen als Proponentenkomitee bezeichnet. Hintergrund ist der im GO-Novellenvorschlag vorgesehene Verzicht auf die Volksbefragung, obwohl das Parlament keine 1:1-Umsetzung des VB-Gesetzesvorschlags vornimmt. Diese Regelung soll den Dialog zwischen Proponent/inn/en und Parlament ermöglichen. Sollte in den parlamentarischen Beratungen aus Sicht der Proponent/inn/en eine bessere Lösung des erkannten Problems geboren werden, so sollte von der Volksbefragung Abstand genommen werden können. Um diese Entscheidungsmacht besser zu legitimieren, soll dieser Verzicht nur vom fünfköpfigen Proponentenkomitee einstimmig ausgesprochen werden können. Da der Einleitungsantrag während der Eintragungs- und Unterstützungszeit aufliegt, können die Namen dieser fünf Personen auch eingesehen werden.

Rechtsgutachten über Vereinbarkeit mit Grund- und Menschenrechten, EU-Recht und Staatsverträgen

 

Enthält der Einleitungsantrag für ein Volksbegehren einen Gesetzestext, so übermittelt der Innenminister/die Innenministerin den Text der Präsidentin/dem Präsidenten des Nationalrats. Die Parlamentsdirektion prüft, ob der Gesetzesantrag mit den Grund- und Menschenrechten sowie mit europarechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben vereinbar ist bzw weist auf rechtsetzungstechnische Unstimmigkeiten hin. Die dreiwöchige Entscheidungsfrist des Innenministers/der Innenministerin wird bis zum Vorliegen des Gutachtens gehemmt. Werden Verletzungen der Grund- und Menschenrechte, des EU-Rechts oder von Staatsverträgen aufgezeigt, so gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Proponent/inn/en ziehen den Antrag zurück (und legen einen verbesserten Gesetzesantrag mit neuem Einleitungsantrag vor) oder sie bestehen auf dem Gesetzestext. In diesem Fall werden die Wahlberechtigten jedenfalls über die „Volksbefragungsbroschüre“ (siehe Erläuterungen zu Artikel 4) über die Verstöße des VB-Gesetzestexts gegen Grund- und Menschenrechte, EU-Recht und Staatsverträge aufgeklärt.

 

Da eine Volksbefragung (über einen VB-Gesetzestext) nur ab 4% Zustimmung zu erfolgen hat, wird die Bundeswahlbehörde angewiesen, zu verlautbaren, ob diese Schwelle erreicht wurde. Der Nationalrat wird darüber gesondert informiert.

 

Artikel 4 (Änderung des Volksbefragungsgesetzes

 

Volksbefragungsbroschüre

 

Im Fall, dass über den Gesetzestext eines Volksbegehrens eine Volksbefragung stattfindet, hat der/die Bundesminister/in für Inneres eine schriftliche Information über den Gegenstand der Volksbefragung zu veröffentlichen. Diese Volksbefragungsbroschüre muss jedenfalls die Standpunkte folgender Stellen enthalten:

 

·        des Proponentenkomitees,

·        der Parlamentsklubs,

·        der Bundesregierung und

·        und außerdem das Rechtsgutachten der Parlamentsdirektion.

Liegt ein Alternativvorschlag des Parlaments vor, so ist auch dieser in die Volksbefragungsbroschüre entsprechend aufzunehmen.

 

Die Volksbefragungsbroschüre ist spätestens acht Wochen vor dem Tag der Volksbefragung an alle Haushalte zu senden.

 

Stimmzettel:

 

Liegt ein Alternativvorschlag des Parlaments vor, so muss der Stimmzettel auch die Möglichkeit bieten, beide Vorschläge zu verwerfen (und die geltende Rechtslage zu bestätigen bzw beide Vorschläge zur Lösung des Problems als ungeeignet zu bezeichnen). Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen wird die entsprechende Anlage 4 zu ergänzen sein. Da es sich um eine Volksbefragung handelt, ist auch irrelevant, wenn damit für keine der beiden Gesetzesvorschläge eine einfache Mehrheit zustande kommt. Die Volksbefragung hat unverbindlichen Charakter, politische Schlussfolgerungen sind dem Nationalrat anheimgestellt.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.

Gleichzeitig wird die Abhaltung einer ersten Lesung binnen 3 Monaten verlangt.