65/A XXV. GP

Eingebracht am 20.11.2013
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Antrag

 

der Abgeordneten KO Strache, Mag. Stefan

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXV Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem die XXVGesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Artikel I

Der Nationalrat wird gemäß Art. 29 Abs. 2 B-VG vor Ablauf der XXV Gesetzgebungsperiode aufgelöst.

 

Artikel II

Dieses Bundesgesetz tritt mit Kundmachung in Kraft.

 

Artikel III

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

 

 

Begründung

 

 

Die budgetäre Schieflage der Republik ist wesentlich ausgeprägter als im Vorfeld der Nationalratswahl seitens der Bundesregierung kolportiert wurde. Das Budgetloch wurde auf bis zu 40 Milliarden Euro für die nächsten fünf Jahre verortet. Andere Quellen sprechen von ca. 20 Milliarden Euro. Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere Finanzministerin Maria Fekter sowie Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzstaatssekretär Andreas Schieder setzen auf Nicht- und Desinformation. Vor der Wahl wurde das Nulldefizit als greifbar nah verkauft, großzügige Steuerreformen und Entlastungen wurden angekündigt und dem Wähler versprochen. Noch am 6. September 2013 – wenig mehr als drei Wochen vor der Nationalratswahl - verkündete Maria Fekter: „Das ist ein schöner Erfolg für uns und bringt uns zusätzliches Geld für das Budget ein. So können wir unseren Konsolidierungspfad in Richtung Nulldefizit konsequent weiter gehen." Nach der Wahl, am Abend des 13. November 2013, räumten die Regierungsparteien plötzlich erheblichen Anpassungsbedarf ein.

 

Wirtschaftsforscher und renommierte Ökonomen stellen den Regierungsparteien grundsätzlich ein vernichtendes Zeugnis aus. Wifo-Chef Karl Aiginger fordert ernste Maßnahmen in den Bereichen „Strukturreform“ und „Förderungswesen“. Die Budgetexpertin Margit Schratzenstaller merkte an, dass die Bundesregierung ihre Budgetplanung auf veralteten Zahlen aufgebaut habe. Bernhard Felderer erkennt keinen Spielraum für steuerliche Entlastungsmaßnahmen. Der Präsident des Rechnungshofes, Josef Moser, gab sich ob des Milliardenloches insgesamt wenig erstaunt und verwies darauf, dass etwa Länder und Gemeinden bis heute nicht über ein einheitliches Rechnungswesen verfügen. „Rechnungshof-Präsident Josef Moser geht mit Bund und Ländern hart ins Gericht: Es sei für ihn keine Überraschung, dass Milliarden fehlen. (…) Wenn es nicht gelingt, die versprochene Sanierung des Staatshaushaltes bis 2017 einzuhalten (bis dahin maximal 0,45% Defizit), drohen Österreich Sanktionen der EU. Daher werde "ein Drüberschwindeln nicht gehen". Massiv kritisiert Josef Moser die Luxuspensionen bei OeNB, ORF und Co. Er glaubt, dass man dort sehr wohl im Nachhinein eingreifen darf. Bei den Sozialversicherungsbediensteten ortet er ein Einsparungspotenzial von 1,4 Milliarden Euro: Denn noch 2009 und 2010 gingen dort 69% der Männer und 72% der Frauen mit über 80 Prozent des Letztgehalts in Pension, einige sogar mit über 100 Prozent!“ (Kronen Zeitung 15.11.2013).

 

Das strukturelle Defizit soll nach Einschätzung der Bundesregierung im Vollzugszeitraum 2014 bis 2018 im Optimalszenario bei 18,44 Milliarden Euro liegen. Hinzu kommen milliardenschwere Einmaleffekte. Die Erhöhung der Familienbeihilfe – ein Wahlversprechen der ÖVP – wurde bereits abgesagt, was zu berechtigter Empörung führte:

 

„Breite Empörung über Einsparung bei Familien - Familienforscher Mazal ist "bestürzt" - Kritik an konkreten Einsparungen der Regierung ohne Diskussion in Verhandlergruppen

Seit dem Jahr 2000 wurde die Familienbeihilfe nicht erhöht, real hat sie seither fast 30 Prozent an Wert verloren. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurde von den Studierendenvertretern aller Parteien, Familienorganisationen, der Arbeiterkammer, der Gewerkschaft, der Industriellenvereinigung, der Caritas, Familienforschern und anderen Experten eine Anpassung gefordert. Jetzt soll sie trotz anders lautender Versprechen nicht erhöht werden. Noch im vergangenen Juni hatten SPÖ und ÖVP ein "Familienpaket" präsentiert. Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung, die trotz des Budgetlochs auf dem Plan der Bundesregierung steht, sollte eigentlich auch die Familienbeihilfe erhöht werden.“ (www.derstandard.at, 14.11.2013).

 

Im Pensionsbereich klafft ein Loch von über 8,7 Milliarden Euro, das gemanagt werden muss.

Damit wurden schon jetzt Familien und Pensionisten – als sozial besonders schutzbedürftige Gruppen – auf dem Abstellgleis geparkt. Dahinter steckt das klare Kalkül der eiskalten Wählertäuschung. Angesichts der knappen Mehrheit der schrumpfenden „Großen Koalition“ wäre diese wohl abgewählt worden, wäre der Bevölkerung der anstehende finanzielle und soziale Supergau bekannt gewesen. Die Bundesregierung wusste definitiv Bescheid, wie im „Kurier“ vom 17.11.2013 zu lesen ist:

 

Es war die Finanzvorschau im Frühjahr dieses Jahres, an der sich die Trickserei der Regierung dingfest machen ließ: Schuh und Schratzenstaller machten im Zuge des Kassasturzes publik, dass die Regierung veraltete Zahlen verwendet hatte, um den Weg zum Nulldefizit 2016 als geebnet erscheinen zu lassen. Der KURIER kann mit Zahlen belegen, wie hier vor der Wahl geschummelt wurde: Im Jänner 2013 hat das WIFO die mittelfristige Wachstumsprognose für die Jahre 2014, 2015 und 2016 auf durchschnittlich 1,87 Prozent gesenkt. Anstatt die Finanzvorschau an diese aktuelle Prognose anzupassen, beließ es die Regierung bei der alten: Im Jänner 2012 hatte das WIFO für die betreffenden Jahre noch 2,1 Prozent Wachstum vorhergesagt. … Die Selbst-Verteidigung von Finanzministerin und Regierungsspitze, das WIFO habe erst jetzt, im Oktober, nach der Wahl, die Konjunkturprognose drastisch nach unten korrigiert, ist erneut unrichtig. An unserer Mittelfrist-Prognose hat sich von Jänner bis Oktober nicht viel geändert‘, sagt Schratzenstaller. Auch Ulrich Schuh bestätigt: ‚Die Mittelfrist-Prognose, die das WIFO im Oktober vorlegte, liegt bei 1,8 Prozent.‘ Die Regierung hält die aktuellen Prognosen bis dato unter Verschluss.“

 

Vertretern der Koalitionsparteien muss das in der Vergangenheit bereits klar gewesen sein. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer erklärte öffentlich: „Ich habe nie eine Lohnsteuer- oder überhaupt Steuerreform in Aussicht gestellt, ich habe das nie für realistisch gehalten.“ Diese Aussage indiziert, dass den Wählern bewusst die Unwahrheit gesagt wurde.

 

Dazu passt, dass in der Analyse des Budgetdienstes des Nationalrates zum Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017 zu lesen ist: „Gegenüber der Prognose für den Finanzrahmen 2013 bis 2016 haben sich die Werte für 2013 beim Wirtschaftswachstum (z.B. von 1,6% auf 1,0%) und bei den Arbeitslosenzahlen (von 274.500 auf 277.600) verschlechtert, beim Wachstum der Lohn- und Gehaltssumme (von 2,4% auf 2,7%) sowie der unselbständig Beschäftigten (von 0,4% auf 0,7%) verbessert. Im Finanzrahmen 2014 bis 2017 haben diese Veränderungen keinen budgetmäßigen Niederschlag gefunden, sondern die Auszahlungsobergrenzen der einzelnen Untergliederungen und die Einzahlungsprognosen sowie die Verteilung auf die einzelnen Abgabenarten und sonstigen Einzahlungen sind unverändert geblieben.“

 

Dass das Budgetloch jetzt "kleingerechnet" wurde, ist nichts anderes als der erneute Versuch der Bundesregierung, den vollen Umfang ihrer verantwortungslosen Politik, insbesondere auch in der Euro- und Bankenrettungs-Politik, herunterzuspielen.

Der Journalist Josef Urschitz von der Tageszeitung „Die Presse“ schreibt anlässlich dieser Vorgänge: „Kassasturz. Der Budgetpfad der Regierung war eine glatte Lüge, das Versprechen, die Steuerquote nicht weiter hochzutreiben, wohl auch. Der Sanierungsbedarf ist viel größer, als man uns sagt.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.