67/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 20.11.2013
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
ORF: Parteipolitik raus, echte Unabhängigkeit rein
ORF: Parteipolitik raus, echte Unabhängigkeit rein
der Abgeordneten Dieter Brosz, Freundinnen und Freunde
betreffend ORF: Parteipolitik raus, echte Unabhängigkeit rein
BEGRÜNDUNG
In regelmäßigen Abständen flammt vor allem bei Personalentscheidungen im
Österreichischen Rundfunk die Debatte um parteipolitische Einflussnahmen auf. Wie
die Vergangenheit des größten Medienunternehmens des Landes zeigt, hat das wenig mit den aktuell gerade handelnden Personen zu tun, sondern liegt an der Struktur der Entscheidungsfindung, die dem ORF durch die Politik in Form des ORF-Gesetzes auferlegt wird.
Der Stiftungsrat des ORF besteht zur Zeit aus 35 Personen, von denen fünf vom Zentralbetriebsrat bestellt werden.
6 Mitglieder werden direkt von den im Parlament vertreten politischen Parteien
entsandt,
9 Mitglieder bestellt die Bundesregierung,
9 Mitglieder bestellen die Länder, sprich die jeweils stärkste Partei in den Ländern,
6 Mitglieder bestellt der Publikumsrat, dessen Zusammensetzung ebenfalls
mehrheitlich von den jeweiligen Regierungsparteien bestimmt wird.
In der Struktur der Entscheidungsfindung ist parteipolitische Einflussnahme somit keine Ausnahmeerscheinung, sondern der Kern der Konstruktion. Das ORF-Gesetz sichert der jeweiligen Bundesregierung eine strukturelle Mehrheit in allen Gremien des Österreichischen Rundfunks.
Die Abhängigkeit der Generaldirektorin / des Generaldirektors von der Politik
beschränkt sich in der Praxis nicht auf die eigene Wahl. Zwar wird die zentrale Leitungsfunktion einzeln gewählt, in der Praxis wird diese Wahl aber schon von Zugeständnissen für die Bestellung der DirektorInnen und LandesdirektorInnen und weiterer wesentlicher Personalentscheidungen abhängig gemacht. Formal wäre die Generaldirektorin / der Generaldirektor in der Entscheidung für seinen Vorschlag zwar frei, in der Praxis knüpfen viele Stiftungsrätlnnen, insbesondere jene der Länder, ihr Abstimmungsverhalten an weitgehende Zusagen für Postenbesetzungen.
Aber auch damit ist es nicht getan. Insbesondere bei budgetären Fragen haben politische Parteien ihren Einfluss immer wieder öffentlich geltend gemacht, sei es bei der Zustimmung zum Budget oder zur Festsetzung der Programmentgelte. Die Frage der Festsetzung des Programmentgelts obliegt etwa formal dem Stiftungsrat und einer behördlichen Prüfung. In der Praxis erfolgt die Freigabe durch die Regierungsparteien.
Im Vorfeld der ORF-Gesetzesnovelle im Jahr 2010 haben Bundeskanzler Faymann
und Medienstaatssekretär Ostermayer bereits im März 2009 eine Verkleinerung des
ORF-Stiftungsrates angekündigt. Sie sprachen dabei auch von einer Entpolitisierung
des Stiftungsrates. In der Praxis hätten dabei die im Nationalrat vertretenen
politischen Parteien ihre Entsendungsrechte verloren, nicht aber die
Bundesregierung. Der Versuch, den Einfluss der Regierungsparteien noch weiter auszubauen und diesen Schritt auch noch als Ausbau der Unabhängigkeit des ORF zu verbrämen, ist damals gescheitert.
Es ist hoch an der Zeit, den ORF in seine parteipolitische Unabhängigkeit zu
entlassen. Dabei ist es irrelevant, ob Stiftungsratsmitglieder durch politische Parteien
oder durch Bundes- und Landesregierungen bestellt werden, ob sie in den letzten vier Jahren eine politische Funktion innehatten oder nicht. Eine deutliche Verbesserung kann es nur geben, wenn die Bestellung der Stiftungsrätlnnen auf eine breite Basis gestellt wird und es keine Möglichkeit für die politischen Parteien mehr gibt, unangepasstes Abstimmungsverhalten durch einen Austausch der Personen zu sanktionieren.
Die Grünen schlagen daher in Anlehnung an das ÖIAG-Gesetz einen sich selbst erneuernden Stiftungsrat mit zeitlich beschränkter Funktionsperiode vor. Die Beschickung des ersten Stiftungsrats nach einer Novellierung des ORF-Gesetzes soll nicht durch die Bundesregierung, sondern durch einen Gründungskonvent nach einem öffentlichen Hearing stattfinden. Die Verpflichtung, die Länder vor den Bestellungen der Landesdirektorlnnen anhören zu müssen, ist zu streichen. Damit nicht nur parteipolitische sondern auch persönliche Interessen hintangestellt werden, muss die Möglichkeit eines direkten Wechsels vom Stiftungsrat in das Unternehmen selbst, bzw. bei den ArbeitnehmervertreterInnen in das Direktorium verunmöglicht werden.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage betreffend eine Novelle des ORF-Gesetzes zuzuleiten, die zur Entlassung des Österreichischen Rundfunks (ORF) in die parteipolitische
Unabhängigkeit folgende Regelungen umfassen soll:
1. Neugründung des Stiftungsrats
Der ORF-Stiftungsrat soll nach dem Vorbild des ÖIAG-Gesetzes in ein sich selbst erneuerndes Gremium umgewandelt werden. Der Stiftungsrat besteht aus fünfzehn Mitgliedern, wovon zehn von einem Gründungskonvent zu wählen und fünf als Arbeitnehmer-VertreterInnen vom Zentralbetriebsrat zu bestellen sind. Die VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen sollen bei der Wahl der Generaldirektorin / des Generaldirektors sowie der DirektorInnen und LandesdirektorInnen kein Stimmrecht haben.
Analog zum ÖIAG-Gesetz scheiden von den zehn zunächst vom Gründungskonvent gewählten Aufsichtsratsmitgliedern nach dem zweiten und vierten Jahr jeweils zwei sowie nach dem sechsten und achten Jahr jeweils drei Mitglieder aus. Die Funktionsperiode beträgt somit grundsätzlich acht, für die vom Gründungskonvent gewählten Mitglieder beträgt sie zwei bis acht Jahre. Die Bestellung neuer Stiftungsratsmitglieder sowie die Wahl von Ersatzmitgliedern für vorzeitig ausgeschiedene Stiftungsratsmitglieder obliegt den gewählten Stiftungsrätlnnen.
Im Unterschied zum ÖIAG-Gesetz erfolgt die Bestellung des ersten nach der Gesetzesnovellierung gewählten Aufsichtsrates nicht der Bundesregierung, sondern einem Gründungskonvent.
Per Gesetz sind jene Institutionen und Organisationen festzulegen, die eine
Vertreterin bzw. einen Vertreter in den Gründungskonvent entsenden können. Das gesellschaftliche Spektrum soll dabei möglichst breit abgebildet werden, von VertreterInnen der ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen über wissenschaftliche Institutionen, Interessensverbände bis zu NGOs. Politische Parteien und statutarisch an sie gebundene Vorfeldorganisationen wie etwa die politischen Akademien sind nicht delegierungsberechtigt. Der Gründungskonvent besteht aus mindestens 50 und maximal 100 Personen. Der Gründungskonvent wählt die Aufsichtsratsmitglieder nach einem öffentlichen Hearing.
2. Verhinderung politischer Einflussnahme der Landeshauptleute
Die Verpflichtung der Generaldirektorin / des Generaldirektors, vor Erstattung eines Vorschlags für die Bestellung und Abberufung von LandesdirektorInnen, eine Stellungnahme des jeweiligen Bundeslandes einzuholen (§ 23, Abs. 2, Zif. 3 des ORF-Gesetzes), ist ersatzlos zu streichen.
3. Ausschluss persönlicher Interessen von Stiftungsratsmitgliedern
Damit neben parteipolitischen Beeinflussungen im Stiftungsrat auch allfällige persönliche Interessen als Druckmittel für Entscheidungen wegfallen, ist es den gewählten Mitgliedern des Stiftungsrates per Gesetz zu untersagen, während ihrer Funktionsperiode in Geschäftsbeziehungen zum ORF zu treten. Ebenso ist ein Wechsel von Stiftungsratsmitgliedern in das Unternehmen in den ersten vier Jahren nach Beendigung Ihrer Stiftungsratstätigkeit zu untersagen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.