125/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 29.01.2014
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Rechtsanspruch auf kostenlosen Ganztagskindergartenplatz ab dem ersten Geburtstag

 

 

BEGRÜNDUNG

Kinderbetreuung ist in Österreich Länder- bzw. Gemeindeangelegenheit. Entsprechend unterschiedlich sind die Angebote, Öffnungszeiten und Preise. Es gibt keine einheitlichen Qualitätskriterien, weder verbindliche Mindeststandards noch einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz.

Vor allem im ländlichen Raum fehlt es an Krippen- und Kindergartenplätzen, weshalb viele Kinder erst mit 3 oder 4 Jahren den Kindergarten besuchen.

In Österreich gab es 2012/2013 237.437 Kinder unter 3 Jahren. Lediglich 20,8% der Kinder befanden sich  in institutioneller Kinderbetreuung. Zum Vergleich: Dänemark 74%, Schweden 51%. Österreich hat sich im Rahmen des Barcelona-Ziels dazu verpflichtet, bis 2010 eine Betreuungsquote von 33% bei den Unter 3-Jährigen zu erreichen. Alleine um dieses Ziel erreichen zu können, fehlen derzeit noch immer knapp 30.000 Plätze.

Kinderbetreuung kostet in Österreich - je nach Bundesland und Träger unterschiedlich - zwischen 30 und 450 Euro pro Monat. Vor allem Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende leiden unter dieser finanziellen Last. Einige Bundesländer (Wien, Burgenland, NÖ, OÖ, Tirol) reagierten in den letzten Jahren bereits mit einem kostenlosen Kindergartenangebot bzw. sozial gestaffelten Preisen. Rechtsanspruch auf einen öffentlichen kostenlosen bzw. sozial gestaffelten Platz gibt es jedoch nur für 5-Jährige im Rahmen des verpflichtenden Kindergartenjahrs. Somit sind viele Familien gezwungen auf private, meist kostenintensivere Angebote zurückzugreifen.

Auch die Qualität der angebotenen Kinderbetreuungsplätze differiert je nach Bundesland und Anbieter. Wie viel Raum einem Kind zusteht,  wie viele Kinder sich eine/n PädagogIn teilen, wie viel der/die PädagogIn verdient, wie lange der Kindergarten geöffnet hat und wie viele Tage im Sommer geschlossen sind hängt allein von der Postleitzahl ab. Kindergärten haben in Österreich durchschnittlich an 34,7 Tagen im Jahr geschlossen.

ExpertInnen aus dem elementaren Bildungsbereich empfehlen für Kinder unter 3 Jahren einen PädagogInnen-Kind-Schlüssel von 1:3. Ist-Stand in Österreichs Krippen ist lt. Erhebungen des ÖIF (2011, Kinderbetreuung in Österreich: Rechtliche Bestimmungen und die reale Betreuungssituation) z.B. 1:8 im Burgenland, 1:6 in Tirol und 1:5 in Oberösterreich.

In Österreich ist der Besuch eines Kindergartens nur im letzten Jahr vor Schuleintritt verpflichtend und auch nur halbtags kostenlos. Aufgrund des Engpasses an Betreuungsplätzen werden häufig auch schon bei der Anmeldung Kinder von berufstätigen Eltern gegenüber arbeitslosen oder nicht-erwerbstätigen bevorzugt. Das führt dazu, dass Eltern mit hohen Bildungsabschlüssen und entsprechendem Einkommen ihre Kinder eher in den Kindergarten schicken als Eltern mit niedrigen Bildungsabschlüssen, was die Bildungschancen noch ungerechter verteilt.

Um den sozialen Ausgleich zu schaffen und auch jenen Kindern den Besuch einer qualitativ hochwertigen Bildungs- und Betreuungseinrichtung zu ermöglichen, denen es bisher aus finanziellen Gründen oder mangels Angebot nicht möglich war, muss ein Recht auf einen kostenlosen Kinderbetreuungsplatz geschaffen werden. Jedes Kind verdient optimale Bildungschancen und jeder Elternteil soll die Möglichkeit haben, einer Erwerbsarbeit nachgehen zu können.

In anderen europäischen Ländern ist ein Rechtsanspruch für Kinder im Kindergartenalter und vielfach auch schon davor gängige Praxis: in Deutschland, Frankreich, Polen, Dänemark, Finnland, uvm.

Elternbeiträge für den Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung aller Kinder ab dem ersten vollendeten Lebensjahr sollen künftig aus Bundesbudgetmitteln bestritten werden. Die Finanzierung der Elternbeiträge für Betreuungseinrichtungen aus dem Bundesbudget stellt die effektivste Form der Familienförderung dar. So werden punktgenau junge Familien mit Kindern finanziell entlastet. Jeder Euro, der vom Bund für die Kinderbetreuung übernommen wird, steht direkt diesen Familien zur Verfügung.

Bevor an einen Rechtsanspruch bzw. an kostenlose Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr gedacht werden kann, braucht es primär einen Ausbau des bestehenden Angebots in Österreich. Aktuell gibt es immer noch viel zu wenig hoch qualitative Bildungs- und Betreuungsplätze (vor allem für unter 3-Jährige), als dass ein Rechtsanspruch garantiert werden könnte.

Die angekündigten Pläne der Regierung, 350 Mio Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung in den kommenden vier Jahren investieren zu wollen, sind als wichtige Vorbereitung für die Realisierung eines Rechtsanspruches ab dem 1. Geburtstag zu werten.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden


 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, so rasch wie möglich die Voraussetzungen zu schaffen, um allen Kindern ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen kostenlosen Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung zu ermöglichen. Um zu gewährleisten, dass jedes Kind einen kostenlosen Zugang zu einem Betreuungsplatz hat, soll ein Rechtsanspruch verankert werden.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss  vorgeschlagen.