232/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 24.02.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Harmful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition

 

 

BEGRÜNDUNG

Der 6. Februar ist der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung (FGM – Femail Genital Mutilation). Mit dem Tag soll auf die schweren Menschenrechtsverletzungen durch die kulturellen und traditionellen Praktiken der Beschneidung weiblicher Genitalien aufmerksam gemacht werden.
In 28 afrikanischen Ländern, im mittleren Osten und Süd-Asien wird FGM praktiziert. Mutige Frauen prangern seit zig Jahren diese qualvolle Praktik an. Schon 1979 hat die Äthiopierin Berhane Ras-Work in allen afrikanischen Ländern, in denen FGM praktiziert wird, eine gemeinsame Organisation gegründet. Am 6. Februar 2003 wurde in Äthiopien das erste Mal ein Tag für den Kampf gegen FGM abgehalten, internationale Organisationen und die UN-Menschenrechtskommission riefen den 6. Februar zum internationalen Gedenktag aus.

8000 Opfer täglich weltweit!
FGM ist die Beschneidung weiblicher Genitalien.
Laut WHO handelt es sich um "all procedures that involve partial or total removal of the external female genitalia or other injury to the female genital organs for non-medical reasons".[1]
Diese Eingriffe, die schwere gesundheitliche und psychische Folgen haben, werden an weiblichen Säuglingen, Mädchen oder jungen Frauen ohne medizinischen Zweck durchgeführt. Mögliche Gründe für die schwere Gewaltanwendung gibt es viele. Der aktuelle Bericht der UNO Sonderbeauftragten Marta Santos Pais gemeinsam mit Plan International aus dem Jahr 2012 zeigt folgendes Bild: „In some societies, the practice is perceived as part of girl’s and women’s cultural gender identity, ensuring status, family honour or marriageability. Reasons cited for maintaining the practice include religion, custom, preserving femail chastity und fidelity, protecting her from excessive sexual emotions, hygiene, aesthetics and fertility-related issues“.[2]

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sind weltweit zwischen 100 und 140 Millionen Frauen und Mädchen an den Genitalien beschnitten. Jährlich sind etwa drei Millionen Mädchen von solchen Eingriffen bedroht, das sind 8000 Opfer pro Tag!

 

Harmful Practices based on Tradition, Culture, Religion or Superstition

Weltweit gibt es verschieden schwere Gewaltanwendungen vor allem an Mädchen und Frauen. Dazu gehören unter anderem die Verheiratung von Mädchen und Zwangsheirat, sogenannte auf „Ehre“ basierende Morde, das qualvolle Mästen von Mädchen um in traditionelle Schönheitsideale zu passen (force feeding), alle Formen von „cosmetic mutilation“, oder auch das Töten von weiblichen Säuglingen. All diese Praktiken sind Formen von Gewalt vor allem an Mädchen und Frauen (gender based violence).

Early and Forced Marriage – 39.000 Opfer täglich weltweit
In 52 Ländern der Welt erlaubt es die Gesetzgebung, dass Mädchen unter 15 Jahren mit Zustimmung der Eltern heiraten. Gerade für so junge Mädchen stellt die daraus resultierende Teenagerschwangerschaft ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar, denn eine Schwangerschaft die eintritt, bevor der Körper eines Mädchens voll ausgebildet ist, ist für Mutter und Kind gefährlich. Weltweit müssen täglich 39.000 Mädchen unter 18 Jahren heiraten! 90 Prozent der Teenagerschwangerschaften in Entwicklungsländern betreffen verheiratete Mädchen. Jedes 9. Mädchen heiratet, bevor es 15 wird.
Armut, mangelnde Gleichberechtigung, Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Diskriminierung, fehlender Zugang zu Bildungseinrichtungen und Gesundheitsdiensten können unter anderem als Ursachen für die weitgehende für Mädchen und Frauen qualvollen Praktiken wie FGM oder Zwangsverheiratung gesehen werden – und das weltweit. Jede Form der Diskriminierung, der Unterdrückung, der Misshandlung, der Gewalt an Mädchen und Frauen müssen auf allen Ebenen weltweit bekämpft werden!

Österreichs internationale Verantwortung im Kampf gegen „Harmful Practices“

Gegenüber allen Formen von „harmful practices“, allen voran gegenüber FGM und Zwangsverheiratungen, darf es keine Toleranz geben. Hier muss auch das Außenministerium Akzente setzen. Um gegen Zwangsverheiratungen vorzugehen und Mädchen tatsächlich zu schützen, muss der erste Schritt sein, besonders Kinderehen unter 15 Jahren weltweit zu ahnden und Alternativen gemeinsam mit den Gesellschaften zu erarbeiten. Gleichzeitig ist es notwendig Armut nachhaltig zu bekämpfen, Ernährungssouveränität zu ermöglichen und Bildungszugänge gerade für Mädchen und junge Frauen sicher zu stellen! Dafür stehen die Millenniums Entwicklungsziele der UNO.

Österreich hat die Verpflichtung die Umsetzung dieser Millenniumsziele zu unterstützen und voranzubringen. Das Ziel Nr. 5 zu „maternal health“, also zur reproduktiven Gesundheit, hat es sich zur Aufgabe gemacht bis 2015 die Gesundheitsversorgung von Müttern zu verbessern, die Sterblichkeitsrate um dreiviertel zu senken und einen allgemeinen Zugang zu reproduktiver Gesundheit zu erreichen. Dies kann jedoch nur dann geschehen, wenn Kinderehen minimiert und verboten werden, denn die hohe Sterblichkeitsrate von Teenager-Müttern hängt mit dem jungen Alter der selbigen zusammen!
International wurden Fälle von Kinderehen aus den Ländern Saudi-Arabien, dem Jemen, Pakistan, Indien, Afghanistan bekannt. Das UNICEF-Foto des Jahres 2007 zeigt einen 40jährigen Afghanen neben seiner 11jährigen Braut.



UNICEF-Foto des Jahre 2007 (Stephanie Sinclair)
 
Für die Milleniumsziele müssen die Weichen spätestens 2015 neu gestellt werden. Der Kampf gegen FGM, der Kampf gegen Kinderehen, der Kampf gegen die Ausbeutung und Misshandlung von Mädchen und Frauen hat gerade erst begonnen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, wird aufgefordert, auf allen Ebenen den Kampf gegen „harmful Practices based on tradition, culture, religion or superstition“ mit Nachdruck zu unterstützen und einen österreichischen Aktionsplan in Zusammenarbeit mit dem Nationalrat und den Kinderrechte- und Entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen zu erstellen. Darüber hinaus wird der Bundesminister aufgefordert, sich im Namen Österreichs im sogenannten „Post-2015-Prozess“ zur Weiterentwicklung der Millenniumsziele der UNO dafür einzusetzen, dass „early and forced marriage“ weltweit verboten wird, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte ein Schwerpunkt sind und dass jede Form von „gender based violence“ strikt bekämpft wird. Zudem soll die Bundesregierung ihren finanziellen Versprechungen zu den MDGs, besonders zum MDG Nummer 5 – Reduzierung der Müttersterblichkeit um mindestens 75% – bis 2015 nachkommen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss  vorgeschlagen.



[1] http://srsg.violenceagainstchildren.org/sites/default/files/documents/docs/InCo_Report_15Oct.pdf Seite 26

[2]http://srsg.violenceagainstchildren.org/sites/default/files/publications_final/SRSG_Plan_harmful_practices_report_final.pdf Seite 31