240/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 24.02.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Aufwertung der parlamentarischen Bürgerinitiative und der Petition im Rahmen des Demokratiepakets

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Daniela Musiol, Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Aufwertung der parlamentarischen Bürgerinitiative und der Petition im Rahmen des Demokratiepakets

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Dieser Antrag stellt eine Ergänzung zum Initiativantrag Abg. Musiol, Freunde und Freundinnen zur Einführung einer verpflichtenden Volksbefragung nach stark unterstützten Volksbegehren, Nr 24/A, dar. Er berücksichtigt auch die mit Gesetzesantrag von Abg. Pirklhuber, Freunde und Freundinnen, Nr 52/A, für den BI- und PET-Ausschuss aufgestellten Änderungswünsche (zugewiesen dem Geschäftsordnungsausschuss). Die Form des Entschließungsantrags wurde gewählt, um die gewünschten Änderungen in Form einer Punktation (siehe Antragstext) zur Debatte stellen zu können.

 

1.    Gegenstand der parlamentarischen Bürgerinitiative und der Petition

 

Gemäß § 100 GOG sind „dem Nationalrat unterbreitete Anliegen (..) nur zu verhandeln, wenn sie schriftlich vorgelegt werden, sich auf eine Angelegenheit beziehen, die in Gesetzgebung oder Vollziehung Bundessache, sind, …“

 

Der Begriff „Anliegen“ ist denkbar weit, er kann nicht auf Anliegen zur Gesetzgebung und zur Vollziehung der Gesetze eingeschränkt werden, sondern bezieht sich auf alle Rechte des Parlaments, wozu auch die (finanzielle und politische) Kontrolle aber auch die Mitwirkung in EU-Angelegenheiten, in ESM-Angelegenheiten usw. zählen.

 

Dass sich die Bürgerinitiative und die Petition auch auf Missstände beziehen können, kommt in der GOGNR auch dadurch zum Ausdruck, dass die Volksanwaltschaft zur Stellungnahme zu parlamentarischen Bürgerinitiativen (und Petitionen) gebeten werden kann und am Ende der Behandlung im BI- und PET-Ausschuss die Bürgerinitiative oder Petition auch zur weiteren Prüfung der VA übermittelt werden kann. Die VA ist ein Hilfsorgan des NR, sie prüft „Missstände in der Verwaltung des Bundes“.


Eine Bürgerinitiative oder Petition kann deshalb auch das Anliegen haben, dass ein politischer oder finanzieller Missstand vom Parlament aufgeklärt wird und zwar mit den jeweiligen Instrumenten wie:

 

·        Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach § 33 GOGNR (inkl Gegenstand der Untersuchung und Untersuchungsauftrag, derzeit nur mit Mehrheitsbeschluss auf der Grundlage eines Antrags möglich)

·        Befassung des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses mit der Prüfung eines bestimmten Gebarungsvorgangs nach § 32 e GOGNR (auf Antrag von fünf Abg oder mit Mehrheitsbeschluss im NR möglich)

·        Auftrag oder Sonderprüfungsverlangen an den Rechnungshof gemäß § 99 GOGNR (auf Antrag von fünf Abg durch Mehrheitsbeschluss, auf Verlangen von 20 Abg.).

 

Derartige Kontrollanliegen der Bürgerinitiative müssten derzeit verfahrensmäßig unabhängig von Abgeordneten durch entsprechende Antragstellung im Nationalrat aufgegriffen werden. Aber auch bei Anliegen zur Erlassung eines Gesetzes und zu Vollzugswünschen an die Regierung kann der BI- und PET-Ausschuss nicht selbst entsprechende Anträge an das Plenum stellen, sondern die Bürgerinitiative nur an den entsprechenden Fachausschuss weiter leiten.

 

Eine Bürgerinitiative oder Petition kann aber auch ein bestimmtes Verhalten der österreichischen Regierungsmitglieder in den europäischen Organen oder eine Mitteilung an ein europäisches Organ zum Gegenstand haben und korrespondiert mit folgenden Rechten des Parlaments:

 

·        Stellungnahme an ein Regierungsmitglied gemäß Art 23 e Abs 1 B-VG

·        Mitteilung an ein EU-Organ gemäß Art 23 f Abs 4 B-VG

·        Einspruch wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips gemäß Art 23 g Abs 1 B-VG

·        Subsidiaritätsklage gemäß Art 23 h B-VG

·        Entschließung an ein Regierungsmitglied (zum Verhalten in Organen der Europäischen Union) gemäß Art 52 Abs 1 B-VG

 

 

2.    Einbringung der parlamentarischen Bürgerinitiative und Petition

 

Die Verrechtlichung der online-Unterstützung von parlamentarischen Bürgerinitiativen und Petitionen war bereits in der vorigen Legislaturperiode Gegenstand des Antrags 2177/A und des gesamtändernden Abänderungsantrags vom 28. Juni 2013  dazu. Derzeit müssen parlamentarische Bürgerinitiativen in Papierform mit 500 Unterschriften von österreichischen BürgerInnen (Mindestalter 16 Jahre) eingebracht werden. Auf der Homepage des Parlaments kann man diese rechtsgültig eingebrachten Bürgerinitiativen aber eingebrachte Petitionen bis zum Ende der Beratungen online unterstützen. Die Unterstützer/innen müssen auch österr. StaatsbürgerInnen sein, dies wie das Vorliegen des Mindestalters in der online-Unterstützung bestätigen sowie Name und Adresse angeben.  Die Gesetzesentwürfe 2013 sahen auch eine online-Einbringung von parlamentarischen Bürgerinitiativen  über eine von der Parlamentsdirektion zu führende Internet-Plattform vor, allerdings wurde der elektronische Nachweis der eindeutigen Identität des/der zum Nationalrat Wahlberechtigten und der Authentizität der Unterstützung im Sinn von § 4 E-GovG gefordert.  Zur Unterstützung berechtigt waren gemäß den Gesetzesentwürfen alle zum Nationalrat Wahlberechtigten (derzeit nur österr. StaatsbürgerInnen). Zu einer Beschlussfassung ist es nicht gekommen.

 

 

 

3.    Behandlung der parlamentarischen Bürgerinitiative und Petition

 

Der BI- und PET-Ausschuss kann derzeit Stellungnahmen von den Regierungsmitgliedern einholen,  Auskunftspersonen laden und die EinbringerInnen anhören, Einzel- und Sammelberichte an den NR erstatten, den Gegenstand einem anderem Ausschuss – unter Anschluss einer Empfehlung -  weiterleiten. Er selbst kann keine Entschließungs- oder Gesetzesanträge aus Anlass einer PET oder BI fassen. Das heißt, eine Umsetzung eines Bürgeranliegens erfolgt, wenn dann durch einen anderen Ausschuss im Wege eines Antrags an das Plenum. Theoretisch denkbar sind jedoch auch ein selbständiger Antrag von Abgeordneten und eine Beschlussfassung im Auschuss bzw im Plenum darüber.

 

4.    Weiterentwicklung

 

Kontrolle und EU-Angelegenheiten können schon jetzt Gegenstand von parlamentarischen Bürgerinitiativen und Petitionen sein. Der Konnex zu den entsprechenden Rechten des Parlaments sollte in der Geschäftsordnung hergestellt werden.

 

Die parlamentarische Bürgerinitiative und Petition ist ein sehr unverbindliches Instrument der Direkten Demokratie, sie sollte auch im Fall der online-Unterstützung niederschwellig bleiben und damit auch allen Menschen mit Wohnsitz in Österreich zugänglich gemacht werden.

 

Die parlamentarische Bürgerinitiative stellt aber auch im Sinne der „dreistufigen Volksgesetzgebung“ eine Vorstufe zum Volksbegehren mit nachfolgender Volksbefragung dar, sie ist eine erste Stufe des Dialogs mit dem Parlament.

 

Stark unterstützte Bürgerinitiativen und Petitionen verdienen eine vertiefte Behandlung, die Geschäftsordnung sollte hier bestimmte Garantien einräumen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Aufwertung der parlamentarischen Bürgerinitiativen und Petitionen unter Beachtung folgender Inhalte vorzulegen:


 

a)    Einbringung

 

Die elektronische Einbringung sollte unkompliziert möglich sein. Da es sich bei der parlamentarischen Bürgerinitiative und Petition um ein sanftes Instrument der direkten Demokratie handelt, sind Identitäts- und Authentizitätsnachweise überzogen. Auch die ex post-online-Unterstützung gültig eingebrachter Bürgerinitiativen und Petitionen sollte rechtlich verankert werden.

 

Derzeit können nur österr. StaatsbürgerInnen das Instrument nutzen. Auch hier gilt: Aufgrund der Unverbindlichkeit des Instruments sollte es auch NichtösterreicherInnen mit Wohnsitz in Österreich zugänglich sein. Zumindest sollte dies für EU-BürgerInnen mit Wohnsitz in Österreich gelten.

 

Im Sinne einer dreistufigen Volksgesetzgebung sollte auch klargestellt werden, dass im Wege parlamentarischer Bürgerinitiativen und Petitionen  dem Nationalrat auch Gesetzesentwürfe vorgelegt werden können.

 

Gemeinderesolutionen an das Parlament sollten direkt in Verhandlung gezogen werden können.

 

b)   Behandlung

 

Angesichts der Tatsache, dass sich die parlamentarische Bürgerinitiative und Petition auch auf Kontrollrechte des Parlaments sowie die Mitwirkungsrechte in EU-Angelegenheiten beziehen kann, soll der BI- und PET-Ausschuss das Recht erhalten,

 

·        zur Umsetzung von Kontrollanliegen Anträge auf  Einsetzung von Untersuchungsausschüssen, auf Befassung des Ständigen Ausschusses des RH-Ausschusses und auf Sonderprüfungsverlangen an den Rechnungshof stellen können und

·        zur Umsetzung von EU-Anliegen Bürgerinitiativen und Petitionen auch dem EU-Unterausschuss des Hauptausschusses zuleiten können.

 

Ab einer besonders hohen Unterstützung (5000 bzw 30.000 Unterstützungen) sollten der parlamentarische Bürgerinitiative und Petition bestimmte Behandlungsrechte eingeräumt werden

 

·        wie Behandlungs- und Erledigungsfristen,

·        Recht auf öffentliche Anhörung des Erstunterzeichners/der Erstunterzeichnerin unter Beiziehung von Sachverständigen und InteressensvertreterInnen,

·        Wortprotokollierung der Verhandlungen,

·        8-Wochenfrist für Stellungnahmen der Regierungsmitglieder,

·        Begründungszwang im Ausschussbericht bei Nichtumsetzung,

·        Recht auf Einzelberichterstattung.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss  vorgeschlagen.