275/A XXV. GP

Eingebracht am 25.02.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Mag. Nikolaus Alm, Kol-legin und Kollegen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundesgesetz über die österreichische Staatsbürgerschaft (Staats-bürgerschaftsgesetz 1985 - StbG), BGBl. Nr. 311/1985, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 188/2013, wird wie folgt geändert:

 

1.     In § 11a Abs. 4 entfällt die Wortfolge „und 3“.

2.     In § 17 Abs. 4 wird nach der Wortfolge „§ 10 Abs. 6“ die Wortfolge „o- der § 11a Abs. 4“ eingefügt.

3.     In § 20 Abs. 1 Z. 2 wird nach der Wortfolge „die §§“ die Wortfolge „§ 11a Abs. 4,“ eingefügt.

4.     In § 28 Abs. 1 wird nach der Z. 1 folgende Z. 1a eingefügt: „1a. wenn der Staatsbürger die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaates des Ab-kommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-
Abkommen), BGBl. Nr. 909/1993, anstrebt, oder“

 

 

Begründung

 

Jede Bürgerin und jeder Bürger, der die Staatsbürgerschaft eines Mit-gliedsstaats der EU besitzt, ist nach dem Vertrag über die Arbeitsweise
der Europäischen Union (dem Lissabon-Vertrag aus  dem  Jahr  2007)  auch


Unions-bürger_in. Die Unionsbürgerschaft wurde als zusätzliche Staats-bürgerschaft eingeführt und ersetzt die nationale Staatsbürgerschaft
bisher nicht. Nach Art. 20 AEUV ist mit der Unionsbürgerschaft, neben
der Bewegungs- und Aufenthaltsfreiheit, das aktive und passive Wahl-
recht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei Kommunal-wahlen verbunden, nicht aber das Recht, an nationalen Wahlen teilzu-nehmen.

 

NEOS tritt dafür ein, dass die Vollendung des Europäischen Integrations-prozesses mit einer Anerkennung der Unionsbürgerschaft als vollwerti-
ge Staatsbürgerschaft verbunden sein soll. Bürger_innen und Bürger
sollen, gleichgültig aus welchem Mitgliedsstaat sie stammen, gleiche
Rechte und Pflichten haben. Solange dies aber nicht erreicht ist, muss
mehrfache Staatsangehörigkeit auf Basis eines begründeten Interesses
möglich sein bzw. erleichtert werden. Gerade die Dualität von Unions-bürgerschaft und von De-facto-Verhinderung der mehrfachen Staatsan-gehörigkeit zeigt, wie widersinnig und widersprüchlich die bürokratischen Barrieren zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft
für Zuwandernde sind. Gleiches gilt für eine Österreicherin oder einen
Österreicher, die oder der seine Staatsbürgerschaft verliert, wenn eine
andere Staatsangehörigkeit beantragt wird.

 

Zwar ist in Österreich mehrfache Staatsangehörigkeit grundsätzlich
möglich; dies insbesondere, wenn die oder der Betroffene die Staatsan-gehörigkeit des Zweitstaats durch Abstammung (ab der Geburt) erwirbt.
Ansonsten gelten restriktive Bedingungen, die kaum auf „fremde Staats-angehörige“ zutreffen (§28 StbG).

 

Integration ist nicht Assimilation. Im Regelfall fühlen sich Menschen, die sich in einem anderen Staatsgebiet als ihrem Herkunftsland aufhalten,
ihrem Herkunftsland ebenso verbunden wie der neuen Heimat. Dort ge-nießen sie aber nicht die gleichen Rechte wie die Bürger_innen der neu-
en Heimat. Die Aufgabe der ursprünglichen Staatsbürgerschaft wider-
spricht im Regelfall der „doppelten Identität“ der Zuwandernden, ist
aber auch oft mit dem Umstand verbunden, dass Rechte im Herkunfts-
land verloren gehen. Da aber Teilnahme- und Teilhaberechte mit der ös-terreichischen Staatsbürgerschaft verbunden sind, muss die mehrfache Staatsangehörigkeit wesentlich erleichtert werden.

 

Die österreichische Regierung hat bisher dagegen eingewandt, dass das
Europarats-Abkommen zur Verringerung der Mehrstaatigkeit (SEV-Nr.: 043; auch: Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfa-
cher Staatsangehörigkeit, BGBl. Nr. 471/1975) in Kapitel I einer Erleichterung entgegensteht. Dies ist freilich nur ein Vorwand: Das Kapitel I kann seit der Vereinbarung zur Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens, die von den Vertragsparteien des Übereinkommens angenommen
und vom Generalsekretär am 2. April 2007 unterzeichnet wurde, durch
einseitige Willenserklärung eines Mitgliedsstaats außer Kraft gesetzt
werden.

 

Von 47 Europarats-Mitgliedsstaaten haben lediglich 13 dieses Überein-kommen ratifiziert (Norwegen sowie zwölf der 28 EU-Mitgliedsstaaten). Davon haben zwei Staaten seither wieder den Ausstieg vollzogen und
vier weitere Staaten Kapitel I durch einseitige Willenserklärung außer
Kraft gesetzt. Drei weitere Staaten hatten von Anfang an erklärt, Kapitel
I nicht anzuwenden.

 

Österreich ist damit einer von lediglich vier verbleibenden restriktiven
Staaten. Die Erleichterung von mehrfachen Staatsbürgerschaften ist ei-
ne Anpassung der Rahmenbedingungen an die Anforderungen von De-mokratien im 21. Jahrhundert.

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, eine erste Lesung innerhalb von drei Monaten durchzuführen.

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für innere Angelegenheiten