277/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 25.02.2014
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Beate Meinl-Reisinger, Mag. Nikolaus Alm, Kol-legin und Kollegen
betreffend
die Aufkündigung von Kapitel I des Übereinkommens über
die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und
über
die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit
Jede
Bürgerin und jeder Bürger, der die Staatsbürgerschaft eines Mit-gliedsstaats
der EU besitzt, ist nach dem Vertrag über die Arbeitsweise
der Europäischen Union (dem Lissabon-Vertrag aus dem Jahr 2007) auch
Unionsbürger_in. Die Unionsbürgerschaft wurde als zusätzliche
Staats-
bürgerschaft eingeführt und ersetzt die nationale Staatsbürgerschaft
bisher nicht. Nach Art. 20 AEUV ist mit der Unionsbürgerschaft, neben
der Bewegungs- und Aufenthaltsfreiheit, das aktive und passive Wahl-
recht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei Kommunal-wahlen
verbunden, nicht aber das Recht, an nationalen Wahlen teilzu-nehmen.
NEOS
tritt dafür ein, dass die Vollendung des Europäischen Integrations-prozesses
mit einer Anerkennung der Unionsbürgerschaft als vollwerti-
ge Staatsbürgerschaft verbunden sein soll. Bürger_innen und
Bürger
sollen, gleichgültig aus welchem Mitgliedsstaat sie stammen, gleiche
Rechte und Pflichten haben. Solange dies aber nicht erreicht ist, muss
mehrfache Staatsangehörigkeit auf Basis eines begründeten Interesses
möglich sein bzw. erleichtert werden. Gerade die Dualität von Unions-
bürgerschaft und von De-facto-Verhinderung der mehrfachen Staats-angehörigkeit
zeigt, wie widersinnig und widersprüchlich die bürokrati-
schen Barrieren zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft
für Zuwandernde sind. Gleiches gilt für eine Österreicherin oder
einen
Österreicher, die oder der seine Staatsbürgerschaft verliert, wenn
eine
andere Staatsangehörigkeit beantragt wird.
Zwar
ist in Österreich mehrfache Staatsangehörigkeit grundsätzlich
möglich; dies insbesondere, wenn die oder der Betroffene die Staatsan-gehörigkeit
des Zweitstaats durch Abstammung (ab der Geburt) erwirbt.
Ansonsten gelten restriktive Bedingungen, die kaum auf „fremde Staats-angehörige“
zutreffen (§28 StbG).
Integration
ist nicht Assimilation. Im Regelfall fühlen sich Menschen, die
sich in einem anderen Staatsgebiet als ihrem Herkunftsland aufhalten,
ihrem Herkunftsland ebenso verbunden wie der neuen Heimat. Dort ge-
nießen sie aber nicht die gleichen Rechte wie die Bürger_innen der
neu-
en Heimat. Die Aufgabe der ursprünglichen Staatsbürgerschaft wider-
spricht im Regelfall der „doppelten Identität“ der Zuwandernden,
ist
aber auch oft mit dem Umstand verbunden, dass Rechte im Herkunfts-
land verloren gehen. Da aber Teilnahme- und Teilhaberechte mit der ös-terreichischen
Staatsbürgerschaft verbunden sind, muss die mehrfache
Staatsangehörigkeit wesentlich erleichtert werden.
Die
österreichische Regierung hat bisher dagegen eingewandt, dass das
Europarats-Abkommen zur Verringerung der Mehrstaatigkeit (SEV-Nr.:
043; auch: Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher
Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in
Fällen mehrfa-
cher Staatsangehörigkeit, BGBl. Nr. 471/1975) in Kapitel I einer
Erleichterung entgegensteht. Dies ist freilich nur ein Vorwand: Das Kapitel I
kann
seit der Vereinbarung zur Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens,
die von den Vertragsparteien des Übereinkommens angenommen
und vom Generalsekretär am 2. April 2007 unterzeichnet wurde, durch
einseitige Willenserklärung eines Mitgliedsstaats außer Kraft
gesetzt werden.
Von
47 Europarats-Mitgliedsstaaten haben lediglich 13 dieses Überein-kommen
ratifiziert (Norwegen sowie zwölf der 28 EU-Mitgliedsstaaten).
Davon haben zwei Staaten seither wieder den Ausstieg vollzogen und
vier weitere Staaten Kapitel I durch einseitige Willenserklärung
außer
Kraft gesetzt. Drei weitere Staaten hatten von Anfang an erklärt, Kapitel
I nicht anzuwenden.
Österreich
ist damit einer von lediglich vier verbleibenden restriktiven
Staaten. Die Erleichterung von mehrfachen Staatsbürgerschaften ist ei-
ne Anpassung der Rahmenbedingungen an die Anforderungen von De-mokratien im 21.
Jahrhundert.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die
Bundesregierung wird aufgefordert, die erforderlichen völkerrecht-lichen
und innerstaatlichen Rechtsakte einzuleiten, um Kapitel I des
Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staats-angehörigkeit
und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher
Staatsangehörigkeit, BGBl. Nr. 471/1975 (auch: Übereinkommen
über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht
von Mehr
staatern, SEV-Nr.: 043) aufzukündigen.“
Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für innere Angelegenheiten