335/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 27.03.2014
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Grundrechtsschutz im Schubhaftzentrum Vordernberg herstellen

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Seit die Vergabe von Dienstleistungen in Vordernberg an die private Sicherheitsfirma G4S öffentlich bekannt wurde, haben eine Vielzahl von BürgerInnen, PolitikerInnen und VerfassungsexpertInnen große Besorgnis angemeldet, dass damit auch hoheitliche Tätigkeiten des Staates in einem höchst menschenrechtssensiblen Bereich (Haft) vom Staat ausgelagert werden. Dies durch privatrechtliche Verträge, die über lange Strecken vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurden und zudem vom Parlament nicht einsehbar oder auch kontrollierbar sind. Diese Bedenken haben sich erhärtet, nachdem die Volksanwaltschaft, deren ExpertInnen sich eingehend mit dieser Auslagerung von Dienstleistungen befassen, einen Zwischenbericht herausgab, in dem sie die Auslagerung bestimmter Aufgaben im Schubhaftzentrum Vordernberg an private Betreiber als verfassungsrechtlich problematisch kritisierte.

 

Nach Ansicht der Volksanwaltschaft gehört der Betrieb eines Schubhaftzentrums zu den staatlichen Kernaufgaben. […]. Soweit einem privaten Unternehmen die Befugnis eingeräumt wird, eine Tagesstrukturierung für die Angehaltenen festzulegen und durchzusetzen, kann von einem befehls- und zwangsfreien Umgang mit den Insassen nicht mehr gesprochen werden. Nach dem der Volksanwaltschaft vorliegenden Betriebskonzept, sollen die Bediensteten der Sicherheitsfirma überdies zum Schutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Insassen vor "Übergriffen" eingesetzt werden. Auch hier sieht die Volksanwaltschaft die Grenze zwischen Aufgaben einer Deeskalation bzw. Streitschlichtung zur zwangsweisen Durchsetzung überschritten. Diese Aufgaben müssen daher von den Polizeiorganen selbst besorgt werden. […] Problematisch erachtet die Volksanwaltschaft auch das Fehlen gesetzlicher Regelungen über den Rechtsschutz gegen Übergriffe privater Wachebediensteter“ (OTS Volksanwaltschaft vom 13.03.2014)

 

Zudem zeigt sich an dem anhaltenden Tauziehen um die Veröffentlichung der zugrundeliegenden Verträge mit G4S (welche bis heute nicht vollständig offengelegt wurden), dass mit dieser Art an Auslagerung heikle Menschenrechtsbereiche der parlamentarischen Kontrolle entzogen werden. Das ist umso heikler, als dies einen Präzedenzfall schafft und in Schubhaftzentren Angehaltene von der Öffentlichkeit gänzlich abgeschnitten sind. Sie können sich nicht einfach gegen Missstände wehren, indem sie an die Öffentlichkeit gehen. Diesen Zustand verschärft noch, dass dort angehaltene Personen schon kurz darauf aus dem Land abgeschoben werden und somit kaum Möglichkeit haben Missstände oder Übergriffe im Nachhinein gerichtlich einzuklagen.

 

Das zeigt, dass die Auslagerung und die ihr zugrundeliegenden Verträge ein Schnellschuss des Innenministeriums waren, der  weder verfassungsrechtlich noch menschenrechtlich durchdacht ist. Die Verträge werfen, wie auch die Volksanwaltschaft feststellt, wesentliche Graubereiche bzw. verfassungswidrige Auslagerungen von hoheitlichen Tätigkeiten auf. Der Versuch des Innenministeriums Vertragsmängel mit einem nachträglichen Schreiben (17.12.2013) notdürftig zu sanieren ist schon allein aufgrund mangelnder Bindungswirkung gegenüber der eigentlich betroffenen Sicherheitsfirma G4S unzureichend.

 

Da der Auslagerung der Dienstleistungen in Vordernberg an G4S mangelhafte Verträge zugrunde liegen, die verfassungswidrige Aufgabenverteilungen vorsehen, sind diese Verträge umgehend aufzulösen. Ein Handeln der Verwaltung darf laut Legalitätsprinzip immer nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. Bei Freiheitsentzug besteht sogar noch ein gesteigertes Bestimmtheitserfordernis. Da es zu dem Handeln der G4S bislang keine gesetzliche Regelung gibt ist ihre Tätigkeit umgehend einzustellen.

 

Bis zur Auflösung bzw. Rückabwicklung dieser Vergabe muss jedenfalls ein gleichwertiger Rechtsschutz für die dort angehaltenen Schubhäftlinge auch gegenüber privatem Sicherheitspersonal geschaffen werden. Denn ob gegenüber Privaten ebenfalls die Maßnahmenbeschwerde, eine Richtlinienbeschwerde oder Amtshaftungsklage zusteht, wie dies gegen Übergriffe von PolizeibeamtInnen der Fall ist, ist fraglich und umstritten. Ein bloßes Statement seitens des Innenministeriums, dass man per Analogie vom öffentlichen Rechtsschutz ausgehe, ist angesichts der Sensibilität der betroffenen Grundrechte (Freiheitsentzug) unzureichend.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, aus den bestehenden Verträgen zur Vergabe von Dienstleistungen im Schubhaftzentrum Vordernberg an die private Sicherheitsfirma G4S im Schubhaftzentrum Vordernberg umgehend auszusteigen.


Weiters wird die Bundesministerin für Inneres aufgefordert, jedenfalls bis dahin eine gesetzliche Verankerung eines öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzes (Maßnahmenbeschwerde, Amtshaftung, Richtlinienbeschwerde) für Schubhäftlinge auch gegen rechtswidriges Handeln von privaten Sicherheitsleuten durch eine Novelle der Anhalteordnung sicherzustellen.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte  vorgeschlagen.