354/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 27.03.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Weigerstorfer

Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Evaluierung zu Bisphenol A“

 

Bisphenol A (BPA) ist eine chemische Verbindung, die überwiegend in Kombination mit anderen chemischen Stoffen bei der Herstellung von Kunststoffen und Harzen zum Einsatz kommt. Es ist eine der meistproduzierten Industriechemikalien und wird zur Herstellung des Kunststoffs Polycarbonat eingesetzt. Man findet es in Verbundstoff-Verpackungen, mikrowellenfestem Geschirr, Milchtüten, Flaschen und Behältern für Lebensmittel und Getränke sowie in Dosenbeschichtungen, außerdem in Kunstglas, Zahnversiegelungen, Innenbeschichtungen von Wasserrohren u.v.a. BPA wurde mittlerweile wurde in Oberflächengewässern, in der Luft, im Meerwasser, Trinkwasser aus Kunststofftanks und im menschlichen Körper (Blut, Urin, Fruchtwasser, Muttermilch, etc.) nachgewiesen. Sämtliche Gebrauchsartikel aus Kunststoff setzen BPA permanent frei. Die Menschen in den industrialisierten Staaten sind mittlerweile zu über 90 Prozent chronisch mit Bisphenol A belastet. Die längerfristigen Auswirkungen von BPA auf das Ökosystem und das Trinkwasser sind noch nicht bekannt.

Die omnipräsente Basis-Chemikalie stellt eine Gefahr für die Gesundheit dar, da sie hormonell wirksam ist. Eine Auswertung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) über 450 Studien zu potenziellen Gesundheitsgefährdungen im Zusammenhang mit BPA kam zu dem Ergebnis, dass schädliche Wirkungen für Leber und Nieren sowie Auswirkungen auf die Brustdrüsen wahrscheinlich mit einer Exposition gegenüber dem chemischen Stoff in Verbindung stehen. Zusätzlich befasst sich das Gutachten mit möglichen Auswirkungen von BPA auf die Fortpflanzungsorgane, das Nerven-, Immun-, Stoffwechsel- und Herzkreislaufsystem sowie auf die Entwicklung von Krebs. Zahlreiche Studien dokumentieren auch Auswirkungen auf Fortpflanzungs- und Entwicklungsstörungen, bis hin zu irreparablen Hirnschäden. Auch die immer häufiger auftretende Fettleibigkeit wird mit Bisphenol A in Verbindung gebracht.

Die EU begegnet dieser Problematik mit Grenzwerten, die sich laut Kritikern am Risiko einer akuten Vergiftung orientieren. Einigen Mitgliedsstaaten war dies zu wenig, sie wurden selbst gemäß dem Vorsorgeprinzip mit nationalen Verboten aktiv, um Langzeitschäden mit Sicherheit ausschließen zu können. Frankreich hat die Absicht, BPA in allen Lebensmittelkontaktmaterialien ab 2015 zu verbieten; in Schweden und Belgien betrifft das Verbot die Verwendung von BPA in Lebensmittelverpackungsmaterialien für an Kinder gerichtete Produkte (Babyglasdeckel). Schweden, wie auch Dänemark planen langfristig ein generelles Verbot von BPA, arbeiten aber zunächst an einer wissenschaftlichen Aufbereitung des Themas. In Österreich gilt seit 2011 ein Verbot von BPA in Babyfläschchen, Zahnungshilfen und Schnuller.

Die Europäische Wirtschaft kritisierte die partiellen Verbote einzelner EU-Mitgliedsstaaten und wies darauf hin, dass der Einsatz von BPA ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Chemieindustrie darstelle. Konkret geht es um erhebliche Beeinträchtigungen am europäischen Binnenmarkt, Rechtsunsicherheiten betreffend Übergangsfristen und Kontrollmechanismen und fehlende Ersatzstoffe für Bisphenol A.

Die Erforschung von BPA-Substituten und deren gesundheitliche Auswirkungen stehen erst am Anfang. Eine erwähnenswerte Alternative nach aktuellem Wissensstand könnte eine Chemikalie namens Bisguaicacol-F darstellen, kurz BGF. Der darin enthaltene Holzbestandteil Lignin lieferte den Rohstoff für ihren BPA-Ersatz. Lignin lässt sich günstig und umweltfreundlich aus Holzabfällen gewinnen.

Die EFSA warnt vor den gesundheitlichen Risiken von BPA in Lebensmittelverpackungen. Die Behörde empfiehlt daher, die aktuelle tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI-Wert) von aktuell 50 µg/kg Körpergewicht pro Tag (bzw. 0,05 mg/kg Körpergewicht pro Tag) auf 5 µg/kg Körpergewicht pro Tag (0,005 mg/kg Körpergewicht pro Tag) herabzusetzen. Trotz der Warnung geht von Bisphenol A nach Auffassung der EFSA aber ein geringes Gesundheitsrisiko aus, das gelte auch für Föten, Säuglinge und Kleinkinder. Stellt sich die Frage, warum es dann ein EU-weites BPA-Verbot in Babyfläschchen gibt.

Wie groß die tägliche Aufnahmemenge von BPA tatsächlich ist, lässt sich schwer beurteilen, da man am Ende des Tages einen BPA-Cocktail aus mehreren Quellen zu sich genommen hat. In den Körper gelangt es sowohl über die Nahrung, als auch über die Haut. Es kann sogar mit dem Hausstaub über die Atmung in unseren Körper gelangen.

Der Handlungsbedarf gemäß Vorsorgeprinzip betreffend der gesundheitsgefährdeten Auswirkungen der Chemikalie Bisphenol A ist offensichtlich.

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

Entschließungsantrag:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird in Einvernehmen mit weiteren verantwortlichen Mitgliedern der Bundesregierung ersucht, eine umfassende Evaluierung betreffend der hormonell wirksamen Chemikalie Bisphenol A zu veranlassen, die zumindest folgende Punkte beinhaltet:

 

·         Evaluierung der gesundheitlichen Auswirkungen von Bisphenol A in Lebensmittelverpackungsmaterialien

·         Evaluierung der gesundheitlichen Auswirkungen von Bisphenol A in Verpackungen von Babynahrung (Babyglasdeckel)

·         Evaluierung von Ersatzstoffen für Bisphenol A unter Einbindung der Wirtschaft

·         Evaluierung der Kontamination des Trinkwassers mit Bisphenol A und deren Auswirkungen

·         Evaluierung der Auswirkungen von Bisphenol A in Produkten, die über die Haut aufgenommen werden

·         Evaluierung eines möglichen Verbots von Bisphenol A

 

In formeller Hinsicht wird eine Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.