373/A XXV. GP

Eingebracht am 24.04.2014
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ANTRAG

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Sicherheitspolizeigesetz und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden (Bundgesetz zur Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung)

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Sicherheitspolizeigesetz und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden (Bundgesetz zur Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Sicherheitspolizeigesetz und das Telekommunikationsgesetz 2003 geändert werden (Bundgesetz zur Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung)

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Artikel             Gegenstand

 

1                     Änderung der Strafprozessordnung

2                     Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

3                     Änderung des Telekommunikationsgesetzes

 

Artikel 1

Änderung der Strafprozessordnung 1975

 

Die Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. I 204/2013, wird wie folgt geändert:

 

1.    Das Inhaltsverzeichnis vor §1 wird wie folgt geändert:

 

a)    In der Überschrift des 5. Abschnittes im 8. Hauptstück entfallen nach dem Wort „Nachrichtenübermittlung“ der Beistrich sowie die Wortfolge „Auskunft über Vorratsdaten“

b)    In § 135 entfallen nach dem Wort „Nachrichtenübermittlung“ der Beistrich sowie die Wortfolge „Auskunft über Vorratsdaten“

 

2.    In der Überschrift des 5. Abschnittes im 8. Hauptstück entfallen nach dem Wort „Nachrichtenübermittlung“ der Beistrich sowie die Wortfolge „Auskunft über Vorratsdaten“

3.    In § 134 entfällt die Z 2a und in Z5 entfallen nach dem Wort „Nachrichtenübermittlung“ der Beistrich sowie das Wort „Vorratsdaten“.

4.    §135 wird samt Überschrift wie folgt geändert:

a)    In der Überschrift des § 135 entfallen nach dem Wort „Nachrichtenübermittlung“ der Beistrich sowie die Wortfolge „Auskunft über Vorratsdaten“

b)    Abs. 2a entfällt.

 

5.    In § 137 entfällt in Abs. 3 die Wortfolge „und 2a“.

 

6.    In § 138 entfällt in Abs. 2 die Wortfolge „und über Vorratsdaten (§135 Abs. 2a)“.

 

7.    In § 140 Abs. 1 Z 4 entfällt die Zeichenfolge „Abs. 2a,“.

 

8.    § 147 wird wie folgt geändert:

 

a)    In Abs. 1 entfällt Z 2a.

b)    In Abs. 3 wird die Wortfolge „Abs. 1 Z 2a bis 5“ durch die Wortfolge „Abs. 1 Z 3 bis 5 ersetzt“.

 

9.    In § 381 entfallen in Abs 1 Z 5 nach dem Wort „Nachrichtenübermittlung“ der Beistrich sowie die Wortfolge „der Auskunft über Vorratsdaten“.

 

 

Artikel 2

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

 

Das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 195/2013, wird wie folgt geändert:

 

1.    § 53 wird wie folgt geändert:

 

a)    In Abs. 3a Z 3 entfällt die Wortfolge „auch wenn hiefür die Verwendung von Vorratsdaten gemäß § 99 Abs. 5 Z 4 iVm § 102a TKG 2003 erforderlich ist,“

b)    In Abs. 3b entfällt die Wortfolge „auch wenn hiefür die Verwendung von Vorratsdaten gemäß § 99 Abs. 5 Z 3 iVm § 102a TKG 2003 erforderlich ist,“

c)    In Abs. 3c entfallen nach dem Wort „wurde“ der Beistrich sowie die Wortfolge „sofern hiefür die Verwendung von Vorratsdaten gemäß § 99 Abs. 5 Z 3 oder 4 iVm § 102a TKG 2003 erforderlich war“.

 

Artikel 3

Änderung des Telekommunikationsgesetzes 2003

 

Das Telekommunikationsgesetz 2003, BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 96/2013, wird wie folgt geändert:

 

 

1.    Im Inhaltsverzeichnis vor §1 entfallen §102a, §102b und §102c.

 

2.    In § 1 Abs. 4 wird am Ende der Z 6 das Wort „und“ durch einen Punkt ersetzt und entfällt die Z 7.

 

3.    In § 92 Abs. 3 entfällt die Z 6b.

 

4.    In § 93 Abs 3 entfällt die Wortfolge „einschließlich Vorratsdaten“.

 

5.    § 94 wird wie folgt geändert:

 

a)    In Abs. 1 entfällt die Wortfolge „einschließlich der Auskunft über Vorratsdaten“.

b)    In Abs. 2 entfällt die Wortfolge „einschließlich der Auskunft über Vorratsdaten“.

c)    In Abs. 4 entfallen im ersten Satz die Wortfolge „einschließlich der Übermittlung von Vorratsdaten,“ sowie im letzten Satz die Wortfolge „sowie die näheren Bestimmungen betreffend die Speicherung der gemäß § 102c angefertigten Protokolle“.

 

6.    In §98 Abs. 2 entfallen nach den Worten „verarbeitet werden“ der Beistrich und die Wortfolge „auch wenn hierfür ein Zugriff auf gemäß § 102a Abs. 3 Z 6 lit. d gespeicherte Vorratsdaten erforderlich ist“.

 

7.    § 99 Abs. 5 wird wie folgt geändert:

 

a)    Z 2 lautet: „Zugangsdaten an Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Maßgabe des § 76a Abs. 2 StPO;"

b)    In Z 3 entfallen nach den Worten „verarbeitet werden“ der Beistrich sowie die Wortfolge „auch wenn hiefür ein Zugriff auf gemäß § 102a Abs. 3 Z 6 lit. d gespeicherte Vorratsdaten erforderlich ist“

c)    Z 4 lautet: „Zugangsdaten an nach dem SPG zuständige Sicherheitsbehörden nach Maßgabe des § 53 Abs 2a Z3 SPG.“

 

8.    § 102a, §102b und § 102c entfallen.

 

9.    In § 109 Abs 3 wird in Z 21 der Strichpunkt durch einen Punkt ersetzt und entfallen die Z 22 bis 26.

 

 

Begründung:

 

Mit Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. April 2014 in den verbundenen Rechtssachen C-293/12 und C-594/12 hat der Europäische Gerichtshof ausgesprochen, dass die Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (ABl. L 105, S. 54) ungültig ist.

 

Der EuGH führte dabei aus, dass der Unionsgesetzgeber beim Erlass der Richtlinie die Grenzen überschritten hat, die er zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Art 7, 8 und Abs. 52 Abs 1 der Grundrechtecharta einhalten musste. Der mit der Richtlinie verbundene Eingriff in die in Art 7 und 8 der Charta verankerten Grundrechte sei von großem Ausmaß und als besonders schwerwiegend anzusehen. Die von der Richtlinie aufgestellten Anforderungen hätten die Grundrechtseingriffe nicht auf das absolut Notwendige beschränkt.

 

In Österreich wurde die Richtlinie mit den BGBl. I Nr 27/2011 und Nr 33/2011 umgesetzt.

 

Die österreichische Umsetzung verstößt gegen einige jener Grenzen, welche vom EuGH in seiner Begründung aufgezeigt wurden: so differenziert etwa die Speicherdauer nicht nach den unterschiedlichen Datenarten, der Zugang ist auch ohne Vorabprüfung unabhängiger Gerichte oder Verwaltungsbehörden zulässig, es bestehen keinerlei räumliche, personelle oder zeitliche Beschränkungen der Speicherung oder Ausnahmen für bestimmte Berufsgruppen, und die Zugriffe beschränken sich insbesondere auch nicht auf die vom EuGH genannten Fälle von Terrorismus oder schwerer, insbesondere organisierter Kriminalität sondern setzen bereits bei vergleichsweise niedrigen Strafdrohungen ein und sind sogar im sicherheitspolizeilichen Bereich weitreichend zulässig.

 

Die österreichische Umsetzung ist daher von der vom EuGH festgestellten Grundrechtswidrigkeit ebenso betroffen wie die für ungültig erklärte Richtlinie.

 

Auch wenn der EuGH die Zulässigkeit der Speicherung von Daten aus Kommunikationsvorgängen zur Bekämpfung, bestimmter, schwerster Kriminalitätsformen nicht per se für unzulässig erklärt hat, so sind die von ihm in der Urteilsbegründung erarbeiteten Kautelen für eine derartige Speicherung so hoch, dass aus heutiger Sicht zweifelhaft erscheint, ob eine grundrechtskonforme Verwirklichung einer Vorratsdatenspeicherung überhaupt praktisch und rechtlich möglich ist. Dies gilt insbesondere auch für die nun wieder schlagend werdenden Bestimmung des Artikel 15 Abs 1 der Richtlinie 2002/58/EG in der ursprünglichen Fassung über mögliche Ausnahmen von der sonst bestehenden sofortigen Löschungspflicht von Kommunikationsdaten, welche ebenfalls den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts entsprechen muss und daher ebenfalls an den nun durch das Urteil des EuGH erfolgten Klarstellungen über die Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in die Grundrechte nach Art 7 und 8 der Charta zu messen ist.

 

Die für grundrechtswidrig erkannte Vorratsdatenspeicherung ist daher so rasch als möglich aus dem österreichischen Rechtsbestand zu entfernen.

 

Das erfolgt mit dem vorliegenden Initiativantrag.

 

 

Da sich aus den bisher vorliegenden Zahlen und Abfragestatistiken gezeigt hat, dass die Vorratsdatenspeicherung die von manchen in sie gesetzten Erwartungen hinsichtlich der wirksamen Bekämpfung von schwerer Kriminalität ohnehin nicht erfüllen konnte, ist mit besonderen negativen Auswirkungen auf die Verbrechensbekämpfung nicht zu rechnen. 

 

Bewusst nicht erfasst wird im Antrag die Bezugnahme auf Vorratsdaten in § 301 StGB über verbotene Veröffentlichung, da auch die Veröffentlichung von während der Geltung der Vorratsdatenspeicherung erfassten Daten weiterhin strafrechtlich sanktioniert werden muss.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.