379/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 24.04.2014
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

des Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Dr. Nikolaus Scherak

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend Umsetzung der Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform

 
Der Rechnungshof kritisiert seit Jahren den Verwaltungs- und Kompetenzdschungel im Bildungsbereich und liefert auch laufend Verbesserungsvorschläge, die jedoch kaum Beachtung finden, da parteipolitische Interessen in Österreich immer noch mehr Bedeutung als das Vermitteln von Wissen und die Zukunft unserer Kinder zu haben scheinen. 

 

Leistungszersplitterung nicht zu beseitigen wäre "fahrlässig gegenüber unseren Kindern", sagt Rechnungshof-Präsident Josef Moser im Ö1-Morgenjournal am 22.04.2014 und übt einmal mehr scharfe Kritik am Festhalten am Kompetenzwirwarr und den Doppelgleisigkeiten im Bildungssysstem.

 

Doch gibt es seitens des Rechnungshofes nicht nur Kritik, sondern auch eine fundierte Problemanalyse und konkrete Lösungsvorschläge, die von einer Expertengruppe (RH, IHS, WIFO, KDZ) bereits 2011 publiziert wurden.

 

Problemanalyse:

 

1. Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung

·        Bei den Pflichtschulen fallen Aufgaben–, Ausgaben– und Finanzierungsverantwortung  auseinander

·        Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände vertreten unterschiedliche Interessen

·        Kompetenzen der Schulaufsicht nur bei pädagogischen Belangen, nicht bei  Angelegenheiten der Schulerhalter

 

2. Dienstrecht

·        Dienst– und besoldungsrechtliche Unterschiede zwischen Bundes– und Landeslehrern

·        Unterschiedliche Lehrverpflichtungen für Bundes– und Landeslehrer (20 Werteinheiten versus Jahresnorm)

·        Bundeslehrer führen keine gesamthaften Ressourcenaufzeichnungen, Landeslehrer nur hinsichtlich der sonstigen Tätigkeiten

·        Es fehlen Leistungsanreize (z.B. Aufstiegsmöglichkeiten)


3. Leitungsverantwortung

·        Schulleiter haben insbesondere an großen Schulen viele Lehrer zu betreuen

·        Schulleiter unterrichten selbst, auch wenn sie zur Gänze für die Aufgaben der Schulleitung freigestellt sind

·        Schulleiter werden ohne besondere Managementzusatzqualifikationen aus dem Kreis der Lehrer rekrutiert

·        Schulleiter sind derzeit u.a. für die Unterrichtsqualität nicht verantwortlich

·        Administratoren erfüllen Verwaltungsaufgaben und werden aus dem Kreis der Lehrer rekrutiert (nicht alle Schulen haben Administratoren)

 

4. Personalsteuerung und Controlling

·        Bei den Pflichtschulen fallen Aufgaben–, Ausgaben– und Finanzierungsverantwortung auseinander

·        Datenlage bei den Landeslehrern schlechter als bei den Bundeslehrern

·        Intransparenz bei Personalaufwand der Landeslehrer

·        Schulverwaltungen auf Länderebene weisen unterschiedlich konsistente Reaktionsweisen auf variierende Schülerzahlen auf

·        Besoldung der Lehrer – wie auch der übrigen öffentlich Bediensteten – weitgehend unabhängig vom Erfolg (es gibt wenige Instrumente der Leistungsbeurteilung)

·        Lehrermobilität ist gering (Durchlässigkeit zwischen den Schultypen ist nicht gegeben)

·        Weitgehend fehlender strukturierter Kennzahlenvergleich sowie Erfahrungsaustausch und Lernen von Best–Practice–Beispielen

·        Auf der operativen Ebene der Schulen kommt es zu keinem systematischen Qualitätsvergleich

·        Lehrer an Auslandsschulen bleiben zu lange im Ausland (erworbene Erfahrungen werden nicht genützt)

 

5. Ausbildung und Fortbildung

·        Geteilte Lehrerausbildung für Bundes– und Landeslehrer

·        Qualität des Unterrichts: Unterschiedliche Vorgaben für Bundes– und Landeslehrer

·        Unterschiedliche Fortbildungspflichten für Bundes– und Landeslehrer

·        Zeitpunkt der Fortbildung

·        Keine Aufzeichnungen über die gesamte Fortbildung von Lehrern

 

6. Schulaufsicht

·        Fehlende strategische Vorgaben durch das BMUKK

·        Landesschulräte nehmen ihre Steuerungsverantwortung nicht wahr

·        Länder haben unterschiedliche Diensthoheitsgesetze (Übertragung der Diensthoheit auf den Bund in W, NÖ, B, OÖ, ST)

·        Fehlende Kriterien zur Beurteilung der Qualität des Unterrichts (gleichartige Maßstäbe zur Beurteilung der Schulqualität nicht festgelegt; aber: Bildungsstandards neu)

 

7. Gebäudemanagement

·        Länder üben durch die Definition fixer Schulsprengel maßgeblichen Einfluss auf die erforderlichen infrastrukturellen und personellen Ressourcen aus

·        Jede Gebietskörperschaft verfolgt mit den Schulstandorten eigene Interessen

·        Priorität des Erhalts von Schulstandorten

·        Kleinschulen, die die Auslastung nicht sicherstellen können


·        Für Bundesschulen gibt es ein elektronisches Gebäude–Management–System; nicht alle Schulen sind erfasst

·        Nutzung von Schulgebäuden durch Schüler anderer Schulen

 

Lösungsansätze:

 

Das Lösungsmodell der Experten beruht auf vier Grundsätzen:

·        Ausgaben–, Aufgaben– und Finanzierungsverantwortung sowie interne Kontrolle der Schulgebarung in einer Hand,

·        einheitliche Steuerung auf Basis strategischer Bildungsziele (Output– und Outcomeorientierung),

·        Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle der Leistungserbringung der Schulen durch ein permanentes übergeordnetes Monitoring,

·        weitgehende Autonomie der Schulen in Bezug auf Unterrichtsgestaltung und Personalauswahl unter einheitlichen Vorgaben, Zielen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

 

Das Lösungsmodell sieht neben einer Reform der Aus– und Fortbildung drei Organisationsebenen und Zuständigkeiten vor:

 

1.    eine letztverantwortliche Ebene (Schulgesetzgebung, Schulbudget und Qualitätssicherung) mit folgenden Aufgaben:

·        umfassende Kompetenz zur Gesetzgebung für das gesamte Schulwesen,

·        Budgethoheit und Verteilung der Mittel nach objektiven Kriterien, Budgetcontrolling,

·        Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung: Bildungsziele, Bildungsstandards

·        Sicherstellung einheitlicher Standards für das Bildungscontrolling und permanentes transparentes Monitoring der Erreichung der Bildungsziele samt Feedback,

·        einheitliche institutionalisierte Aus– und Fortbildung.

 

2.    eine einheitliche regionale Ebene zur Steuerung, Kontrolle und Aufsicht:

·        Gewährleistung der Grundversorgung mit Unterricht unter Wahrung der Wahlmöglichkeit für Schüler und Eltern,

·        flächendeckendes Schulstandortkonzept und Bereitstellung der Grundausstattung der Schulen,

·        Bestellung der Schulleitung nach einheitlichem Auswahlverfahren,

·        Ermittlung der zustehenden Personalressourcen in Form einer Pro-Kopf-Finanzierung unter Berücksichtigung des besonderen Förderbedarfs,

·        Vollzug des einheitlichen Dienst– und Besoldungsrechts und Verwaltung der Lehrerpersonalzuteilung,

·        Aufsicht über die Schulorganisation des Rechnungswesens für die Schulen.

 

3.    Die Schulen zur weitgehend autonomen Organisation und Durchführung des Unterrichts:

·        freie Unterrichtsgestaltung (einschließlich der Wahl der Tagesform),

·        der Schulleitung obliegt die freie Personalauswahl der Lehrkräfte unter Beachtung objektiver Kriterien, die Personalsteuerung und die Personalentwicklung,


·        freie Verfügbarkeit über limitierte finanzielle Ressourcen, Möglichkeit der Beschaffung von Drittmittel

·        Selbstevaluierung im Rahmen der Gesamtqualitätssicherung,

·        kundenorientierte und transparente Leistungsvergleiche mit anderen Schulen.

 

Die von den Experten aufgezeigten Hauptprobleme in der Schulverwaltung liegen also insbesondere in der komplexen Kompetenzverteilung und der fehlenden Übereinstimmung von Ausgaben–, Aufgaben– und Finanzierungsverantwortung begründet.

 

Auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl findet den Kompetenzdschungel im Schulbereich überzogen. Beseitige man diesen, seien die umstrittenen Sparvorgaben für das SPÖ-geführte Bildungsressort durchaus umsetzbar. "Wenn man das wegbringt, sind die 57 Mio. Euro locker erreichbar", sagte Leitl bei einer Pressekonferenz am 22.04.2014.

 

Wie Moser verwies auch Leitl auf die hohen Kosten der Kompetenzzersplitterung im heimischen Schulwesen. Während in Finnland von vier Euro drei direkt in die Schule flössen, seien es in Österreich nur zwei, so der Wirtschaftskammerpräsident.

 

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

 

Entschliessungsantrag:

 

„Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes laut RH-Bericht vom November 2011 „Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform“ entsprechende legistische Maßnahmen zu entwickeln und diese dem Nationalrat so rasch wie möglich zuzuleiten, sodass sichergestellt werden kann, dass Einsparungen im Bildungsbereich nicht auf Kosten der Schüler_innen, sondern durch Bürokratieabbau durchgeführt werden.“
 

 

 

 

 

 

Wien, am 24.04.2014

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss verlangt.