393/A XXV. GP

Eingebracht am 29.04.2014
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ANTRAG

 

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Parlamentarische Materialien

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Strafgesetzbuch wird wie folgt geändert:

 

 

1. § 274 entfällt

 

 

 

Begründung:

 

Historisch hat der Landfriedensbruch seine Wurzeln in der reaktionären Niederschlagung von Unruhen und revolutionären Aufständen nach dem Jahr 1848. In einem modernen Strafrecht ist der Landfriedensbruch hochproblematisch, weil er missbrauchsanfällig ist. Nicht umsonst wurde dieser Paragraph von den Staatsanwaltschaften und Gerichten bis vor wenigen Jahren praktisch kaum bis gar nicht angewandt, bis er in den letzten Jahren zur strafrechtlichen Verfolgung von Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans wieder zum Leben erweckt wurde.

              2008 gab es erste Verurteilungen von Rapid-Fans wegen Landfriedensbruch nach Auseinandersetzungen bei einem Freundschaftsspiel zwischen Rapid Wien und Dinamo Zagreb in Kapfenberg.

              2013 wurden fünfundsiebzig Rapid-Fans wegen Landfriedensbruch verurteilt, nachdem es am 21. Mai 2009 zu Auseinandersetzungen zwischen Fußballfans und der Polizei am Wiener Westbahnhof gekommen ist.


              2014 wurden fünf Rapid-Fans in U-Haft genommen, eine Hausdurchsuchung durchgeführt und gegen circa weitere fünfzig Fans wegen Landfriedensbruch ermittelt, nachdem es fünf Monate zuvor zu Auseinandersetzungen zwischen Fans und der Polizei bei einem Fanfest gekommen ist.

Beim Landfriedensbruch braucht es keine Teilnahme an konkreten Auseinandersetzungen oder Sachbeschädigungen, um die individuelle Strafbarkeit zu begründen. Es genügt stattdessen die bloße Zurechnung von Einzelpersonen zu einer Menschenmenge, wenn von dieser Gewaltaktionen ausgehen oder zumindest mit Gewaltanwendung zu rechnen ist. Somit können auch Personen bestraft werden, die nachweislich nicht handgreiflich geworden sind oder nachweislich keine Sachbeschädigungen begangen haben. Es genügt, den Betroffenen zu unterstellen, dass sie im Wissen gehandelt haben, dass es bei der „Zusammenrottung“ zu Körperverletzungen oder Sachbeschädigung kommen wird.

Es lassen sich damit strafrechtliche Verfolgungshandlungen gegen einen sehr breiten Kreis von Betroffenen rechtfertigen, ohne dass die einzelnen Personen aktiv am Geschehen teilgenommen hätten. Der Straftatbestand des Landfriedensbruchs kann somit ähnlich dem § 278a StGB im TierschützerInnenprozess als Instrument missbraucht werden, um gegen unliebsame (zivil)gesellschaftliche Gruppierungen vorzugehen. Zivilgesellschaftlicher Protest oder Fußballfans sind aber kaum geeignet, eine Bedrohung für die Sicherheit und Ordnung eines Staates zu verursachen.

Beim § 274 StGB (Landfriedensbruch) stellt sich die Frage, ob es überhaupt eines solchen missbrauchsanfälligen Straftatbestands bedarf. Für konkrete strafbare Handlungen gibt es mit der Körperverletzung oder der Sachbeschädigung ohnedies Strafparagraphen, die ein solches Verhalten unter Strafe stellen. Kann eine schwere Körperverletzung keinem individuellen Täter zugerechnet werden, so regelt § 91 StGB (Raufhandel) schon bisher, dass bereits die Teilnahme am Raufhandel strafbar ist. Personen die sich bloß weigern, einen Versammlungsort trotz erfolgter Auflösung zu verlassen, konnten auch bisher schon mit Verwaltungsstrafen bestraft werden.

Der Landfriedensbruch schließt damit keine Strafbarkeitslücke, sondern stellt vielmehr eine rechtsstaatliche Grauzone dar, die in erster Linie dazu dient, strafrechtliche Ermittlungen auszuweiten. In weiterer Folge ermöglicht der Landfriedensbruch die Verurteilung ganzer Personengruppen, ohne dass dabei ein bestimmter Schaden einem konkreten Verursacher zugerechnet werden müsste. Ein modernes österreichisches Strafgesetzbuch braucht einen solchen Tatbestand des Landfriedensbruchs nicht.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.