453/A XXV. GP

Eingebracht am 23.05.2014
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ANTRAG

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend störungsfreie Genesungszeit für Beschäftigte

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, zuletzt geändert durch BGBl. 58/2010, geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Angestelltengesetz, zuletzt geändert durch BGBl. 58/2010, wird wie folgt abgeändert:

 

1.    Nach § 18 Abs. 4 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) Im Fall einer Arbeitsunfähigkeit hat sich der Dienstgeber oder die Dienstgeberin so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit des Dienstnehmers oder der Dienstnehmerin möglichst bald wiederhergestellt wird. Eine Kontaktaufnahme des Dienstgebers oder der Dienstgeberin mit dem Dienstnehmer oder der Dienstnehmerin im Falle der Arbeitsunfähigkeit ist ausschließlich zur Bekanntgabe unbedingt erforderlicher Informationen, deren Vorenthaltung zu einem Schaden des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin führen würde, möglich, sofern das den Genesungsprozess des Dienstnehmers oder der Dienstnehmerin nicht beeinträchtigt. Hierbei hat der Dienstgeber oder die Dienstgeberin konkret zu begründen, um welche Informationen es sich handelt, warum diese nicht anderweitig beschafft werden können und warum aus dem Fehlen der Information ein schwerer Schaden entstehen würde.“

 

2.    In Art. X des Angestelltengesetzes wird nach Abs. 11 folgender Abs. 12 eingefügt:

„(12) § 18 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxxx/xxxx tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft.“

 


 

Begründung:

 

Im März 2014 wurde ein Urteil des OGH (Geschäftszahl 9ObA115/13x) hinsichtlich der Erreichbarkeit und Verfügbarkeit während des Krankenstandes öffentlich diskutiert. Anders als in der öffentlichen Debatte teilweise kolportiert, hat der OGH keinesfalls jede Art von Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall des Arbeitnehmers/ der Arbeitnehmerin legitimiert. Vielmehr wurden Kriterien definiert, die im Ausnahmefall jedenfalls gegeben sein müssen, um eine Kontaktaufnahme im Krankenstand zu rechtfertigen.

 

In diesem Fall klagte die Arbeitnehmerin ihren ehemaligen Arbeitgeber, weil der Entlassungsgrund nach § 27 AngG aus ihrer Sicht nicht gegeben war – und es wurde ihr Recht gegeben. Der Arbeitgeber hatte die Klägerin während ihres Krankenstandes unter Druck gesetzt ein persönliches Gespräch wahrzunehmen und arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht, wenn sie eine Kooperation verweigert. Die Klägerin zeigte sich prinzipiell kooperativ, doch war eine persönliche Konfrontation aus gesundheitlichen Gründen zu diesem Zeitpunkt für sie unzumutbar gewesen. Die OGH Erkenntnis hat folgende drei Voraussetzungen für eine Kontaktaufnahme während des Krankenstandes nun klärend festgestellt: es benötigt die Mitteilung welcher konkreten Informationen benötigt werden, sowie die Begründung warum diese nicht auf anderem Wege zu beschaffen sind, als auch dass durch die Nicht-Information ein schwerer wirtschaftlicher Schaden für das Unternehmen entstehen könnte.

 

Zentrales Ziel von ArbeitnehmerInnen im Krankenstand ist die Genesung, um letztendlich die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen. Dieser Verpflichtung können ArbeitnehmerInnen besser nachkommen, wenn die Rahmenbedingungen der Kontaktaufnahme und Kontaktverpflichtung klar geregelt sind. Die Treuepflicht der ArbeitnehmerInnen (die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers zu wahren) darf nicht so ausgereizt werden, dass der Gesundheitsschutz verletzt wird und Dienstgeber Gründe zur vorzeitigen Entlassung finden (z.B. durch den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27).

 

Der Fall machte auf fehlende Schutzbestimmungen von Erreichbarkeiten und Verfügbarkeiten – nicht nur während des Krankenstands – von ArbeitnehmerInnen aufmerksam. Gerade durch die Durchdringung des Alltags von neuen Kommunikationsmedien wie Smartphones verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend. Berufliche Mails und Telefonate werden außerhalb der Arbeitszeit geschrieben und beantwortet, die Erholungsphasen dadurch unterbrochen. Ein Drittel aller Beschäftigten arbeiten auch in der Freizeit, wie eine Auswertung des Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer (AK) ergeben hat. Zudem verfügen immer mehr Beschäftigte nur mehr über Diensthandys, die sie auch privat mitbenutzen. Berufliche Erreichbarkeit und damit auch Verfügbarkeit – unabhängig der Hierarchieebene – wird so immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit und bringen gesundheitliche Belastungen mit sich. Als Konsequenz nehmen arbeitsbedingte psychische Erkrankungen und Burn-outs konsequent zu. Während Krankenstände 2012 generell gesunken sind, haben Krankenstandstage wegen psychischer Erkrankungen weiter zugenommen. Psychische Erkrankungen ziehen die durchschnittlich längste Krankenstandsdauer mit 39,1 Tagen mit sich (WIFO, Fehlzeitenreport 2013). Gerade durch die gesundheitliche Instabilität als auch durch die lange Zeit des Ausfalls benötigt es klare Regelungen, damit beide Seite ArbeitnehmerInnen wie Arbeitgeber geeignete Rahmenbedingungen für die Kontaktaufnahme vorfinden.

 

Die oft ausgerufene Work-Life-Balance ist durch das Leben auf Abruf stark eingeschränkt. Es ist daher die Aufgabe einer verantwortungsbewussten Politik, sich dieser veränderten Realität zu stellen und entsprechende Schutzvorkehrungen zu schaffen, dort wo kollektiver Schutz notwendig ist.

Aus Sicht der Grünen ist festzuhalten:

·        Kontaktaufnahmen außerhalb der Arbeitszeit sollen unter bestimmten Bedingungen durchaus möglich sein.

·        Arbeitstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit muss erfasst und entlohnt werden.

·        MitarbeiterInnen müssen die folgenlose Möglichkeit haben, außerhalb der Arbeitszeit unerreichbar zu sein.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen. Gleichzeitig wird die Abhaltung einer ersten Lesung binnen 3 Monaten verlangt.