558/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 08.07.2014
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Entschließungsantrag

 

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Mag. Beate Meinl-Reisinger

und Kollegen

 

betreffend Lehramtsstudium in traditionellen Zuwanderersprachen und in den Sprachen der Europäischen Union

 

 

Die Europäische Union hat sich auf die Förderung der individuellen Mehrsprachigkeit in ihren Mitgliedsländern festgelegt, „bis alle Bürger/innen zusätzlich zu ihrer Muttersprache über praktische Kenntnisse in mindestens zwei weiteren Sprachen verfügen“. [KOM (2005) 596, S. 4]. „Ohne Mehrsprachigkeit kann die Europäische Union nicht so funktionieren, wie sie sollte.“ [KOM (2005) 596, S. 17]. Europäische Integration bedeutet Erhaltung der europäischen Sprachenvielfalt.

 

Die politischen Rahmenbedingungen der Europäischen Union sind für eine verbesserte gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit sehr förderlich. Eine Erziehung zu nachhaltiger Mehrsprachigkeit und Offenheit kann wesentlich dazu beitragen, dass bisher vorhandene (Sprach-)Barrieren leichter abgebaut werden und eine gemeinsame grenzüberschreitende Regionalentwicklung möglich wird. Ein verstärktes und intensiveres Angebot an bilingualen Unterrichtsformen mit Bedacht auf die Sprachen der Nachbarländer und jene traditioneller Zuwanderungsländer wäre daher auch ein Zeichen vorausschauender Gesellschafts-, Wirtschafts- und Regionalpolitik.

 

In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der Schüler_innen mit nichtdeutscher Muttersprache bzw. Migrationshintergrund in Österreich von 111.000 im Schuljahr 1995/96 auf 207.000 im Schuljahr 2010/11 angestiegen und der Anteil der einsprachig deutschsprachigen Schüler_innen in den Pflichtschulen von 91% auf 77% zurückgegangen. Auffallend ist die nach Schultypen unterschiedliche Verteilung von mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern. Je höher das Prestige des Schultyps, desto niedriger der Anteil der Schüler_innen mit Migrationshintergrund (Nationaler Bildungsbericht 2012).

 

Der Anteil der Bevölkerung mit höheren Bildungsabschlüssen ist als wesentlicher Indikator für die Innovationsfähigkeit, Wirtschaftskraft und Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft zu sehen. So ist die Senkung der Quote von Jugendlichen, die vor einem Abschluss auf der Ebene der Sekundarstufe II das Bildungssystem verlassen, als wichtiges Ziel im Rahmen der EU-2020-Strategie für Beschäftigung und Wachstum formuliert.


 

Österreich hat mit 1,6% an Jugendlichen, die das Schulsystem ohne Abschluss verlassen und weiteren 5,6%, die mit einem Hauptschulabschluss das Bildungswesen verlassen, insgesamt eine relativ niedrige Quote von 7,2%, die nach der Pflichtschule keinen weiteren Abschluss erwirbt. Bei den Jugendlichen mit nichtdeutscher Muttersprache bzw. Migrationshintergrund sind die Anteile der Bildungsabbrecher_innen aber teilweise deutlich erhöht, so z.B. 18% bei Jugendlichen mit türkischer Alltagssprache (Nationaler Bildungsbericht 2012).

 

Es besteht jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass durch nachhaltige sprachliche Förderung das durchschnittliche Leistungsniveau, die Bildungsbeteiligung und der Schulerfolg von Schüler_innen mit Migrationshintergrund insgesamt verbessert werden kann.

 

Forschungen belegen, dass der Mensch bereits von klein an in der Lage ist, mehr als nur eine Sprache zu lernen. Ebenso ist erwiesen, dass eine langfristige und qualitativ gute Förderung in zwei oder mehr Sprachen für den Einzelnen kognitive Vorteile bringt und der Erwerb von zusätzlichen Sprachen die Beherrschung der Staatssprache nicht behindert, sondern fördert. In einer Welt, die immer stärker von internationaler Vernetzung gekennzeichnet ist, wird es zu einer zentralen Schlüsselqualifikation, mehrsprachig kommunizieren zu können.

 

Eine Schule, die den Anspruch „fürs Leben zu lernen“ ernst nimmt, kommt deshalb nicht umhin, Anstrengungen für den Ausbau bilingualen Unterrichts zu setzen. Dies sollte das erklärte Ziel der österreichischen Bildungspolitik sein. Dafür braucht es aber entsprechend sprachlich qualifizierte Lehrkräfte.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Bildung und Frauen sowie der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft werden aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass an den Pädagogischen Hochschulen und den Universitäten unter Berücksichtigung regionaler Erfordernisse Studiengänge und Lehramtsstudien in den traditionellen Zuwanderersprachen und in sämtlichen Sprachen der Europäischen Union angeboten werden, die zur Lehrberechtigung in den entsprechenden Sprachfächern bzw. zur Lehrberechtigung für bilingualen Unterricht führen. Gleichermaßen sollen Nostrifizierungen einschlägiger ausländischer Studienabschlüsse ermöglicht werden.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss verlangt.