694/A XXV. GP

Eingebracht am 22.10.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977  idF des BGBl. 68/2014 abgeändert wird

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 idF des BGBl. 68/2014 abgeändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 idF des BGBl. 68/2014 wird wie folgt geändert:

 

1. §7 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Als der Arbeitslosenversicherung zur Verfügung stehend gilt auch, wer verpflichtungsfreie Tage gemäß § 50a. in Anspruch nimmt.“

 

2. Nach § 50 wird die folgende Überschrift sowie folgender § 50a eingefügt:

 

„Rechtsanspruch von LeistungsbezieherInnen

§ 50a. (1) BezieherInnen von Leistungen nach § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 4 und 7 bis 9 haben einen Anspruch, nach jeweils 90 Tagen des Leistungsbezugs bis zu 5 Werktage sowie diesen vorausgehende oder an diese allenfalls anknüpfende Feiertage oder Wochenendtage als verpflichtungsfreie Tage zu konsumieren. An verpflichtungsfreien Tagen entfallen alle aus diesem Gesetz hervorgehenden Verpflichtungen der LeistungsbezieherInnen mit Ausnahme der Verpflichtung zur Meldung der Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3..

 

(2) Die Inanspruchnahme eines verpflichtungsfreien Tages sowie mehrerer oder aller angefallenen verpflichtungsfreien Tage muss der Regionalen Geschäftsstelle binnen fünf Werktagen vor Inanspruchnahme bekanntgegeben werden. In besonderen Fällen kann die regionale Geschäftsstelle von der Einhaltung dieser Frist absehen. Nicht in Anspruch genommene verpflichtungsfreie Tage verfallen nach 12 Monaten.“

 

3. §79 wird folgender Abs. 144 angefügt:

„(144) Die §§ 7 Abs. 2 und 50a in der Fassung des BGBl. XXXX/2014 treten mit 1. Dezember 2014 in Kraft.“


 

Begründung:

 

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz sieht für LeistungsbezieherInnen nach diesem Gesetz eine große Zahl von Verpflichtungen vor. Zu diesen zählen etwa die ständige Verpflichtung, der Arbeitsmarktvermittlung zur Verfügung zu stehen oder sich im Inland aufzuhalten.

 

Auf diese Weise wird in mehrfacher Hinsicht das Recht auf soziale Kontakte und Familienleben in ungerechtfertigter Weise eingeschränkt. So ist es arbeitslosen Menschen etwa nicht möglich, in dringenden Angelegenheiten Familienangehörige im Ausland zu besuchen, ohne den Arbeitslosenanspruch zu verlieren.

 

Die Intention des Antrages ist es daher, familiäre Härten  zu beseitigen.

 

Arbeitslosigkeit ist kein begehrenswerter Zustand des Nichtstuns, sondern eine psychisch wie physisch höchst belastende Situation. Gerade in dieser Situation ist die Möglichkeit, soziale und familiäre Kontakte zu pflegen, von großer Bedeutung.

Die gesetzliche Unterbindung dieser Kontakte trifft  nicht allein die arbeitslosen Menschen selbst, sondern auch ihr familiäres Umfeld: Wie etwa ist es Kindern arbeitsloser Menschen gegenüber zu rechtfertigen, dass Sie kein Recht auf einen Besuch  ihrer Eltern haben? Und warum sollte der Besuch bei möglicherweise erkrankten Verwandten automatisch eine soziale Existenzkrise für eine gesamte Familie zur Folge haben dürfen? Es ist notwendig, auch arbeitslosen Menschen die Gelegenheit zu selbstbestimmten Freizeiten zu ermöglichen.

 

Diesen Überlegungen folgend sieht etwa das schweizerische Arbeitslosenversicherungsrecht die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Tagen vor, an denen Melde- und Aufenthaltsverplichtungen beschränkt sind. Auch im Rahmen von Verfahren nach dem deutschen Sozialgesetzbuch II sind Tage verringerter Verpflichtungen möglich.

 

Der vorliegende Gesetzesvorschlag sieht bis zu 20 verpflichtungsfreie Tage im Rahmen des Leistungsbezugs für arbeitslose Menschen pro Jahr vor. Dabei erhalten die Menschen nach jeweils 90 Tagen Leistungsbezug einen Anspruch auf 5 verpflichtungsfreie Werktage (zuzüglich an diesen angrenzenden Wochenend- oder Feiertagen). Es obliegt nicht dem AMS, wann oder wo diese Tage verbracht werden. Ein rechtzeitige Meldung bei der regionalen Geschäftsstelle des AMS vorausgesetzt entfallen für diese Tage die Verpflichtung, etwa Kontrolltermine wahrzunehmen, Kursmaßnahmen zu besuchen oder Veränderungen des Aufenthalts bekanntzugeben. Einzig die Verpflichtung, die Aufnahme einer Beschäftigung bekannt zu geben bleibt erhalten.

Verpflichtungsfreie Tage fallen erstmals nach 90 Tagen des Leistungsbezugs an und somit erst wenige Tage vor Erreichung der durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit. Eine missbräuchliche Nutzung dieser Tage zur Vereitelung etwa der Vereinbarung einer Betreuungsvereinbarung ist daher nicht möglich.

Unselbständige ArbeitnehmerInnen haben einen Anspruch auf 5 Wochen bezahlten Urlaub im Jahr. Ein Rechtsanspruch von Arbeitslosen Menschen auf insgesamt 4 verpflichtungsfreie Wochen im Verlauf eines Jahres ist somit jedenfalls gerechtfertigt. Angesparte verpflichtungsfreie Tage können im Block verbraucht werden. Nicht in Anspruch genommene verpflichtungsfreie Tage verfallen 12 Monate nach Entstehen des Anspruchs. Es ist daher möglich, nach einem vollen Jahr des Bezugs von


 

Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz nach einem Jahr eine Auszeit von insgesamt 4 Wochen in Anspruch zu nehmen.

 

Zeiten der Arbeitslosigkeit sind leider keine Ausnahmesituation mehr. Rein statistisch betrachtet ist jede und jeder ArbeitnehmerIn dieses Landes alle dreieinhalb Jahre für knapp 100 Tage arbeitslos. Die Statistik gibt jedoch nicht das Ausmaß individueller Betroffenheit wieder: Knapp 125.000 Menschen sind derzeit beim AMS als langzeitbeschäftigungslos vorgemerkt. Diese Menschen hatten somit in jedem Fall keine Gelegenheit, verpflichtungsfreie Tage zu konsumieren, mit Kindern gemeinsame Tage oder Krankenbesuche außerhalb Österreichs zu verbringen. Hinzu kommen etwa 46.000 Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, die derzeit keine Chance auf freie Tage mit Angehörigen haben.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.