786/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 19.11.2014
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Freundinnen und Freunde
betreffend österreichischer Beitrag zur Unterstützung der Opfer von Kriegsverbrechen und der Verfolgung und eindeutigen Benennung von Massenvergewaltigungen als Kriegsverbrechen am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo
BEGRÜNDUNG
Der Krieg in der
Demokratischen Republik Kongo wurde offiziell 2003 beendet, doch Gewalt und der
bewaffnete Konflikte in diesem rohstoffreichen Land, das so groß ist wie
ganz Westeuropa, stehen aber weiterhin auf der Tagesordnung. Vor allem der Osten
des Landes ist geprägt von unvorstellbarer Gewalt. Gerade Frauen und
Kinder sind von sexueller und physischer Gewalt am meisten betroffen.
Im Ostkongo werden in jeder Stunde 48 Frauen vergewaltigt. Die Region wird als
der gefährlichste Platz der Welt für Frauen und Mädchen benannt.
Die Täter sind Milizen und Soldaten der nationalen Armee. Überlebende
Frauen und Mädchen erzählen von der schier unvorstellbaren Gewalt,
von Massenvergewaltigungen, den daraus resultierenden Schwangerschaften, von
der Stigmatisierung, der Traumata, von der vollkommenen Schutzlosigkeit und dem
täglichen Kampf ums Überleben.
Im März 2013 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den
Blauhelmeinsatz im Kongo erweitert und die Bildung einer schnellen
Eingreiftruppe beschlossen. Die neuen UN-Einheiten sollen im Rahmen des im
Februar 2013 in Addis Abeba beschlossenen Friedensabkommens für die
Demokratische Republik Kongo agieren. Gleichzeitig drohen die UN dem
zentralafrikanischen Land mit dem Stopp aller Unterstützung, wenn
Vergewaltigungsfälle nicht aufgeklärt werden.
Die Truppe solle im Osten des Landes "bewaffnete Gruppen
ausschalten", heißt es in der Resolution. Der Sicherheitsrat
verurteilte darin scharf "die fortgesetzte Präsenz der
Rebellenbewegung M23 in der unmittelbaren Umgebung von Goma" und fordert
alle Gruppen auf, ihre Waffen niederzulegen. Geplant ist die Entsendung von gut
3000 Soldaten aus Südafrika, Tansania und Malawi. Sie werden der
UN-Mission für den Kongo (MONUSCO) unterstellt und sollen in der ostkongolesischen
Stadt Goma stationiert werden. Der Sicherheitsrat hatte in der Vergangenheit
bereits die sich verschlechternde humanitäre und Sicherheitslage in der
Region scharf kritisiert.
Im März 2014 beanstandete das UN-Menschenrechtebüro in einem Bericht
erneut, dass es zwischen 2010 und 2013 im Kongo kontinuierlich zu schwerer
sexueller Gewalt gekommen sei. Die Täter würden nur sehr selten zur
Verantwortung gezogen. Zainab Hawa Bangura, die UN-Sondergesandte für
sexuelle Gewalt in Konflikten, hatte am 30. März 2014 eine Vereinbarung
mit dem kongolesischen Ministerpräsidenten Matata Ponya Mapon
unterzeichnet. Damit bekräftigte der Regierungschef gegen sexuelle Gewalt
vorzugehen. Bangura sagte, dass ein grundsätzliche Umdenken notwendig sei:
"Wenn man Frauen nicht in Friedenszeiten respektiert, kann man sie auch
nicht im Krieg beschützen."[1]
In Kriegsgebieten sind Vergewaltigungen Teil der Kriegsstrategie. Sexuelle
Gewalt ist ein Kriegsmittel, das bewusst eingesetzt wird, um einen Teil der
Zivilbevölkerung zu destabilisieren, zu unterdrücken und zu bedrohen.
80 Prozent der
weltweiten Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. In 85 Prozent der
Konfliktzonen wird von Frauen- und Kinderhandel berichtet. In Ruanda wurden
während des Genozids 1994 bis zu 500.000 Frauen systematisch vergewaltigt.
In Bosnien und Herzegowina wurden während des Konfliktes zwischen 1992 und
1995 bis zu 50.000 Frauen vergewaltigt. Die Peiniger und Vergewaltiger wurden
aber bis dato nicht zur Verantwortung gezogen. Frauen und Kinder, die sexueller
Gewalt ausgesetzt waren, erhalten von ihrer Umgebung oft keine Betreuung,
sondern werden verstoßen. Opfer werden eingesperrt, anstatt die
Täter zur Rechenschaft zu ziehen, was die ohnehin entsetzlichen
Rahmenbedingungen, wie Armut und Perspektivenlosigkeit, noch verschärft.
Trotz der verheerenden Konsequenzen der Vergewaltigungen haben diese aber
bisher nicht die internationale Aufmerksamkeit erhalten, die die Schwere des
Verbrechens und der Folgen verlangen würde.
Im Juni 2008 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die
Resolution 1820, nach der sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten nun als
Straftatbestand gilt. Der Rat weist darauf hin, dass „Vergewaltigungen
und andere Formen sexueller Gewalt als Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die
Menschheit oder als Bestandteil von Völkermord geahndet werden
können“ und im August 2009 die Resolution 1888 als Bericht zur
Resolution 1820.
Sie erklärt in seltener Klarheit, dass Vergewaltigungen und andere Formen
sexualisierter Gewalt „ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die
Menschlichkeit oder eine die Tatbestandsmerkmale des Völkermords
erfüllende Handlung darstellen können“. Sie fordert die
UN-Mitgliedsstaaten auf, ihren Verpflichtungen zur strafrechtlichen Verfolgung
von Tätern nachzukommen, und sie ermöglicht Sanktionen gegen
Länder, in denen während bewaffneter Konflikte sexualisierte Gewalt
stattfindet. Vor allem die Möglichkeit für den UN-Sicherheitsrat,
Sanktionen zu erlassen, ist ein Fortschritt gegenüber der
„weichen“ UN-Resolution 1325.[2]
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass die Resolution der Vereinten Nationen 1820 nachprüfbar umgesetzt wird. Sowohl in den diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit Post-Konfliktgesellschaften als auch im Rahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vor Ort, ist die Durchsetzung der Resolution 1820 prioritär zu verfolgen.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.