806/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 20.11.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker, Werner Kogler; Gabi Moser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Ziele, Aufgaben und Kontrolle staatlicher Beteiligungen

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Die Bürgerinnen und Bürger sind indirekt Anteilseigner an zahlreichen Unternehmungen, an denen der Staat Österreich in den unterschiedlichsten Formen beteiligt ist. Somit haben die österreichischen Bürgerinnen und Bürger zur Wahrung ihrer Eigentümerrechte ein Interesse und Anrecht auf eine ziel- und aufgabenorientierte, transparente Unternehmensführung innerhalb eines verbindlichen gesetzlichen Rahmens.

 

Die schwerwiegenden Turbulenzen rund um die ÖIAG begründen die besondere Notwendigkeit einer Neuausrichtung der Beteiligungsstrategie des Bundes. Unter anderem sprechen auch die „OECD Leitsätze zur Corporate Governance in staatseigenen Unternehmen“ (2006, S. 13-15) hierzu klare Handlungsempfehlungen aus, die momentan im österreichischen Recht keinen oder nur geringen Niederschlag finden:

 

1)         Wahrnehmung der Eigentümerrechte: „Hauptaufgaben (des Staates, Anm.) sind: Erstens: Sicherstellung  seiner  Vertretung  bei  Aktionärshauptversammlungen und Ausübung der an die Unternehmensanteile des Staats geknüpften Stimmrechte. Zweitens: Schaffung klar strukturierter und transparenter Verfahren für die Bestellung von Board-Mitgliedern in Unternehmen….“

Die Wahrnehmung der Eigentumsrechte ist derzeit mit der Konstruktion des sich selbst erneuernden Aufsichtsrats der ÖIAG ausgehebelt. Eine transparente, aktive, verantwortungsvoll gesteuerte Bestellung von Aufsichtsräten ist nicht erkennbar.

 

2)         Unternehmenspolitik festlegen: „Die  Regierung  sollte  eine  Politik  für  staatliche  Unternehmensbeteiligungen  ausarbeiten  und  veröffentlichen,  in  der  die  mit  staatlichem  Unternehmenseigentum insgesamt verfolgten Ziele, die Rolle des Staats bei der Leitung und Kontrolle staatseigener Unternehmen und die Umsetzung dieser Zielsetzungen definiert werden.“

Es ist derzeit keine zentrale Strategie für öffentliche Unternehmen in Österreich sichtbar. Es gibt zwar verschiedene Gesetze zu öffentlichen Unternehmen, aber in diesen sind keine oder nur unzureichende Unternehmensziele und Aufgaben definiert.

 

3)         Verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen: „Sämtliche  besonderen  Pflichten  und  Aufgaben,  die  staatseigenen  Unternehmen im Allgemeininteresse auferlegt werden, sollten klar in Gesetzen oder Rechtsvorschriften festgelegt sein. Derartige Pflichten und Aufgaben sollten auch der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden und bei der Finanzierung  der  damit  verbundenen  Kosten  sollte  Transparenz  gewährleistet sein.“

Diese Forderung ist nur fallweise und dann ungenügend erfüllt. So regelt z.B. das Bundesbahngesetz für die ÖBB Personenverkehr AG gewisse rudimentäre Ziele, für die ÖIAG fehlen selbst gesetzliche Regelungen für Globalziele.

 

4)         Berichtspflichten: „Der  Koordinierungs-  oder  Eigentumsträger  sollte  den  repräsentativen  Organen, wie z.B. dem Parlament gegenüber, Rechenschaft schuldig sein…..“

Obwohl schon seit mehr als 10 Jahren gefordert, gibt es noch immer keinen Bericht der ÖIAG, der dem Parlament zugeleitet wird. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten der Interpellation hinsichtlich Unternehmungen des Bundes teilweise eingeschränkt.     

 

Das aktuelle Verwenden von mehrerlei Maß für unterschiedliche Beteiligungen zeigt sich an verschiedenen Stellen in der österreichischen Gesetzeslage: Im Bundeshaushaltsgesetz, §67, Abs. 3a sind Unternehmen, deren Aktien auch an der Börse gehandelt werden, vom Beteiligungscontrolling des Bundes ausgenommen (z.B. Post, OMV). Gleichzeitig schreibt sich der Bund das öffentliche Interesse auch in den eigenen Unternehmensführungsgrundsätzen auf die Fahnen: 

"Bei der Wahrnehmung der Anteilseignerrechte sind die Gesetze, die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit und das öffentliche Interesse an der optimalen Wahrnehmung der Aufgaben des Unternehmens zu berücksichtigen." (Public Corporate Governance Kodex: 7.3 - Maßstab für die Wahrnehmung der Anteilseignerrechte, Seite 18) - ein Widerspruch, den es aufzulösen gilt.

 

Es ist daher für die Bundesregierung höchste Zeit, ihre Reformversprechen im Sinne der Österreicherinnen und Österreicher unmittelbar umzusetzen:

"Aufgrund der internationalen Entwicklung ist eine strategische Neuausrichtung und damit verbunden eine Änderung des ÖIAG-Gesetzes notwendig. Ziel ist eine ganzheitliche Ausrichtung der Beteiligungen des Bundes, insbesondere hinsichtlich der Aufgabenstellung und der Wahrnehmung der Eigentümerinteressen" (Regierungsprogramm 2013-2018, Seite 108).

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 


 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novellierung der Beteiligungsgesetze der Republik Österreich vorzulegen (insbesondere ÖIAG-Gesetz), welche folgende grundlegenden Ziele zur Basis hat:

 

1.          Für staatliche Beteiligungen und öffentliche Unternehmungen sind Ziele, Zweck und Rahmenbedingungen in Form einer gesetzlichen Grundlage zu definieren. Als „staatliche Beteiligung“ soll dabei jede direkte oder indirekte Beteiligung des Bundes (ungeachtet der Organisationsform) von mindestens 25% + 1 Stimme gelten.

 

2.          Sicherstellung der Eigentümerrechte:

a.            Sicherstellung der Vertretung  bei  Aktionärshauptversammlungen und Ermöglichung der optimalen Ausübung von anteilsbezogenen Stimmrechten, insbesondere hinsichtlich der Entsendung und Abberufung von Aufsichtsräten.

b.            Schaffung klar strukturierter und transparenter Verfahren für die Bestellung von Aufsichtsräten in allen Unternehmungen des Bundes im Sinne des Pkt.1.

 

3.          Berichtspflichten: Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen haben dem Nationalrat über alle Beteiligungen des Bundes und öffentlichen Unternehmungen im Sinne des Pkt.1 in einheitlicher Form Berichte vorzulegen. Neben den üblichen wirtschaftlichen Leistungskennzahlen ist insbesondere auch auf den Zusammenhang der Aufgabenerfüllung und Zielerreichungen im Kontext mit den Unternehmenszielen einzugehen.

 

4.          Für die unternehmerischen Entscheidungen ist das Management frei von Beeinflussung durch Politik und unabhängig zu halten.  Um die zukunftsorientierte Entwicklung des Unternehmens zu gewährleisten und das Vertrauen der Kunden, Lieferanten, Eigentümer und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, ist die operative Autonomie und Unabhängigkeit des Managements sicherzustellen.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.