855/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 21.01.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
Dringlicher
Antrag
gem. § 74a Abs.1 iVm § 93 Abs.2 GOG-NR
(Klubverlangen)
der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kollegin und Kollegen
betreffend Offensivpaket "Unternehmerisches Österreich"
Für 2014 hat uns die Bundesregierung eine
Rekordarbeitslosigkeit von 10,2% nach nationaler Berechnung beschert. Zu
Jahresbeginn waren damit über 455.000 Menschen ohne Arbeit. Die allgemeine
Weltwirtschaftslage ist daran nicht schuld, das zeigt der Vergleich zu
Deutschland und der Schweiz. Beide Nachbarländer ziehen Österreich
derzeit bei fast allen Standortfaktoren davon. Im Standortranking des World Economic
Forum, dem Global Competitiveness Report, wurde Österreich dieses Jahr bis
auf Platz 21 durchgereicht (die Schweiz steht auf dem ersten und Deutschland
auf dem fünften Platz). Im Monitoring Report der WKÖ ist
Österreich im Jahr 2014 aus dem ersten Drittel gefallen. Die Krise des
österreichischen Arbeitsmarktes ist also hausgemacht und statistisch
belegbar. Unübersehbar ist Österreich für innovative Unternehmen,
die anspruchsvolle Jobs schaffen, nicht mehr erste Wahl. Ein
Wirtschaftsstandort, der nicht mehr im globalen Spitzenfeld mitspielt, kann in
absehbarer Zeit für seine Bevölkerung auch nur noch durchschnittlichen
Wohlstand sichern. Da Österreich derzeit noch eines der höchsten
Pro-Kopf-Einkommen der EU hat, droht ein tiefer Fall. Unseren derzeitigen
Lebensstandard können wir uns bereits jetzt nur mehr schuldenfinanziert
erhalten und das, trotz Steuern und Abgaben auf einem historischem
"Rekordniveau".
Von 1974 bis 2014 verzeichnete die Schuldenquote einen Anstieg von 16,1 % auf
81%; die Abgabenquote kletterte von 35% auf 45,2% und die Arbeitslosenrate ist
von 1,2% auf 7,6% angestiegen. Wir verbrennen den Wohlstand vergangener Jahre
in rasender Geschwindigkeit.
Die Arbeitnehmer_innen und Unternehmer_innen sind nicht der Grund
für die Krise des Standortes. Schließlich haben sie über
Jahrzehnte hinweg ihre Leistungsfähigkeit bewiesen. Nach wie vor
beherbergt Österreich Technologie- und Weltmarktführer in zahlreichen
Branchen. Leider wird es für diese Unternehmen und ihre Mitarbeiter_innen
immer schwieriger von Österreich aus im internationalen Wettbewerb zu
bestehen.
Wirtschaftspolitik muss den Sprung ins 21. Jahrhundert schaffen.
Nicht der Staat schafft Wohlstand, sondern
Unternehmen schaffen Wohlstand und Jobs. Florierende Unternehmen und gut
bezahlte Angestellte spülen mehr Mittel für Bildung, Pensionen und
Infrastruktur in die Staatskasse. Wenn Unternehmen und Arbeitnehmer_innen zum
Stopfen der Löcher in der Staatskasse immer stärker herangezogen
werden, befinden wir uns in einer Abwärtsspirale. Erfolgreiche
Wirtschaftspolitik dagegen ermöglicht Gründungen und schafft
rechtlich und finanziell zeitgemäße Rahmenbedingungen, die den
Wirtschaftsstandort attraktiver machen. Staatliche und staatsnahe Konzerne, intransparente
Subventionen und parteipolitische Interventionen in den Unternehmen mögen
im vergangenen Jahrhundert ein gangbarer Weg gewesen sein, eine nationale
Ökonomie zu lenken. In der beschleunigten globalisierten Welt und in einem
verschärften Wettbewerb sind die Rezepte des 20. Jahrhunderts viel zu
unflexibel. Unsere Wirtschaft muss im internationalen Wettbewerb bestehen.
Erfolg lässt sich nicht mehr staatlich steuern. Der Staat kann den Erfolg
von Unternehmer_innen nur noch wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher machen.
In Österreich ist unternehmerischer Erfolg derzeit allerdings sehr
unwahrscheinlich. Überholte Kammerzwänge und Gewerbeordnungen
mögen die Qualität der Produktion im Vielvölkerstaat der
Monarchie gesichert haben, heute verhindern sie jedoch Innovation und
Fortschritt. Unternehmensformen wie die GmbH oder die AG waren sinnvolle und
richtige Modelle für das Wirtschaftssystem des 20. Jahrhunderts, junge
Start-Ups brauchen aber flexiblere Unternehmensformen. Auf den rasanten Wandel
der Arbeitswelt hat die Bundesregierung bislang ebenfalls kaum reagiert.
Karrieren verlaufen heute einerseits oft nicht mehr linear, andererseits ist
die strikte Trennung zwischen selbstständigen und angestellten
Erwerbsformen realitätsfremd. In der modernen Dienstleistungsgesellschaft
wechseln immer mehr Menschen in die Selbstständigkeit (zum Beispiel als
EPU). Sie werden im Vergleich zu Angestellten fast durchgehend höher
belastet und schlechter gestellt. EPUs werden in Österreich mit
bürokratischen Auflagen belastet, wie in anderen Ländern Konzerne.
Während die Finanzierung von Unternehmen am Finanzmarkt immer schwieriger
wird, schafft die Regierung keine Verbesserung und keine Rechtssicherheit
für alternative Finanzierungsmöglichkeiten.
Mentalitätsreform für ein unternehmerisches Österreich.
All diese Maßnahmen kosten unmittelbar kaum Geld. Die Republik hat keinerlei finanziellen Spielraum mehr und klassische Konjunkturpakete und schuldenfinanzierte Investitionen in das Wirtschaftswachstum haben Österreich in die aktuelle verheerende Lage gebracht. Ein schwächelnder Wirtschaftsstandort lässt sich nicht plötzlich gesund spritzen sondern benötigt Reformen. Vor der österreichischen Wirtschaftspolitik liegen Jahre der Anpassung und Konsolidierung. Dafür braucht es als ersten Schritt einen Paradigmenwechsel und einen Mentalitätswandel. In der Industrialisierung mussten die Arbeitnehmer_innen vielleicht noch vor den Arbeitsbedingungen in den Konzernen geschützt werden. Im 21.Jahrhundert werden neue Jobs aber nicht mehr durch das längste Fließband, sondern durch Innovation in Technologien und Dienstleistungen geschaffen. Kapital ist heute ebenso flüchtig, wie es die zunehmend fehlenden hochqualifizierten Arbeitskräfte sind. Die Zeiten des quasi "automatischen" Wachstums sind vorbei. In einer Zeit, in der die Arbeitnehmer_innen unternehmerischer Denken und Handeln denn je, müssen wir in Österreich eine Wirtschaftspolitik überwinden, welche die Bevölkerung vor Unternehmertum schützen will. Im Gegenteil: Wir brauchen ein unternehmerisches Österreich und ein unternehmerisches Österreich braucht ein Ende überbordender Regulierungen und Vorschriften, sondern rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, um in Österreich wieder wettbewerbsfähig und erfolgreich sein zu können.
Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung und insbesondere der Herr Bundeskanzler werden aufgefordert dem Nationalrat bis 01.05.2015 ein "Offensivpaket für ein unternehmerisches Österreich" vorzulegen, das folgende Schwerpunkte umfasst:
1. Mentalitätsreform: Unternehmertum ermöglichen, statt es zu regulieren.
a. Wir fordern die "One-in-One-out-Regel" für die nationale Gesetzgebung - für jede neue Regelung muss in Zukunft eine veraltete abgeschafft werden.
b. Weg vom Paradigma der staats- und parteinahen Nationalökonomie. Förderungen und Subventionen zugunsten niedrigerer Abgaben zurück fahren.
c. Abgabenlast und Sozialleistungen von Selbstständigen und Arbeitnehmer_innen müssen angeglichen werden. Selbstständigkeit muss entbürokratisiert werden.
2. Bildung: Bildung als der maßgeblichen Zukunftsfaktor Österreichs etablieren.
a. Schulautonomie umsetzen.
b. Unternehmertum an die Schulen bringen, z.B. durch Gründerwerkstätten und Unterricht in den Grundlagen der Unternehmensführung.
c. Bildungsdefizite müssen an den Schulen beseitigt werden, statt in den Arbeitsmarkt und ins AMS ausgelagert zu werden.
3. Bürokratie: Bürokratie hemmt unternehmerische Tätigkeit. Ideen können nicht einfach verwirklicht werden. Dafür sorgen ein starres Gewerberecht und andere Standesrechte, die einschränken und verhindern, statt unternehmerische Tätigkeit und Kreativität zu fördern. Österreich muss den Verwaltungsaufwand wesentlich reduzieren:
a. Schaffung einer modernen Gewerbeordnung, die den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts entspricht.
b. One-Stop-Shop-Konzept für alle Themen „rund ums Gewerbe“ (Genehmigungen, Gewerbeberechtigungen, Förderungen, Steuernummer und Firmenbucheintragung, etc.).
c. Verschlankung und Harmonisierung aller damit in Zusammenhang stehenden Gesetze.
d. Maßgebliche Reduktion der Verwaltungstätigkeit auf Seiten der Unternehmer_innen (Beauftragte, statistische Anforderungen, etc.).
4. Budget: Generationengerechtigkeit endlich mitdenken und Schuldenbremse in den Verfassungsrang heben.
a. Um Generationengerechtigkeit zu gewährleisten und eine ausufernde Staatsverschuldung zu vermeiden, muss eine verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse etabliert werden.
b. Durch eine Umsetzung des NEOS Steuerkonzepts schaffen wir einen Spielraum für eine jährliche Schuldentilgung in Höhe von 3,3 Milliarden Euro, um die Zinslast abzutragen.
c. Der Spielraum für die Steuerreform wird gegenfinanziert durch ausgabenseitige Maßnahmen und Reformen wie im NEOS Steuerkonzept veranschlagt.
5. Steuerreform: Steuergesetzgebung, die dem Titel „weniger,
einfacher, generationengerecht“ entspricht.
Weniger:
a. Senkung der Lohnsummenabgaben.
b. Senkung der Einkommensteuer sowie Steuerhoheit für Bundesländer und Gemeinden.
c. Abschaffung der kalten Progression.
Einfacher:
a. Streichung von Bagatellsteuern.
b. Streichung von Rechtsgeschäftsgebühren.
c. Streichung fragwürdiger Sondersteuern.
Generationengerecht:
a. Streichung ineffektiver Umweltsteuern.
b. Stufenweise Etablierung einer aufkommensneutralen CO2-Steuer.
c. Konsequente Umsetzung der Pensionsreform
6. Start-Ups: Flexible Unternehmensformen mit Investitionsanreizen schaffen:
a. Neue Unternehmensformen für Start-Ups schaffen (z.B. "Start-Up", "Klein AG", "GmbH Zero").
b. Invesitionsanreize durch Steuererleichterungen für Investitionen in Unternehmen, oder alternative Finanzierungsmodelle (z.B. Crowd-Funding) schaffen.
c. Abgabenlast und Sozialleistungen für Selbstständige in EPUs und KMUs an jene von Angestellten angleichen, durch Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger zu je einem Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungsträger.
d. EPU-Zwangsanstellungen durch Gebietskrankenkassen beenden.
7. Innovation ermöglichen und nicht durch Gewerbeordnung und
Kurzsichtigkeit verhindern.
Durch eine Unterfinanzierung des Wissenschafts- und Forschungssektors
verspielen wir unsere Zukunft! Es müssen notwendige Rahmenbedingungen
geschaffen und die Finanzierung gewährleistet werden, damit der
Forschungsstandort Österreich Luft zum Atmen bekommt. Schluss mit zu strengen
Regulatorien und sinnlosen Förderungen nach dem Gießkannenprinzip!
a. Forschungsförderungsagenturen und Forschungseinrichtungen erhalten mehrjährige Budgetzusagen.
b. Es wird eine transparente für alle einsehbare Übersicht über alle Forschungsförderungsmaßnahmen in Österreich geschaffen.
c. Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden für die Forschung – insbesondere auch bei gemeinnützigen Stiftungen – wird ausgebaut.
8. Forschung und Entwicklung: Ein interministerieller FTI-Steuerungsrat (Kanzler, Vizekanzler, die Bundesminster_innen für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Finanzen, Gesundheit, Verkehr, Innovation und Technologie sowie Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) legt mehrjährige strategische und budgetäre Regierungsziele im Bereich Wissenschaft und Forschung fest. Nur durch eine langfristige Strategie kann eine Entwicklung hin zu einer Wissensgesellschaft, basierend auf Wissenschaft und Forschung, vorangetrieben werden.
a. Die Agenden für Wissenschaft, Forschung und Hochschulen werden in einem eigenen Ministerium zusammengeführt.
b. Die für 2020 festgelegten Zielindikatoren in Bezug auf das BIP sind auf jahresweise Teilziele herunter zu brechen, um laufend deren Erreichung kontrollieren zu können:
i. F&E-Quote: 3,76%
ii. Quote für tertiäre Bildung: 2%
iii. Quote für Grundlagenforschung: 0,8%
9. Finanzierung: Unternehmen, von EPUs über Start Ups und KMUs bis hin zur Industrie, suchen nach alternativen Finanzierungsformen.
a. Rechtlichen Rahmen für Crowd Funding und Crowd Investement schaffen.
b. Lockerung der Bestimmungen der FMA und Erhöhung der Prospektpflichtschwelle auf 1 Mio Euro.
c. Rücknahme des Gold Platings bei der AIFM Richtlinie.
10. Arbeitsmarkt: Flexibilisierung von Beschäftigung und Fachkräfteoffensive:
a. Arbeitszeitflexibilisierung:
i. flexiblere Tageshöchstarbeitszeit bei gleichbleibender Wochenhöchstarbeitszeit.
ii. Schaffung von Jahresarbeitszeitmodellen.
b. Schaffung eines freiwilligen Teilzeitkrankenstandes im Sinne der Arbeitnehmer_innen zur Vermeidung von Dequalifizierung und Forcierung einer arbeitsplatznahen Rehabilitation.
c. Reform der Rot-Weiß-Rot Karte:
i. Entbürokratisierung der Antragstellung.
ii. Anerkennung von Bachelor-Abschlüssen.
iii. Reduktion der Einkommensgrenzen für Studienabsolvent_innen auf das Durchschnittsniveau von Studienabsolvent_innen österreichischer Universitäten.
iv. Längere Möglichkeiten zur Jobsuche für Studienabsolvent_innen österreichischer Universitäten aus Drittstaaten.“
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs.1 iVm § 93 Abs.2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.