863/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.01.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend Einführung Teilarbeitsfähigkeit

Im österreichischen Arbeitsrecht ist man entweder krank oder gesund, arbeitsfähig oder nicht. Doch tatsächlich bewegt sich die Gesundheit eines Menschen in einem Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit. Die bestehende strikte Trennung scheint wenig zielführend zu sein, weil sie den Lebensrealitäten nicht gerecht wird. Diese Lebensrealitäten kennen nämlich nicht nur vollständige, sondern auch teilweise Arbeitsfähigkeit.

Es gibt genügend Gründe diesen Weg zu gehen. Lang andauernde Krankenstände können für Patient_innen mitunter schwerwiegende Folgen haben. Die psychischen Folgen einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit sind unbestritten und können zu Depressionen u.ä. führen. Einen Grund hierfür stellt auch die soziale Isolation dar.

Auch ökonomische Folgen für Arbeitnehmer_innen sind deutlich. Die langfristige Abwesenheit vom Arbeitsmarkt kann zu Dequalifizierung führen und die spätere Reintegration an den ehemaligen Arbeitsplatz oder einen anderen Arbeitsplatz beeinträchtigen.

Ein langfristiger Krankenstand hat natürlich auch Folgen für den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin selbst, da dauerhaft eine Arbeitskraft fehlt und entweder eine neue Arbeitskraft eingestellt und angelernt werden muss, oder ganz auf die Arbeitskraft verzichtet wird, bis diese wieder in den Arbeitsprozess zurückkehrt – beides ist mit zusätzlichen Kosten für Arbeitgeber verbunden.

Auch Selbstständigen soll die Teilarbeitsfähigkeit offen stehen. Sie würden profitieren, indem eine Teilarbeitsfähigkeit den Druck reduziert, aufgrund von beruflichen Existenzängsten trotz Krankheit zu arbeiten.

Unser Konzept der Teilarbeitsfähigkeit sieht vor, dass Arbeitnehmer_innen und Selbstständige, die aufgrund einer Krankheit langfristig arbeitsunfähig sind, die Möglichkeit erhalten, ihrem gesundheitlichen Zustand entsprechend, teilweise in den Arbeitsprozess zurückzukehren.

Die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Teilerwerbsfähigkeit liegt voll und ganz bei den Patient_innen. Arbeitnehmer_innen/Selbstständige können aufgrund von Freiwilligkeit und Eigenverantwortung selbst entscheiden, ob sie sich fähig und im Stande fühlen, die Arbeit teilweise wieder aufzunehmen. Um zu gewährleisten, dass sich Patient_innen nicht zu früh zumuten, in den Arbeitsprozess zurückzukehren, und dabei auch nicht zu viel arbeiten, liegt die letztendliche Entscheidung vollkommen beim behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin. Diese/r kann hierbei einerseits feststellen ob der/die Arbeitnehmer_in seinen/ihren üblichen Tätigkeiten zumindest teilweise nachgehen kann und in welchem Ausmaß. Das Ausmaß der Teilarbeitsfähigkeit wird gemeinsam von Patient_in und Arzt/Ärztin festgelegt.

So ist sicher gestellt, dass die Entscheidung des/der Arbeitnehmer_in vollkommen unabhängig vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin getroffen wird. Arbeitgeber_innen werden nach dem vorgeschlagenen Konzept nur insoweit in die Entscheidung eingebunden, als sie einer Teilarbeitsfähigkeit des/der Arbeitnehmer_in nicht zustimmen müssen, wenn diese die Arbeitsabläufe im Betrieb beeinträchtigen würde.

Die Teilarbeitsfähigkeit soll vom behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin z.B. in 25% Schritten ausgewiesen werden. Dies erleichtert Arbeitgeber_innen die Berechnung der Bezüge, des Entgeltfortzahlungsanspruchs bzw. des Krankengeldes. Bis die Ansprüche auf volle Entgeltfortzahlung gegenüber den Arbeitgeber_innen erschöpft sind, steht unverändert das volle Entgelt zu. Nachdem der volle Entgeltfortzahlungsanspruch erschöpft ist, erhalten die Arbeitnehmer_innen entsprechend ihrer Arbeitsleistung den aliquoten Anteil der Bezüge von der Arbeitgeber_innen-Seite bezahlt und zusätzlich das anteilige (Teil-)Krankengeld von der Krankenkasse bzw. den verringerten Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Durch die Möglichkeit der Teilarbeitsfähigkeit gelingt es Arbeitnehmer_innen wieder leichter im Betrieb bzw. Arbeitsumfeld anzudocken, sich an den Arbeitsalltag zu gewöhnen, den Kontakt zum sozialen Umfeld am Arbeitsplatz weiter zu pflegen und sein berufliches Wissen aktuell zu halten. Durch einen schrittweisen Wiedereinstieg können Krankheitsrückfälle leichter vermieden werden, der Arbeitsplatz des/der Betroffenen bleibt länger erhalten und dem Abgleiten in die Arbeitslosigkeit wird Einhalt geboten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG



Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz werden aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Schaffung eines Modells der Teilarbeitsfähigkeit vorsieht, sodass aufgrund von langfristiger Krankheiten, Arbeitnehmer_innen in einem verminderten Maße, aufgrund des eigenen Wunsches und durch Zustimmung des/der behandelnden Arztes/Ärztin, im Arbeitsprozess verbleiben bzw. zurückkehren können."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.