869/A XXV. GP

Eingebracht am 21.01.2015
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Parlamentarische Materialien

 

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ANTRAG

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde

 

 

betreffend Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr 1/1930, geändert wird

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr 1/1930, geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr 1/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 164/2013, wird wie folgt geändert:

 

Art 112 erster Satz lautet:

 

„Nach Maßgabe der Art. 108 und 109 gelten für die Bundeshauptstadt Wien im Übrigen die Bestimmungen des Abschnittes A des fünften Hauptstückes mit Ausnahme des Art. 117 Abs. 5 und Abs 6 zweiter Satz, des Art. 119 Abs. 4 und des Art. 119a.“

 

Begründung:

 

Die vorgeschlagene Änderung bezweckt die Erhöhung der Gestaltungsmöglichkeiten in der Wiener Stadtverfassung in Bezug auf die Zusammensetzung des Stadtsenats. Der Zwang zur  verhältnismäßigen Vertretung aller gewählten Parteien im Stadtsenat, welcher gleichzeitig die Landesregierung ist, soll entfallen.

 

Für die Bundeshauptstadt Wien als Land hat der Gemeinderat auch die Funktion des Landtages, der Stadtsenat auch die Funktion der Landesregierung. Nach der aktuellen Rechtslage gilt für den Stadtsenat Art 117 Abs 5 B-VG, welcher lautet:

 

„Im Gemeinderat vertretene Wahlparteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand.“ (Gemäß Art 117 Abs 1 lit b heißt der Gemeindevorstand in Städten mit eigenem Statut Stadtsenat.) Die vorgeschlagene Ergänzung in Art 112 stellt sicher, dass die zitierte Bestimmung für Wien nicht mehr gilt.

 

Damit könnte eine klare Trennung zwischen Regierung und allgemeinem Vertretungskörper, welcher für Gesetzgebung und Kontrolle zuständig ist, in Wien vorgesehen werden. Wien könnte damit einen Weg einschlagen, den schon etliche Bundesländer gegangen sind, um aus demokratiepolitischer Sicht klarere Veranwortlichkeiten zu schaffen.

 

Der Gemeinderat bzw der Landtag kann allerdings nur dann seiner Kontrollaufgabe nachkommen, wenn er ausreichende Informationsrechte hat. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der geltende Art 20 Abs 3 B-VG besagt, dass die „von einem allgemeinen Vertretungskörper bestellten Funktionäre nicht gegenüber diesem Vertretungskörper“ die Amtsverschwiegenheit geltend machen können, „wenn er derartige Auskünfte ausdrücklich verlangt“. Dh den Abgeordneten des Landtags (den Gemeinderatsmitgliedern) müssen dieselben Informationen aus Verwaltungsakten zugänglich sein wie den Mitgliedern der Landesregierung (des Stadtsenats). Nach der geltenden Wiener Stadtverfassung sind auch die Oppositionsfraktionen vertreten. Auch wenn diesen kein Vollzugsbereich zugewiesen ist, sie also sogenannte „nicht amtsführende“ Stadträte und Stadträtinnen sind, haben sie Sitz und Stimme im Stadtsenat (in der Landesregierung) und Zugang zu jenen „Dienststücke(n), die dem Stadtsenat vorliegen.“ (§ 43 Abs 3 Wr Stadtverfassung). Dieser Zugang zu Verwaltungsakten müsste daher auch in einem neuen System gewährleistet sein, um keine Verschlechterung der Kontrollmöglichkeiten der Oppositionsfraktionen zu bewirken. Tagesordnung und Protokolle der Sitzungen des Stadtsenats (der Landesregierung) sollten öffentlich sein.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.