870/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.01.2015
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Parlamentarische Materialien

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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Sichtbarmachen von LeiharbeiterInnen im Jahresabschluss

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Grundsätzlicher Zweck von Leiharbeit ist ihr Einsatz zum Abfedern kurzfristiger Auftragsspitzen. Keine andere Erwerbsform hat in den letzten Jahren einen derartigen Anstieg erlebt. So waren 1998 im Jahresdurchschnitt knapp 21.000 unselbstständige Beschäftige, 2014 bereits über 65.000 unselbstständige Beschäftigte als LeiharbeiterInnen tätig (Statistik Austria, 2014). Leiharbeit ist aber noch viel verbreiteter: 146.972 Personen wurden im Jahr 2014 mindestens einen Tag überlassen, im Durchschnitt entfallen pro Leiharbeitskraft 2,3 Überlassungen pro Jahr (Statistik Austria, 2014). Leiharbeit ist längst nicht mehr nur im Industrie- oder Produktionsbereich zu finden, sondern mittlerweile in vielen Branchen quer durch alle Qualifikationsniveaus verbreitet.

 

Der Boom ist allerdings zunehmend Resultat eines zweckentfremdeten, missbräuchlichen Einsatzes von Leiharbeit. Ein wesentlicher Grund für den gesteigerten und immer öfter auch dauerhaften Einsatz von LeiharbeiterInnen ist, dass die Kosten für LeiharbeiterInnen derzeit unter „Materialaufwand“ in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht werden können und daher im Jahresabschluss nicht unter Personalkosten sichtbar sind. Auf diese Weise haben Unternehmen die Möglichkeit, Personalkosten unsichtbar zu machen. Diese Praxis ist besonders in Aktiengesellschaften verbreitet, wo der Druck der AktionärInnen, Personalkosten zu reduzieren, groß ist. Ähnlich ist die Situation in ausgegliederten Unternehmen des öffentlichen Sektors in Teilbesitz des Bundes bzw. der Länder wo der Spardruck groß ist. So sind aktuell 280 MitarbeiterInnen in den Ministerien als Leiharbeitskräfte eingesetzt, um den Aufnahmestopp zu umgehen (Profil 03/2015).

Konsequenzen dieser Praxis sind, dass Leiharbeit weit über ihren ursprünglichen Zweck hinaus eingesetzt und ein ursprüngliches „Notkonstrukt“ als Beschäftigungsform für immer mehr Beschäftigte zur dauerhaften Realität wird. Gute Jobs werden in den betroffenen Unternehmen durch schlechte ersetzt, oft nur um nach außen den Schein niedriger Personalkosten zu wahren. Eine Form atypischer und oftmals auch prekärer Beschäftigung zweiter Klasse wird so innerhalb vieler Unternehmen zur Dauereinrichtung.

 

Die Novelle des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes im Jahr 2013 hat das Gleichbehandlungsgebot von Leiharbeitskräften gegenüber der Stammbelegschaft gesetzlich verankert. Allerdings werden nach der Einschätzung von Betriebsräten mehr als ein Drittel aller LeiharbeiterInnen weiterhin bei Weiterbildungsmaßnahmen, der Entlohnung (nicht korrekte KV-Einstufungen, Übergehung bei Bonifikationen und Prämien) und Sozialleistungen benachteiligt (AK/ PRO-GE, 2014).

Dies zeigt, dass es unterschiedliche Ansätze benötigt, um die beschriebene Fehlentwicklung zu stoppen. Ein wichtiger Schritt dafür ist, dass Unternehmen dazu verpflichtet werden, Kosten für Leiharbeit im Jahresabschluss erkennbar auszuweisen und über Ausmaß, Grund und Dauer der Beschäftigung von LeiharbeiterInnen Bericht zu legen.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Justiz wird dazu aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Unternehmensgesetzbuches vorzulegen, wonach im Jahresabschluss die Kosten für die eingesetzten LeiharbeiterInnen in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen (z.B. in § 239 (1)) und im Anhang zum Jahresabschluss genauere Angaben zum Einsatz von LeiharbeiterInnen zu veröffentlichen sind.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.