906/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 25.02.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Matthias Köchl, Ruperta Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Gewerbeordnung im 21. Jahrhundert

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Der Schutz von Leib und Leben sollte uns etwas wert sein - daher sollen jene Gewerbe bzw. Tätigkeiten, deren Ausübung das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährden, Umweltschäden in erheblichem Ausmaß nach sich ziehen sowie das Vermögen von Kunden vernichten können, weiterhin reglementiert bleiben oder der Sicherheitsprüfung unterliegen: z. B. Gas- und Sanitärtechnik, Sprengungsunternehmen, Augenoptiker, Kraftfahrzeugtechniker, Vermögensberatung. Gleichzeitig sollten Gewerbetreibenden und UnternehmerInnen so wenig bürokratische Hürden wie möglich in den Weg gelegt werden.

 

Wo keine Gefahr von einer Zugangserleichterung oder Zusammenlegung der notwendigen Gewerbeberechtigungen ausgeht, sind Änderungen vorzunehmen. Wenn etwa zwei verwandte Gewerbe von ein und derselben Person oder Firma ausgeführt werden, dann sollte eine Gewerbeanmeldung bzw. Gewerbeschein ausreichen. Montiert ein Installateur nach Anschluss der Wasserleitungen auch noch eine gläserne Duschwand, stellt dies in der Regel keine Gefahr für Leib und Leben dar – und sollte somit keinen eigenen Gewerbeschein erfordern.

 

 

Gerade in Branchen mit Nachwuchssorgen oder mangelndem Wettbewerb sorgen überschießende Reglementierungen für einen langsameren Erneuerungsprozess. In ländlichen Gebieten werden kleinstrukturierten „universellen“ HandwerkerInnen und Dienstleistern unnötige bürokratische Hürden in den Weg gelegt (oder sie flüchten in die Schwarzarbeit) Diese Gesichtspunkte sollten bei der Gruppierung und Formulierung von Gewerben zukünftig eine Rolle spielen. Hinzu kommt ein Kompetenzdschungel durch die anlassbezogene Abgrenzung von „Neuen Selbständigen“ und Gewerbetreibenden. So ist für literarische Übersetzungen keinerlei Gewerbeberechtigung erforderlich („Neue Selbständige“), wird jedoch eine Gebrauchsanweisung übersetzt, ist ein Gewerbe anzumelden. Bestellt das Gericht hingegen beeidete Dolmetscher, sind diese wiederum „Neue Selbständige“. [1] Diese sachlich nicht begründbaren bürokratischen Ungleichbehandlungen sind nicht zeitgemäß.

 

Die Regierung hat zwar gute Vorsätze, zeichnet sich aber durch jahrelange Tatenlosigkeit aus. Wirtschaftsminister Mitterlehner kündigte im Frühjahr 2010 an: „Wir arbeiten an einer echten Liberalisierung und werden das Projekt noch vor dem Sommer der Öffentlichkeit präsentieren.“[2]

 

Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gilt es, versteckte Wachstumspotentiale zu heben. 2010[3] stellte Karl Aiginger, Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung, dazu in einem Trend Beitrag fest: „Österreichs Politik hat bisher im Zweifel mehr den Schutz der Wettbewerber gesucht als den Schutz des Wettbewerbs“, formuliert er trocken. Und verweist darauf, dass Schutz vor zu viel Wettbewerb – und nichts anderes bedeutet eine restriktive Gewerbeordnung – „besonders die Chancen von jungen Unternehmern und Arbeitnehmern reduziert“ und so der Artikel weiter: Ohne die Liberalisierungsdefizite könnte die gesamtwirtschaftliche Produktivität mittel- bis langfristig um 0,4 Prozent pro Jahr rascher wachsen.“

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, wird aufgefordert, dem Nationalrat innerhalb von 6 Monaten einen Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Gewerbeordnung vorzulegen.

 

Dieser soll insbesondere folgende Ziele haben bzw. Maßnahmen beinhalten:

 

·        Die Reduktion der reglementierten Gewerbe nach dem Prinzip „so viel Regulierung wie nötig, so wenig wie möglich“.

·        Die Dauer von Genehmigungsverfahren – z.B. in Gewerben mit Zuverlässigkeitsprüfung – ist auf maximal ein Monat zu begrenzen (aktuell bis zu 3 Monate)

·        Nach Erlangung einer Gewerbeberechtigung muss den Gewerbetreibenden ein einfaches, nicht genehmigungspflichtiges Hinzufügen von verwandten, zur Erstellung der Dienstleistungen & Produkte notwendigen Gewerben ermöglicht werden. (Trennung von grundsätzlicher Gewerbeberechtigung und spartenspezifischen „Gewerbescheinen“)

·        Die Befähigungsnachweise sollen – wo möglich – auf die vorhandenen Fähigkeiten und nicht auf spezielle Ausbildungswege abstellen.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.



[1] WKO, abgerufen am 8.1.15 von https://www.wko.at/Content.Node/Service/Wirtschaftsrecht-und-Gewerberecht/Gewerberecht/Gewerberecht-allgemein/Die_haeufigsten_Taetigkeiten__die_nicht_unter_die_Gewerbeor.html

[2] Trend, Ausgabe vom 26.3.2010, abgerufen am 16.12.14 von http://www.trend.at/articles/1012/580/265178/freiheit-fliesenleger-gewerbeordnung-teil-wirtschaft-griff

[3] Trend, Ausgabe vom 26.3.2010, abgerufen am 16.12.14 von http://www.trend.at/articles/1012/580/265178/freiheit-fliesenleger-gewerbeordnung-teil-wirtschaft-griff