1047/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 26.03.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
EntschlieSSungsantrag
ach dem Ende des EU-Milchquotensystems ab 1. April 2015e April 2015
der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Harald Jannach, Josef Schellhorn, Leopold Steinbichler Freundinnen und Freunde
betreffend 10-Punkte Milchpaket: Maßnahmenprogramm für die österreichische Landwirtschaft nach dem Ende des EU-Milchquotensystems ab 1. April 2015
BEGRÜNDUNG
Mit 1. April 2015 läuft nach 37 Jahren Milchquotensystem in Österreich diese Regelung aus und die Produktion wird völlig freigegeben. Mit der Liberalisierung der Märkte setzt sich das Interesse der exportorientierten Milchindustrie gegen das Interesse einer nachhaltigen Landwirtschaft durch. Die Illusion der wachstumsgetriebenen Milchpolitik, die nach dem Motto „Wachsen mit dem Markt“ agiert, wird durch die Realität rasch entzaubert werden, denn es droht die Aufgabe der kleinen und mittleren Milcherzeugerbetriebe in Österreich und eine Überschuldungsfalle für die größeren Milcherzeuger. Der Schutz der bäuerlichen Betriebe, für ein erfülltes Leben, für Akzeptanz, für ein gutes Miteinander in der Gesellschaft ist nicht Wachsen oder Weichen, sondern Solidarität mit den BerufskollegInnen und mit den KonsumentInnen. Daher ist ein spezifisches Maßnahmenprogramm für die österreichischen Milchwirtschaft, insbesondere die Bäuerinnen und Bauern, besonders wichtig!
Die europäische Kommission hält in ihrem ersten Bericht über das Auslaufen der Milchquotenregelung an das europäische Parlament und den Rat vom 8.12.2010 KOM(2010) 727 zum Thema Quotenüberschreitung in Mitgliedsstaaten folgendes fest (Zitat):
„In den wenigen Mitgliedstaaten, in denen die Milchlieferungen die Quote übersteigen, sind die Quotenpreise weiterhin relativ hoch und vor Kurzem angestiegen. In diesen Mitgliedstaaten scheinen Erzeuger entweder ausreichend wettbewerbsfähig zu sein oder sie sind dazu gezwungen, ihre Kapazität voll auszuschöpfen, um die Erzeugung aufrecht zu erhalten, sodass sie letztendlich Überschussabgaben zahlen. In diesen Mitgliedstaaten kann eine sanfte Landung nicht gewährleistet werden“. (Hervorhebung der Antragsteller)
Dem zweiten EU-Milchbericht KOM(2012) 741 ist zu entnehmen, dass Österreich mit einer Quotenüberlieferung von 4,2 % im Milchwirtschaftsjahr 2011/2012 an erster Stelle der damals 27 EU-Mitgliedsstaaten stand.
Laut Grünem Bericht 2014 beträgt die aktuelle Referenzmenge (alle Quoten, A, D-Bereich inkl. Almen) 2960655 Tonnen. Davon werden 1.993.909 Tonnen von Bergbauernbetrieben (BHK-Gruppe 1-4) erzeugt. Die fettkorrigierte Anlieferung im Quotenjahr 2013/2014 betrug 3.008.717 Tonnen. Nach Saldierung der einzelbetrieblichen Quotenüberschreitungen mit Unterlieferungen anderer Betriebe ergab sich eine Überlieferung von 99.988 Tonnen. Die österreichische Abgabenleistung der Betriebe mit Quotenüberschreitung wird bei einer Überschussabgabe von 27,83 Euro je 100 kg Milch im Jahr 2014 rd. 28,7 Mio Euro betragen. Im Jahr 2013 wurden 48,3 % der Milchprodukte exportiert.
Seit 2003 ist EU-weit bekannt, dass das Milch-Quotensystem mit dem Jahr 2015 auslaufen soll. Zahlreiche Initiativen im bäuerlichen Bereich, wie die IG-Milch oder die österreichische Bergbauernvereinigung (ÖBV - Via Campesina), aber auch die VertreterInnen der Opposition im österreichischen Parlament haben sich gegen das Auslaufen der Milchquotenregelung bzw. für alternative Konzepte zur Steuerung der Milchmarktmenge eingesetzt.
BM DI Andrä Rupprechter hat am 10. März 2015 gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Österreich und der Vereinigung Österreichische Milchverarbeiter zur Veranstaltung "Perspektiven Milchwirtschaft" im Agrarbildungszentrum Salzkammergut, 4813 Altmünster, eigeladen.
Auf dieser Tagung zu der die VertreterInnen der Opposition nicht einmal eingeladen waren, wurde folgendes 6-Punkte-Programm vorgestellt:
1) Benachteiligte Gebiete aktiv unterstützen
2) Mit Investitionen zukunftsfit werden
3) Vermarktung und Verarbeitung professionalisieren
4) Mit noch besserer Qualität zum Erfolg
5) Jungübernehmer und große Verarbeiter mit EU-Hilfe stärken
6) Exportchancen mit Qualitätsprodukten nutzen
„Die optimale Abstimmung aller Initiativen und weitere Impulse werden bis Herbst im Strategieprozess „Perspektiven Milchwirtschaft“ ausgearbeitet, heißt es weiter im Pressepapier des Landwirtschaftsministers.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, folgende Punkte im Zuge des Endes des EU-Milchquotensystems umzusetzen:
1. Bei der konkreten Detail-Ausarbeitung der österreichischen
Milchstrategie sind alle Stakeholder inkl. der IG-Milch, der
österreichischen Bergbäuerinnen-vereinigung und die VertreterInnen
aller in den Landwirtschaftskammern und im Nationalrat vertretenen politischen
Gruppierungen einzubinden.
2. Förderungen im Bereich der Milchwirtschaft, insbesondere im Molkereibereich sind zwingend an nicht-diskriminierende Kriterien zu binden. Kleine Milch-erzeugerbetriebe dürfen nicht weiter sowohl beim Preis als auch bei den Ablieferbedingungen (Staffelpreis, Fixkostenblock, Mindestgrenze Hofab-holung) massiv benachteiligt werden.
3. Es ist festzulegen, dass zugelassene Branchenverbände
gemäß EU-Verordnung 1308/2013, Artikel 157 c sicherstellen, dass
volle Markt-transparenz im Milchsektor insbesondere durch
„Veröffentlichung von aggregierten Statistiken über
Produktionskosten, Preise, gegebenenfalls ergänzt durch
Preisindikatoren“, gewährleistet wird.
4. Er möge sich für eine Branchenvereinbarung einsetzen, die jedem Milcherzeuger für die ersten 65.000 Liter (entspricht in etwa dem Inlandsverbrauch von in Summe 2 Mrd. kg Milch mit hoher Wertschöpfung) einen garantierten Mindest-Milchpreis für konventionelle und für Bio-Milch gewährleistet, der sich an einer Vollkostenrechnung und an nachvollziehbaren und bewertbaren Qualitätsparametern orientiert. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass die genehmigten Branchenverbände alles unternehmen, um gemäß Artikel 157 EU-VO 1308/2013 Ziffer x) „sämtliche möglichen Maßnahmen für die Verteidigung, den Schutz und die Förderung des ökologischen Landbaus und der Ursprungsbezeichnungen, Gütesiegel und geografischen Angaben“ ergreifen.
5. Für die Milchmenge, die über die 65.000 Liter je Betrieb
hinausgeht, ist eine freie Preis-Vereinbarung auf Basis der Milchmarktlage und
auf Basis der Qualitätsparameter (Zuschläge für Gentechnikfrei,
Heumilch etc.) zulässig.
6. Im Rahmen einer österreichischen Milchstrategie ist der
Wachstumsmarkt für Bio-Milchprodukte spezifisch gerade für die
mittleren und kleineren Milcherzeugerbetriebe mit einer ohnehin schon
ausgeprägten Kreislauf-wirtschaft besonders attraktiv zu gestalten und
regionale Molkereien im privaten und genossenschaftlichen Sektor für
konkrete Projekte für diese Zielgruppe entsprechend zu bevorzugen.
7. Im Rahmen der Investitionsförderungen im Milchviehbereich soll
auch ein Schwerpunkt für Umbau-Maßnahmen mit einfachen
Betriebsmitteln (z.B. Holz, einfache Umbau- und Ersatz-Investitionen) für
mittlere und kleinere Betriebe ohne Zwang zur weiteren Produktionsaufstockung
vorgesehen werden. Für diese Zwecke sind 2/3 der verfügbaren Mittel
aus der ländlichen Entwicklung für Stallbauinvestitionen im
Milchvieh- und Grünlandbereich zu reservieren.
8. Die Umschichtung der historischen Betriebsprämien soll rascher als
vorgesehen, nämlich bis 1.1.2016 durchgeführt werden, um die Prämien
je Hektar Grünland aus der ersten Säule der GAP und damit die
höheren Kosten der Milchproduktion im benachteiligten Gebiet besser
abzugelten. Damit ist auch ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung einer
vielfältigen Kulturlandschaft (Beweidung und Nutzung durch Rinder)
insbesondere im Tourismusland Österreich verbunden.
9. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft wird aufgefordert sich auf EU-Ebene dafür
einzusetzen, dass die Milchproduktion in Europa und die agrarischen
Förderungen in diesem Bereich an eine flächengebundene
Milch-Produktion und insbesondere an eine Mindestausstattung mit Grünland
(inkl. Feldfutter) gebunden wird.
10. Die Milchproduktion im Alpenraum (70 % der Milchanlieferung kommt aus dem Berggebiet) ist durch eine geographische Ursprungs- und Herkunftsbezeichnung als österreichische Alpenmilch langfristig am österreichischen und europäischen Markt zu positionieren. Damit sollen bäuerliche Arbeitsplätze in der Milchproduktion im Berggebiet auch in Zukunft abgesichert werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft vorgeschlagen.