1056/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 22.04.2015
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Parlamentarische Materialien

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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Georg Willi, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Eindämmung der Lärmbelastung durch den Schienenverkehr

 

 

Verkehrslärm wird regelmäßig als diejenige Umweltproblematik benannt, von der in Österreich die meisten Bürgerinnen und Bürger betroffen sind. Die Betroffenheit reicht von Belästigung bis zu Gesundheitsgefährdung. Trotz finanziell beträchtlicher Anstrengungen in den letzten 20 Jahren belegen die unter dem Regime der EU-Umgebungslärmrichtlinie - wenn auch auf Basis teilweise nur bedingt praxisnahern Berechnungen anstelle von Messungen - erstellten Strategischen Lärmkarten das immer noch enorme Ausmaß des Problems. Alle Verkehrsarten von Straßen- über den Flug- bis zum Bahnlärm sind dabei vertreten, selbst in der Binnenschifffahrt gibt es entsprechende lokale Problemfälle.

 

Probleme mit Bahnlärm sind zwar nicht nahezu flächendeckend verbreitet wie Straßenlärm, in den Korridoren entlang der Schienenstrecken, die im alpinen Raum noch dazu nicht selten dem Großteil des Dauersiedlungsraumes im jeweiligen Tal oder Becken entsprechen, ist der vom Bahnverkehr ausgehende Lärm jedoch eine gravierende Belastung.

 

Bei den passiven Lärmschutzmaßnahmen entlang der Strecken ist vielfach bereits der maximal mögliche und sinnvolle Ausbaustand erreicht und es geht oft nur mehr um materialtechnische Optimierungen und Reinvestitionen. Angesichts der Errichtungskosten von Lärmschutzwänden in der Größenordnung von 300 Euro und mehr pro Quadratmeter und fast 2,7 Mio Quadratmeter Bestandsfläche sollten sich künftige zusätzliche Investitionen auch im Sinne des effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel verstärkt in Richtung Bekämpfung der Lärmemission an der Quelle orientieren.

 

Im mit Stand 2013, korrigiert 2014 vorliegenden „Umgebungslärm-Aktionsplan Österreich, Teil 11 – Schienenstrecken“, der in der Verantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie erstellt wurde und umzusetzen ist, werden zutreffenderweise drei Hauptstränge einer solchen wirksamen, an der Quelle ansetzenden Lärmreduktionspolitik gegen Bahnlärm angeführt:

·         Erarbeitung eines möglichen Lärmsanierungsprogrammes für Schienenfahrzeuge

·         Einführung eines nach Lärmemissionen gespreizten Trassenpreissystems

·         Anreize für die Nachrüstung von Verbundstoffbremssohlen an Güterwagen

 

Dabei kommt angesichts des überwiegend modernen und in Sachen Lärmemission am Stand der Technik befindlichen Ausstattung im Personen-, insbesondere im Personenfernverkehr insbesondere dem Güterverkehr zentrale Bedeutung zu.

 

Einerseits wäre die Nachrüstung des Alt-Güterwagen-Bestandes mit lärmarmen Brems-Komponenten (Ersatz der Grauguss-Bremsklotzsohlen, die das Rad aufrauhen) in einschlägig betroffenen Regionen ein großer Beitrag zur Entlastung. Schon die TSI „Noise“ der EU aus 2005 hat entsprechende Anreizsysteme dringend empfohlen. Dies sollte zumindest über ein entsprechendes, EU-kofinanzierbares Förderprogramm wie kürzlich in Deutschland umgesetzt auch in Österreich umgehend gezielt angegangen werden, wenn schon Lösungen der Schweizer Art – gesetzliches De-Facto-Verbot der Verwendung zu lauter Güterwagen auf dem Schweizer Schienennetz ab 2020 – nicht angedacht werden. Die SBB hatte bereits 2011 85% aller Güterwagen saniert, die Deutsche Bahn will ihre Güterwagen bis 2020 vollständig umgerüstet haben – die RCA stand Anfang 2013 bei 23%.

 

Zweitens ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Optimierung der Güterwagen-Bremstechnik durch Nachrüstung nur dort wirkt, wo Güterzüge auch bremsen und dass alte Güterwagen auch in anderer Hinsicht mehr Lärm als neue emittieren. Um mittelfristig die AnrainerInnen aller Güterverkehrsstrecken zu entlasten, sollte der Ersatz alter Güterwagen durch neue in Österreich beschleunigt und in Nachbarstaaten ebenfalls unterstützt werden.

 

Schließlich wäre im Sinne der EU-RL 2012/34/EU, die bis 16.6.2015 national umgesetzt sein muss, die Anlastung der Kosten, die aus der Abgeltung für Lärmauswirkungen entstehen, und generell ein System wirksam nach Lärmemission gespreizter Trassenpreise im Rahmen des IBE (Schienenmaut) vorzusehen, um die Wirtschaftlichkeit der zuvor genannten Nachrüst- und Modernisierungsschritte zu unterstützen und so zu schnellerer Lärmentlastung für die Anwohner von Schienenstrecken beizutragen.

Dass hier (Zitat Umgebungslärm-Aktionsplan Österreich, Teil 11 – Schienenstrecken) „für den Einsatz leiserer Fahrzeuge seitens der ÖBB-Infrastruktur AG die Erarbeitung eines Grobkonzeptes der nächsten Planungsperiode als Grundlage für eine mögliche Einführung eines lärmabhängigen Infrastrukturbenützungsentgeltes vorgesehen“ ist, wird der Größe und der Dringlichkeit der Lärmschutz-Herausforderung bei weitem nicht gerecht.

Derzeit verzichten beispielsweise die Netznutzungsbedingungen (SNNB) der ÖBB nach wie vor auf entsprechende „effektive Anreize“ zur Lärmreduktion wie laut EU-RL vorzusehen und darüber hinaus sogar auf die zulässige Pönalisierung von vermeidbarem Lärm, der durch mangelhafte gewartete und instandgehaltene Fahrzeuge zusätzlich verursacht wird. Die ÖBB planen dies auch für 2016 so beizubehalten, was weder richtlinienkonform noch in der Sache akzeptabel wäre.

 

Im Hinblick auf die Herausforderungen rechtlicher Art, die mit den nunmehr bereits wiederholten Erkenntnissen der Höchstgerichte, dass es sich bei den Grenzwerten der Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung (SchIV) nur um Mindeststandards handle, deren Unterschreitung im Einzelfall geboten sein kann, entstanden sind, kommt dem Themenfeld lärmtechnische Sanierung nochmals erhöhte Bedeutung zu.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, für verbesserten Lärmschutz an Eisenbahnstrecken eine wirksame, verstärkt auch an der Quelle ansetzende Bahnlärm-Reduktionspolitik zu verfolgen. Diese soll insbesondere

·         die zügige Erarbeitung eines Lärmsanierungsprogrammes für Schienenfahrzeuge,

·         das Gestalten eines Förderprogramms für die rasche Nachrüstung von lärmarmen Verbundstoffbremssohlen an Güterwagen,

·         die rasche Einführung nach Lärmemission wirksam gespreizter Trassenpreise,

·         eine Überarbeitung der SchIV in Richtung stärkere lärmbegrenzende Wirkung

enthalten.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuss  vorgeschlagen.