1063/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 22.04.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Verbot von glyphosat-hältigen Pflanzenschutzmitteln in Österreich

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Glyphosat ist der weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautbekämpfungsmittel. Es ist ein nicht-selektives Blattherbizid mit systemischer Wirkung, das über grüne Pflanzenteile aufgenommen wird. Es wird gegen einkeim- und zweikeimblättrige Unkräuter im Acker-, Wein- und Obstbau, beim Anbau von Zierpflanzen, auf Wiesen, Weiden und Rasenflächen sowie im Forst verwendet.

 

Nachdem Mediziner, Umweltschutzorganisationen und die Grünen seit Jahren vor einer möglichen krebserregenden Wirkung von Glyphosat warnen, hat nun die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO das weltweit am häufigsten eingesetzte Pestizid als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. In der Fachzeitschrift The Lancet[1] begründet die Organisation ihre veränderte Haltung zu Glyphosat jetzt unter anderem mit drei Untersuchungen in Kanada, Schweden und den USA. In allen drei Studien wurde der Gesundheitszustand von Menschen mit und ohne Kontakt zu der Chemikalie verglichen. Diejenigen, die mit dem Pestizid in Berührung gekommen waren, hatten der Veröffentlichung zufolge ein erhöhtes Risiko, am Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken. Zudem gibt es nach Ansicht der WHO "ausreichende" Belege, dass Glyphosat bei Mäusen und Ratten Tumore verursacht.

 

Zahlreiche Studien geben seit Jahren Hinweise auf die Gefahren, die von dem giftigen Präparat ausgehen können. Wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf beispielsweise Oberflächen- und Sickerwässer und damit nachfolgend in Bezug auf das Grundwasser legen schon lange eine Neubewertung der Glyphosatanwendung nahe.

Im Rahmen des EDISSOC-Projektes wurden beispielsweise bereits 2008 Glyphosatkonzentrationen im Sickwasser gemessen, die bis zum 80fachen über dem Trinkwasser-Grenzwert lagen. Im Bericht wird festgehalten: „Der Nachweis von Glyphosat im Sickerwasser zeigt jedoch, dass die Substanz prinzipiell von Agrarflächen ins Grundwasser gelangen kann (leaching). Im Hinblick auf die Exposition gegenüber anderen Umweltchemikalien und den weitgehend unerforschten Kombinationswirkungen von Chemikaliengemischen sollte die Exposition auf Basis des „precautionary principle“ so gering wie möglich gehalten werden.“[2] Die Datenlage legt nahe, dass bei andauernder und großflächiger Anwendung von Glyphosat letztlich die Grundwasserkörper sehr stark Gefahr laufen, über den Trinkwassergrenzwert von 0,1 μg kontaminiert zu werden und somit für die Trinkwasservorsorge verloren zu gehen.

 

In den letzten Jahren fanden sich auch zahlreiche Hinweise auf negative Wirkungen von Glyphosat auf trächtige Ratten, die Spermienbildung bei Kaninchen und auf die Nieren von Mäusen (zitiert in Benachour et al. 2007). Dosisabhängig wurden  vermehrt DNA-Strangbrüche und Zellkernveränderungen bei Erythrocyten von Goldfischen beobachtet (Cavas & Könen 2007). Marc et al. (2004) beschrieben negative Effekte auf die DNA-Synthese und Zellteilung bei  Seeigel-Embryonen  durch  Roundup3plus. In Zelllinien (rat hepatoma tissue culture) führte niedrigdosierte Glyphosat-Behandlung zu Veränderungen der Lysosomen und der Mitochondrienmembranen sowie zu morphologischen und funktionellen Veränderungen der Zellkerne (Malatesta et al. 2008). Zell- und gentoxische Effekte fanden sich auch in Studien mit menschlichen Zellen, so wurden vermehrt Chromosomen-Aberrationen nachgewiesen (Monroy et al. 2005, Lioi et al. 1998).

Glyphosat, POEA (und AMPA) schädigen menschliche Zellen und führen zu deren raschem Absterben, selbst bei Konzentrationen, wie sie in der agronomischen Praxis auftreten können; außerdem wurden anti-östrogene und anti-androgene Effekte beschrieben, die zu endokrinen Störungen führen (Benachour et al. 2007, Benachour  & Seralini 2009, Gasnier et al. 2009).

 

DNA-Fragmentierung, Schrumpfung und Fragmentierung der Zellkerne wurden beobachtet. Die Hemmung des Enzyms Aromatase  das  Androgene in Östrogene umwandelt und daher eine zentrale Rolle bei der Östrogen-Produktion und damit bei der Keimzellbildung und Fortpflanzung spielt, wird als besonders  problematisch gesehen. Unter den getesteten Roundup-Versionen (R450, R400, R360, R7.2) erwiesen sich R400 und POEA als besonders toxisch. Glyphosat allein war in  der Regel weniger  toxisch, was auf eine durch die POEA (bzw. Formulierungsmittel) induzierte zusätzliche Toxizität hinweist, die mit der durch POEA erleichterten Aufnahme von Glyphosat durch die Zellmembranen in Verbindung gebracht wird. Für die Autoren der genannten Arbeiten steht Roundup damit im Verdacht, die menschliche Fortpflanzung und Embryonalentwicklung zu stören, zudem würden toxische Effekte und hormonelle Wirkungen der Formulierungen bislang unterschätzt. Glyphosat steht darüber hinaus im Verdacht, bestimmte Krebserkrankungen wie das Non-Hodgkin-Lymphom (Krebserkrankung des lymphatischen Systems) zu fördern (Eriksson et al. 2008) und die Entstehung von Hauttumoren zu begünstigen (George et al. 2010).

 

Glyphosat beeinträchtigt selbst bei niedrigen Dosen die Embryonalentwicklung von Fröschen und Küken erheblich. Behandelte Embryos zeigten eine abnorme Entwicklung und  Missbildungen insbesondere im Kopfbereich und Nervensystem (Paganelli et al. 2010).

 

Aus Gründen des Schutzes der Umwelt, der Biodiversität und der Gesundheit des Menschen ist es dringend geboten, den Einsatz von Glyphosat und POEA (polyethoxyliertes Tallowamin) zu verbieten. Dies gilt auch für den Haus und Gartenbereich sowie für Verkehrswege im weitesten Sinne (Straßen, Wege und Plätze, Feldwege, Gleisanlagen, Flughäfen).

Es ist derzeit vollkommen unklar, welche Mengen an Glyphosat, AMPA und Tallowamin die österreichischen KonsumentInnen über die unterschiedlichen Pfade der Nahrungskette konsumieren. Um eine angemessene Vorsorge zu treffen und Risiken für die menschliche Gesundheit zu minimieren, ist ein Screening auf Rückstände an Glyphosat, AMPA und Tallowamin in Fleisch, Milchprodukten, Eiern, aber auch Futtermittelimporten erforderlich.

 

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht,

 

im Sinne des Vorsorgeprinzips ein Verbot des Vertriebs der Wirkstoffe Glyphosat und POEA (polyethoxyliertes Tallowamin) für den Haus und Gartenbereich sowie für Verkehrswege im weitesten Sinne (Straßen, Wege und Plätze, Feldwege, Gleisanlagen, Flughäfen) zu erwirken,

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Konsumentenschutz  vorgeschlagen.

 



[1] http://www.thelancet.com/journals/lanonc/article/PIIS1470-2045%2815%2970134-8/abstract

[2] Einfluss unterschiedlicher Bodenbearbeitungssysteme auf Kohlenstoffdynamik, CO 2-Emissionen und das Verhalten von Glyphosat und AMPA im Boden Effects of Different Soil management Systems on Carbon Sequestration, CO 2  Emissions and Behaviour of Glyphosate and AMPA in Soils ,„EDISSOC”, Abschlussbericht, S. 283