1129/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 04.05.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Neuausrichtung der EU-Politik bezüglich Flucht und erzwungene Migration

 

 

BEGRÜNDUNG

 

In den letzten Jahren haben gewaltsame Konflikte, der Klimawandel und Hungersnöte die Zahl der Flüchtenden in die Höhe getrieben. Die Welt produziert immer schneller in immer kürzeren Abständen neue Flüchtlingskrisen, warnte UNHCR-Chef Antonio Guterres. Dabei tragen Entwicklungsländer bereits die Hauptlast der Flüchtlingskrisen: Vier Fünftel der Flüchtlinge befinden sich in Entwicklungsländern. Die äußerst ungleiche Verteilung von Asylsuchenden spiegelt sich auch bei der humanitären Katastrophe in Syrien wider: 97% der Geflüchteten wurden von den umliegenden Nachbarländern, darunter auch ärmere Staaten wie Jordanien und Libanon, aufgenommen. Weniger als 3% kommen in die EU. 2012 hat ganz Europa 102.700 Menschen Flüchtlingsstatus zuerkannt. Das entspricht gerade einmal 0,02% der Bevölkerung der EU.

Die Flüchtlingskrisen der Welt spielen sich also nicht gerade in Europa ab. Dennoch besteht die EU- Flüchtlingspolitik immer mehr darin, Grenzen dicht zu machen statt zu helfen. Die Rückschiebung von Bootsflüchtlingen auf hoher See sowie unterlassene Hilfeleistung bei Flüchtlingen in Seenot sind zur beschämenden Alltäglichkeit vor den Küsten Europas geworden und widersprechen den Grundwerten und Grundrechten Europas.

Die derzeitige Abschottungspolitik ist daher keine Lösung, auch wenn jedes Land das Recht hat seine Grenzen zu kontrollieren. Denn ein bedeutender Teil jener Menschen, die über die Grenze kommen, fliehen vor Gewalt und Verfolgung – Abschottung und die Errichtung von Zäunen lindern keinen Fluchtdruck, sie verstärken ihn lediglich. Asylsuchende müssen auf noch riskantere Routen ausweichen und werden von Menschenschmugglern abhängig gemacht. Somit treibt die EU selbst Flüchtende immer weiter in die Hände jener Schlepper, die sie lautstark zu bekämpfen angibt.


 

Der EU-Rat der InnenministerInnen formt wesentlich die Asylstrategie Europas. Europa braucht statt phantasieloser Abschottungspolitik einen langfristigen Plan: Eine nachhaltige und solidarische Asylpolitik, die einerseits durch verstärkte Krisenprävention vor Ort Hilfe (u.a. durch Entwicklungszusammenarbeit) leistet und andererseits legale Einreise für die Stellung von Asylanträgen ermöglicht. Auch muss der Standard der Asylverfahren endlich auf ein einheitliches höheres Niveau gebracht werden: Denn laut Eurostat hat ein und derselbe Asylsuchende in einem EU-Land eine 95-prozentige Chance, als Flüchtling anerkannt zu werden, in einem anderen jedoch weniger als 1 Prozent. 2012 lag die Spanne der Anerkennungsraten in der EU zwischen 0,9 Prozent und 90 Prozent.

Was die erzwungene Auswanderung aus wirtschaftlichen Gründen betrifft liegen viele Ursachen in der Handelspolitik der EU, die durch Fischereiabkommen zu Überfischung der Meere vor afrikanischen Küsten, Preisdumping durch den Export subventionierten europäischen Obst- und Gemüses, Geflügel und sonstiger Lebensmittel tausenden Kleinbauern und -bäuerinnen sowie FischerInnen die Existenzgrundlage entzieht. Allein das zwischen der EU und Senegal im Mai 2014 abgeschlossene Fischereiabkommen führt dazu, dass zwar europäische Firmen vor der senegalesischen Küste jährlich 14.000 Tonnen Thunfisch fangen dürfen, senegalesische FischerInnen gleichzeitig aber keine Genehmigung zum Fischen erhalten. Dies ist eine Handelspolitik, die die Existenzgrundlagen von tausenden Menschen in "Partnerländern" zerstört. Das führt zur Verelendung und in weiterer Folge auch zu erzwungener Migration, deren Ziel oft wieder die EU ist. Will man erzwungene Migration eindämmen, muss man durch EU-Handelspolitik wirtschaftliche Lebensgrundlagen erhalten und stärken, statt sie zu vernichten.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesministerin für Inneres wird aufgefordert, ihr politisches Gewicht konsequent dafür einzusetzen, eine solidarische und nachhaltige Asylpolitik in der EU zu etablieren. Diese soll Krisenprävention, die Möglichkeit legaler Einreise und Antragstellung von AsylwerberInnen sowie einheitliche hohe Standards in Asylverfahren innerhalb der EU umfassen. Leitmotiv dabei sollte sein, dem Schutzgedanken der Genfer Flüchtlingskonvention zu bestmöglicher Wirksamkeit in der Europäischen Union zu verhelfen.

 

Ferner werden der Bundeskanzler und der Vizekanzler aufgefordert, ihr politisches Gewicht konsequent dafür einzusetzen, dass die Handelsbeziehungen, Handels- und Fischereiverträge der EU mit Drittstaaten nicht mehr dazu führen, vielen Menschen in diesen Ländern die wirtschaftliche Existenzgrundlage zu entziehen, wie das - z.B. durch Überfischung vor der afrikanischen Küste oder „Landgrabbing“, also den Entzug fruchtbarer Böden durch Ankauf - seit Jahren passiert.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss  vorgeschlagen.