1169/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 20.05.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Dr. Matthias Strolz, Kollegin und Kollegen

betreffend Insolvenzrecht für Länder 

Österreich ist Garantie-Europameister. In keinem anderen EU-Land sind nämlich die Staatshaftungen höher als in Österreich. Laut aktuellen Daten von Eurostat und Statistik Austria weist Österreich mit 35,01 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) den mit Abstand höchsten Prozentsatz an Garantien auf. Dahinter folgen Irland mit 32 Prozent und Finnland mit 24 Prozent. Diese Haftungen für Verbindlichkeiten stellen ein erhebliches Bedrohungspotential dar, welche die ohnehin schon hohen Staatsschulden von 262 Milliarden Euro schlagartig weiter in die Höhe treiben könnten.

Insgesamt haftet die Republik Österreich mit 113 Milliarden Euro. Die Länder sind für ca. 46 Milliarden verantwortlich, die Gemeinden für 13,3 Milliarden Euro. Eigentlich wurde im Jahr 2012 den Bundesländern im Rahmen eines umfassenden Pakets zur Erfüllung des Stabilitätspakts eine Reihe von Verpflichtungen auferlegt. Dazu gehören auch Haftungsobergrenzen. Ein aktueller Rohbericht des Rechnungshofs, welcher der Presse vorliegt, legt jedoch nahe, dass eine Umgehung der existierenden Haftungsobergrenzen in den Bundesländern gängige Praxis zu sein scheint und verweist auf diesbezügliche Möglichkeiten gemäß geltender Rechtslage:

"Laut Rechnungshof hatten die Länder im Jahr 2012, auf das sich die Prüfung bezieht, rund 70,4 Mrd. Euro an Haftungen „draußen“. Ihre Haftungsobergrenze lag aber nur bei kumuliert 30,6 Milliarden, also der Hälfte. Alles kein Problem: Durch Kleinrechnen (Risikogewichtung) und Weglassen weisen die Länder ohnehin nur 19,4 Milliarden Euro als stabilitätspaktrelevant aus. Womit offiziell keine Verletzung der Haftungsobergrenze vorliegt. Sie haben schlicht auf etwa 50 Milliarden Euro „vergessen“. In diesem Zusammenhang finden vier Bundesländer, darunter Kärnten und Wien, dass ihre Milliardenhaftungen für Banken nichts mit dem Stabilitätspakt zu tun haben. Und lassen sie einfach weg. Zwei weitere gewichten ihre Bankenhaftungen. Und lassen damit 70 bis 75 Prozent unter den Tisch fallen." Die Presse, 29.1.2015

Die grundlegende Problematik: Zwar gibt es Haftungsobergrenzen, jedoch fehlen verbindliche Regeln zur einheitlichen Berechnung der Haftungen. Seitens der Bundesregierung wurde mehrfach betont, dass es hier eine Lösung geben muss. Das ist weiters problematisch, da es nach wie vor kein Insovlenzrecht für Gebietskörperschaften bzw. Länder gibt, also nicht geklärt ist, welche Rechtsfolgen die Zahlungsunfähigkeit eines Bundeslandes nach sich zieht. Konsens gibt es hinsichtlich der Frage, dass Bund, Länder und Gemeinden insolvenzfähig sowie exekutionsfähig sind. Unklar ist, inwieweit landeseigenes Vermögen vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt ist, da Länder - im Gegensatz zu Gemeinden - nicht explizit in der Exekutionsordnung vorkommen. § 15 Exekutionsordnung sieht vor, dass die Exekution nur hinsichtlich solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden darf, welche ohne Beeinträchtigung öffentlicher Interessen verwendet werden können. Weiters ist auch nur für Gemeinden geregelt, wie mit Zahlungen aus dem Finanzausgleich vorzugehen ist.

Die derzeitige Situation ist höchst problematisch, da die Länder Haftungen ohne einheitliche Berechnungsgrundlage übernehmen können; so werden Obergrenzen einfach umgangen, zahlen muss jedoch der Bund. Weiters ist durch die noch ausstehende Umstellung auf ein einheitliches Rechnungswesen auf allen Ebenen nicht klar, wie hoch die Schuldenstände der Länder und und vor allem der Gemeinden tatsächlich sind. Es ist wohl an der Zeit, die derzeitigen Regelungen rund um die Ausweisungen der Schuldenstände, die Obergrenzen für Haftungen sowie Insolvenz der Gebietskörperschaften insofern zu überarbeiten, dass Szenarien, wie zum Beispiel die chaotische Situation rund um die Hypo Alpe Adria, in Zukunft vermieden werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:"Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, dem zufolge Regelungen im Falle der Insolvenz einer Gebietskörperschaft getroffen werden. Insbesondere müssen folgende Aspekte berücksichtigt werden:

 

·        Insolvenzfähigkeit von Gebietskörperschaften

·        Kriterien für den Eintritt der Insolvenz

·        Rechtswirkungen der Feststellung der Insolvenz

·        Durchführung des Insolvenzverfahrens

·        Möglichkeiten der Zwangsverwaltung

·        Wirkungen der Insolvenz auf Verbindlichkeiten der Gebietskörperschaften

·        Kriteriengeleitete Definition der verwertbaren Vermögensmasse der Gebietskörperschaft"

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.