1190/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.05.2015
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Parlamentarische Materialien

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Reformbedarf bei All-in Verträgen

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

 

Die vom Grünen Parlamentsklub und den Alternativen, Unabhängigen und Grünen GewerkschafterInnen am 18.05.2015 im Parlament veranstaltete Arbeitszeit-Enquete „Weniger ist mehr! Arbeitszeitverkürzung – ein Modell für die Zukunft?“ hat eine umfassende Situations- und Problembeschreibung der österreichischen Arbeitszeitpolitik und Arbeitszeitrealität geboten.

 

Unter Mitwirkung namhafter ExpertInnen wie Heinz-Josef Bontrup, Jörg Flecker, Beate Littig, Christine Mayrhuber, Rudolf Karazman und Claudia Sorger wurde die Notwendigkeit einer Arbeitszeitverkürzung aus verschiedensten Perspektiven aufgezeigt. Während das Arbeitsvolumen konstant sinkt, steigt gleichzeitig das Arbeitskräftepotential. Es gibt also eine wachsende Schere zwischen angebotener Arbeit und Menschen, die Beschäftigung suchen. Will man auf Dauer nicht 500.000 Arbeitslose und mehr akzeptieren, muss Arbeit neu und anders verteilt werden. Dazu ist Arbeitszeitverkürzung ein wichtiger Schritt.

 

Prioritär zu sehen ist dabei die Reduktion der Mehr und Überstunden, deren Zahl in Österreich im EU-Vergleich besonders hoch ist. Überlange Arbeitszeiten haben eine Reihe von negativen Auswirkungen auf die Betroffenen und die Gesellschaft. Sie belasten die Gesundheit und beeinträchtigen die „work-life-balance“, also eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

 

Für über ein Fünftel der Beschäftigten, also rund 700.000 Menschen, gehören Mehr- und Überstunden zum Arbeitsalltag. 2014 gab es sogar 206.000 Beschäftigte, die regelmäßig eine sehr hohe Überstundenleistung erbringen (Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 2014). 10 Stunden pro Woche Mehrarbeit sind für sie dauernde Realität. Es ist davon auszugehen, dass eine Vielzahl von Überstunden darüber hinaus nicht dokumentiert und so statistisch nicht erfasst werden können.

 

Oftmals finden solche ausgeweiteten Arbeitszeiten im Rahmen von All-in Verträgen statt. All-in-Verträge waren ursprünglich als eine Art Überstunden-Pauschale für Führungskräfte konzipiert, die einen flexiblen Gestaltungsraum benötigen und sehr viel Eigenverantwortung tragen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt allerdings, dass mittlerweile jede/r fünfte Vollzeiterwerbstätige All-In Klauseln im Arbeitsvertrag hat. Darunter sind vermehrt Gruppen, die ihre Arbeitszeit nicht zeitlich selbstständig gestalten können und oft auch niedrige Einkommen aufweisen: so haben etwa 18% der Bürokräfte und 10% der Hilfsarbeitskräfte einen All-In Vertrag (Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung Q1 2013).

 

 

 

Überblick über All-In-Vereinbarungen in Arbeitsverträgen:

 

 

All-in-Vereinbarung insg. (%)

Männer mit All-in-Vereinbarung (%)

Frauen mit All-in-Vereinbarung (%)

Insgesamt

20,2

21,1

18,8

Führungskräfte

54,6

56,7

49,0

Bürokräfte

17,8

19,7

16,5

Hilfsarbeitskräfte

10,2

12,1

(x)

Alter 15-24

12,4

10,7

14,7

Alter 35-44

23,2

23,7

22,3

Pflichtschule

10,1

8,7

12,1

Hochschule

35,9

40,0

31,4

      Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung Q1 2013

 

 

Es ist dringend notwendig, diesem bedenklichen Wildwuchs von All-In Verträgen gesetzlich entgegenzusteuern. Durch das Nichtausweisen der Überstundenanzahl im Arbeitsvertrag wird die Leistungsabgeltung verschleiert, Mehrarbeit als Erwartungshaltung bzw. Anforderung gefestigt und in vielen Fällen so praktizierte Unterentlohnung als Personalkostenersparnis betrieben. Gerade bei niedrigen Einkommensgruppen ohne Führungsverantwortung ist nicht einzusehen, weshalb diese Arbeitszeitorganisation, die häufig zu unbezahlter oder zuschlagsfreier Mehrarbeit führt, eingesetzt werden soll. Es braucht also dringend eine faire Einkommensgrenze ab der All-In Klauseln in Arbeitsverträgen überhaupt erst anwendbar sind.

 

In der politischen Abschlussdebatte im Rahmen der Arbeitszeit-Enquete gab es zwischen den VertreterInnen der Regierungsparteien und den Grünen neben anderen Übereinstimmungen einen Konsens in Bezug auf den Regulierungsbedarf bei All-In Verträgen. Nationalratsabgeordnete  Gabriele Tamandl und Nationalratsabgeordneter Josef Muchitsch sprachen sich eindeutig für eine gesetzliche Überarbeitung in der beschriebenen Richtung aus. Die Grünen nehmen diesen geäußerten Konsens zum Anlass um eine gesetzliche Neuregelung zu beantragen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich, aber spätestens bis 30.10.2015 einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten, der All-in-Klauseln in Arbeitsverträgen für alle ArbeitnehmerInnen, die dem Arbeitszeitgesetz unterliegen, neu regelt und die missbräuchliche Verwendung gerade für niedrige Einkommensgruppen verhindert.

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales  vorgeschlagen.