1206/A XXV. GP

Eingebracht am 17.06.2015
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundesgesetz über die Allgemeine Sozialversicherung, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 2/2015, wird wie folgt geändert:

 

§ 10 Abs. 1a lautet:

"Abweichend von Abs. 1 beginnt die Pflichtversicherung der im § 4 Abs. 2 und Abs. 4 bezeichneten Personen im Fall der Erlassung eines Bescheides gemäß § 410 Abs. 1 Z 8 mit dem Tag der Erlassung dieses Bescheides, es sei denn, es liegt ein Anwendungsfall des § 539a Abs. 2 bis 5 ASVG vor. Ein solcher liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Auftragnehmer hinsichtlich der Tätigkeit - soweit vorgesehen - eine facheinschlägige Gewerbe- bzw. Berufsberechtigung aufweist, die Meldepflichten gemäß §§ 119ff BAO oder § 18 GSVG oder § 16 BSVG erfüllt hat und die ausbezahlten Honorare zumindest den kollektivvertraglichen Mindestlohn samt DG-Anteilen zur Sozialversicherung erreicht haben oder der selbe Sachverhalt bereits in vorhergehenden Prüfungszeiträumen (§ 41a ASVG) gegeben war oder der Sachverhalt einer gem. § 43a ASVG eingeholten Auskunft entspricht.

§ 410 Abs. 1 Z 8 lautet:

"wenn er entgegen einer bereits bestehenden Pflichtversicherung gemäß GSVG/FSVG/BSVG auf Grund ein und derselben Tätigkeit die Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 2 oder Abs. 5 als gegeben erachtet,"

In § 49 Abs. 3 werden Z 29 und 30 eingefügt und lauten wir folgt:

"29. im Fall einer Umqualifizierung eines Pflichtversichertenverhältnisses die bereits verrechnete und abgeführte Umsatzsteuer;

30. im Fall der Rückabwicklung anlässlich der Umqualifizierung eines Pflichtversichertenverhältnisses die Umsatzsteuer aufgrund entsprechender Rechnungsberechtigungen gem. § 11 UStG."

Begründung

 

 

Aufgrund von verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen ist es in Österreich möglich, bei mehreren Sozialversicherungträgern gleichzeitig Sozialversicherungsbeiträge leisten zu müssen. Diese Entwicklung ergibt sich unter anderem aus den sich veränderenden Erwerbstätigkeitsmustern, in denen die Österreicher_innen leben und arbeiten. Es wird immer schwerer, zwischen selbstständiger und unselbstständiger Arbeit messerscharf abzugrenzen.

In zahlreichen Fällen haben GPLA-Verfahren bei Auftraggeber_innen von Unternehmer_innen ergeben, dass diese selbstständigen Auftragnehmer_innen von der prüfenden GKK sozialversicherungsrechtlich als Arbeitnehmer_innen beurteilt und behandelt wurden. Infolgedessen wurden diese Selbstständigen mit diesem Teil ihrer Erwerbstätigkeit zu unselbstständigen Erwerbstätigen, während gleichartige Aufträge bei anderen Auftraggeber_innen noch der selbstständigen Tätigkeit zugeordnet blieben. Dadurch sind Selbstständige, aber auch Bauern und Bäuerinnen sowohl bei der SVA bzw. SVB als auch bei der jeweiligen Gebietskrankenkasse kranken- bzw. sozialversichert. Zudem ist es möglich, dass insbesondere EPU die nur für einen Auftraggeber_innen arbeiten, als Dienstnehmer_inner der Auftraggeber_in betrachtet werden und damit vor allem gegen ihren Willen von Selbstständigen zu Unselbstständigen erklärt werden.

Solche Verfahren sind Ergebnis eines verdeckten Kampfes der unterschiedlichen Versicherungsträger um Versicherte und deren Beitragszahlungen. Die einfachste Lösung wäre eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger. Doch dieser Schritt ist aufgrund evidenter Interessenslagen jener Parteien und Kammern, die ihnen zuzuordnende Vertrauensleute in Sozialversicherungsträgern unterbringen, nicht zu erwarten.

Mit dem Ziel eines Interessenausgleichs zwischen Arbeit- bzw. Auftraggeber_innen und insbesondere den unterschiedlichen Versicherungsträgern in Verfahren mit unklarer sozialversicherungsrechtlicher Zuordnung wurde auf Grundlage eines Beschlusses der Trägerkonferenz des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger mit 01.10.2012 eine Schlichtungsstelle eingerichtet, die über strittige Fälle bzw. Verfahren entscheidet. Im Regierungsprogramm wird auch auf S.16 darauf eingegangen: "Rechtssicherheit für Selbständige: Bei Uneinigkeit zwischen den SV-Trägern entscheidet eine im Hauptverband eingerichtete Schlichtungsstelle". Die gegenwärtige Situation, in der die SVA bzw. SVB nur die Möglichkeit hat eine Stellungnahme abzugeben, kann aber nicht die endgültige Lösung sein und führt auch keineswegs zu Rechtssicherheit für die Betroffenen. Eine solche Schlichtungsstelle wäre zweifelsohne ein wichtiger erster Schritt, doch würde es wie angedeutet nicht zu einer endgültigen oder besseren Rechtssicherheit der Betroffenen führen.

Rechtssicherheit im Falle von Umqualifzierungen aufgrund von GPLA-Verfahren kann es nur durch eine Präzisierung der Rechtsgrundlage geben, die Pflichtversicherungsverhältnisse nach ASVG konkreter beschreibt und festlegt. Die im vorliegenden Inititativantrag vorgeschlagene Regelung stellt eine solche Präzisierung dar und legt fest in welchen Fällen eine rückwirkende Umqualifizierung jedenfalls nicht vorgenommen werden darf.

Die vorgeschlagene Regelung bringt Absicherungen sowohl für Dienstgeber_innen bzw. Autraggeber_innen und Dienstnehmer_innen bzw. Auftragnehmer_innen, denn im Falle einer möglichen Umqualifizierung soll nun Rechtssicherheit, durch eine tiefgehende Betrachtung der tatsächlichen Ausgestaltung, z.B. von Werkverträgen und ausschlaggebender Merkmale der Werkvertragsnehmer_innen, gewährleistet werden. Die Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes wird die vorgeschlagene Regelung gerecht, weil eben auf entsprechende Merkmale Rücksicht genommen werden, die Werkverträge leichter als solche abgrenzen lassen. So müsste zur Umwandlung von Werk- in Dienstverträge mehrere Punkte geklärt und gegeben sein, wie z.B. dass der Auftragnehmer in Bezug auf die Tätigkeit und soweit dies überhaupt möglich ist, eine facheinschlägige Gewerbe- bzw. Berufsberechtigung aufweist. Zusätzlich muss den entsprechenden Meldepflichten die in der Bundesabgabeordnung und der gewerblichen bzw. bäuerlichen Sozialversicherung vorgesehen sind, nachgekommen worden sein. Die Thematik von Scheinselbstständigkeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen im Zusammenhang mit Werkverträgen wird auch mit diesem Initiativantrag berücksichtigt, sodass ein Fortbestand eines Werkvertrages aufgrund der genannten Gegebenheiten, auch weiterhin nur dann möglich ist, wenn entsprechende kollektivvertraglich festgelegten Mindestlohntarife inkl. Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung erreicht werden. Zusätzlich soll weitere Rechtssicherheit dadurch gewährleistet werden, dass bereits festgestellte Sachverhalte früherer Prüfungszeiträume oder eingeholte Auskünfte über die richtige Anwendung von Vorschriften über das Melde-, Versicherungs- und Beitragswesen, durch Ergebnisse eines GPLA-Verfahrens nicht konterkariert werden können, sofern sich der wirtschaftliche Gehalt des bestehenden Werkvertrages nicht geändert hat.

Zusätzlich sind zur vorgeschlagenen Gesetzesänderung noch steuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. So ist klarzustellen, dass bei einer rückwirkenden Umqualifizierung die Umsatzsteuer nicht als Entgelt zu gelten hat, sofern diese bereits verrechnet und abgeführt wurde. Aus diesem Grund ist die Umsatzsteuer nicht zur Beitragsgrundlage zu berücksichtigen. Ebenso sollte deshalb auch im Falle von Umqualifizierungen Rechnungen berichtigt werden und die Umsatzsteuer und Vorsteuer rückabgewickelt werden.

Wesentlich ist die Schaffung der Rechtssicherheit auch aufgrund geplanter Gesetze zur Sozialbetrugsbekämpfung. Die geplanten Gesetze zur Bekämpfung von Scheinunternehmen sind so formuliert, dass bereits auf Verdacht ein solches Scheinunternehmertum festgestellt werden könnte und zusätzlich ein solcher Verdacht schon bestehen kann, wenn sozialversicherungsrechtliche Angaben (ob vorsätzlich oder nicht) nicht korrekt gemacht wurden, oder Abgaben nicht korrekt abgeführt wurden. Dies würde dazu führen, dass gegen Unternehmen bei denen Werkvertragsnehmer_innen zu Dienstvertragsnehmer_innen umqualifziert werden, bereits eine solcher Verdacht auf Scheinunternehmertum bzw. Sozialbetrug festgestellt werden könnte. Eine rechtliche Klarstellung würde eine solche Gefahr wesentlich minimieren.

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.