1220/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 17.06.2015
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EntschlieSSungsantrag

Parlamentarische Materialien

e

 

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Umwandlung des Gewerbes der Personenbetreuung in reglementiertes Gewerbe

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Das  Gewerbe  der Personenbetreuung sowie das Gewerbe der Organisation von Personenbetreuung sind gemäß der Gewerbeordnung 1994 als freie Gewerbe definiert.

 

Die Voraussetzungen, um eines der beiden Gewerbe anmelden zu können, sind folglich sehr niedrig gehalten. Es ist ausreichend das 18. Lebensjahr vollendet zu haben, nicht besachwaltert zu sein, eine Staatsangehörigkeit zu einem EU/EWR-Mitgliedstaat bzw. der Schweiz zu haben oder einen fremdenrechtlichen Aufenthaltstitel zur Ausübung des Gewerbes vorlegen zu können. Zu erbringen ist weiters eine Strafregisterbescheinigung des Herkunfts- bzw. bisherigen Aufenthaltsstaates. Berufsrelevante Qualifizierungen bzw. Ausbildungen stellen in der Gewerbeordnung keine Voraussetzung dar.

 

Das Gewerbe der Personenbetreuung war bei seiner Einführung mit Juli 2007 auch im Sinne des Hausbetreuungsgesetz 2007 lediglich zur Unterstützung von betreuungsbedürftigen Personen bei haushaltsnahen Dienstleistungen sowie der Lebensführung gedacht. PersonenbetreuerInnen sollten also bei Tätigkeiten wie Putzen, Wäscheversorgung, Kochen sowie Besorgungen unterstützen und die Rolle eines/einer Gesellschafterin einnehmen. Gemäß dieser Stellenbeschreibung erscheint die niederschwellige Handhabung in einem freien Gewerbe noch verständlich.

 

Mit April 2008 trat jedoch aufgrund einer Neuregelung im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) sowie im Ärztegesetz eine Erweiterung der Kompetenzen von PersonenbetreuerInnen im pflegerischen und medizinischen Bereich in Kraft.

 

Gewerbetreibende, die das Gewerbe der Personenbetreuung ausüben, dürfen demnach auch einzelne pflegerische Tätigkeiten wie An- und Auskleiden, Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme sowie Unterstützung bei der Körperpflege ohne Aufsicht ausüben, solange keine medizinischen bzw. pflegerischen Gründe dagegen sprechen. Des weiteren können PersonenbetreuerInnen aber auch zusätzliche pflegerische Tätigkeiten wie z.B. Medikamentenverabreichung oder Insulininjektionen übernehmen, wenn ihnen die Tätigkeiten von einer diplomieren Pflegefachkraft bzw. einer Ärztin/ einem Arzt delegiert wurde.

 

Menschen aus der Praxis der 24-h-Betreuung berichten, dass sie nicht nur bei Menschen mit geringem Pflege- und Betreuungsbedarf zum Einsatz kommen, sondern häufig bei schwersten Pflegefällen in höheren Pflegegeldstufen. Soziale Kompetenzen können mangelnde fachliche Qualifikationen häufig nicht kompensieren. Auch im Gewerbe der Organisation von Personenbetreuung gilt zu hinterfragen, wie der Pflege- und Betreuungsbedarf bei KlientInnen eingeschätzt werden soll, wenn keinerlei fachliche Qualifikation in der Vermittlungsagentur vorgeschrieben ist.

 

Die Ausübung des Gewerbes der Personenbetreuung sowie das Gewerbe der Organisation von Personenbetreuung können folglich das Leben und die körperliche und seelische Gesundheit von Menschen gefährden. Aktuell gibt es zwei Verordnung des BMWA, mit denen, neben den bestehenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung in §160 der Gewerbeordnung 1994, versucht wird darauf Einfluss zu nehmen:

 

Die Verordnung über Maßnahmen, die Gewerbetreibende der Personenbetreuung zur Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen zu setzen haben sowie die Verordnung über Standes- und Ausübungsregeln für Leistungen der Personenbetreuung. Beide Verordnungen sind seit 2007 in Kraft und ganz offensichtlich nicht ausreichend um auf wachsende Missstände, vor allem seitens der Vermittlungsagenturen, reagieren zu können. Seit Jahren werden die Ausweitung der Standesregeln sowie die Erarbeitung von Qualitätskriterien für Agenturen angekündigt. Nicht einmal die Novellierung der Gewerbeordnung im Juni 2015 konnte ein ausreichender Anstoß sein.

 

Die 24-h-Betreuung ist längst nicht mehr Minderheitenprogramm im österreichischen Pflegesystem. Nicht zuletzt aufgrund der finanziellen Förderung ist die Inanspruchnahme von 24-h-Betreuung in den letzten Jahren sehr stark angestiegen. Zwischen 2013 und 2014 nahmen um fast 18 Prozent mehr Menschen eine Förderung zur 24-h-Betreuung in Anspruch. Waren es im Jahr 2013 noch 8% der Anspruchsberechtigten auf ein Pflegegeld, die 24-h-Betreuung in Anspruch genommen haben, so waren es im Jahr 2014 bereits 10% (Gesamtzahl der FörderbezieherInnen im Jahr 2014: 22.743). Die Kosten von Bund und Ländern sind 2014 auf 123 Mio Euro gestiegen, und somit um 17,5 Mio Euro höher als im Vorjahr.

 

Im Gegensatz zu anderen Gewerben beteiligen sich Bund und Länder mit einer großen Summe an Steuermitteln im System der 24-h-Betreuung. Es ist daher notwendig, nicht nur im Rahmen der Förderkriterien zur 24-h-Betreuung, sondern auch in der Gewerbeordnung Voraussetzungen für mehr Kontrolle, Transparenz und Qualitätssicherung zu schaffen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der eine Novellierung der Gewerbeordnung 1994 dahingehend vorsieht, dass das Gewerbe der Personenbetreuung sowie das Gewerbe der Organisation von Personenbetreuung künftig als reglementierte Gewerbe geregelt sind.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Industrie  vorgeschlagen.